Von thory –
Der zweite Tag sollte mit Stilfser Joch, Gaviapass und Tonale Pass der sportliche und landschaftliche Höhepunkt der Tour werden. So radelten wir noch etwas vor Kälte schlotternd in Trafoi los. In den bestens nummerierten Serpentinen – das man bloss keine vergisst – wurde uns schnell warm und wir kamen schnell höher. Bald radelten wir in der Hochgebirgslandschaft:
Am Joch selbst verbreiten die Buden und Häuser ihren ‚Jahrmakt-Flair’ und nur die Minus Temperaturen können uns zum Bleiben bewegen. Nach ein paar Cappucinos zogen wir an, was die Rucksäcke hergaben und machten uns auf die Abfahrt nach Bormio. Die Tunnels waren in der Abfahrt noch gut zu fahren, die breite Strasse ermöglichte eine sausende Abfahrt durch das schöne Hochtal.
In Bormio gab es auf dem Marktplatz eine Bar oder Restaurant, das ausser dem obligatorischen Cappucino auch einen Teller Pasta bot. Dann ging es weiter Richtung Gavia Pass. Gavia Pass? Das erste Schild hiess ‚chiuso’ – bestimmt ein Irrtum. Wurde wohl noch vom letzten Winter vergessen. Wir fuhren weiter. Im nächsten Ort das zweite Schild, immer noch ‚chiuso’. Vielleicht ist da doch was drann? Also die Einheimischen fragen. Mit dem Rad wäre das kein Problem, habe ich verstanden. Wobei ich mir weder sicher war, dass die meine Frage verstanden haben, noch, ob ich deren Antwort verstanden habe. Also Wasserflasche füllen und weiterfahren.
Etwas später fanden wir jemanden der zu berichten wusste, dass man zwar auf die Passhöhe käme, aber auf der anderen Seite nicht mehr oder vielleicht nicht mehr ‚runter. Da wäre eine Mure abgegangen und da wäre jetzt eine Baustelle. Aber mit dem Fahrrad käme man vielleicht vorbei. Solchermassen vollständig infomiert - und aus Mangel von Alternativen - fuhren wir weiter.
Die Strasse schraubte sich immer höher, oberhalb von St. Katarina ging es durch den Bergwald
in ein Almgelände über:
Bis man über einige steile aber zum Glück kurze Rampen das Hochplateau und dann auch den See auf der Passhöhe erreichte.
Die Abfahrt war dann tatsächlich gesperrt. Natürlich war es kein Problem, die Räder über die Schranke zu heben. Leider konnte man die Schranke mit der Hand öffnen, was die Motorradfahrer nutzten, so dass wir von dieser Plage nicht befreit waren.
Zumal an diesem Tag auch einige unterwegs waren, bei denen Intelligenz nicht zu den hervorstechenden Eigenschaften zählt. So fuhren die mit hohem Tempo die enge Strasse in der gesamten Breite ausnutzend hoch und hupten vor jeder Kurve. Toll – was macht man da als Radler?
Eine Mure hat tatsächlich Reparaturarbeiten vor dem Tunnel verursacht. Aber Zweiradfahrtzeuge – leider nicht nur Fahrräder – liessen die Arbeiter passieren. Die abenteuersuchenden Wohnmobilisten wurden allerdings zurück geschickt. Wenigstens etwas.
Die Strasse ist eng und teilweise in einem Zustand, der mich schmerzlich an die Luftfederung meines Reiserades denken liess.
In Legno war Schluss mit der Abfahrt und wir mussten uns an den Gedanken gewöhnen dass der 3. Pass anstand. Der Passo del Tonale ist zwar bei weitem nicht so hoch und weist auch keine steile Rampen auf, aber 600 Hm wollen auch ‚erfahren’ werden, Meter für Meter sieht man den Asphalt unter den Kettenblättern vorbeiziehen. Schon bevor wir die Passstrasse erreichten hörten wir die hochtourigen Motoren da hinaufbrummen und unsere Lust sank ins Bodenlose. So schlimm war es dann aber gar nicht. Die eher geringe Steigung erlaubte ein zügiges Tempo, der Blick auf die dem Adamello vorgelagerten Berge erinnerte mich an die sehr schöne Skitour im letzten April. Und der Verkehr war wesentlich harmloser als befürchtet. Dennoch fuhr ich zügig – ich wollte es hinter mich bringen und oben am Tonale einen Cappucino schlürfen. Oder auch 2 oder 3 – ich lege mich da nicht so fest.
Die Ortschaft am Passo del Tonale, war dann mangels Skifahrer so ausgestorben, dass ich froh war, als einziger Gast in einer nicht geschlossenen Bar mein Genussgetränk zu bekommen.
Die Abfahrt bis Fucine ist ein Traum: schön schnell, wenig bremsen, viele Kurven. Ab Fucine wird dann der Verkehr im Nocetal ungefähr genauso lästig wie der Gegenwind.
Also Ohren anlegen und kurbeln was geht. So ging es dann zügig bis zum Stausee in der Nähe von Cles und dann nach einer kurzen Steigung in das Hotel in Livo.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren