VERY important message

Regionsbeschreibung Stuttgart

Von majortom – Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Großstädten ist das Fahrrad in Stuttgart kein wirklich rege genutztes Verkehrsmittel. Dies mag zum einen daran liegen, dass Stuttgart sich aufgrund der ansässigen Autoindustrie als Autostadt versteht, und die Straßen viel befahren sind. Der hauptsächliche Grund ist jedoch die Topographie: Stuttgart liegt inmitten eines Talkessels, und man findet sozusagen kaum eine flache Strecke. Egal wohin einen der Weg führt, praktisch ständig geht es bergauf oder bergab.
Was für den Alltagsradler, der natürlich nicht völlig durchgeschwitzt am Arbeitsplatz oder in der Weinstube beim Trollinger-Viertele ankommen möchte, den topographischen Super-Gau darstellt, versteht der quaeldich-Radler natürlich als Herausforderung. Und so beschreiben wir die sechstgrößte Stadt Deutschlands hier als Radrevier. Sicher kein Revier, wo man seinen zweiwöchigen Jahresurlaub oder ein Trainingslager verbringen möchte, aber unter Einheimischen gar nicht mal eine allzu üble Notwendigkeit. Praktisch in allen Himmelsrichtungen gibt es auch wenig befahrene, schöne Anstiege, die aus dem Stuttgarter Zentrum hinauf in die Vorstadtbezirke führen. Zumindest Anstiege, die man in keiner anderen Stadt dieser Größe finden wird.

Geographie

Wo genau liegt also dieses geheime Radrevier? Stuttgart liegt im sogenannten Stuttgarter Kessel, einer Ausbuchtung des Nesenbachtals, der in den Mittleren Neckar mündet. Stuttgart liegt nämlich – ganz wichtig für Lokalpatrioten – nicht am Neckar, sondern am Nesenbach. Finden kann man diesen Bach jedoch nicht mehr; er verläuft irgendwo unterirdisch und kanalisiert.
Der Stuttgarter Kessel ist hier bei quaeldich.de eigentlich nur deswegen eine eigene Region, weil sich das Stadtgebiet sonst nirgendwo eingliedern lässt. Eingeschlossen wird dieser Kessel vom Neckartal im Osten (hinter dem sich der Schurwald erhebt, der Filderebene und dem Schönbuch im Süden, dem Glemswald im Westen, sowie dem Strohgäu im Nordwesten und Norden.
Auffällig ist dabei vor allem der große Höhenunterschied. Zwischen niedrigstem (207 m) und höchstem Punkt (549 m) liegen immerhin über 300 Höhenmeter Differenz. Die wichtigsten und markantesten Hügel sind wohl der Birkenkopf (ein künstlich aufgeschütteter Berg aus Trümmern des zweiten Weltkriegs), der Grüne Heiner bei Stuttgart-Weilimdorf, sowie der Württemberg oberhalb des Neckartals (wo sich die Grabkapelle der württembergischen Könige befindet). Auffällig ist weiterhin, dass die Hänge um den Kessel herum größtenteils nicht bebaut sind, sondern bewaldet. Auch in der Innenstadt existieren ausgedehnte Parkflächen, dazu kommen im Neckartal noch Weinberge, die der Stadt insgesamt ein grünes Bild verleihen. Nicht umsonst lautet der Slogan des Fremdenverkehrsbüros „Großstadt zwischen Wald und Reben”.

Geschichte

Stuttgart ist keine Stadt, die auf eine jahrtausende alte ruhmreiche Geschichte zurückblicken könnte. Vermutlich irgendwann im 10. Jahrhundert kam der Herzog von Schwaben auf die Idee, die abgeschirmte Lage des Talkessels zur Pferdezucht zu nutzen, und gründete einen „Stutengarten”. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dann jedoch nicht nur der Name auf „Stuttgart” zusammengezogen, es entwickelte sich aus der Siedlung um das Gestüt herum auch das kulturelle Zentrum Württembergs. Nachdem Württemberger Grafen sie im 14. Jahrhundert der Badischen Konkurrenz abjagten, erhoben sie die Siedlung auch zum Zenrum ihres Herrschaftsbereichs. Und so war Stuttgart nicht nur über Jahre hinweg die Hauptstadt Württembergs, sondern wurde auch 1952 – wiederum sehr zum Ärger der Badischen Konkurrenz – zur Hauptstadt des neu gegründeten Landes Baden-Württemberg erkoren.
Seitdem hat sich Stuttgart zur Spätzlemetropole Nummer Eins gemausert, ist eine bedeutende Industriestadt und ein kulturelles Zentrum. Da die Schwaben ja seit jeher das Image des Provinziellen und etwas Eigenbrötlerischen haben, galt Stuttgart lange Jahre auch als Provinz- und Kehrwochenstadt. Den Wandel zu einer modernen, weltoffenen Großstadt mit postmoderner Yuppie-Szene hat es wohl erst in den letzten zehn Jahren geschafft.

Sehenswertes

Diesen Abschnitt können wir kurz halten. Stuttgart ist kein Touristenmagnet, der gotische Kathedralen oder schmucke Renaissancebauten zu bieten hätte, auch wenn es natürlich das imposante Neue Schloss und dergleichen gibt. Es ist auch keine Stadt der schmalen romantischen Gässchen und Fachwerkhäuser, was vor allem daran liegt, dass nach der Zerstörung durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg tabula rasa gemacht wurde, der Schutt auf den Birkenkopf gekarrt, und Platz geschaffen für sechsspurige Innenstadtautobahnen. Das beste, was man als Stuttgart-Tourist machen kann, ist nach Meinung des Autors, einen der zahlreichen Aussichtspunkte zu erklimmen und von dort in Ruhe den Blick über die Stadt zu genießen. Dabei empfiehlt sich besonders ein Abstecher auf den Fernsehturm, von dem man nicht nur die Stadt, sondern auch das Umland überblicken kann. Ein weiterer Geheimtipp: der Turm im Stuttgarter Hauptbahnhof lässt sich auch eintrittsfrei erklimmen.
Für Liebhaber von Kultur, Museen und dergleichen, sowie für weitere Informationen verweisen wir an dieser Stelle auf die Homepage des Fremdenverkehrsbüros.

Radsport

Womit wir wieder beim oben schon angedeuteten Zwiespalt wären. Einerseits verfügt Stuttgart über die notwendige Topographie, um für Radsportler ansprechend zu sein, andererseits besitzt das Fahrrad als Transportmittel keinen großen Stellenwert. Das Auto dafür umso mehr, und das bekommt man zu spüren. Zwar wurden an vielen Stellen in den letzten Jahren Radwege aus dem Boden gestampft, diese haben jedoch nur allzu häufig die Eigenschaft, irgendwo blind zu enden, oder enorm weite Umwege zu machen. Die Anstrengung ist zwar spürbar, auf das Transportmittel der Zukunft zu setzen, die Umsetzung bislang jedoch mangelhaft. Was auch daran liegen mag, dass dem Stuttgarter eben immer noch der Daimler heiliger ist als der Drahtesel.
Auch als feste Größe im Profiradsport hat sich Stuttgart zu etablieren versucht. 1991 und 2007 wurden hier die Straßenweltmeisterschaften ausgetragen, und wärend Anno 91 spannende und stimmungsvolle Titelkämpfe veranstaltet wurden, haben übereifrige Lokalpolitiker und selbsternannte Dopinginquisitoren die zweite Chance zu einer grandiosen Farce voller Peinlichkeiten vergeigt. Die Radsportstadt Stuttgart dürfte wohl eher abgehakt sein.
Auch die Deutschland-Tour der Profis hat seit ihrer Wiedereinführung häufiger in Stuttgart Station gemacht. Die viel schönere Alternative hat es allerdings noch nicht hierher geschafft, obwohl unbestätigten Gerüchten zufolge dem Organisationskommittee eine Etappenbewerbung vorliegt. Man darf gespannt sein, ob die Ausgaben 2010 oder 2011 einen Abstecher in die Landeshauptstadt machen.
Was sind also die lohnenswerten Anstiege, von denen wir die ganze Zeit reden? Ein Klassiker ist natürlich die Alte Weinsteige, die mit durchgehend zweistelligen Prozentwerten aus Stuttgart-Süd nach Degerloch hinauf führt. Der Herdweg, das Pendant im Westen, war gleichzeitig der Scharfrichter der 2007er Straßen-WM. Ebenfalls in Richtung Süden verlässt der Schimmelhüttenweg, sowie die Christian-Belser-Straße den Talkessel. Dazu gesellen sich dann noch einige Aufstiege aus dem Neckartal, z.B. nach Frauenkopf oder auf die Wangener Höhe.
Wer die ganz steilen Anstiege scheut, muss sich allerdings mit stärker befahrenen Auffahrten zufrieden geben, um die Stadt zu verlassen. Ganz locker passieren lässt sich die Stadt natürlich entlang des Neckar. Der zugehörige Radweg ist auf Stadtgebiet ganz passabel, allerdings wie üblich an schönen Wochenenden hoffnungslos überfüllt. Letztendlich wird also jeder ein Kaliber finden, dass zur persönlichen Form und/oder Souplesse passt.
Da man natürlich nicht seine ganze Trainingsrunde in der Stadt absolvieren möchte, verweisen wir hier auch ausdrücklich auf die umliegenden Regionen, die bereits oben erwähnt werden. Auf keinen Fall macht man jedoch etwas falsch, wenn man einfach einen Zug besteigt und sich ohne Großstadtdschungel einfach auf der Schwäbischen Alb austobt.

Quellenangabe: Wikipedia