Von Jan – Endlich im Programm: die Pyrenäen von West nach Ost. Vom Atlantik bis zum Mittelmeer. Von Saint-Jean-de-Luz bis Argelès-Plage. Mit allen namhaften Pyrenäen-Pässen der Tour de France, aber aber mit einigen unbekannten Schönheiten der zweiten Reihe. Acht Etappen durch die wunderbaren wilden Pyrenäen.
Steckenänderungen vorbehalten.
quäldich-Reise Pyrenäen Atlantik-Mittelmeer
Dies ist die offizielle Strecke der quäldich-Reise Pyrenäen Atlantik-Mittelmeer vom 29. August bis 8. September 2019.
Von paulek – Da fährt man einen Pass hoch und dort steht der einzig wahre...
Aber fangen wir doch erst Mal am Atlantik an. Erste Etappe, das heißt immer ein bisschen Aufregung, sich orientieren und dann geht's endlich los. Wir rollen ganz entspannt und alle drei Gruppen zusammen durch den morgendlichen Verkehr in Saint-Jean-de-Luz zum Strand. Ein toller Anblick - alle 34 Fahrerinnen und Fahrer im Pulk. Der Ozean begrüßt uns ganz entspannt mit kaum Wellengang. Ein schnelles Gruppenfoto und dann geht's los. Raus aus dem Ort, aber bereits am ordentlich schwitzen. Kein Wunder bei über 90 % Luftfeuchtigkeit. Noch ist der Himmel wolkenverhangen. Das bleibt auch so. Ist nicht schlimm, denn die Stimmung ist ausgezeichnet. Gruppe 2 bleibt zusammen im ersten Anstieg, so bleibt's den ganzen Tag. Der Col der Saint Ignace ist schnell weggedrückt. Und weiter geht's durch die satt grünen Wälder und Felder der Pyrenées Atlantique. Dann der Grenzübertritt nach Spanien. Das Grenzerhäuschen ist Tankstellen und Hipermercados gewichen. Aber die lassen wir schnell hinter uns und klettern den Puerto de Otxondo hoch. Auch hier in Navarra ist es so schwül, dass wir alle in Schweiß gebadet sind. Aber jetzt lösen sich die Wolken ganz schnell auf und uns erwarten die ersten Tief- und Weitblicke ins wunderschöne Tal. Dauerlächeln bei dem Anblick - und grüner wird's wohl nicht. Auch nicht in Irland.
Aber es wird gleich noch besser. Eva wartet auf uns mit der Mittagsverpflegung. Was für eine Auswahl an Speisen! Magnifique! Und zum ersten Mal auf Quäldich-Reisen bekommt jede/r ihren/seinen eigenen Becher um nicht jeden Tag auf's neue Plastikbecher wegzuwerfen.
Obwohl es so schön hier ist, wollen wir weiter. Es wartet auf uns der 670m hohe Col d'Ispeguy. Dramatisch ziehen die Wolken über den Pass und lösen sich auf unserer Seite auf - sieht gut aus und macht Laune.
Die Laune wird auf dem Izpegi - wie er in Spanien heißt, hier ist die Grenze wieder - noch besser. Wir bleiben stehen, ich schaue in ein bekanntes Gesicht, will es nicht glauben, sehe auf seinem Helm ein gelbes Frankreich-Symbol mit einer 5 drin. Ist er's? Ich muss fragen, will es nicht glauben. Vor mir steht Miguel Indurain und lächelt. Da muss natürlich ein Gruppenfoto mit Big Mig, dem 5-fachen Tour-Sieger, her. Wahnsinn! Ein Gänsehaut-Moment. Und jetzt schon ein Höhepunkt unserer Reise.
Dann runter ins Tal, Kaffee und Kuchen in Saint Jean-Pied-de-Port und hoch ins Nichts. Denn unser Hotel liegt wirklich im Nichts. Wunderschön!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir starten am Atlantik, im Badeort Saint-Jean-de-Luz. Dass "Einrollen" an dieser Stelle ein Euphemismus ist, wird spätestens nach acht Kilometern klar, wenn mit dem Col de St. Ignace die erste Bergwertung auf dem Programm steht - auch wenn sie mit 169 m Höhe wahrlich kein Riese ist. Doch dann geht es Schlag auf Schlag. Der Col de Lizarrieta führt uns vom französischen ins spanische Baskenland, der Alto de Urtzumeatza folgt auf dem Fuß. Dann geht es weiter mit dem Puerto de Otxondo, gefolgt vom Col de l'Ispeguy, immerhin schon fast 700 m hoch, der uns wieder nach Frankreich zurück führt. Flach bis hügelig rollen wir dann das Nive-Tal hinauf von Saint-Jean-Pied-de-Port bis zu unserem Hotel im absoluten Pyrenäen-Niemandsland nahe Estérençuby.
Von Jan – Was für ein harter Tag im Nebel der Pyrenäen! Heute morgen war es trocken an unserem Startort, dem Hotel Source de la Nive im Niemandsland der Pyrenäen, das uns gestern Abend aufs Köstlichste mit regionalen baskischen Speisen verwöhnt hat. Handyempfang gibt's dort gar nicht, WLAN nur, wenn nicht zuviele Radfahrer ihre Tracks auf Strava hochladen wollen. Ein perfekter Ort also für eine Flucht vor Lärm und Hektik der Zivilisation.
Entsprechend geerdet waren wir also recht zuversichtlich, dass das Regenmassaker doch ausbleiben könnte. Nach eineinhalb Kilometer Einrollen befanden wir uns schon in der steilen Rampe des Col d'Arthaburu, den ich schon auf dem Baskenhammer, der Ruhetagsetappe der Pyrenäen-Geheimtipps mit 140 km und 4000 Hm kennen und schätzen gelernt habe. 7,2 km, 830 Hm, und darin noch ein kurzes Flachstück sprechen eine deutliche Sprache: Es ist ein baskischer Steilstich erster Güte. Heute ein Drecks-Steilstich, denn die vielen baskischen Kühe haben ihre Hinterlassenschaften bevorzugt auf der Straße verteilt. Und es ist nass. Es regnet nicht, aber der Nebel wird dichter. Für einen Kilometer folge ich Markus bei Steigraten um die 1350 Höhenmeter pro Stunde. Kurz folge ich Josef und Thomas, bei Steigraten um die 1150 Hm/h. Dann fält mir zum Glück auf, dass bei dem Abzweig gerade eben vielleicht nicht alle Teilnehmer der sportiven Gruppe wussten, wo's lang geht, so dass ich abreißen lassen kann und nochmal kurz umdrehe.
Mit dem schönen Nebeneffekt, dass ich fortan Gruppe 2 hinterhersetzen darf und noch ein paar Bilder schieße.
Der Anstieg ist wunderschön, das weiß ich von 2016, und heute sieht man davon: die nächsten 20 m bis zur Nebelwand. Die Nebel-Stimmung ist dennoch einzigartig. Frank erbarmt sich und schließt sich mir an bei meinem Versuch, wieder zu Gruppe 1 aufzuschließen. Bei 1050 Hm/h nicht ganz klar, ob das glücken kann. Aber doch, kurz vor der Passhöhe (wo wir 2016 in der Sonne gelegen haben und die Geier über uns kreisten, in Erwartung baldiger Verdurstungsopfer) schließen wir zum Grupetto auf, und wir können die Fahrt fortsetzen.
Es geht runter zur Iraty-Hochebene, aber die Straßen sind verdreckt und nass, und die Geschwindigkeitsspreizung auf diesem schweren Geläuf größer als im Anstieg, so dass wir uns aufteilen und gleich bis zur Mittagsverpflegung bei Eva freigeben. Es ist einfach zu kalt zum Warten, bei nur noch 9 Grad im Nebel.
Im Iraty ist es dann aber wieder klar, und wir wenden uns den 300 Hm zum Col Bagargui zu. Voll human, anders als die Gegenseite, die 20 % über längere Passagen aufweist. Zum Glück kein Problem für uns heute in der Abfahrt, aber ein größeres Problem für die beiden Reiseradler, die uns vollbepackt im Steilstück entgegenkommen. Der eine schiebend, der andere kämpfend, und auch nicht viel schneller als sein Leidensgenosse. Respekt!
Eva hat eine bei quäldich-Reisen schon häufiger verwendete Verpflegungsstelle angesteuert, von der ich gar nicht wusste, dass sie ein Bushäuschen bereit hält. Perfekt! So bleibt wenigstens das Essen trocken. Bei unserer Ankunft regnet es aber auch gar nicht mehr. Wir führen die Gruppe wieder zusammen und begeben uns in den letzten Anstieg des Tages: 1200 Hm am Stück zum Col de Soudet, nicht ganz so steil wie der Arthaburu, aber länger und einfach hart mit der Vorbelastung in den Beinen. Diesmal mache ich es besser und warte am Col de Souscousse aufs Grupetto. Martin und ich kämpfen uns ab hier gemeinsam nach oben. Es ist herrlich still, herrlich einsam, die Straße schmal, die Aussicht bei Null – wir können uns ganz auf unsere Qualen konzentrieren.
Am Col de Soudet wartet keiner. Ab hier sollte es gemäß Planung nur noch abwärts gehen, 38 km nach Oloron. Aber wir haben die Hoffnung, dass sich die Sonne am Col de la Pierre St Martin noch einmal aus dem Nebel herauskämpft, und so fahren wir die dreieinhalb Kilometer mit 200 Höhenmetern natürlich noch zum Pass, der einer der schönsten der Pyrenäen ist. Bei gutem Wetter. Leider schafft es die Sonne nicht durch die Wolken, und so stehen die anderen im dichtesten Nebel.
Eine rasante Abfahrt auf nassen Straßen führt uns nach Arrette, wo wir einen schnellen Café nehmen. Auch die ausdauernde Gruppe sammelt sich hier, nimmt aber keinen Café. Wir warten noch, bis Alex den Formel-1-Start im Stream verfolgt hat, und dann machen wir uns an die Verfolgung. Die Strategie ist einfach: Markus in den Wind, und der Rest versucht dran zu bleiben. Der Geschwindigkeitsüberschuss ist dann auch beachtlich. Sorry @Gruppe 2, dass wir nicht gegrüßt haben, ich musste mich konzentrieren. Wenig später hatten wir alle unsere Lektion in Demut gelernt, und wir entschieden uns, auf die herausgefallenen Mitstreiter zu warten. Die hatten aber glücklicherweise in der ausdauernden Gruppe Asyl gefunden (danke dafür), so dass wir als große Hybridgruppe nach Oloron einrollen konnten.
Ein harter Tag, mit einem infernalischen Finale.
Und morgen scheint die Sonne und dann steige ich wie Phönix aus der Asche!
Außerdem sind die Buchungen für die quäldich-Reisen 2020 eröffnet!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Auch heute folgt wieder Pass auf Pass, auch heute sind die baskischen Namen wieder schwer auszusprechen. Es beginnt mit dem recht steilen Arranohegi, womit wir erstmal auf einer Art Hochplateau angekommen sind, so dass Col de Zurzai und Col de Bagargui uns nicht mehr so viele Höhenmeter bescheren. Aufpassen müssen wir in der steilen Abfahrt nach Larrau. Der zweite lange Anstieg des Tages führt über den Col de Soustousse zum Col de Soudet - wer ganz sicher die 3000 Höhenmeter knacken möchte, kann auch noch zum schönen Grenzpass Col de la Pierre Saint Martin hinauf fahren. Dann geht es aber bis in den Etappenort Oloron nur noch abwärts.
Von Jan – Dank Alexanders Neoangin wache ich deutlich fitter auf als erwartet – der Regen am Pierre St Martin hat leider Spuren hinterlassen. Aber beim Start fühle ich mich gut, und wir jagen dem Marie-Blanque entgegen. Leider ist es nicht so sommerlich wie gestern noch angesagt, und am Aubisque ist schon wieder Regen angekündigt, und meine Schuhe sind auch noch nass von gestern. Daher starte ich gleich in meinen Neoprenüberschuhen. Da bleiben die Füße nass, aber warm.
Das Flachstück bis Escot ist viel zu schnell weggedrückt, und das viereinhalb Kilometer lange Steilstück zum Gipfel viel zu schnell erreicht. Ich habe es nicht so hart in Erinnerung, und habe es gestern wohl etwas verharmlost. 2016 bin ich hier mit der ausdauernden Gruppe hoch, und das war schön locker. Viel lockerer als im Grupetto der völlig übermotorisierten sportiven Gruppe dieser Reise, die anders ausgedrückt leider unter einem etwas untermotorisierten Guide leidet. Oder besser gesagt leiden würde, wenn ich nicht so ein Fuchs wäre und alle wechselwilligen Teilnehmer zum Verbleib in der Gruppe animieren würde. Maßnahmen zum Selbstschutz.
So ist das Grupetto heute immerhin vier Personen stark, und meine Schwäche fällt noch nicht auf. Ich fürchte aber, dass es am Aubisque auffälliger wird. Alexanders Kette springt.
In der Abfahrt zum Soulors kommt die Sonne raus. Hammer! Alexanders Schalthebel funktioniert nicht mehr. Wir entschließen uns, die Gruppe ziehen zu lassen und den Schaltzug zu wechseln. Leider verklemmt aber der Schaltzugkopf den Hebel, und er springt nicht zurück. Der Kreuzschlitzschraubenzieher vom Guide-Multitool ist zu dick für die Schalthebelabdeckung. Fuck. Gruppe 2 kommt vorbei, und Matthias rettet uns mit seinem Multitool. Yeah!
So ist der Schaltzug schnell eingezogen, aber leider ist er aufgrund langer Nichtbenutzung und entsprechend langem Rüttelaufenthalt in der Guidetasche aufgespleißt, so dass wir ihn nicht durch den Bowdenzug am Schaltwerk ziehen können. ARGS! Wir versuchen, Eva und den rettenden Seitenschneider auf dem kleinsten Ritzel zu erreichen. Glücklicherweise befindet sich gleich am Ortseingang von Laruns rechts ein Location de Ski. "Ouvert, Sonnez s'il vous plaît!", sagt das Schild. "Il n'est pas la", sagt Oma, die uns nach dem Klingeln öffnet. Aber sie lässt uns in den Laden und wir dürfen uns einen Seitenschneider aussuchen.
Dann ist es nur noch eine Sache von Sekunden, bevor Alexander wieder lachend auf dem Rad sitzt.
Zweimal die Kurbel umgedreht, und schon stehen wir bei Eva auf dem Festplatz in Eaux-Bonnes, wo sie uns ein immerwährend gesteigertes Premiumbuffett kredenzt (der Druck wächst!). Da Gruppe 3 gerade im Begriff ist abzufahren, entscheiden sich Alexander und ich, Eva beim Aufräumen zu helfen. Was sie aber ablehnt, so dass wir stattdessen einen Café trinken gehen. Denn jetzt kriegen wir eh niemanden mehr eingeholt, also können wir es locker angehen. Alexanders Schalthebel sei Dank! Fantastisches Sechzigerjahreflair in der Bar des Hotel Richelieu!
In der Zwischenzeit habe ich es aufgegeben, ein Ersatzrad für Daniel zu finden, dessen Dreifach-Ultegra-Schaltgriff den Geist aufgegeben hat. Montags in Frankreich haben alle Radläden zu. Wobei man für diesen Schalthebel im archäologischen Museum vermutlich mehr Glück hätte. Ich deligiere an Tom im Backoffice. Kurz darauf ruft er an und hat den Tipp "Bike Tourmalet in Luz St Sauveur", unserem heutigen Zielort. Aber die haben auch keine Lust, ein Leihrad wieder vom Mittelmeer zu holen.
"Jetzt geht keiner mehr ran", schreibt mir Tom kurz darauf wieder. Aber bei mir, und der sehr gut englisch sprechende Lebensretter sagt mir, er könnte mir ein Carbonrad mit Shimambo No 5 für 790 Euro verkaufen. "You're my man", sage ich. "Oh wait, I also have a Ultegra threefold lever in my hands", sagt er. Mega.
Ich schicke Daniel die frohe Kunde per SMS, und Alexander und ich machen uns auf die Verfolgung der längst entschwundenen Mitfahrer. Der Nebel wird immer dichter, man sieht und hört nichts. Diese Stille! Am Aubisque können wir die riesigen Stahlräder nur schemenhaft im Nebel erkennen, aber in der Cirque de Litor reißt die Wolkendecke auf und wir können die fantastischen Blicke auf den Talkessel und die in den Fels gehauene Straße genießen. Nicht ganz so schön wie bei Sonne, dennoch ein unerwartetes Geschenk.
Mit dem Zweimanngrupetto kommen wir in der Abfahrt gut voran, so dass wir kurz vor Pierrefitte-Nestalas erst Paul und Roman und kurz danach Gruppe 2 beim Gruppenfoto stellen.
Und schon waren wir in Luz. Morgen kommt aber der Sommer, die Erkältung ist am Nebel im Aubisque geblieben, und morgen kommen Tourmalet, Aspin und Peyresourde! Yeah!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Auch das dritte Teilstück ist höhenmeterreich, und wir erreichen endlich auch das Terrain der Tour-de-France-Klassiker. Es beginnt noch ganz harmlos, das schöne Vallée d'Ossau hinauf. Über den schönsten Pass der Pyrenäen lässt sich streiten, ein ganz besonderes Sahnestück ist aber der Cirque du Litor, die Höhenstraße zwischen Col d'Aubisque und Col de Soulor. Ein ganz besonders hartes Stück Arbeit ist natürlich auch der hors catégorie-Anstieg zum Col d'Aubisque. Zumal wenn man vorher noch den steilen Col de Marie-Blanque zu bezwingen hat. Eine Etappe der Extraklasse also, die schließlich in Luz-Saint-Sauveur endet.
Von Jan – Bang, bang bang! Tourmalet, Aspin, Peyresourde! Bei bestem Wetter! Ein Monument jagt das andere. Für mich eine absolute Premiere: Tourmalet von Westen. 2016 war ich noch krank.
Heute morgen nicht mehr. Alle sind heiß, aber nervös. Der Tag wird hart, mit 3000 Hm auf nur 93 km. Ein erster Höhepunkt gleich 500 m nach dem Start: Überquerung des Nullmeridians, den wir gestern schon in einer Nacht- und Nebelaktion extra für Eva erwandert haben. 200 m vom Hotel entfernt auf einer Privat-Weide.
Und nun gilts: 19 km und 1300 Höhenmeter zum Monument aller Pyrenäen-Monumente, dem Tourmalet. Der Himmel ist blau, die Luft kühl, die Erkältung verflogen. Und die Beine längst nicht so gut wie das Tempo hoch, das Markus anschlägt. Klar, dass ich ihm nicht lange folgen kann, aber ansonsten kann ich doch von allen ein Foto machen, oben am Tourmalet. Der noch verwaist ist, als ich ankomme, der dann aber schlagartig immer voller wird. Höchster Rummelplatz der Pyrenäen. Aber halt das Monument der Monumente! Lauter strahlende Gesichter in der strahlenden Vormittagssonne. Viel wärmer als befürchtet!
Bang... geht's runter in die Abfahrt, in das Schmiededorf Ste-Marie-de-Campan, wo Eugène Christophe damals... wisst ihr ja. Wir haben Zeit für einen Café, denn Eva hat uns noch nicht überholt.
Bang, hoch zum Aspin. Voll schön, aber auch voll anstrengend im Grupetto. Fantastische Rückblicke auf den Pic du Midi vor strahlend blauem Himmel. Fantastische Blicke auch vom Col d'Aspin, an dem Eva mit dem Mittagsbuffet steht. Noch eine Steigerung: geniale Aussicht!
Bang... runter nach Arreau. Geilste Ausblicke, Hammer Abfahrt. Einer der schönsten Pyrenäenanstiege in der Gegenrichtung.
Bang... statt gesitteter Talfahrt zum Talschluss nach Louderville ergattert sich Martin die rote Startnummer des angriffslustigsten Fahrers, und das Abschlussrennen auf den Col de Peyresourde ist eröffnet. "Es wäre schöner gewesen, da zusammen hoch zu fahren", meint Alex. "Stimmt, aber wenn wir die Kinder nicht kaputt spielen, wollen sie heute Abend wieder nicht ins Bett", sage ich.
Dann epochale Ankunft am Peyresourde, und die Spitzengruppe hat schon geliefert: Crêpes für alle. Yeah!
Bang... rasante Abfahrt nach Luchon. Angekommen. Episch.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Königsetappe? Es gibt auf unserer Reise einige Etappen, die diesen Titel verdient haben, und wirklich festlegen wollen wir uns nicht. Aber eines ist klar: mit den Klassikern Tourmalet, Aspin und Peyresourde geht es auch heute wieder höhenmeterreich zur Sache. Bei der Tour de France wird am Col du Tourmalet ja oft das Souvenir Jacques Goddet vergeben, zu Ehren des ehemaligen Tour-de-France-Organisators gleichen Namens. Also vergeben wir am Dach unserer Tour das Souvenir Jan Sahner, zu Ehren des quäldich-Gründers (und voraussichtlichen Reiseleiters). Nebenbei bemerkt: wir erklimmen den Tourmalet von der deutlich schöneren Westseite. Vom sich anschließenden Col d'Aspin genießen wir dann die schöne Abfahrt in Richtung Arreau. Damit wäre eigenltich schon eine vollwertige Etappe absolviert, doch wir fahren auch noch über den Col de Peyresourde - Gerüchten zufolge gibt es dort immer noch die sensationelle Crêpes-Bude mit noch sensationellerem Preis-Leistungs-Verhältnis...
Von Jan – Der Kurschatten liegt heute morgen noch über Bagnères. Es ist eher kalt als kühl, und unsere zügige Fahrt nach Norden, hinaus aus dem Pyrenäen-Kernland, kann die Kälte kaum aus unseren müden Knochen verjagen. Ja, drei harte Pyrenäen-Etappen mit je 3.000 Höhenmetern haben ihre Spuren hinterlassen. Die Muskeln schmerzen, die Spritzigkeit nimmt ab. In St. Beat wenden wir uns nach Osten, und endlich kommt die Sonne hinter den Bergwänden des schmalen Pique-Tals hervor.
Der Col de la Menté ist keiner der ganz berühmten Pyrenäen-Pässe, aber eben auch ein Klassiker. Ich mag ihn nicht sonderlich. Ich bin ja schließlich in den Pyrenäen und nicht im Schwarzwald, da brauche ich keinen schwarzwaldesken Pass. Nett finde ich ihn aber schon, und mit 850 Höhenmetern auf 9,5 Kilometern ist er zumindest sportlich interessant. Aber ich stehe mit meiner ablehnenden Haltung voll alleine, und der Rest der Gruppe ist ganz begeistert von der schönen Serpentinenführung.
Auf die Abfahrt ins Ger-Tal freue ich mich allerdings, denn die ist schön in die Almwiesen trassiert (siehe Titelbild aus der Abfahrt). Und (bang!) stehen wir schon im nächsten Anstieg, dem Col de Portet-d'Aspet. Ich bin ihn (wie alle Pässe heute) noch nicht aus dieser Richtung gefahren, und daher weiß ich gar nicht mehr, wie weit unten Fabio Casartelli 1995 in dieser Abfahrt gestürzt ist. Quasi in der letzten Kurve. Etwas oberhalb der Sturzstelle ist das berühmte Denkmal, an dem wir kurz innehalten.
Der weitere (sehr steile) Anstieg führt durch einen Märchenwunderwald: Buchen und Birken, alle bemoost. Herrlich. Und kaum dreht man zweimal die Kurbel um, ist man oben. Ich spare 140 Kilojoule, indem ich 200 m unter der Passhöhe meine Wasserflasche leere. Aufgrund meines Wirkungsgrades von ca 25 Prozent, so erklärt mir Alexander oben, habe ich sogar 140 Kilokalorien gespart. Ha!
Eva ist noch nicht am vereinbarten Mittagspausenpunkt am Portet d'Aspet, was mir die Gelegenheit gibt, das Gepäckfahrzeug beim Tigersprung über die Passhöhe abzulichten. Mega Picknick wieder. Urlaubsstimmung.
Aber auch der schönste Urlaubstag geht einmal zuende, und so sammle ich die Meute für die Abfahrt. Markus möchte noch die Höhe vom Col de la Core wissen (835 Hm / 14,25 km), und so lassen wir die Gruppe schon abfahren. Und setzen ihr nach. Adrenalin jetzt!
Der Col de la Core ist ein wunderbarer, einsamer, mit fantastischen Ausblicken gesegneter Pass ohne jeden Verkehr. Wir genießen den Sommertag in der Auffahrt, am Gipfel, in der Abfahrt. Und lassen den Sommertag auf der Hotelterrasse ausklingen.
Alle fanden diese Etappe ganz ausgezeichnet, ich höre mehrfach, dass es die beste bisher war. Ha!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Und weiter geht der Pässereigen, drei weitere Klassiker können wir heute dem persönlichen Palmarès hinzu fügen. Etwas Schonfrist verschafft uns die flache Auftaktpassage zwischen dem Etappenort Luchon und Saint-Béat, dann macht der Col de Menté den Auftakt. Und weiter geht res mit der steilen Westrampe zum Col de Portet d'Aspet, wo einst Fabio Casartelli in der Abfahrt tödlich verunglückte. Die Abfahrt geht in eine weitere tendenziell bergab verlaufende Rollerpassage über, und dann steht uns nur noch der recht unbekannte, aber hübsche Col de Core unterwegs. Übernachtung heute in Oust im jungen Salat-Tal.
Von Jan – Mehr ist nicht hinzuzufügen. Fast nicht. Außer, dass es sehr schade war, dass wir von der herrlichen Hochebene zwischen Col d'Agnes und Port de Lers nichts gesehen haben. Schade war auch, dass wir die Verpflegungszusammenlegungspremiere auf quäldich-Reisen nicht genießen konnten, weil allen noch so kalt waren an der Mittagsverpflegung in Vicdessos, wo Eva gemeinsam mit Sille ein kombiniertes Pyrenäen-Klassiker- und Pyrenäen-Atlantik-Mittelmeer-Buffett vom Allerfeinsten aufgebaut hatte. Rainers sportive Gruppe können wir noch kurz begrüßen, Phils ausdauernder und Dennys entspanntre Gruppe können wir in der Talschussphase zwischen Vicdessos und Tarascon nur kurz zuwinken. Denn es muss Wärme in die Beine und von da in die Körper. Besonders in Markus' Körper, der vorne im Gegenwind schuftet. Erstmals sehen wir sein Gesicht in Tarascon leicht errötet.
Und dann wird es richtig schön. Anstieg zum Pas de Souloumbre, herrliche Route de Corniche, und dann noch statt nach Ax runter auf den Col de Marmare. Warm ist es immer noch nicht, aber sonnig, und auf dem Col de Chioula wärmen wir uns in der Passgastronomie. Alexander und Ralf kehren dort um, sie wollen noch über den Col des Sept Frères in die Rébenty-Schlucht abfahren und dann noch den Col du Pradel wegquetschen. #maschinenmensch
Wir rollen einfach nach Ax runter. Lange heiße Dusche!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Es wir mal Zeit für eine etwas leichtere Etappe. Et voilà - hier ist sie. Dennoch wird es landschaftlich gesehen wieder grandios, denn ein einsames Pässedouble in der Ariège steht auf dem Programm. Die lange Auffahrt zum Col d'Agnès wird nach nur kurzer Zwischenabfahrt gefolgt durch die schmale Straße über den Port de Lers. Anstelle der einfacheren, aber verkehrsbelasteten Talstraße entlang der Ariège nehmen wir eine schöne Höhenstraße oberhalb des Tals, die uns direkt in den Kurort Ax-les-Thermes führt.
Von Jan – Port de Pailhères, Aude-Schlucht, Col de Jau, und dann wechselt schlagartig die Vegetation. Wir riechen das Mittelmeer und sitzen in Mosset herrlich auf der Sonnenterrasse. Diese Etappe kann noch nicht zuende sein! Also fahren wir zu fünft noch auf den Col de Mantet, eine kleine Reise in die Vergangenheit für mich. 2005 war ich einmal da. Am Ende über 4000 Hm, das Abendessen geht gleich in den Casinobesuch in Vernet les Bains über. Keine Zeit für den Bericht.
Aber es ist erst viertel nach acht am Folgetag, und während die ersten draußen schon auf die Abfahrt warten, kann ich noch einen Rumpfbericht schreiben. "Geile Etappe, jetzt Bier" gönne ich Tom nicht, der dann wieder jahrelang über mich lästern würde. Also berichte ich noch von arktischer Kälte am Pailhéres (noch zwei Grad und ein beißender Wind auf 2001 m Höhe), unkoordinierter Fluchtabfahrt über die schönste Passauffahrt in meinem Palmarès, Mannschaftszeitwarmfahren im Audetal und einer erneut sehr willkommenen und fantastischen Verpflegung am Fuße des Jaus von Eva. Dort tauschen Ralf und Alexander die Räder. Der Treckerfahrer will auch mal auf ein Rennpferd. Weg war er. 200 Hm drüber erbarmt er sich und wartet auf Alexander, der dankbar vom Bock steigt. "Jetzt bin ich wieder da, wird nicht wieder vorkommen!"
Schön ists am Jau. Unaufgeregt. Schwarzwaldesk. Passbild von Eva und dem Getränkemobil. Bang... rasante Abfahrt. Markus beweist echte Scoutingfähigkeiten und weist uns in die einzige Bar Mossets. Fantastischer Café Gourmand.
Runter, hoch. Etappe zuende. Und dann noch schnell auf den Mantet!
Jetzt muss ich aber los, das Mittelmeer wartet!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
So langsam verlassen wir die hohen Pyrenäen mit den hohen Klassiker-Pässen. Einen Hammer haben wir uns jedoch noch für diese vorletzte Etappe aufbewahrt. Der Port de Pailhères ist ebenfalls ganz vorne mit dabei, wenn es um das Prädikat des schönsten Pyrenäenpasses geht - zumindest quäldich-Chef Jan hat ihn ganz oben auf seiner persönlichen Hitliste stehen. Die fantastische Serpentinenabfahrt auf der Ostseite führt uns dann ins Aude-Tal, das sich zu einer sehenswerten Schlucht verengt. Dann ist noch der hübsche Col de Jau zu überwinden, der immerhin auch nochmal mit etwa 1000 Höhenmetern zu Buche schlägt. Die Etappe endet in Vernet-les-Bains, sozusagen am Fuß des 2784 m hohen Pic de Canigou.
Von Jan – Knaller! Wunderbar auf den Col Palomère, dann runter ans Meer! Wehmütige Stimmung an der Mittagsverpflegung, dann mit Schiebesturm verkehrsfrei nach Argelès sur Mer. Bad im Mittelmeer! Yeah!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Ausrollen bis ans Mittelmeer. Die Euphorie dürfte also groß sein am Morgen der Schlussetappe. Dennoch geht es auch heute nochmal in die Berge. Zunächst fahren wir auf einer einsamen Straße zurück nach Prades, wo wir gestern schon durch gekommen sind. Dann verlassen wir das Tal des Tet für die letzte ernst zu nehmende Bergwertung unserer Reise, den Col de Palomère, erneut mit schönen Ausblicken auf den Pic de Canigou. Von hier aus werden zwar nochmal ein paar Passschilder passiert, aber eigentlich geht es nur noch tendenziell bergab. Bergab bis Argelès-Plage. Bis wir quasi mit dem Vorderrad in der Brandung stehen... Pyrenäen von Atlantik bis zum Mittelmeer, geschafft.