Von TicinoBergler46 – Reto gönnt mir einen Tag zum gemeinsamen Velofahren, Noch am Vorabend diskutieren wir beim Abendessen in der rustikalen Osteria Chiara in Locarno die optimale Gegend bei der doch nicht ausgeprägten lokalen Nordföhnlage. Alpe Coipo zusammen mit Alpe Pescia im benachbarten Valle Ossola wäre zweifellos sehr attraktiv. Wettersicherer wäre aber die nähere Umgebung des Lago Maggiore. Die anspruchsvollen Touren Monti di Brissago triplo und AdNx2+ kennt Reto schon. Ebenso die in diesem Mai noch nicht befahrbare Alpe del Gesero doppio.
Also eine anspruchsvolle Kombination von 3 Auffahrten in der Umgebung von Bellinzona: eine schöne & sportliche und eine superschöne & genussvolle und eine kürzere & hübsche Auffahrt. Konkret Bedretto (1030 Hm) und Prepianto (1122 Hm) und Maruso (780 Hm).
Frühmorgens sieht man schon das gute Wetter hinter Bellinzona. Beim Frühstück genießen wir den Blick über den Lago und freuen uns auf den Tag. Da ich die beiden Auffahrten zuletzt im April gefahren bin, bin ich schon neugierig auf Reto’s Urteil.
Bald starten wir in Gorduno hinauf nach Bedretto. Bei 1030 Hm auf 9,3 km kann man kein sanftes Hinaufgleiten erwarten. Aber auch Reto macht es Spaß das abwechslungsreiche und meist steile Sträßchen hinauf zu „klettern“. Es ist eine Freude zu spüren, dass die Beine okay sind, die Luft noch ausreicht, um ein Schwätzchen zu halten und wir die einsame Landschaft genießen können. Die recht steile Passage im oberen Teil lässt mich in der Konversation doch zum Zuhörer werden. Bald aber können wir oben in Bedretto den Ausblick auf den markanten Monte Claro (2722m, Bild 02) und auf den gegenüberliegenden Corno del Gesero (Bild 03), der den Scheiteltunnel der Alpe del Gesero Auffahrten bewacht. Wir erinnern uns an unseren gemeinsame Alpe del Gesero doppio Tour im Juni 2009. Nach der holprigen Abfahrt, bei der mich Reto weit abhängt bzw. ich von meinem Risikomanager gebremst werde, machen wir uns auf den Weg ins nahe gelegene San Vittore bei Roveredo.
Dort erwartet uns die Auffahrt nach Prepianto, Im Tessin die Zweitschönste nach dem Lago del Naret. In der vollen Pracht habe ich sie erstmals Anfang April ausgekostet, allerdings nicht ganz ohne Schnee. Reto gerät bald ins Schwärmen. Die schönen Kehren auf bester Straße und praktisch ohne Autos bei gleichmäßigen 10% haben es ihm angetan. Die frisch belaubten Bäume erlauben zwar weniger Aussicht, halten dafür die schon recht warme Sonne in Schach. In Giova bestaunen wir die großartige Aussicht auf die Berge gegenüber. Der neue Straßenteil ist dann purer Genuss. Waldfrei schlängelt sich die Privatstraße den Hang hinauf, entlang von Felsen und mit immer noch prächtigeren Aussichten. Auch Reto ist hellauf begeistert. Und nirgendwo ist es wirklich anstrengend. Die Freude am schönen Berg-Velofahrer Leben treibt uns leichtfüßig nach oben. Von der letzten Kurve sehn wir direkt 1100m hinunter nach Bellinzona (Bild 04). Ein Juwel. Die Abfahrt ist auf bestem Asphalt auch ein Genuss (noch immer kein Auto). Die Wasserflaschen werden in kräftig sprudelnden Bächen mit bestem Nass gefüllt.
Der Weg nach Claro als Startpunkt für Maruso ist ebenfalls nicht weit. Wir sehen das Monastero oben am Hang. Eine QD Neutour. Reto war aber schon hier im Winter. Mit dem Auto und doch zu einem edlen Zweck. Nämlich Sportklettern an einer in der Szene bekannten Felspartie. Es ist spannend, wenn Reto davon erzählt. Auch vom entscheidenden „Messergriff“, der in diesem Jahr ausbrach und die Kletterpartie so um einen Schwierigkeitsgrad höher stufte. Das lässt uns den eher langweiligen und steilen Abschnitt im Wald ohne Motivationsprobleme überwinden. Den oberen schönen und aussichtsreichen Teil genießen wir dann (Bild 05). An einem massiven Granittisch, der oben einsam an der Straße steht, machen wir uns über unser üppiges Bärlibiber- und Energie-Gel Mahl her (Bild 06).
Es breitet sich ein wohliges Gefühl von Zufriedenheit in uns aus, einen sehr schönen und abwechslungsreichen Velo-Frühlingstag verbracht zu haben.