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Regionsbeschreibung Vogesen

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1. Einleitung:

"Den 20. ging Lenz durch's Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Thäler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. Es war naßkalt, das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Äste der Tannen hingen schwer herab in die feuchte Luft. Am Himmel zogen graue Wolken, aber Alles so dicht, und dann dampfte der Nebel herauf und strich schwer und feucht durch das Gesträuch, so träg, so plump. Er ging gleichgültig weiter, es lag ihm nichts am Weg, bald auf- bald abwärts. Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte."
Zitat aus LENZ (1835) von Georg Büchner.

Mit diesen Zeilen beginnt eins der gewaltigsten Bücher der deutschen Literatur. Unvergleichlich, wie expressiv Georg Büchner die deutsche Sprache gebraucht. Er hat mit solchen Passagen eine Schwelle gezogen, die kaum ein anderer Autor deutscher Sprache überschreiten kann. Aber durch welches Gebirge läßt er seinen Helden Lenz bei einem solchen Sauwetter stapfen?
Nun, es sind die Vogesen, dieses herrliche Mittelgebirge im Nordosten von Frankreich, das wir Euch hier ein wenig näher bringen und ans Radfahrerherz legen wollen. Und nein, nicht immer ist das Wetter dort so schlecht wie bei Lenzens Wanderung.

2. Allgemeine Informationen:

Woher die Vogesen ihren Namen bekommen haben, ist unklar. In den „Commentarii de Bello Gallico“ erwähnt Julius Caesar einen Mons Vosego zwischen dem keltischen und dem belgischen Teil Galliens. Ebenfalls soll in der Gegend des Donon dem Gott Vosegus gehuldigt worden sein. Angeblich soll auch aus dem vierten Jahrhundert nach Christus wiederum eine Inschrift datieren, in der von einem silva vosego gesprochen wird. Wer auch immer der Namensgeber sein mag, seit der frühen Neuzeit steht der Begriff Vosges im Französischen fest.

Die Vogesen erstrecken sich westlich des Oberrheingrabens von Montbéliard im Süden bis an die deutsche Grenze im Norden. Drei französische Regionen haben an ihnen Anteil, Lorraine (Lothringen) im Westen, Alsace (Elsaß) im Osten und Franche-Comté (Hochburgund) im Süden. Eine klare geografische Abgrenzung ist im Norden nicht gegeben, vielmehr gehen die Vogesen dort in den Pfälzerwald über. Im Süden werden sie durch die Burgundische Pforte vom Jura getrennt.
Sehr oft liest man, dass die Vogesen grob in zwei Teile zu trennen sind, mit dem Vallée de la Bruche als Grenzlinie. Dem Autor dieses Textes leuchtet diese Trennung nicht ganz ein. Zum einen durchschneidet das Breuschtal die Vogesen nicht komplett, sondern endet am Col de Saales. Zum anderen unterscheidet sich die Gegend nördlich des Tals um den Donon herum nicht wesentlich von der Region des Champ du Feu weiter im Süden, während der eigentliche Nordteil der Vogesen westlich und südwestlich von Wissembourg doch eher an niedrige Mittelgebirge erinnert, wie sie in der Mitte von Deutschland zuhauf zu finden sind.
Als Alternative bietet sich eine Dreiteilung an. Der Nordteil mag bis zum Col de Saverne reichen, dort wo der Vogesenwald durch Rodung wie zu einem Nadelöhr zusammengeschnürt ist. Den Mittelteil mit den allmählich höher werdenden Bergen könnte die Gegend um die oben erwähnten Donon und Champ du Feu bilden. Der Südteil – ohne klare Trennung zum Mittelteil – würde letztendlich das Gebiet bis in den Südwesten von Belfort mit den bekannten vier Ballons, dem Parc Naturel Régional des Ballons und der Route des Crêtes umfassen.
Die höchsten Berge der Vogesen sind dann auch im Süden zu finden. Wie die meisten wissen werden, ist der Grand Ballon (1424 m) der herausragende Gipfel dieses Gebirges und der Ballon d’Alsace (1247 m) womöglich der bekannteste.

Der Versuch, ein kurzes Bild der Vogesen zu vermitteln, ist ohne einen Vergleich mit dem Schwarzwald zum Scheitern verurteilt. Tatsächlich waren beide Gebirge einmal eins und wurden erst im Laufe von Millionen von Jahren durch die Absenkung des Oberrheingrabens getrennt. Anders als der Schwarzwald sind die Vogesen den atlantischen Frontensystemen, die wegen der in Mitteleuropa vorherrschenden Westwindlage über weite Teile des Jahres hinweg wetterbestimmend sind, viel stärker ausgesetzt; ihnen fehlt der Windschatten, den sie wiederum dem Schwarzwald spenden. Die Folge ist, dass die Höhenlagen der Vogesen aufgrund des ungemütlichen Klimas nie dauerhaft besiedelt worden sind und dadurch zivilisationsferner wirken. Ebenso liegt die Waldgrenze etwas tiefer als im Schwarzwald. Die Gipfel der Ballons oder manche Flächen entlang des Hauptkamms sind daher auch zum großen Teil wegen der Windgeschwindigkeiten in den Höhenlagen waldfrei geblieben und nicht durch Abholzung durch den Menschen geformt worden. Auch die Vergletscherung während der Eiszeiten wirkte munter mit und schuf die ins Auge stechende Rundform vieler Gipfel gerade im Südteil der Vogesen.
Im Übrigen können auf der Westseite der Vogesen ordentliche Regenmengen fallen. Einige bekannte Flüsse entspringen dort, zum Beispiel die Saar am Donon oder die Mosel am Col de Bussang. Die Ostseite wiederum, besonders in der Gegend um Colmar herum, besitzt partiell ein ähnliches Niederschlagsniveau wie die Cote d’Azur und auch eine lange Sonnenscheindauer. Dort hat der Mensch allerdings massiv die Natur geprägt und den einstmals wuchernden Eichenwald gerodet. Das Ergebnis ist – auch Liebhaber ursprünglicher Natur müssen dies zähneknirschend zugeben – eine der anmutigsten mitteleuropäischen Landschaften: die Elsässer Route du Vin.

3. Geschichte:

Im Altertum waren die Vogesen sowohl von keltischen als auch von germanischen Völkern besiedelt. Die romanisch-germanische Sprachgrenze, die sich im Laufe der Jahrhunderte in dem Gebiet Elsaß-Lothringen herausgebildet hat, führt dabei nicht vollständig über den Vogesenhauptkamm. Es gibt auch auf der Ostseite Täler, die seit jeher zum romanischen Sprachgebiet gehören (siehe die Beschreibung des Col du Calvaire). Da der alemannische Dialekt, der hier und da noch im Elsaß zu hören ist, mehr und mehr im Verschwinden begriffen ist, wird sich in nicht allzu ferner Zukunft die Sprachgrenze nur noch in den unterschiedlichen Namen der Ortschaften der Vogesen ausdrücken.
Ansprechen muss man, dass das Gebiet Elsaß-Lothringen viele Jahrhunderte hindurch ein Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich war, was natürlich auch die Vogesen geprägt hat. Für traurige Höhepunkte in ihrer Geschichte steht, so muß man leider sagen, in aller Regel Deutschland als Hauptverantwortlicher fest. Im ersten Weltkrieg fochten die Deutschen (als eine der kriegsanheizenden Mächte) gegen die Franzosen in blutigen Schlachten entlang der Kammlinie. Die Spuren sind bis heute unübersehbar. Ausgegrabene Stellungen wie Linge oder am Hartmannswillerkopf können besichtigt werden, Soldatenfriedhöfe sind über die ganzen Vogesen verstreut, und natürlich gibt es auch noch die Route des Crêtes, die im Krieg von den Franzosen als Versorgungsstraße zwischen Cernay und dem Col des Bagenelles angelegt wurde. Im zweiten Weltkrieg gingen die Deutschen noch ein paar Schritte weiter in die falsche Richtung und bauten das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof nördlich des Champ du Feu – das einzige Konzentrationslager auf französischem Boden.

4. Radfahren in den Vogesen:

Erstmal eine subjektive Einschätzung des Autors, einmal mehr im Vergleich zum Schwarzwald: auf den Radfahrer wartet in den Vogesen ein schöneres Terrain. Warum?
Weil die Vogesen zunächst einmal dank ihrer abwechslungsreicheren Flora (es gibt wesentlich größere Anteile von Laubwald) dem Auge einen milderen Anblick bieten als der doch zum Teil recht düstere Schwarzwald. Weil die Vogesen zerklüfteter sind, somit über mehr eigentliche Pässe verfügen (dafür gibt es im Schwarzwald mehr Stichstraßen). Weil die Vogesen bis auf die Hauptverkehrsadern über den Col de Bussang oder den Col de la Schlucht auch verkehrsärmer sind.
Es gibt in den Vogesen enorm viele Möglichkeiten, eine mehr oder weniger große Anzahl von Pässen in einer Rundfahrt zu kombinieren. Das können dann gemütliche Ausflüge über die niedrigen Pässe der Nordvogesen (z. B. Col du Pigeonnier), knackige Runden über die relativ langen Anstiege der Südvogesen (z. B. Ballon d’Alsace) oder fast autofreie Touren über Pässe sein, die nur über asphaltierte Waldwege zu erreichen sind (z. B. Col de la Vierge). Was den Radelgenuss ein wenig trübt, ist der doch ziemlich rauhe Asphalt vieler Vogesenstrecken, auf den zum Teil in den einzelnen Beschreibungen hingewiesen wird. Immer im Hinterkopf behalten sollte man die an vielen Tagen vorkommenden erheblichen Temperaturunterschiede zwischen den Höhenlagen und dem Elsässer Tiefland in Richtung Rhein. Dem Autor ist es schon passiert, dass er im August mittags am Col de la Schlucht im langen Trikot erbärmlich in Wind und Wolken schlotterte und abends im kurzen Hemd auf einem Weinfest in einem Dorf an der Route du Vin gemütlich ein paar Gläser Pinot Blanc in sich hineinschüttete.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass die Organisatoren der Tour de France in den Vogesen das Bergradfahren entdeckten. Näheres ist in der Beschreibung des Ballon d’Alsace nachzulesen. Eine schöne Rundtour über sechs Gipfel ist weiter unten dargestellt.

  • Kennenlerntour durch die Vogesen
    Von und nach Wihr-Au-Val über Col du Platzerwasel, Breitfirst, Markstein, Col du Bramont, Rainkopf, Hohneck und Col de la Schlucht.



Für wertvolle Anregungen bezüglich dieser Beschreibung möchte der Autor dem Redaktionsmitglied stb72  danken.

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Zum Beispiel Vogesen – Les 4 ballons vom 30.05.-2.06.2024