Von paelzman –
Der Wind
Tag zwei besteht aus der hier angegebenen zweiten und dritten Etappe, da zwischendrin noch ein kurzer Autotransfer anstand (hab's nicht hinbekommen, das im Tourenplaner anders abzubilden, sorry).
Heute war mein einziger kompletter Tag des Trips, somit sollte die Königsetappe mit 3 Pässen auf dem Programm stehen.
Das Wetter war passabel gemeldet mit starken Sturmböen. Naja, Hauptsache kein Regen, dann passt das schon.
Der Plan sah so aus, dass ich mir in Bourg-St.-Maurice einen Parkplatz suche, von dem aus ich den kleinen St.Bernhard und Les Arcs 2000 fahre, wobei ich zwischendurch am Auto Trinkflasche und Magen fülle. Anschließend mit dem Auto nach Val d’Isére und den Col de Iseran bezwingen. Ohne den Autotrip nach Val d’Isere wäre mir die Tour zu heftig gewesen, und ich wollte das gemäß QuälDich-Pässelexikon ungemütliche Tal der Isére inklusive Tunnel per Rad meiden.
In Bourg-St.-Maurice fand ich schnell einen Parkplatz, doch leider bin ich gleich dem ersten Hinweisschild nachgefahren. Dieses führte mich auf einen Parkplatz hoch über dem Ort, was mir pro Anfahrt jeweils 50 extra-Höhenmeter einbringen würde. Naja, daran soll’s nicht scheitern. Dort stand noch ein Kleinlaster einer Fernsehanstalt, da die Tour de France die vorletzte Nacht hier verbracht hat. Bourg-St.-Maurice war dabei Etappenziel nach der Abfahrt vom Petit St. Bernard, den ich gleich als erstes in Angriff nehmen sollte. Am Tag zuvor ging es für die Tour von Bourg-St.-Maurice auf den Cormet de Roseland, der für mich am morgigen Tag von der anderen Seite aus auf dem Programm stand. Wie eingangs erwähnt, ich war der Tour dicht auf den Fersen!
Wie gesagt gings als erstes zum Pt. St. Bernard, der sich laut QuälDich-Pässelexikon zum Einrollen auf der Königsetappe eignen sollte. Nach dem bereits dichten Verkehr im Ort und auf der Verbindungsstraße Richtung Val d’Isere war ich froh, den Abzweig zum Pass zu finden. Doch auch hier auf dem ersten Abschnitt sollten mich stets Autos begleiten. Naja, ich will mich nicht zu laut beschweren…ich bin ja selbst mit dem Auto unterwegs, statt wie ein echter Mann vom Hotel aus zu fahren…
Was mir aber mehr Kummer machte war der Wind. Der untere Abschnitt bestand aus Serpentinen in einer offenen Wiesenlandschaft, wo bereits sehr früh am Tag die angekündigten Sturmböen rein pfiffen. Selbst bergauf musste ich hier konzentriert fahren und gegen den Wind drücken, um nicht auf die Grasnabe zu gelangen. Das waren ja hervorragende Aussichten für die Abfahrt! Besonders eine Kurve fiel mir ins Auge, da man da nach einer langen Geraden mit vollem Rückenwind scharf links abbiegen sollte, doch dazu später mehr.
Irgendwann kam ich von den Wiesen runter in den Wald, wo es nun wesentlich ruhiger zu ging. Weniger Verkehr, kaum Wind, und einige tapfere Recken, die mit Rädern älteren Semesters und Packtaschen den Pass erklimmten. Vor solchen Sportkameraden habe ich stets den allermeisten Respekt, und ein Gruß ist selbstverständlich!
Irgendwann war ich in La Rosière, einem der typischen sterilen Skiorte, wo trotz Hochsommer Hektik herrschte. Leider nahm hier auch der Wind zu. Kurz hinter dem Ort lag ein Aussichtspunkt linkerhand, und nach einer Rechtskurve stand ich unvermittelt voll im Gegenwind. Das war zwar lästig, doch da sich die Straße am Berg entlangschlängelt, konnte man immer mal wieder Windschatten vom Berg ergattern. Irgendwann stand ich dann oben, begrüßt von einem großen Stoff-Bernhardiner, und hatte den ersten Teil meiner Mission erfüllt.
Es mag kindisch erscheinen, aber ich hab mir den Spaß gemacht, mal kurz über die Grenze nach Italien und wieder zurück zu fahren. In meiner Eisdiele kann ich damit erzählen, ich war mit dem Rad in Italien :-)
Im Souvenirshop habe ich noch einen Original-Bernhardiner gekauft und mich in gebrochenem Französisch mit der Verkäuferin über die Tour unterhalten. Zwei Tage vorher hatte Jens Voigt hier auf der Abfahrt, die mir nun bevor stand, kurz hinter dem Pass einen schlimmen Unfall. Die Verkäuferin erzählte mir, dass auch am Tag vorher der Hubschrauber einen Cyclotouriste einsammeln musste. Somit war Vorsicht geboten, zumal ich um den starken Wind wusste.
Der erste Teil der Abfahrt ging trotzdem gut. Der Wind war stark, aber relativ konstant und hauptsächlich von hinten. Ein kurzer Fotostop am vorher erwähnten Aussichtspunkt war selbstverständlich. Allerdings stand mir noch der untere Teil in der Wiesenlandschaft bevor, und hier war’s wirklich haarig teilweise. Langsam und voll konzentriert fuhr ich ab, bis ich im letzten Moment die Kurve erkannte, die ich bei der Auffahrt als sehr gefährlich einstufte. Ich bremste noch etwas mehr, und in der Tat drückte mich der Rückenwind sehr weit nach außen Richtung Leitplanke. Hätte ich nicht noch ein wenig mehr gebremst mit dem Wissen aus der Auffahrt…es wäre zumindest noch ein gutes Stück knapper geworden.
Zurück am Auto stärkte ich mich, füllte die Flaschen und ab gings Richtung Les Arc 2000. Ich entschied mich hierfür und gegen La Plagne, weil ich mit dem Auto eh direkt an der Auffahrt stand. Andererseits hat mein großes Idol Miguel Indurain in La Plagne eine seiner legendären Tour-Etappen gefahren…schwere Entscheidung! Oder anders ausgedrückt: Hier besteht noch Potential für weitere Trips!
Die Auffahrt nach Les Arcs 2000 verlief unspektakulär auf wenig befahrener Straße durch eine typische Ski-Region. Ich fuhr bis zum Beginn des Orts an einem der grausligen Touristen-Silos. Während des Fotografierens kam plötzlich wie aus dem Nichts starker Wind auf…da war er wieder! Und mit ihm dunkle Regenwolken. Ich schwang mich schnell wieder aufs Rad und fuhr ab, denn besonders viel gab es hier eh nicht zu sehen.
Zurück am Auto gings nach kurzer Verpflegung und dem Verladen des Rads Richtung Val d’Isere und damit zur Etappe 3
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren