SPFrankreich 2000 quäldich.de Andy Jan Till Tim Tobi Walter
29.7. - 5.8.2000
Vorbereitung Annecy - Aime Aime - St. Michel de Maurienne St. Michel de Maurienne - Guillestre Guillestre - Isola Isola - Plan Du Var Plan Du Var - Monte Carlo Geschafft
Isola - Plan Du VarCime de la Bonette - Cayolle204 km / 3119 Hm

Heute ging es also an die Königsetappe der Tour. Zum Glück konnten wir das mürrische Hotelpersonal davon überzeugen, für uns extrafrüh Frühstück anzubieten, was sie sicherlich bereut haben, denn nach uns gab es kein Baguette mehr.

In Isola (873 m) war der Tag verhangen, und nach den Einkäufen für den Tag (von mir mit fachmännischer Miene ausgeführt) ging es auf der D2205 an der Tinée entlang in den 41 km langen Anstieg zum Cime de la Bonette, dem höchsten asphaltierten Punkt in Europa mit 2802 m. Ein echter Pass ist es nicht; man wird nur vom Col de la Bonette (2715 m) in einer Schleife um den Cime de la Bonette geführt, so dass der höchste Alpenpass der Col de l'Iseran mit 2764 m ist.

Bis wir nach 20 km nach rechts auf die D64 abbogen, ging die Straße durch üppigen Laubwald und an lieblichen Hängen entlang. Doch dann wurde die Straße schmaler, der Nebel dichter und das Licht schwächer, und schon Vens, eine kleine Ansiedlung in einer engen Linkskurve, wirkte wie ein Vorposten des Untergangs, fast verlassen und marode. Der Nebel wurde dichter, Regen setzte ein, rechts und links konnte man 500 Meter weit blicken und wir durchfuhren Bousieyas, Vorposten der Hoffnungslosigkeit: Verfallene Steinhütten beidseitig der Straße, in die der Regen durch die offenen Dächer eindrang. Auf einem Fenstersims lagen drei Schaf- und Rindsschädel. Andy will sogar eine Wäscheleine gesehen haben, die sich im schaurigen Rhytmus des Windes bewegte.
Der Spuk war noch nicht vorbei - Till und Tobi wurden schon vor uns vom Nebel verschluckt, wir folgten ihnen bald in die Ungewissheit des weißen Vorhangs - fünfzig Meter Sichtweite verschlossen die versprochenen Aussichten auf den Parc National du Mercantour. Am Col de Raspaillon (2513 m) stand Walter und gewährte uns eine Pause, die wir um unserer nassen und frierenden Körper willen gerne annahmen.
Hier fand Walter den Eingang zu einer weltkrieglichen Befestigungsanlage, in den es durch eine Wendeltreppe hineinging. Die letzten vier Kilometer zum Bonette kriegten wir auch noch rum, und dann waren wir da, fuhren wie vorgeschriebenen gegen den Uhrzeigersinn um den Gipfel Cime de la Bonette und erreichten ihn, den mit 2802 m höchsten Parkplatz der Alpen. Wenn man noch 60 Höhenmeter zu Fuß zurücklegen will, so kann man auf die Spitze des Bonette gehen, von der man die hervorragendste Aussicht über den Nationalpark ringsum und über einen großen Teil der französischen und italienischen Alpen hat - wenn es die Wetterbedingungen zulassen. Bei weniger geeigneten Bedingungen hat man immer noch die Möglichkeit, den Eindruck zu genießen, wie fünfzig Meter Sichtweite in 2802 m Höhe aussehen. Begeisternd. Entsprechend fiel die Party aus.

Die 24 km lange Abfahrt nach Jausiers (1240 m) war von geschotterten Baustellen durchzogen, aber gegen Ende ging es ab, als wir einen R5 vor uns hertrieben, bis der Sohn des Fahrers ihn augenscheinlich überzeugte, dass der Seitenstreifen den Interessen seines Magens erheblich besser entsprach.
In Jausiers entsprach eine Steinkonstellation am Straßenrand den Interessen unserer Mägen. Wir stärkten uns erheblich und fuhren jetzt unsererseits über die D900, der wir gestern schon in der anderen Richtung auf den Col de Larche gefolgt waren, nach Barcelonette (und erreichten dort die schon altbekannte D902, der wir nach links Richtung Süden auf die 30 km lange Anfahrt zum Col de la Cayolle (2326 m) folgten.
Die anfangs noch breite Straße wird bald von der engen Gorges du Bachelard auf einspurige Enge gezwungen, rauh fallen links und rechts die steilen Felsklüfte zu uns ab. Das vorbereitete taktische Spiel nahm seinen Lauf: Ich setzte mich nach vorne ab und Andy fuhr mir nach einiger Zeit hinterher, auf den ersten Metern von Till begleitet, der sich dann wieder zu Tobi und Tim zurückfallen ließ. Ich erwartete Andy in einer Gegenwindpassage, gemeinsam machten wir einige Minuten auf Tobi, Till und Tim gut.
Tobi achtete auf der schmalen Straße darauf, hinten tunlichst kein entgegenkommendes Fahrzeug zu behindern und wartete gewissenhaft in den dafür vorgesehenen Parkbuchten. Da es Tim scheißegal war, ob Andy diesen Pass gewann, guckte er sich dies einige Minuten an, um dann bei konstant 30 km/h in wenigen Minuten die Lücke zuzufahren, die Andy und ich mittlerweile aufgebaut hatten. Tobi und Till hatten bei dieser berserkerhaften Leistung alle Mühe, mitzuhalten, denn schließlich hatte Tobi ja zuvor schon mit einem gekeuchten "Tim, hätt ich die Luft - ich würd schneller fahren" auf seine katastrophale körperliche Verfassung hingewiesen.
Als daraufhin alle außer Tim bei Walter im Bus die Regenjacke anforderten und Andy ihm als erster nachsetzte, Tim sich in der nächsten Serpentine nach der eindrucksvollen Brücke über den Bachelard-Wasserfall ersteinmal für einen Müsliriegel eine Pause gönnte, und feststellen musste, dass wir auf ihn nicht warteten, konnten Till und Andy unbehelligt den Bergpreis unter sich ausfahren, während Tobi und ich hintendran die Augen nach Murmeltieren offenhielten, die hier alle Nase lang ihren charakteristischen Pfiff hören ließen, den Andy so eindrucksvoll imitieren kann. Wir machten Halt, um einen Bachlauf zu untersuchen und bewunderten die intensiven Verwerfungen der Gesteinsplatten am gegenüberliegenden Hang, und fuhren noch in den letzten Serpentinen auf Till und Andy auf, kurz bevor sich Andy den Bergpreis sicherte und Tobi, Till und ich den zweiten Platz unter uns aufteilen mussten.



Die super Abfahrt vom Cayolle mit langen, weiten Serpentinen leitete nun den befürchteten Kraftakt ein. Die Hälfte der Strecke hatten wir auf dem Pass, jetzt ging es 100 km bergab, immer an der Var entlang, in gekonntem Windschattenwechsel flogen wir an Entraunes vorbei die 33 km nach Guillaumes und befuhren dann die wildpittoreske Daluis-Schlucht. Roter Sandstein ist hier tief von der Var ausgefressen worden, das frische Grün der Birken unten auf dem Boden der Schlucht sorgt für einen satten Kontrast, als wir diese Schönheit von der beeindruckenden einbögigen Brücke betrachten, von der gerade noch einige Waghalsige am Bungeeseil den Sprung in die Tiefe gewagt hatten.
Weiter ging es auf der N202 nach Entrevaux, wo wir ein Blick auf die markanten Befestigungsanlagen linker Hand warfen, die sich in einigen hundert Metern Länge den Berg entlang ziehen. Kurz vorher überholte uns ein weißer Transporter und heraus schoss der Kopf Arslanes, der uns wildgestikulierend eine schöne Weiterreise wünschte.
Das beflügelte uns zusätzlich, und so kamen wir nach weiteren 57 km weniger erschöpft als gedacht, aber mindestens genauso glücklich in Plan du var an - die längste Strecke, die wir je gemacht haben, für alle außer Tim das erste Mal über 200 km - Grund, stolz zu sein.
Das Abendessen war ein Genuss, und unserer Großartigkeit bewusst pinkelten Tobi und ich noch von der Eisenbahnbrücke in die Var, was diesen Tag gebührend abrundete.

SPFrankreich 2000 Andy Jan Till Tim Tobi Walter
29.7. - 5.8.2000
Vorbereitung Annecy - Aime Aime - St. Michel de Maurienne St. Michel de Maurienne - Guillestre Guillestre - Isola Isola - Plan Du Var Plan Du Var - Monte Carlo Geschafft
17.09.2000 quäldich.de Jan Sahner