Tag 5: Tignes - La Toussuire Tag 6: La Toussuire - Grenoble Tag 7: Grenoble - Vienne
Übernachtung: Jugendherberge Grenoble.
Heute morgen, sechster Tag, La Toussuire: Wir gehen fürs Frühstück einkaufen. Tobi und ich nehmen die Räder, sind um sieben Uhr beim Bäcker, der macht aber erst um halb acht auf. Also radeln wir ein wenig weiter in den Ort, setzen uns auf zwei Bänke und harren der Dinge. Da kommen zwei Franzosen aus einer Kneipe, die haben wohl nen kleinen zum Frühstück genommen, und unterhalten sich sehr fachmännisch und sehr französisch über unsere Räder: "Hm, trente-neuf, vingt-huit. C'est dure." Tobi, gleich gerafft, es geht hier um die Übersetzung, meint, "Non, trente-neuf, vingt-six." "Hu, c'est dure". Tobi, zeigt auf mich: "Il a quarrante-deux, vingt-trois", "huuuuuuuuuu." Hahaha, echte Originale. Ein Spaß. Dann gehen wir zum magasin, kauften allerlei Zeugs, außerdem eine Quicksnapkamera, um die in der nächsten Zeit vollzuknipsen und dann zur Gewichtsersparnis nach Emmendingen vorauszuschicken. Zurück in die Herberge, die Leckereien aufgebahrt, geknipst und gegessen. Nach dem Frühstück und dem Flaschenauffüllen hatten wir noch viel zu viel Flüssigkeit über: Freddy steckte eine Flasche in seinen Rucksack, der ging dann nicht mehr zu (und das Unglück rollt heran). Bald schwangen wir uns aufs Rad, erst mal Richtung Tal, so dass wir die ganze schöne Höhe von La Toussuire wieder verloren. Der Jugendherbergsvater hatte uns gesagt, zum Croix de Fer ist es zu Fuß über den Gipfel vor dem Haus gar nicht weit. Aber mit dem Rad muss man ins Tal und einmal aussenrum. Naja, wir sind ja zum Höhenmeter machen hier und nicht zum spazierengehen. Auf dem Weg runter ins Tal kommt uns ein Lauf-Wettbewerb entgegen: Männer und Frauen aller Altersklassen und Fitnessgrade. Der eine locker-flockig, der nächste kurz vorm Herzinfarkt. Tobi gibt natürlich vollgas und wird von einem Polizisten, der eigentlich das Wettrennen schützen soll, ganz verdattert angesehenm hatte er doch eigentlich eher mit schnell fahrenden Autos gerechnet. Es wird steil und die Straße schlecht. Der Effekt: Freddy jagt die Wasserflasche über seinem Kopf hinweg ins Tal. Haben die Polyethylenflaschen, mit denen die Franzosen die Umwelt verschmutzen, also doch noch was gutes an sich. Unten im Tal trinken wir dann die Flasche leer, die Till noch eingesteckt hatten und machen uns an den vermeintlichen Aufstieg zum Col de la Croix de Fer. Vermeintlich, weil dies der erste (und einzige) Tag ist, an dem das Höhenprofil uns eine nennenswerte Steigung verschweigt. So steigen wir sicher 500 Höhenmeter und wähnen uns schon dem Croix de Fer bedeutend näher, als es durch mehrere Tunnel geht, die erst noch leicht ansteigen, dann aber langsam abzufallen beginnen. Auf einmal gehts wieder abwärts und wir sind wieder so hoch wie vorher. Tobi hatte schon der Ehrgeiz gepackt und hat sich von Till abzusetzen versucht. Der aber, seine gestrige Bergpunktspleite am Col de l'Iseran noch vor Augen, ließ sich das diesmal nicht bieten. So fuhren sie Freddy und mir wieder davon. Lang, lang ging es daher, schon früh konnten wir den langen, serpentinenreichen Weg zum Col de la Croix de Fer sehen. Wir durchquerten NOCH, kamen dann schließlich nach NOCH, direkt unterhalb des Col de la Croix de Fer. Hier tankten Freddy und ich uns auf, an einem kleinen Bach füllten wir die Trinkflaschen. Dann ging es lange und steiler hoch, um viele Biegungen den Hang hoch. Dann sahen wir weit, weit über uns ein rotes Trikot: Till oder Tobi? Nicht zu erkennen - sehr weit weg. Also ging es weiter, Freddy schien in Bombenform zu sein und machte ordentlich Druck, so dass ich echt froh war, als plötzlich - noch vor dem Gipfel - Tobi vor uns auf der Straße machte und von uns müden Kriegern in langsamen Trott dieses Photo zu machen. Er hatte auf uns gewartet, weil hier nämlich ein Gebirgssee war - auf über 1800 Metern Höhe. Till war weitergefahren. Wir ziehen uns aus und springen rein. Einige Franzosen warnen uns vor Schlangen, aber unser Französisch ist so schlecht, dass wir erst hinterher bemerken, was das wohl heissen soll. Dann gehts weiter zum Col de la Croix de Fer, nur noch eine Biegung, und wir sind da: Am Eisenkreuz das Gruppenbild.
Da haben wir natürlich nur kurz verweilt, obwohl es so schön windstill war. Also runter geschossen, jedoch nur einige hundert Meter, denn dann geht gleich der "Anstieg" zum Col du Glandon an, gute hundert Meter niedriger gelegen und nur so zwei, drei Kilometer entfernt muss man gerade mal 50 m steigen. Das hätte ich beinahe restlos vom Schwung des Croix de fer beflügelt auf dem grossen Blatt getan, aber es geht vor dem Col um eine Rechtskurve, so dass die Nähe nicht einzusehen war. Also schaltete ich doch runter. Aber ich hätte es locker geschafft, und das ist mal wirklich ein Prädikat: Den Glandon auf dem grossen Blatt erobert. Von zwei anderen Seiten gehts ordentlich zur Sache, mit ca. 17 Prozent Steigung manchmal - bergauf kein Spass. Aber bergab.
Denn da gehts auch zur Sache - und zwar in Sachen Geschwindigkeit. Wir wählen die Abfahrt nach NOCH, halten nur kurz an einer Quelle um Wasser nachzufüllen - keine supermärktlich erschlossene Gegend hier oben, beim zweiten zweitausender unserer Tour. Beim Weg abwärts anm Stausee NOCH entlang entstanden dann diese Serpentinenphotos:

und im Fahren diese Fotos:


Das dauert lange, die Abfahrt ist schnell und recht schön, nicht grosse Straßen. Dann landen wir auf der Nationale NOCH, wo wir uns jetzt entscheiden müssen, ob wir, wie geplant, noch l'Alp d'Huez fahren oder nicht. Till ist ziemlich fertig, entscheidet sich, nicht mit raufzufahren, kommt aber mit, wir biegen links ab nach NOCH. Auf der Strecke dahin: Platten von meiner Seite, der erste. Wir fahren weiter bis nach NOCH am Fusse des l'Alp d'Huez, dort hat trotz Sonntags ein Huit á Huit auf, den wir stürmen und plündern. Im Dorf ist Fest, wir machen lange Pause und radeln dann zum Fusse des l'Alp d'Huez: 1000 (NOCH) Höhenmeter, 21 Serpentinen werden heruntergezählt, in jeder steht genau die Höhe angegeben, also eine richtige Qual. Durchsschnittsanstieg: 10 Prozent. Viel Spaß. Till entschließt sich, doch mitzufahren, Tobi sticht die Ehrgeizbiene bei diesem traditionsreichen Tour-Gipfel und zieht von unten weg davon. Immerhin hat Bjarne Riis hier 1996 die Tour de France gewonnen (Stimmt doch, oder?NOCH). Freddy ist heute in Mörderkondition und macht bei uns verbliebenen drei Druck. Till steigt an der Serpentine mit der Nummer 14 aus, Freddy fährt erst mal eine Weile langsamer:
Einen Verfolger abgeschüttelt. Aber nicht lang, denn schon bald versucht er, auch mich zu zermürben und gibt nochmal richtig Gas. Ich lasse ihn auch 100 m davonfahren - er ist heute zu stark. Doch in einer flachen Serpentinenkurve kann ich den Rückstand wieder auffahren und lasse ihn nun nicht mehr weg, so dass wir auch die zwei langen, letzten Serpentinen zusammenbleiben und gemeinsam in Alp d'Huez (oder heisst es Huez?NOCH?) ankommen. Tobi wartet hier schon, völlig durchgeschwitzt, wir schnacken jemanden an, der fotografiert uns. Freddy hält mir vor, dass er ja schließlich meine Banane und eine Nektarine von mir vom Huit á Huit mit nach oben geschleppt hat und er mich sonst jawohl klar abgezockt hätte. Seitdem bin ich tief in seiner Schuld. Die Abfahrt ist rasant, weil wir sie ja schon kennen, weil man nur die gleiche Seite runterfahren kann wie raufgekommen und weil die Kurve sehr gleichförmig gebaut sind, kriegen wir drei Tropewn Regen ab (circa), die ersten überhaupt der Tour. Es hatte sich zugezogen und lange sahs nach fettem Regen aus. Aber nein, alles bleibt trocken. Sonst wär die Abfahrt auch nicht so toll geworden, ganz unmöglich. Also Till wieder eingesammelt und wieder die Rue Nationale NOCH in die andere Richtung durch NOCH entlanggeschossen, aber nicht wieder rechts zum Glandon, sondern der Straße folgend nach Grenoble. Es ist spät geworden und wir müssen uns gehörig sputen, um noch vor sieben da zu sein - wir wollen ja noch was zu essen kriegen und das ist wirklich nötig, wir sind alle ziemlich fertig. Wir wechseln uns im Windschatten ab und fahren bergab durchschnittlich 50 km/h Richtung Grenoble. Die Straße ist breit, viel gefahren und schnell, es zieht sich dennoch lange bis Grenoble. Endlich kommen wir an, ein Mördertag. Wir beziehen die Zimmer und erfahren, dass wir sogar noch zu abend essen können. Vorher schnell geduscht und auf die Terasse begeben, wo für alle an einem grossen Tisch gedeckt ist. Wir sind die ersten, die sitzen und natürlich auch die ersten, die sich ans Buffett machen. Es gibt kalte Speisen: Salate, Kaltess Fleisch, Obst und so weiter. Als sich das Buffett leert, fragen wir uns panisch, ob das denn alles gewesen ist oder noch ein Gang kommt. Wir entscheiden uns dafür, dass das jetzt wohl alles war und schicken Freddy los, unseren Sprachexperten, um noch Nudeln zu organisieren. Der erntet Hohn und Spott beim Koch, als er ihm erklärt, dass wir Fahrradfahrer sind und wir ne Menge an Kohlenhydraten brauchen, denn der Hauptgang kommt noch. Der Koch, der dem Alkohol nicht nur heute abend zugeneigt zu sein scheint, erzählt die Geschichte vor versammelter Mannschaft, alles lacht uns aus. Peinlich, peinlich, ist aber doch wirklich bedrohlich, so ein harter Tag und ein hungriger Bauch im Bett in Sicht. Es gab dann noch fettes Hähnchen mit Curryreis, der auch nach nichts geschmeckt hat, aber nun ja. Hauptsache viel und satt. Alle Reisschalen wurden am Ende zu uns hochgereicht, man wusste ja, wer am Tische am meisten Hunger hatte. Nach dem Essen sind wir noch spazieren gegangen - die Alpen sind geschafft, glückliche Gesichter. Danach im Partykeller ne Runde gekickert. Und ins Bett gegangen.
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19.9.2000
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