Von dbeckel –
Nach dem Regenbad des Vortags, wurden wir an diesem Morgen von der strahlenden Sonne geweckt. An meinem Rad hatte ich nur die Kette in Öl gebadet und den Schmutz von den Felgen und Bremsen entfernt, ansonsten war mein Rennrad so schmutzig und staubig wie ich es noch nie gesehen hatte. Aber der Sonnenschein verscheuchte alle staubigen Gedanken.
Zuerst ging es mit dem Auto nach Kaprun und dann im Tal auf dem Tauernradweg bis nach Wald im Pinzgau. Bei dem Sonnenschein und der sommerlichen Wärme ähnelte die Fahrt im Tal eher einem Sonnenbaden als einer quälenden Tour. Ein vorbeifahrender Radler fortgeschrittenen Alters fragte, ob wir einen Schulklassenausflug machten. Diese Altereinschätzung traf zwar unser gefühltes Alter beim lockeren Radeln in der Ebene eher als unser tatsächliches, aber wahrscheinlich verliehen uns die Quäldich Trikots einfach das jugendliche Aussehen.
Damit bei der Strecke für jeden was dabei ist, war ein Stück des schön geteerten Radwegs durch eine Baustelle aufgerissen, so dass eine Schotter und sogar eine Tragepassage dabei war, so kam auch Renko auf seine Kosten.
In Wald im Pinzgau fuhren dann alle, die sich nach den 45 Km im Flachen noch fit fühlten auf der alten Passstrasse auf den Gerlospass hoch. Die alte Passstrasse steigt gleich mit 17% los, das liess das gefühlte Alter gleich in die Höhe schnellen. Damit man keinen Rhythmus findet, wechseln sich dauernd Steilstücke mit noch steileren Stücken ab. Tobsi weiss wohl noch nichts von der Schwerkraft, jedenfalls war er alsbald am Horizont Richtung bergauf verschwunden, wohingegen sich ein anderer Teilnehmer Richtung Tal verabschiedete.
Dies war auch der Zeitpunkt, als das Feld um mich herum (zu diesem Zeitpunkt Jan und Renko) mir eröffneten, dass ich der glückliche Gewinner des Tages war. Der Hauptpreis war das Schreiben dieses Erlebnisberichts. Da ich mich nicht erinnern konnte ein Los gezogen zu haben, erklärten mir Jan und Renko, dass der Kreis der möglichen Gewinner durch die Formel „Fahrergewicht hoch Fahrradpreis“ bestimmt wurde, was mich und den eben umgekehrten Helden betraf. In einer Eidgenössischen Volksabstimmung sei nun ich aus diesem Kreis gewählt worden. Da nur ein halber Eidgenosse anwesend war, verlief die Stimmenauszählung rasch und ohne Hochrechnungen, das amtliche Endergebnis wurde sofort verkündet. Wären meine Quäldich Freunde nicht über jeden moralischen Zweifel erhaben, hätte ich glatt gedacht, dass ich völlig willkürlich ausgewählt worden wäre.
Doch zurück zur Passstrasse, diese führte durch eine schöne Landschaft, teilweise noch mit Schneefeldern im Schatten und wurde gegen obenhin sogar etwas flacher, wenn sich auch die Strassenbauer offenbar nicht auf eine einheitliche Steigung einigen konnten, so dass es bei dem welligen Profil blieb.
Oben an der Kreuzung mit der neuen Passstrasse wartete dann schon Tobsi auf uns, der schon fast Wurzeln geschlagen hatte, so lange stand er schon hier. Selbst Schuld, wenn man so schnell den Berg hochfliegt. Reinhard wurde dann noch die kurze Strecke zur eigentlichen Passhöhe geschickt, damit der Track für den Tourenplaner auch komplett ist, während wir uns auf den Weg durch die Hochmoor Ebene Richtung Abfahrt über die neue Passstrasse machten.
Die neue Passstrasse wurde offenbar von Strassenbauern gebaut die das mit der gleichmässigen Steigung besser im Griff hatten. Der gute Strassenbelag (gesponsert durch die Maut unserer Auto fahrenden Freunde) macht bei der Abfahrt mächtig Spass, die Spitze unseres Feldes machte sich gleich daran die ersten Cabrios einzuholen. Eine plötzlich in einer kurve auftauchende Kehrmaschine liess den Adrenalin Pegel noch zusätzlich steigen. Als ich gerade ein Auto überholenden wollte, bemerkte ich Roli, der sich heldenhaft bei der unteren Mautstation in den Verkehr warf, um uns auf den Rest der Truppe, der bereits in einem Cafe sass, aufmerksam zu machen.
Nach eine kurzen Pause ging es dann weiter runter bis Wald und in der Ebene zurück nach Kaprun. Das fahren im Flachen zählt ja nicht so zu meinen Stärken und nach kurzer Zeit hatte ich den Anschluss an das Gruppetto verloren. In heller Panik die folgenden 45 km ohne Windschatten fahren zu müssen, gab ich noch einmal alles, um mich wieder ans Feld heran zu kämpfen. Meter für Meter konnte ich mich mit brennenden Oberschenkeln an das Feld heran kämpfen. Gerade als das erste Hinterrad in Reichweite war, hielt das Feld an. Na ja, man sprintet ja auch gerne mal aus Vergnügen.
Seltsam fand ich, dass das Tal auf der Rückfahrt plötzlich deutlich länger als auf der Hinfahrt war. Ausserdem tauchte unvermutet noch ein kleiner Berg mit ca. 30 Höhenmetern auf, der auf dem Hinweg ebenfalls noch nicht dort stand. Hier brach ich dann vollends ein. Bergauf fahren scheint wohl nicht so meine Stärke zu sein. Zusätzlich drehte dann auch noch der Wind, so dass wir noch Gegenwind bekamen, während wir darauf warteten, dass Kletterkönig120 seinen Platten reparierte. Nach der Pause probierte ich es dann mit voraus fahren. Als der erste Fahrer an mir vorbeizog, versuchte ich es dann in den Windschatten zu hängen. Vergebens, ich fuhr eindeutig langsamer als mein Windschatten. Die nächsten vier potenziellen Windschatten waren ebenfalls zu schnell. Schliesslich musste ich dann also doch selber treten. In Kaprun bin ich dann doch noch angekommen.
Für den nächsten Tag hatte ich dann die ehrenvolle Aufgabe einen Freiwilligen für das Schreiben des Erlebnisberichts zu wählen. Natürlich wollte ich diese Aufgabe ebenso souverän wie Renko nach streng objektiven Massstäben lösen. Die Formel zur Auswahl lautete „Anzahl Kettenblätter durch Souplesse“. Aus dem Kreis der Top 5 soll dann per Zufall einer gewählt werden. Um dem Zufall etwas zu helfen, werde ich mir im Kopf eine Reihenfolge überlegen und die anderen sollen mir eine Zahl zwischen 1 und 5 nennen. So wird keiner merken dass meine Wahl willkürlich auf thomasg fällt, weil er immer so gute Passbeschreibungen macht. Es sei denn, alles kommt anders als geplant und Roli meldet sich tatsächlich freiwillig.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren