Von Jan – Der Ötztaler und Bergamasker Alpengiro war im Jahr 2006 die erste Reise, die quäldich.de in Eigenregie durchgeführt hat. 2018 findet sie zum sechsten Mal statt. Wir fahren traumhafte Pässe in Tirol, Südtirol und der Lombardei – manche unbekannt wie der Croce Domini und der einsame Vivione, manche weltberühmt wie Gavia, Stelvio und Timmelsjoch. Wir durchfahren bedeutende Kulturlandschaften und einsame Bergregionen, Rollerpässe und echte Kracher. Kurz – der Alpengiro hat alles, was eine einwöchige Tour bieten kann.
Von Klaus Hoffmann – Die erste Etappe vom Alpengiro führt uns aus der Rad-WM-Stadt Innsbruck über den Brenner nach Süden. Die etwas rampige alte Bundeststraße mit recht starkem Verkehr ist weniger eine Kraft- als eine Nervenprobe, die von allen Delinquenten mit Bravour gemeistert wurde. Ab Matrei ging es dann auf der neuen Bundeststraße weiter, das Beste daran ist die Aussicht auf baldiges Ende.
Oben angekommen die erste Überraschung - ein abgerissenes Schaltauge stoppt den Vorwärtsdrang der ersten Gruppe sowie des Begleitfahrzeugs. Die Aussicht auf ein Leihrad im Zielort ließ den Schock bald wieder verschwinden - der Urlaub kann weitergehen. Nach einer flotten Abfahrt auf der Bundesstraße, oder alternativ auf dem schönen Radweg auf der alten Bahnstrecke (bitte KEINE Misch-Lösung aus beidem!!!), gelangten wir nach Sterzing zum Verpflegungsfahrzeug. Die große Auswahl an verschiedenstem Essen und Getränken wurde gern angenommen, bevor es dann zum Jaufenpass ging. Ein herrlicher Rollerberg, mit mehr und mehr guter Aussicht wurden von allen Teilnehmern genossen, - der starke Verkehr war das notwendige Übel, - alles hat seinen Preis.
Die anschließende Abfahrt vom Jaufen auf teils neuer Straßendecke bis St. Leonhard wurde flott absolviert und bei der folgenden flach abfallende Strecke bis nach Meran half ein kräftiger Rückenwind das Tempo hoch zu halten.
Angenehmes Wetter, harmonische Gruppen, keine Stürze - so kann es gerne bleiben!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Die erste Etappe führt uns über die alte Brennerstraße und den Jaufenpass von Innsbruck nach Meran. Damit befahren wir am ersten Tag bereits zwei der vier Pässe des Ötztaler Radmarathons. Das Timmelsjoch folgt auf der vorletzten, der Kühtaisattel auf der letzten Etappe. Dabei ist die Auffahrt über die alte Brennerstraße zum Brenner sehr nett. Die letzten 16 Kilometer fahren wir dann auf der Bundesstraße bei stärkerem, aber dank der Autobahn immer noch erträglichem Verkehr. Nach Sterzing geht es schnell hinab. Mit dem herrlichen Jaufenpass beginnen dann die echten Alpenpässe. Die Abfahrt nach St. Leonhard ist im unteren Bereich rasant und eng, die weitere Fahrt nach Meran läuft sehr gut.
Von Klaus Hoffmann – Schon nach kurzer Einrollphase begrüßte uns der Gampenpass bei blauem Himmel und noch erträglichen Temperaturen. Der Pass ist nicht steil, allerdings erfordern die 18,5 (!!!) km einen langen Atem. So durchmischten sich die Gruppen auf der Auffahrt, was zu neuen interessanten Gesprächspartnern führte.
Nachdem die Flaschen auf der Passhöhe aufgefüllt wurden (Brunnen befindet sich seitlich neben dem Ristorante), ging es auf einer entspannten Abfahrt in Richtung Fondo. Dort unten empfing uns die italienische Hitze die uns für den Rest des Tages begleiteten sollte. Nach ca.50km wartete die hervorragende Mittagsverpflegung auf die mittlerweile leicht angekochten Radler - wenn die Gruppe den Pausenpunkt findet...
Anschließend ging es oberhalb des Lago di Santa Giustina entlang, wo uns immer wieder tolle Blicke hinunter zum See eröffnete. Danach ging es noch ca. 15km auf einem schönen Radweg in das Val di Sole - der Name war Programm, es hätte aber auch Val di Forno heißen können. So zeigte das Thermometer in Richtung 35°C, bevor wir zum letzten Pass abbogen. Dort kämpfe dann jeder seinen eigenen Kampf. Der Pass selbst ist zwar gut zu fahren, allerdings forderten die heißen Temperaturen am heutigen Tag bei fast allen Teilnehmern seinen Tribut. Wir werden in den nächsten Tagen sehen wie hoch der Preis ausfällt.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir starten in der Innenstadt von Meran und müssen uns also erstmal heraus kämpfen, aber wir sind recht bald en route und auf dem Weg in die unbekannten Kleinode der Alpensüdseite. Nach einer kurzen Passage im breiten Tal zwischen Meran und Bozen geht es los mit dem Gampenpass. Es folgen 30 vornehmlich abfallende Kilometer ins Val di Sole, auf denen es immer heißer und heißer wird. Da die Staatsstraße durch das Val di Sole etwas vom unangenehmsten ist, was die Alpen vorhalten, haben wir uns entschieden, den unabhängig geführten, aber schmalen Radweg zu befahren. Wir beschließen die Etappe mit der Befahrung des Campo Carlo Magno, wo Karl der Große in einem seiner Züge nach Rom mit seinem Tross kampiert haben soll. Unglaubliche Blicke auf die Brentagruppe in Madonna di Campiglio.
Von Klaus Hoffmann – Die ersten 60km führten uns fast ausschließlich bergab, sodass diese schnell erledigt waren - hinten um Schlafwagen hatten es sich alle gemütlich gemacht. Anschließend ging es dann umso entschlossener zur Sache, - eine Rampe mit 11% im Schnitt auf 3,5km hat alle Mitreisenden aus dem Schlaf gerissen und die Beine wachgeküsst...
Anschließend ging es auf verwunschenen kleine Sträßchen in die Lombardei - Heimspiel ?! - und hinauf zum Croce Domini, ein Traum! Fast keine Autos, durch Wälder, über Wiesen, vorbei an Kühen umgeben von beeindruckenden Felsmassiven. Wenn man den perfekten Pass für Radler entwerfen sollte, so etwa würde er aussehen.
Das Restprogramm des Tages ließ uns dann nur noch abfahren und dann empfing uns auch schon unser nächstes Hotel. Sehr schöne Etappe, bei angenehm kühlen Wetter. Ein perfekter Radl-Tag!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
60 km Abfahrt durch das Sarcatal lässt uns bis Tione einen ansehnlichen Schnitt auf den Tacho zaubern. Die anschließende Auffahrt nach Bondo sollte man auf dem Schirm haben, auch wenn sie nur als kleine Welle auf dem Profil erscheint. Bei Ponte Caffaro am Idrosee biegen wir rechts ab auf eine schmale Provinzialstraße in Richtung Bagolino. Hier beginnt der wunderbare, herrlich einsame Goletto di Cadino / Croce Domini, ein Pässedouble, das alles bereit hält, was wir Rennradfahrer in den Alpen lieben. Schmale Straße, einsame Berglandschaften, schöne Panoramen. Am Ende der Abfahrt beziehen wir Quartier in Boario Terme.
Von Klaus Hoffmann – Der Morgen begrüßte uns mit Regen, - keine gute Aussicht für das Tagesprogramm. Zum Glück verabschiedete dieser sich nach einigen Kilometern und so rollten wir mehr oder minder entspannt zum Passo del Vivione, einem weiteren wunderschönen und abgelegenen Pass ohne Autos aber dafür umso mehr beeindruckenden Blicken im Hinterland in der Lombardei. Wer diesen Pass gefahren ist wird sich fragen ob der Rummel um den Stelvio etc. gerechtfertigt ist - morgen Abend wird die Frage jeder für sich beantworten können.
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Explizit empfohlen wird nach dem zweiten Tunnel hoch zum Vivione rechts über den Parkplatz der Bar zu fahren und die alte Passstraße zu nehmen. Nach nur wenigen Metern rennradtauglichem Schotter erreicht man die asphaltierte alte Passstraße welche beeindruckend zwischen Schlucht und Wand verläuft. Zudem befindet sich dort ein schöner Aussichtspunkt der nur für Leute ohne Höhenangst betreten werden sollte
Oben angekommen besteht die Möglichkeit sich in einem Riffugio aufzuwärmen.
Die Passstraße ist NICHT für das Begleitfahrzeug geeignet!
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Nach der schönen aber anspruchsvollen Abfahrt erwartete uns - einmal mehr - eine umfangreiche Mittagsverpflegung. Da der Respekt vor der morgigen Etappe bei den meisten Teilnehmern sehr groß war, wurde die Extraschleife über den Mortirolo abgewählt. So ging es bei reichlich Schiebewind leicht ansteigend zu unserem heutigen Tagesziel nach Ponte di Legno.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Auch der Vivione ist ein besonderes Kleinod in den Bergamasker Alpen. Nach einigen Kilometern Schonfrist beginnt sofort die einsame Passstraße, die uns hinauf in die Berge führt. Die Abfahrt führt uns dann ins Val Camonica zurück, alle Höhenmeter quasi umsonst also, aber das wird wohl niemand bereuen. Ein nur leicht ansteigendes Schlussstück das Tal hinauf rundet dann die Etappe ab, die in Ponte di Legno endet.
Von Klaus Hoffmann – Eine so kurze Etappe gibt es selten auf unseren Rundreisen, allerdings sind auch diejenigen Etappen mit mehr als 3000 Höhenmetern rar gesät. Heute lautet das Motto also: kurz und knackig. Ein Pässedouble steht heute auf dem Programm, das wohl kaum prestigeträchtiger sein könnte. Der wunderschöne Gavia und das sagenumwobene Stilfserjoch. Direkt in Ponte di Legno beginnt die Auffahrt zum Gavia, und wir fahren ihn von seiner Schokoladenseite, auf der schmalen, an den Abgrund geklatschten Straße, wo Rennradfahren auch mal Abenteuer sein darf. Und nach der Abfahrt nach Bormio geht es direkt weiter zum Stilfserjoch. Natürlich ist die Ostrampe deutlich berühmter, aber auch die Westauffahrt von Bormio muss sich keineswegs verstecken und bietet alles, was das Pässefahrerherz begehrt! Und abfahren müssen wir heute nicht mehr – die Etappe endet mit einer Bergankunft auf 2757 m Höhe direkt an der Passhöhe!
Von Klaus Hoffmann – Der Morgen am Stelvio begrüßt uns mit Kaiserwetter, die Gletscher strahlt weiß, der Himmel blau - phantastisch. Und wegen der Sonne war die Kälte auch kaum störend. So ging es auf die lange Abfahrt nach Prat. Da es noch früh am Morgen war, hatten wir die Straße fast nur für uns allein und so konnte die Abfahrt noch mehr genossen werden.
Unten angekommen konnten die warme Kleidung an das Begleitfahrzeug abgegeben werden und es ging auf dem schönen Radweg entspannt durch das Vinschgau in Richtung Meran und anschließend hoch nach St. Leonhard wo die Mittagsverpflegung auf die Teilnehmer wartete.
Und dann ging es mit fast 30km in den wohl längsten Anstieg dieser Woche, von St. Leonhard hoch zum Timmelsjoch. Anfangs war es sehr heiß und zum Teil auch steil, alle Teilnehmer hatten zu kämpfen und merkten was sie in den letzten Tagen geleistet haben. Später war es zumindest weniger heiß, doch es zog sich noch einige Kilometer hin bis sich endlich der Tunnel zeigte und es zur Passhöhe ging.
Der Restweg nach Hochgurgl war dann nur noch Formsache und uns empfing ein ausgezeichnetes Hotel mit Spa, Sauna,... - da waren die Strapazen schon fast wieder vergessen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Die heutige Etappe hat es richtig in sich, auch wenn nur ein einziger Pass wartet. Aber die Anfahrt ans Timmelsjoch zieht sich. Nach der Abfahrt vom Stelvio am Morgen fahren wir knappe 25 km das Vinschgau hinab, wie gestern vornehmlich auf dem Etschtalradweg. Ab Meran fahren wir das Passeiertal hinauf nach St. Leonhard, umgekehrt zur Richtung am Montag. Und dann beginnt die endlose Auffahrt zum Timmelsjoch, 1800 Höhenmeter am Stück – das hat man selten in den Alpen. Bitte beachten: 120 Höhenmeter Gegensteigung in der Abfahrt Richtung Sölden hinauf zur Mautstation. Unser Hotel liegt kurz danach in Hochgurgl.
Von Klaus Hoffmann – Unser letzter Fahrtag führte uns heute von dem wunderschön gelegenen Hotel in Hochgurgl immer das Tal hinunter bis nach Oetz wo uns die letzte Prüfung erwartete. Auf dem Papier sieht das Kühtai, nachdem Gavia, Stelvio und Timmelsjoch nahezu souverän bezwungen wurden, sehr einfach aus - so kann man sich täuschen. Der unrhythmische Pass mit seinen steileren Rampen fordert noch einmal alles von den müden Beinen.
Oben am Pass angekommen haben sich viele mit Kaltgetränk und Kaiserschmarn standesgemäß belohnt, bevor es dann auf die rasante Abfahrt ging. Hier hatte jeder die Gelegenheit seinen persönlichen Geschwindigkeitsrekord zu erhöhen, bei kalkulierbarem Risiko.
Unten im Inntal angekommen empfing uns wieder die übliche Hitze, doch das Ziel war nicht mehr fern. Und so rollten die erschöpften aber glücklichen Radhelden locker plauschend über die Ziellinie und einige Unentwegte verabredeten sich schon für das nächste Abenteuer mit Quäldich.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wie so oft: einen haben wir noch. Und so darf es auch auf der Schlussetappe nochmal ein namhafter Pass sein. Mit dem Kühtaisattel komplettieren wir gleichzeitig auch die imaginäre Runde des Ötztaler Radmarathons. Allerdings starten wir heute auf 2100 m Höhe, so dass es erstmal bergab geht. Lange bergab, durch Sölden durch und noch weiter, 45 km insgesamt, bis in Oetz die Auffahrt zum Kühtai beginnt. Der Pass kann uns jetzt auch nicht mehr schrecken, und so werden wir ihn hoffentlich in vollen Zügen genießen können. Die rasante Abfahrt führt uns abschließend fast bis nach Innsbruck, wo der Kreis sich nach einer Woche schließt.