Die Akteure:Tobi Till Jan
Tag 3: Warth - St. Leonhardt Tag 4: St. Leonhardt - Vigo di Fassa Tag 5: Vigo di Fassa - Canazei
Übernachtung: Pension Enrosadira
Klicken für großes Höhenprofil Heute morgen gibt es Frühstück um halb acht, das ist wie schon erwartet nicht üppig, aber dennoch ordentlich mit Marmelade, Wurst und Käse. Im Sparmarkt von St. Leonhardt gibt es das letzte Mal Müsliriegel: Corny Erdbeer/Joghurt für 8.500 L. Der Hammer. Um 9:10 sind wir fertig und starten in Richtung Jaufenpass. Heute wollen wir den gestern verlorenen Pass wieder aufholen, sodass die für heute angesetzte Ruheetappe von114 Kilometern, 2750 Höhenmetern sich um den Jaufenpass erweitert (1400 Höhenmeter) und sicherlich 40 Kilometer hinzukommen. Es stellt sich später heraus, dass diese Etappe die anstrengendste war.
Aber der Tag lässt sich blendend an, der Jaufenpass steigt die ganze Zeit butterweich an, am Sparmarkt konnten wir uns schon anhand einer 25.000er Karte die Topographie des Anstiegs einprägen: zu Beginn eine Serpentinen, gefolgt von einer langen Geraden an Walten vorbei, wo das Foto links entstand, auf einer Höhe von ca 1200 Metern. Danach steigt in es weiteren Serpentinen bergan, bis man die Baumgrenze erreicht und auf eine Kuhwiese, von der sich eine lange Serpentine das Tal hin und zurück zum Gipfel streckt. Bei dem heutigen Wetter eine super Sache: kein Wölkchen zeigt sich am Himmel. Auf dem Weg zum Anstieg werden Farbarbeiten am Seitenstreifen bewerkstelligt, eine Sache, die in Italien fünf Arbeiter beschäftigt.
Oben am Jaufenpass wird Tobis Rad bestaunt, die Abfahrt stellt sich als die reinste Katastrophe heraus, aber der Blick ist phänomenal. Runter geht´s nach Sterzing, Schlagloch neben Schlagloch, 30 km/h ist das höchste der Gefühle, die Hände schmerzen wegen der Belastung an den Bremsen.
Sicht vom Jaufenpass in Abfahrtsrichtung
In Sterzing machen wir kurz Pause am Sparmarkt, um gleich nebenan am Fotoladen eine neue Quicksnap zu kaufen, für 14.000 L eine ohne Blitz. Na endlich, scheint in Deutschland schwieriger zu sein. Kaum fragen wir uns, wo es denn zum Penser Joch geht, da kommt auch schon eine Südtiroler Schönheit vorbei, von der wir beide recht angetan sind. Auf meine Frage, wo es denn zum Penser Joch gehe, ist sie erst erstaunt, dann aber wirklich süß verlegen als ich sie auch noch frage, ob sie denn nicht vielleicht mitkommen wolle. Sie weist uns den Weg, Tobi weiß echt nichts an ihr auszusetzen: Figur, Kleidung, Gesicht und sogar Zähne, was bei Tobi erstes Kriterium ist und nur schwer zu befriedigen. Er gibt ihr eine 9.5, nach einigen Verhandlungen drücke ich ihn auf 9. Denn 10 verteilt Tobi aus Prinzip nicht.
Also frisch ermuntert geht es jetzt zum Penser Joch, ein 13%-Schild läßt uns erfahren, was 13% sind, es geht recht steil bergan, dies ändert sich auch nicht bis zum Gipfel. Das Penser Joch erinnert in der Schlußanfahrt sehr an den Col de la Colombière, den ersten Pass unserer Tour de France 98: ca. 3 km übersichtlich und steil rechts am Hang entlang.
Wunderbarer Sonnenschein empfängt uns oben. Wir hängen unsere Klamotten über die Brüstung zum Trocknen und ruhen bestimmt eine halbe Stunde in der Sonne. Immerhin liegt das Penser Joch schon auf 2211 Metern und hatte einen steilen Anstieg von 1300 Höhenmetern.
Dann wird aber weitergekachelt, Tobi gibt richtig Gas bergab entgegen unserer Devise, uns bergab für die Anstiege zu schonen. Jetzt wird es auch zusehends schöner, denn wir fallen 2000 Höhenmeter nach Bozen. Hier geht es vom Joch aus durch etwa 15 Tunnels ins Tal, wir überholen noch weit vor dem ersten in einer Kraftaktion einen Bus, was uns aber in der Folge vor überholenden Pkw in den Tunnels bewahrt.
Unten in Bozen erkundigen wir uns am Bahnhof nach der Rückfahrkarte, denn wir wollen ja am Samstag um 8.05 Uhr von Bozen nach München fahren. Dies stellt sich allerdings als unproblematisch heraus, man muss nicht reservieren, Fahrradmitnahme ist auch überhaupt kein Problem; Also entschließen wir uns, die Karten noch nicht zu kaufen. Unnötiger Ballast.
Leider geht nun die Motivation, heute noch den Karerpass anzugehen, gegen Null. Wir sitzen sehr lange vor dem Laden Ali und pausieren, bei dem auch noch einiges geschieht. Ich gehe einkaufen, Obst gibt es nur in Styroporschale und Folie fertig verschweisst. Ich möchte allerdings nur zwei Bananen, so kleine Päckchen gibt es nicht. Also erreiche ich, dass der nette Mitarbeiter zwei Bananen aus einem solchen Paket heraus nimmt, ebenso wie zwei Nektarinen, die er extra aus einer fabrikseitigen Verpackung nimmt. Dann verschwindet er für einige Minuten hinten im Laden, um dann mit den extra in Styropor eingepackten Früchten wiederzukommen (Bananen und Nektarinen getrennt), die wir doch eh gleich essen wollen. So ein Schmarrn. Ausserdem kaufe ich eine 0.5-Literflasche Wasser zu viel, die wir einer Passantin schenken wollen, die sich als ein bisschen Deutsch sprechend herausstellt. Das kommt für sie allerdings gar nicht in Frage, sie will unbedingt dafür bezahlen, gibt uns 2.000 L dafür, wo doch die Flasche nur etwa 500 L gekostet hat. Naja, von der erfahr ich dann noch, was "trinken" auf italienisch heißt ("bere"), was meine Italinischkünste nur unmaßgeblich verbessert.
Dann geht es aber Richtung Karerpass, zwei Italiener, die ich auf Italienisch nach dem Weg frage, antworten mir auf deutsch (sehr deprimierend) und es geht los, in Richtung Karneid, wo wir dann ins Eggental einbiegen, eine enge Schlucht, durch die eine vielbefahrene, sehr schmale Straße führt. Landschaftlich ist das ne Wucht, allerdings ist es trotz nebenfließendem Bach gehörig steil am Anfang, verflacht dann aber merklich, als das Tal sich nach einigen Kilometern öffnet. In Birchabruck biegen wir links ein zur Strecke zum Karerpass. Bald kommen uns hier wieder die Esslinger entgegen, die Tobi reaktionsschnell erkennt und ihnen zuwinkt, woraufhin sie einige Minuten später wieder zu uns aufschließen und uns neben uns fahrend motivieren. Der eine stellt sich hin und solidarisiert sich so mit uns, die wir schon im Wiegetritte am Berg stehen. Eine wirklich schöne Geste. Sie blockieren, einige Zeit den hinter uns fahrenden Pkw-Strom (mit 14 km/h) und verabschieden sich dann in Richtung Heimat.
Nun geht es recht eintönig bis zum Karersee weiter, von wo es noch 200 Höhenmeter bis zum Gipfel sind, was mich aufmuntert, bald dazusein.
Am Karerpass
Der Karerpass ist wenig spektakulär, hier zeigt sich aber erstmals die für die Dolomiten typische Gipfelform: Bis zum Fels geht es wiesen- und fichtenüberzogen dahin, dann tritt mit einem markanten Schnitt der hellrot-braune Fels wie ein Zahnstumpf aus dem Berg. Ein wirklich schöner Anblick, den wir hier kennenlernen.
Jetzt fahren wir schnellstmöglich nach Vigo di Fassa, der erste Ort nach dem Karerpass, der immer noch auf NOCH Höhenmetern liegt. Wir entschließen uns, die 14 km nach Canazei, wo wir nach der Planung heute ankommen sollten, nicht mehr zu fahren, immerhin haben wir den verlorenen Pass wieder aufgeholt und stehen jetzt in der Planung fast wieder da, wo wir hingehören. Hier hat sich die Touristeninformation echt was einfallen lassen. Es informiert eine Karte mit Pensionstafeln daneben über Lage und Belegung der einzelnen Pensionen; Man kann selber und umsonst die Pensionen anrufen, so dass wir innerhalb von fünf Minuten in der Pension Enrosadira unterkommen, für 42.000 L die Nacht. Wir haben auch schon am Telefon ausgemacht, dass wir in deren Küche etwas kochen dürfen und kaufen so noch schnell 1000 g Nudeln, zwei Packen "Sugo" und eine Dose Thunfisch ein. Die von Tobi gewünschten Cornflakes mit Milch vergess ich allerdings.
Die Pension Enrosadira entpuppt sich als sehr neu und modern eingerichtet, die Pensionseltern sind sehr bemüht, man berechenet uns nichts für das Kochen der Nudeln, was wir nicht einmal selber übernehmen müssen (echt super), allerdings ist das Ambiente ein wenig unpersönlich, aber das Bad ist super, die Dusche warm (es gibt Schampoo) und die Betten gemütlich. Allerdings werden wir in ein Dreibettzimmer einquartiert, bei dem wir das Ehebett belegen und bemerken, dass dies nur eine Decke hat. Naja, für mich war die Nacht dennoch gemütlich, schließlich habe ich anscheinend Tobi ziemlich regelmäßig die Decke geklaut. Hähä.
Der obligatorische Spaziergang zur Verdauung und zum Telefon bleibt auch nicht aus, wir sind froh, pünktlich zur Königsetappe den Rückstand aufgeholt zu haben, jedoch unsicher, wie weit uns unsere Beine morgen tragen werden.
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19.9.2000
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