Von ralle23 –
Die Luft ist kühl, die Sonne wechselt mit grauen, dünnen, tiefhängenden Wolken. Wärme bekomme ich nur von innen heraus durch die Steigung, die sich ab Heiligenblut zu den für Österreich üblichen 10% plus verschärft. Mit der Höhe wird es schnell kälter, was ich zunächst nicht merke. Winter liegt in der Luft. Bei etwa 2300 m beginnt eine geschlossene Schneedecke (Foto 42) und am Hochtor ist es winterlich grau (Foto 43). Ich denke an Weihnachten aber dabei wird mir übel. Ich will hier nur noch runter. Nach dem Tunnel fällt es dann erstmal wieder auf 2200 m. Das reicht, um mir den Frost unter die Fingernägel zu treiben. Ich freue mich auf den nächsten Anstieg, der dann wieder auf 2400 m führt. Dies war für umsonst: zum Warmwerden reicht es nicht und nun kommt die Hölle: Das Thermometer steht kurz über dem Gefrierpunkt. Die Luft ist feucht. Außer einer langen Radhose, dem Trikot, einer Joggingveste und der Windjacke habe ich nichts an und ich will nur eins: hier runter. Ich beiße die Zähne zusammen und tue, was ich tun muß. Die Straße ist naß und kurvenreich, die Hände klamm. Wenn sich jetzt vor mir ein Schlund zur Hölle auftut, springe ich hinein, nur der Wärme wegen. Die halbe Stunde durch unendlich viele Kurven zieht sich zur Ewigkeit. Ganz zäh nur wird es wärmer. Unten in Bruck (750m) hat es dann 15 Grad. Ich beeile mich, irgendwie weiter Richtung Deutschland zu kommen und suche auf der Landkarte einen Ausgangspunkt, von dem aus man bequem durch Süddeutschland zurück nach Jena fahren kann. Ich wähle Rosenheim. Von dort läuft die B 15 direkt nach Norden und sie sieht auch nicht so arg befahren aus. Es scheint perfekt: 2-3 Tage bis nach Hause dürften zu machen sein. Von Bruck geht es zunächst weiter am Zeller See entlang nach Saalfelden, dort nach links Richtung St. Johann. Bis dorthin zieht sich die Straße noch mal über eine sanfte Höhe von 960m. Zwischendurch regnet es immer wieder. Von St. Johann weiter nach Kufstein am Inn. Deutschland empfängt mich dann mit freundlichem Spätnachmittagswetter, in dem ich am Inn entlang durch Rosenheim guten Mutes weiter nach Norden fahre. Kurz vor meinem heutigen Ziel, einem Campingplatz an der B 15 erwischt mich noch mal ein starker Schauer. Die Nacht regnet es dann durch und ich entschließe mich für den nächsten Tag zum Abbruch. Die schlechte Wetterprognose für den Folgetag hatte ich am Nachmittag noch verdrängen können, in der Nacht aber hat mich der Mut verlassen.
Es wäre perfekt gewesen, auch wieder bis Jena zurück zu fahren. 500 km fehlten. Den üblen Beigeschmack, etwas nicht perfekt gemacht zu haben, nehme ich in Kauf, denn auf Regen habe ich keine Lust mehr. Perfekt geworden ist dafür die Fahrt entlang des Alpenbogens wie ich es mir vorgenommen habe zwischen dem Col de la Bonette im Südwesten und dem Großglockner im Osten. Diesseits und jenseits gibt es keine Hochgebirgspässe (alles was mehr als 2000m hat). Dazwischen lag eine 11 tägige Fahrt von 1545 km über 16 Hochgebirgspässe mit insgesamt 32222 hm.
Insgesamt war dieser Urlaub 27 Tage lang. Ich bin 3500 km über 24 Hochgebirgspässe und eine Höhendifferenz von 54500 m gefahren. Ich freue mich auf das nächste Mal.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren