VERY important message

Training

Einloggen, um einen Kommentar zu verfassen

3 Monate Rennradtraining

  • Manoli, 28.01.2012, 14:44 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr
    Nun sitze ich seit genau drei Monaten wieder auf dem Rad. 1999 hatte ich mich fuer Paris-Brest-Paris qualifiziert. Aber es kam dann einiges dazwischen und PBP 1999 wurde ohne meine Teilnahme gestartet. Ich liess mein Rad fuer die naechsten 10 Jahre einstauben und schenkte es schliesslich meinem Sohn.
    Vor nun genau einem Jahr musste ich feststellen, dass es mir gar nicht gut ging. Koerperlich, psychisch und auch geistig fuehlte ich mich elend. Ich sah mich vor die Entscheidung gestellt diesen Zustand zu akzeptieren, mit der Perspektve in absehbarer Zeit ernsthaft krank und eben auch alt zu werden, oder etwas zu unternehmen um meinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Als ich dann, schwanger gehend mit diesen Gedanken, morgens mit den Hunden spazieren war dachte ich ploetzlich: „Naja, da ist ja noch eine Rechnung offen, PBP.“

    Ich erinnere mich noch sehr genau an diesen Moment, wie ich morgens unter den Olivenbaeumen stand und ueber den Irrsinnsgedanken lachte, Lebenssinn in so einer Sinnlosigkeit zu suchen. Aber der Gedanke daran liess mich dann in den naechsten Wochen nicht mehr los und eines Abends, als meine Frau und ich die zweite Flasche Rotwein halb geleert hatten, fand ich dann den Mut ihr ziemlich stockend und stammelnd davon zu erzaehlen. Es war mir wirklich peinlich, so ein alter Zockel, 58 Jahre alt ...und gleichzeitig war ich voller Begeisterung.

    Wenn man nicht alleine lebt, sind solche Unternehmungen immer auf die Unterstuetzung und nicht nur auf die Duldung des Partners angewiesen. Meine Frau reagierte gar nicht ablehnend, sie fand mein Vorhaben auch nicht laecherlich, wie ich befuerchtet hatte, sondern sie meinte, wenn ich wollte, dann sollte ich mal machen. Es hat etwas gedauert bis ich mein Rad zusammen hatte, aber das ist eine andere Geschichte. Ende Oktober habe ich mein Rad gebaut, und Anfang November konnte ich endlich mit dem Training beginnen.

    Nun zu meinem Zustand Anfang November 2011: Ich bin 58 Jahre alt, 1,78 cm gross, 83 Kg, Ruhepuls 65, Maximalpuls 176, etwa 20 Zigaretten pro Tag, regelmaessig Rotwein und Bier, viel Fleisch.......usw., das uebliche Bild.

    Der Anfang:
    An dem Tag als ich meinen neuen Rahmen endlich in Empfang nehmen konnte, hoerte ich mit der Raucherei auf. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mich so sehr ueber den schoenen Rahmen gefreut habe und dann mit der Schrauberei so beschaeftigt war, dass ich gar nicht gemerkt habe wie ich aufgehoert habe zu rauchen. Dann kam die erste Ausfahrt. Vom Rad war ich begeistert und von mir selbst auch. Ich bin sofort 60 Kilometer gefahren und das boese Erwachen kam auf der Rueckfahrt, als ich die 3 Kilometer bewaeltigen musste bei denen es 200 Hoehenmeter bergauf geht. Mein Puls raste bei 100%, also 176bpm, teilweise sogar 178bpm, wie ich spaeter am Computer sah, meine Oberschenkel waren einfach nur noch Zittern und Kreischen. Ich musste nach der Haelfte dieser 3 Km meine Frau anrufen und sie bitten mich mit dem Auto abzuholen. Mit Uebersetzung 39/25 musste ich mich bei ca. 3-5% Steigung geschlagen geben. Peinlich. Die Folge waren zwei schlaflose Naechte, schlaflos weil meine Beine fest waren wie Beton und elendiglich schmerzten. PBP, …..vergiss es Opa!!

    Ich hatte mir vorgenommen vernuenftig zu sein, auf meinen Koerper zu hoeren und mich nicht zu ueberfordern. So habe ich es dann auch gemacht. An das eigentlich geplante Ausdauertraining, also eine gleichmaessige Belastung im Fettstoffwechselbereich, war aber noch gar nicht zu denken, weil es hier huegelig und bergig ist. Angefangen habe ich mit einer huegeligen Strecke von 32 Kilometern. Wenn ich harte oder schmerzende Beine hatte machte ich 1 oder 2 Tage Pause. Um schmerzende Beine zu verhindern habe ich sie nach dem radeln sehr ausgiebig heiß geduscht und dann eiskalt abgespuelt. Das habe ich so oft wiederholt bis meine Beine krebsrot waren. Diese Phase habe ich Vorbereitung genannt, weil ich mich nicht mit Kilometern etc. unter Druck setzen wollte. Schnell habe ich dann gelernt, dass ich immer dann laengere Trainingspausen machen musste, wenn ich mit einem Puls von ueber 155bpm geradelt war. Die Loesung: Immer, wenn mein Puls 155bpm erreichte, habe ich konsequent angehalten und gewartet bis er wieder bei 119bpm angelang tist. Der Erfolg war, dass ich oefter trainieren konnte. Das einzige Problem, mit einem edlen Titanrenner, profimaessig gestylt, am Strassenrand zu stehen und zu japsen, hat sich sehr schnell erledigt, als ich feststellte, dass sich niemand dafuer interessiert was ich da treibe.

    Den ganzen Novenber ueber bin ich dieses Vorbereitungs-Programm gefahren. Meinen Trainingsplaner, http://www.zonefivesoftware.com/sporttracks/ , den ich sehr empfehlen kann, habe ich fuer November auf Zeitbasis eingestellt. Es gibt ein sehr hilfreiches PlugIn http://www.zonefivesoftware.com/sporttracks/plugins/?p=reach-your-goal das ich installiert habe. Im November habe ich mit 6 Trainingsstunden und einer Steigerungsrate von 5% pro Woche angefangen. Gefahren bin ich im November 24 Stunden, 566 Kilometer und 6.700 Hoehenmeter.

    Im Dezember habe ich mich dann von 10 auf 12 Stunden pro Woche gesteigert. Anfang Dezember musste ich unterwegs nur noch selten anhalten. Ende Dezember bin ich die gleichen Steigungen, die mich mit 39/25 fertig gemacht hatten, mit 39/22 gefahren. Pausieren musste ich nicht mehr, der Puls lag bei 145 und ich habe vorsichtig mit K3 Training angefangen. Im Dezember bin ich 712 Kilomer und 11.000 Hoehenmeter gefahren. Mein Gewicht lag bei 79 Kilo, Ruhepuls bei 60bpm.

    Als Neuerung kam hinzu, dass ich nun einmal in der Woche mit einem Bekannten radle. Das ist eine echte Herausforderung, denn Peter 15 Jahre juenger als ich, faehrt Rennrad seit er 12 Jahre alt ist und hat in England mehrere Crossmeisterschaften gewonnen. Na danke!! Und so ist es: Wenn ich mit Peter unterwegs war muss ich 2-3 Tage pausieren, ich fahre permanent am Limit. Unsere Mottos passen nicht gut zusammen: „If it doesn,t kill you, ti makes you stronger“. Das ist sein Motto, meines: „Sanft aber unnachgiebig“. Dazu kommt, dass er ein gnadenloser Downhiller ist. Bei jeder Ausfahrt entgehen wir nur knapp einem Unfall. Einmal ist es eine Schafsherde die hinter einer Kurve die Strasse dicht macht, als wir mit 60 angerollt kommen, ein anderes Mal sind es Strassenarbeiter die keine Warnschilder aufgestellt haben, jedesmal bin ich froh heile nach Hause zu kommen und jedesmal bin ich voellig fertig und erledigt. Schon aus diesem Grund fahren wir nur einmal in der Woche zusammen, ich bin ihm zu lahm und er ist mir zu heftig.

    Weihnachten faehrt Peter endlich nach England. Und bleibt dort fuer 3 Wochen. Ich wuensche ihm zu Weihnachten ein paar Zigarren, viel Bier, Whiskey, Kuchen und Braten, kurz alles was dick, faul und langsam macht. Er lacht: „I,ll be fitter than now. I have a hometrainer, a swimmingpool and a lot of time.“

    Im Dezember werden meine Strecken laenger, etwa 60 bis 70 Kilometer. Zum ersten mal traue ich mich in die Berge, fahre aber nur am Hang entlang und mache pro Ausfahrt etwa 1000 Hoehenmeter. Ohne Peter laeuft es ganz wunderbar rund, ich wiege noch 75 Kilo und stelle fest, dass ich beim radfahren eine Schwaeche habe, naemlich die Abfahrten. Wie ich es auch drehe und wende, ich fahre nicht sicher bergab und wenn ich in den Bergen fahren will, dann muss ich das koennen.

    Die ersten wichtigen Hinweise finde ich bei Tony Williams, einem ehemaligen Autorennfahrer der eine der besten Radsportseiten unterhaelt die ich kenne. Nein, nicht eine der besten, es ist mit Abstand die beste Site die ich kenne: http://www.flammerouge.je/content/0_home/home.htm Von Tony habe ich gelernt wie man sicher bremst und wie man Kurven ansteuert, wie man sie sicher fahren kann, aber irgendetwas stimmt nicht mit meinem Rad und beginne zu basteln. Nach ein paar Tagen habe ich es gefunden, mein Lenker und vor allem die Shifter waren falsch montiert. Jetzt habe ich endlich alles in Griff. Ich kann ploetzlich fuer 20 Minuten in Unterlenkerposition fahren, fahre in Unterlenkerposition in die Kurven und meine Zeigefinger liegen ganz entspannt auf den Shiftern. Was fuer eine Freude. Keinerlei Unsicherheit mehr. Sauber ansteuern, eventuell kurz und scharf die Kurve hineinbremsen, loslassen, Knie in die Kurve und sauber und sicher, schon wieder pedalierend aus der Kurve hinaus fahren. Was fuer eine Freude!!...nie bin ich so schnell und so sicher Rad gefahren. http://www.flammerouge.je/content/3_factsheets/constant/descend.htm

    Am 3 Januar, das Wetter ist herrlich, entschliesse ich mich unterwegs kurzerhand zu meiner ersten Passueberfahrt. Auf dem Berg funkelt der Schnee, waehrend unten 11 Grad Waerme herrschen, der Himmel ist strahlend blau, ein paradiesischer Tag. Zum Glueck habe ich etwas zu essen und auch etwas Tee dabei. Unterwegs esse ich als Powerbar gern Datteln, ausserdem habe ich ein Kaesebrot dabei. Die Anfahrt sind 50 Kilometer und dann muss ich etwa 20 Kilometer die Serpentinen auf 1200 Meter hoch. Alles laeuft ganz leicht. Immer, wenn men Puls zu ueber 155bpm geht hate ich an, esse eine Dattel und trinke etwas Tee. Endlich bin ich oben. Herrlich. Was fuer ein Blick, weit ueber das blaue Meer, einen seidigen Dunstteppich und die daraus hervorragenden verschneiten, funkelnden Gipfel.

    Ich habe vergessen eine Jacke mitzunehmen und bin nass geschwitzt. Die Abfahrt wird die Hoelle. Es wird so eiskalt, dass ich mich nicht mehr bewegen und das Rad kaum noch kontrollieren kann. Alles ist wie vereist. Fuesse, Haende, Gesicht, der ganze Koerper ist ein fester, unbeweglicher Block. Und die Strasse wird schlecht. 15 Kilometer downhill in Serpentinen mit Spurrillen, Schlagloechern etc.. Es ist die Hoelle. Als ich endlich unten ankomme bin ich voellig erschoepft und muss noch 48 Kilometer nach Hause radeln- und auf meinem Gesicht liegt ein Laecheln. Diesen Gipfel hatte ich eigentlich fuer April geplant. Spaeter stellte ich fest, dass ich an diesem Tag 133 Kilometer und 2.400 Hoehenmeter gefahren bin.

    Peter ist zurueck. Er sieht nicht gut aus. „Christmas and New Year, shit“. „What's your heartrate?“ Ich: 135. „Oh, shit 185 mine“. Peter ist wirklich ziemlich fertig und kommt nicht hinterher. Er hat bekommen, was ich ihm gewuenscht habe. Weil er aber ein racer ist, muss er die Dinge wieder gerade ruecken, denn dass ich ihm vorausfahre geht ueberhaupt nicht. Richtig ist, dass er vorausfaehrt und ab und zu auf mich wartet. Er waehlt die steilste Tour die wir hier im Programm haben. Bislang bin ich sie noch nie gefahren, niemand ausser ihm und ein paar fitten Mountainbikern faehrt diese Strecke. Es ist eine von diesen Steigungen an denen Freundschaften zerbrechen koennen. Ein kleines Straesschen dass sich vom Meer aus durch die Olivenfelder 1,5 Kilometer auf 280 Meter hinaufwindet. Als wir unten starten und ich um die erste Kurve komme denke ich: „Nie!!!, da komme ich nie rauf.“ und Peter hat mir gesagt: „The first part is not that difficult, but later it realy becomes hard.“ Und ich fahre diese elende, unglaubliche Steigung hinauf. Auf der Haelfte der Strecke warte ich in einer Kurve auf Peter, dann nochmal, und dann, endlich oben angekommen, hat sich etwas veraendert zwischen uns, wir sind jetzt Partner, -und mit Sicherheit wird er mir in den naechsten Wochen zeigen wo der Hammer haengt.

    Im Januar bin ich bis jetzt 750 Km und 12.000 Hoehenmeter gefahren. Ich wiege noch 73 Kilo, mein Ruhepuls liegt jetzt bei 56bpm, ich trinke keinen Alkohol, mag kein Fleisch mehr, fruehstuecke Muesli, abends gibt es Tortellini mit Ricotta, Olivenoel und Knoblauch oder Reis mit Gemuese und Fisch oder Ei, ich trinke Kakao (nicht Nesquick etc) mit fettarmer Milch, ½ Liter Kakao nehme ich auch mit fuer unterwegs, als Powerdrink.

    Eigentlich hatte ich ein Gewicht von 72 KG avisiert, als ich an anspruchsvollere Unternehmungen dachte. Jetzt glaube ich, dass 68 KG realistisch sind. Den Ruhepuls haette ich gern bei 50bpm. Mehr Kraft brauche ich und vor allem die Kraftausdauer muss ich trainieren, was jetzt kein Problem mehr ist.

    Zusammengefasst seit 1. November:
    2045 Kilometer, 31.000 Hoehenmeter, 10 KG Gewicht verloren, gesund statt halb krank, froehlich und gut gelaunt statt muffig und depressiv

    Plaene? Im Fruehjahr und im Sommer will ich in die griechischen Berge, Touren fahren. Und gestern habe ich mit meiner Frau darueber gesprochen wie es waere 2013 in die Schweiz zum Alpenbrevet zu fahren. Sie meint, dass die Landschaft auf den Fotos sehr schoen sei und sie dort gern ein paar Tage verbringen wuerde. Vom Geld her muesste das zu machen sein. Wir koennen bei den Kleidern sparen, seit mir ihre Hosen, T-Shirts und Pullover passen.
  • Cinelli09, 28.01.2012, 14:51 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr
    Sehr imposanter Bericht.Gratuliere.In Deinem Alter ist das schon hart.Kann ich nachvollziehen,da in etwa gleich alt .
    Kannst Du vielleicht noch sagen W O du seit Nov. über 2000km und 31.000Hm gefahren bist,das schaut nicht nach mitteleurop. Winterfahren aus.Malle,Spanien?

    Günter
  • Gast, 28.01.2012, 15:08 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr auf Cinelli09
    Danke Guenther.
    Ich lebe in Griechenland und die Hoehenmeter kommen offenbar ganz schnell zusammen. Hat mich auch ueberrascht.
    Manoli
  • cromoly, 28.01.2012, 16:48 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr
    Hallo Manoli,
    super Bericht. Gratuliere zur Gewichtsabnahme und zur erworbenen Fitness.
    Aber du benötigtst für die Zukunft auch viel Durchhaltevermögen, denn abnehmen
    ist das eine, sein Wunschgewicht halten die andere Sache.
    Toi, toi, toi.

    Gruß Egon
  • Cinelli09, 28.01.2012, 16:57 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr auf
    Danke für die PN.Bin im Rahmen von Sommerurlauben (im August !,die Griechen starrten mich wie einen alien an) in GR (v.a. Peloponnes) einiges mit RR gefahren,in der Tat sehr Hm-intensiv.
    Noch ein Tip : nicht unter 72/73 Kg gehen,ab da verliert man nur Substanz.Bin selber 1,87m hoch und wiege max. 73kg,in der knallharten Saison etwas unter 72kg.Das ist m.E. das gerade noch vertretbare Minimum.
    Nochwas : wenn Du in die CH (Alpenbrevet) willst,reicht das Sparen an den Klamotten nicht mehr aus bei den Preisen,die die dort haben.Aber vielleicht habt ihr bis dahin wieder die gute alte Drachme - ne,lassen wir das......

    Keep on rollin `

    Günter
  • Cinelli09, 28.01.2012, 19:49 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr auf Cinelli09
    @ KlausTB :

    Klaus,Attenzione, allein schon im Jan. 750km und 12.000 Hm,hier gräbt einer an Deiner Authorität und Grundkompetenz ! GR statt Ticino !!??

    Salve

    Günter
  • tandem_click, 28.01.2012, 20:56 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr
    Hi Manoli,
    Respekt ! Wahnsinn ! Gratulation für alles,
    was du in er kurzen Zeit erreicht hast und toitoitoi
    für alle anstehenden Pläne ! Wahnsinn auch, wozu
    wir so fähig sind in puncto Anpassung !

    dann weiter Kette rechts
    viele Grüße
    Sandra
  • Gast, 29.01.2012, 09:14 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr auf cromoly
    Hallo Egon. Du hast recht, das merke ich heute schon. Es hagelt, schneit, regnet und stuermt, kein radeln....und das soll die ganze Woche so gehen. Aber da meine Liebste verreist ist und mich nicht fuettert, wird das mit dem Gewicht halten schon klappen. Und da ich mir vorgenommen habe den Pilion nun mal andersrum hochzuradeln, was sehr viel anspruchsvoller ist, bin ich auch motiviert.

    Herzlichen Gruss, Manoli
  • Gast, 29.01.2012, 09:23 Uhr 01.02.2012, 14:16 Uhr auf Cinelli09
    Ja, Guenter. Diese Frage hat mich in den letzten Tagen beschaeftigt, bis wohin ich mein Gewicht reduzieren kann ohne Leistung zu verlieren. Ja im Gegenteil, ich will ja noch Leistung aufbauen. Da ist wohl der BMI (BodyMassIndex) eine ganz gute Orientierung. Der liegt bei mir zur Zeit bei 23 und das ist ganz in Ordnung. Du bist ja nun mal deutlich groesser als ich und deshalb kann ich ruhig noch ein bischen Gewicht sparen, ohne dass ich neue Schnellspanner oder Titanschrauben investieren muss, denn das Problem mit Euro und Drachme muss unbedingt im Blick gehalten werden, vor allem, wenn es letztlich um Schweizer Franken geht.

    Saft aber unnachgiebig, Manoli
  • Jan, 01.02.2012, 14:16 Uhr
    Ein toller Bericht!
    Viel Erfolg für deine Pläne. Ich bin mir ganz sicher, dass du sie realisieren wirst.

    Schönen Gruß, Jan
  • Manoli, 09.09.2013, 13:33 Uhr
    Über die vielen positiven Reaktionen auf meinen Beitrag habe ich mich sehr gefreut und vor allem haben sie mich motiviert meine Ziele weiter zu verfolgen. Wie es bisher weiterging, das möchte ich Euch hier berichten:

    Wenn man intensiv mit dem Rad unterwegs ist, kommen viele Dinge in Bewegung. Man leidet und erstarkt an diesem Leiden. Der Körper entwickelt Leistungsfähigkeit und die Psyche lernt mit Frustrationen und Herausforderungen umzugehen. Als ich eine bestimmte Leistungsfähigkeit erreicht hatte, veränderte sich bei mir das radeln. War ich zuerst nur mit den Schmerzen, dem Puls und dem Atmen beschäftigt, also mit dem Überleben, richtete sich meine Aufmerksamkeit nach einiger Zeit, mit besserer Kondition, auf andere Dinge. Meine Psyche machte sich bemerkbar und während ich Außen in der schönen Landschaft unterwegs war, zogen Innen ganze Landschaften von Gedanken, Gefühlen und Erinnerungen vorüber, so daß ich eines Tages den Gedanken hatte, daß sich bei mir wohl alle verdrängten psychischen Vorgänge im Fett eingelagert hatten, daß ich nun mit all dem psychischen Schrott radikal verbrannte. Auch aus diesem Grund war es gut so viel allein unterwegs zu sein. Ich stieg aufs Rad und dann war ich recht bald in eine Art Meditation oder Trance versunken in der Gedanken und Gefühle, aber auch Erinnerungen wie Wolken durch meinen Geist zogen. Oft wechselten Freude und Traurigkeit sich ab wie Sonnenschein und ein Regenschauer im April.

    Und dann ging alles ganz schnell: In wenigen Augenblicken habe ich entschieden, daß wir Griechenland verlassen und nach Deutschland zurückgehen. Im Nachhinein muß ich sagen, daß ich nicht in der Lage gewesen wäre diesen Entschluß zu fassen, wenn ich nicht mein Radtraining gehabt hätte, denn dort hatte sich die Dynamik und die Kraft vorbereitet die mich nun diesen Entschluß fassen ließ etwas zu unternehmen was eigentlich gar nicht machbar war, denn wir verfügten über keinerlei Mittel diesen Schritt zu unternehmen. Aber durch mein Training fühlte ich Kraft und ein wunderbares Zutrauen. Es war alles nur eine Frage der richtigen Methode, dann würden wir es auch schaffen. Und so war es dann auch: Im Februar wurde der Entschluß gefasst und am 1. Juni fuhr ich mit unseren zwei Hunden, meinem Rad und einem vollgepackten, geliehenen Lieferwagen nach Berlin wo meine Frau in unserer neuen Wohnung auf uns wartete. Es gibt diese Momente im Leben wo man die Chance hat etwas zu verändern, einen Moment in dem sich Türen öffnen. Wir hatten so einen Moment erwischt, alle nötigen Türen standen offen und wir liefen einfach hindurch.

    Ich habe dann schnell mein Rad ausgepackt und nach vielen Jahren die erste Runde in Berlin gedreht. Natürlich bin ich die Havelchaussee entlang geradelt und mit einer fetten Übersetzung den Willi hinauf gefahren. Dann bin ich in der Stadt unterwegs gewesen und war froh lebendig heimzukommen. Was für ein Lärm!! Und dann die Beschimpfungen von allen Seiten!! So habe ich mich dann aufgemacht das berliner Umland zu entdecken. Wer es noch nicht weiß: Es ist wunderschön. Am besten gefällt mir Fahrland bei Potsdam. Und an dem Grün kann ich mich gar nicht satt sehen. Ich bin Olivenbaum geschädigt. 12 Jahre lang nur Olivenbäume. Wie wunderschön sind all die verschiedenen Bäume, die Pferde auf den Wiesen und die blühenden Rapsfelder.

    Den Plan 2013 das Schweizer Alpenbrevet zu fahren musste ich wegen des Umzugs aufgeben. Aber nun steht August 2014 in meinem Kalender und natürlich wartet PBP 2015. Mein Training hat sich allerdings radikal verändert. Radfahren in den Bergen ist ganz anders als radfahren auf dem flachen Land. Viele Flachlandradler fürchten sich vor den Bergen und Bergradler verachten manchmal das radeln in der Ebene. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß beide Varianten herausfordernd sind. Natürlich gibt es in den Bergen die berüchtigten Steigungen, die eine besondere Technik und auch Erfahrung verlangen, wenn man sie vernünftig meistern will. Aber das Gleiche läßt sich auch von der Ebene sagen. Während es in den Bergen naturgemäß bergauf und bergab geht, man in den Serpentinen schön sieht, wie man Kurve für Kurve in die Höhe klettert und, wenn man oben angekommen ist, die Beine ausruhen und eine Abfahrt genießen kann, erfordert die Ebene bei einem Marathon, besonders bei einem schönen Gegenwind, eine gleichmäßige Belastung über einen langen Zeitraum und oft sieht man gar nicht wie man vorankommt, denn man muß auf das schöne Erfolgerlebnis verzichten, das Serpentinen bescheren können. Für mich war das nach dem bergigen Griechenland eine erstmal neue Erfahrung.

    In den Bergen verändert sich permanent die Belastung und daher wechselt man alle paar Sekunden die Haltung. In Berlin mußte ich mein Rad mal wieder umbauen: Der Lenker kam etwas höher und der Sattel etwas vor um meinen Unterleib zu entlasten. Der leichte Druck auf den Dammbereich war in Griechenland kein Problem, weil ich ja alle paar Minuten aus dem Sattel in den Wiegetritt ging. Nu aber saß ich plötzlich 30 Minuten lang, bis ich mich mal für ein paar Sekunden erhob, nur um mich gleich wieder zu setzen. PBP wäre mit meiner Bergeinstellung wahrscheinlich eine Katastrophe für Harnröhre und Prostata, während ich schon am berliner Willi spüre, daß ich den Sattel nun gern etwas weiter hinten und den Lenker gern etwas niedriger hätte.

    Die größte Herausforderung aber bedeuten für mich die vielen anderen Rennradfahrer. Es muß nur in der Ferne ein Trikot vor mir auftauchen oder von hinten ein Schnaufen nahen und schon verlasse ich meinen Rhythmus, meinen Trainingsplan und bolze los. Was für ein Blödsinn, aber ich habe bemerkt, daß es ganz vielen Radfahrern so geht, und daß nur die Profis und die sehr erfahrenen Radler diesem Drang widerstehen können. Seit ein paar Monaten übe ich mich darin, mich nicht nicht mehr irritieren zu lassen und langsam meine Bahnen zu ziehen. Erfahrungsgemäß werde ich temperamentvoll überholt und begegne dem feurigen Überholer bald wieder, wenn ihn seine Kräfte verlassen haben. Und dann gibt es die Radler die eben einfach schneller sind. Da kann man sich anhängen, wenn man schneller sein will als man eigentlich ist, aber das sollte man erst machen, wenn man es nicht mehr weit nach Hause hat.

    Die Suche nach der eigenen Geschwindigkeit, nach der eigenen Pace ist eine interessante Auseinandersetzung mit sich selbst. Man ist auf der Suche nach dem eigenen Maß, nach der eigenen Gesetzmäßigkeit, einer Größe die einerseits eine Regel aufweist und andererseits relativ flexibel ist. Und das mündet für mich letztlich in fast philosophische Fragen, zum Beispiel wo man als Mitglied einer Gruppe profitiert und wann man sich herausfallen lassen sollte um seine eigenen Wege zu gehen oder zu fahren. Natürlich sind mit einer Gruppe gerade beim radfahren ganz erhebliche Vorteile verbunden. Man ist viel schneller bei weniger Anstrengung und man wird Teil eines kollektiven, mächtigen Organismus. Aber so eine Gruppe hat auch Nachteile. Man ist damit beschäftigt dem Nachbarn nicht in´s Hinterrad zu fahren, statt die schöne Landschaft zu genießen, Signale rechtzeitig weiterzugeben, statt auf sein Inneres zu lauschen und unter Umständen überfordert man sich ohne es zu bemerken, bis man einbricht. Meine Sache ist es nicht, im Pelothon zu fahren, ich fahre lieber allein. Und wenn man allein fährt, muß man lernen die anderen sausen zu lassen. Die Vernunft sagt mir, daß ich mein Alpenbrevet nur so schaffen kann. Ich weiß, daß ich es bitter bereuen werde, wenn ich meine, mich mit den anderen Radlern anlegen zu müssen. Daher ist es zur Zeit mein oberstes Ziel zu lernen mein eigenes Tempo zu fahren. Das ist in den griechischen Bergen einfach, in Berlin ist das eine schwere Übung.

    Dann gibt es da noch eine Sache an der ich übe. Mir gehen oft so viele Gedanken durch den Kopf und dann merke ich, daß ich einige Kilometer gefahren bin, ohne daß ich eigentlich Rad gefahren bin. Wenn ich es genau betrachte, bin ich in meinen Gedanken unterwegs gewesen. Seit ich das beobachtet habe versuche ich mich nur auf das Radfahren zu konzentrieren. Zum Beispiel beschäftige ich mich damit wie ich möglichst schonend pedalieren kann. Das ist eine sehr interessante Beschäftigung für mich, so seltsam das auch klingen mag. Mit welcher Frequenz fühlt sich das Pedalieren effektiv und doch mühelos an und wie lange kann ich mit dieser Frequenz pedalieren? Sollten die Waden und Fußgelenke fest sein oder sollten sie sich bewegen? Ja überhaupt, was machen eigentlich meine Füße? Sind das Klötze oder können die arbeiten wie Hände? Was macht das für einen Unterschied? Und so geht das weiter: Wo sind die Schultern, sind die Ellenbogen schön locker? Habe ich ein freundliches Gesicht oder ist mein Gesicht ganz zerknautscht? Fahre ich meine Kurven optimal? Fahre ich sie sicher und souverän oder eiere ich? Wohin schaue ich eigentlich, wenn ich in eine Kurve fahre oder überhaupt, wenn ich radle? Kurz gesagt, ich übe mich darin zu radeln, wenn ich auf dem Rad sitze. Das ist eine sehr schwere Übung an der ich aber viel Freude habe.

    Ansonsten würde ich sagen, daß ich mit meinem Training zufrieden bin. In Griechenland wollte ich immer gern einen Schnitt von 25 KM/h erreichen. Das ist mir nicht ganz gelungen. In Berlin interessiert mich mein Schnitt nicht mehr. Wenn ich mich mit einer normalen Rennradgruppe verabrede (nicht mit den Profis oder Semiprofis), kann ich mühelos mithalten oder auch vorn mitfahren. Da liegt der Schnitt bei ca. 30 KM/h. Wenn ich allein bin fahre ich einen 25er bis 29er Schnitt. Wichtiger ist: Mein Ruhepuls liegt nun bei 50. Mein Maximalpuls ist von 178 auf 173 gesunken. Verändert hat sich aber vor allem meine aerobe und anaerobe Kapazität. Das bedeutet: Es strengt mich nicht mehr an über längere Zeit mit einer höheren Pulsfrequenz unterwegs zu sein. Mein Gewicht liegt bei 75 KG. Das wird sich aber im nächsten Jahr ändern, denn ich möchte mit einem Gewicht von 70 Kg in die Schweiz reisen. Für PBP dürfen es dann wieder 73 Kg sein. Ein kleines Problem besteht darin, daß meine Ziele so weit gesteckt sind. Es wäre leichter zu trainieren, wenn sie etwas näher wären. Vielleicht läßt sich da ja was machen.

    Im Gegensatz zu Griechenland ist in Berlin das Training im Winter ein Problem. Wahrscheinlich werde ich auf einer freien Rolle mit Widerstand trainieren. Mir gefällt die Elite E-Motion, nicht die elektronische, sondern die einfachere Version. Dazu möchte ich mir zum Geburtstag einen professionellen Trainingsplan von "Flame Rouge" schenken. Ich habe auch versucht zu laufen. Aber ich bekomme dann starke Schmerzen in der Lendenwirbelsäule.

    Ansonsten ist vielleicht zu sagen, daß ich in Berlin den Taxischein mache. Bald werde ich die Prüfung erledigt haben. Dann bin ich nachts in Berlin unterwegs und kann tagsüber trainieren. 2014 plane ich ein paar Wochenendtrainings in der sächsischen Schweiz. Außerdem werde ich mich wohl zum Skoda Berlin Pelothon 2014 anmelden. Aber das erste wirklich große Ziel ist das Alpenbrevet Gold 2014 in Meiringen, bevor die Vorbereitung auf PBP 2015 beginnt. Im Grunde interessieren mich nur diese zwei Herausforderungen.

    Zum Schluß : Ich habe diese Geschichte aufgeschrieben um ein paar Dinge zu sagen die ich hier nochmal kurz zusammenfassen will.

    1. Wenn Du mit 60 Jahren plötzlich beginnst zu laufen oder Rennrad zu fahren, solltest Du bedenken, daß Dein Leben in Bewegung kommen kann.
    2. Für die Psyche ist es gut, wenn man Ziele die man sich vorgenommen hat auch verfolgt. Offene Rechnungen sind belastend.
    3. Wenn man ein Ziel verfolgt ist es wichtig die richtige Methode zu wählen.
    4. "Sanft aber unnachgiebig" ist eine gute Methode anspruchsvolle Ziele zu verfolgen
Einloggen, um zu kommentieren