Von majortom – Unsere Tour in Savoyen führt in sieben Etappen durch den nördlichen Teil der französischen Alpen. Sie startet und endet in Annemasse bei Genf und führt uns sowohl auf die namhaften Pässe der Hochalpen – wie Col du Galibier, Col de l'Iséran oder Col de la Madeleine – als auch durch die nicht weniger spektakulären Pässe der Savoyer Voralpen. Eine Rennradwoche deluxe.
Von majortom – Wir sind wieder da! Bienvenue en Savoie. Voller Stolz habe ich gestern beim Abendessen verkündet, dass die Savoyer Alpen 2013 die erste Reise war, die ich in alleiniger Verantwortung für quäldich organisiert habe. Da ich außerdem vier Jahre in Hochsavoyen gelebt habe, ist es für mich gewissermaßen eine Heimkehr, und so war die Vorfreude bei mir groß, 2019 diese Reise wieder leiten zu dürfen. Die Messlatte liegt mit dieser Ankündigung natürlich hoch, aber dieser Herausforderung stellen wir uns natürlich mit einem Lächeln und großer Selbstsicherheit. Die Etappe von Annemasse im Großraum Genf in die Olympiastadt Albertville ist auf dem Papier keine große Herausforderung, trotz der drei Pässe, die auf dem Programm stehen. Aber da schon am Morgen die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlt, ist mir bewusst, dass die sommerliche Hitze in den Tälern Savoyens heute wohl der größte Gegner wird. Aber voller Tatendrang packen wir es an, alle sind heiß, und zunächst startet Peter noch mit einer unter psychologischem Druck zwangsvergrößerten sportiven Gruppe, und kurze Zeit später Phil und ich in einer Hybridgruppe, da Phil sonst mit ca. 20 Teilnehmern unterwegs gewesen wäre.
Von großer Hitze ist zum Glück am Morgen noch nicht viel zu spüren, als wir nach kurzer Baustellenumleitung in die Auffahrt zum Mont Salève navigieren, dem Genfer Hausberg. Auch das befürchtete Verkehrschaos bleibt noch aus; die naherholenden Genfer Yuppies sind wohl noch irgendwo beim Brunch oder so. Uns soll es recht sein. Der steile Teil der Auffahrt ist im schattigen Wald bald überwunden, und am ersten empfohlenen Aussichtspunkt an der Bergstation des télépherique trifft das Grupetto, in welchem ich unterwegs bin, auf einen großen Teil der Gruppe, die hier die Aussicht hinab auf den Genfersee genießen. Ich scheuche sie weiter, in der Hoffnung, sie noch zum zweiten, spektakuläreren Aussichtspunkt am Observatoire überreden zu können. Und tatsächlich stehen wir wenig später auf der Wiese mit sensationellem Blick in den Jura, über Genf und den See hinweg. Die Gruppe sammeln wir dann wenig später am höchsten Punkt, wo auch der Montblanc am Horizont in der Sonne strahlt, lediglich ein kleines Wölkchen umwabert spielerisch diesen Gipfel. Ein unglaubliches Panorama! Wir haben heute sehr viel Glück mit der klaren Sicht, denn aus Erfahrung weiß ich, dass man so ein tolles Panorama auch am Salève nur selten hat.
Es geht weiter über die Salève-Kammstraße, die ich gleich bis nach der folgenden Abfahrt freigegeben habe. Es rollt wunderbar, die Aussichten eröffnen sich links und rechts, und es ist kaum ein Auto hier oben unterwegs. Wieder mal bewahrheitet sich, dass die heimlichen Highlights unserer Reisen oft nicht die bekannten hohen Pässe sind, sondern die Geheimtipps der Voralpen, die nicht jeder auf der Rechnung hat. Ein Traum!
Die Abfahrt nach Cruseilles setzt sich fort in den anstrengendsten Teil der Etappe, obwohl wir auf das nächste Zwischenziel Annecy zu gutes Tempo fahren können, da es ständig leicht bergab geht. Unsere Zweierreihe stößt trotzdem auf Widerspruch der motorisierten Bevölkerung – die Brunchzeit haben wir jetzt wohl überschritten, und so langsam zieht es Urlauber und Einheimische an die Strände des Lac d'Annecy. Schon bald haben auch wir das Venedig der Alpen erreicht und rollen nach Guide-Anweisung gemächlich die von Urlaubern gesäumte Seepromenade entlang. Aber es ist auch ein Abschnitt zum Genießen. Einen Zwischenstopp beschert uns dann die gestern zuende gegangene Relaxed-Reise, denn ein Teilnehmer dieser Reise hatte in Annecy vergessen, seinen Zimmerschlüssel im Hotel abgegeben. Über Umwege ist dieser Zimmerschlüssel in meine Trikottasche gewandert, und ich parke die komplette Gruppe am Hotel in Annecy, das zum Glück direkt an unserem Track liegt. Wir machen aus der Not eine Tugend und füllen dort gleich die Bidons wieder auf, um für den sehr heißen Anstieg zum Col de la Forclaz gerüstet zu sein.
Allerdings erreicht uns hier die Nachricht, dass Begleitfahrer Luigi* ein Fauxpas unterlaufen ist. Es gibt einfach zu viele Cols de la Forclaz in dieser Gegend, und das Navi hat ihn zum falschen Exemplar kurz vor der Schweizer Grenze geführt. Weswegen die Mittagsverpflegung heute leider ausfallen muss. Da man uns vieles nachsagen kann, nur kein mangelndes Improvisationstalent, haben wir natürich sofort einen Ersatzplan parat: ein paar Kilometer hinter Annecy befindet sich an einem sehr schönen Strandbad die Buvette de la Plage de Brune, wo das "Sandwich du Jour" den heutigen Verkaufsschlager darstellt, und wir im Schatten sitzend den Badenden zusehen können. Von unserer Gruppe sind es nur die Guides, die vom Badeangebot gebrauch machen (Fotomaterial nicht vorhanden).
Das Sitzpolster der Hose ist dann schon wieder trocken, bevor wir in den Col de la Forclaz einfahren. Wieder erzeugen wir den Unmut der den See umrundenden Autofahrer, aber da müssen sie durch, denn es ist Sonntag, und da können sie ruhig mal ein wenige entspannter sein. Die Passauffahrt wird dann zur befürchteten Hitzeschlacht, die insbesondere dem Berichterstatter sehr zu schaffen macht. Dafür wird die Aussicht über den türkisfarbenen See vor toller Alpenkulisse immer besser, und als wir dann am Aussichtspunkt an der Passhöhe stehen, sind alle begeistert. Schon im vergangenen Jahr konnte ich mit diesem Aussichtspunkt ja den Reiseleiter Jan für die Etappe begeistert, nachdem er im Vorfeld meiner Planung anno 2013 noch argumentiert hatte, dass sich keine Sau für das "Savoyer Gekrüssel" interessiert. (Disclaimer: Jan ist trotzdem cool!)
Die Abfahrt nach Faverges ist dann ähnlich steil, schmale Straße, unübersichtlich, und es sind nicht nur die Shuttebusse der Gleitschirmflieger unterwegs, so dass wir mit erhöhter Vorsicht abfahren müssen. In Faverges entscheiden sich dann drei Gruppenmitglieder für die Umfahrtung des Col de Tamié und nehmen den Radweg, der über Ugine im Tal nach Albertville führt. Ein vierter Teilnehmer wird von seiner streikenden DI2 zur Umfahrung gezwungen, da er nicht mehr aufs kleine Blatt schalten kann. Der Tamié war als Rollerberg annonciert, insbesondere die faux plat-Abschnitte sind jedoch trotzdem nicht zu unterschätzen. Da ich die Strecke gleich bis Albertville freigegeben habe, nehmen wir die sehr schöne Abfahrt vom Collet de Tamié dann nur noch zu zweit in Angriff. Und rollen wenig später im bewährten Hotel ein.
Räder ins Auditorium, Radfahrer in den Pool!
Epilog: auch Luigi* ist von seiner Odyssee bereits zurückgekehrt und serviert das entgangene Mittagsbuffet nun eben am Pool.
*Name von der Redaktion geändert.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Die Auftaktetappe führt uns von Annemasse über drei Pässe in die Olympiastadt Albertville. Es sind noch nicht die ganz hohen Alpenpässe, die wir heute unter die Räder nehmen, schließlich steht heute das Einrollen und Kennenlernen im Vordergrund. Landschaftlich bekommen wir jedoch auch heute jede Menge geboten. In Annemasse befinden wir uns auch gleich schon am Fuß unseres ersten Anstiegs, des Genfer Hausbergs Mont Salève. Diesen Berg überqueren wir auf einer Kammstraße in Nord-Süd-Richtung und können nacheinander die Ausblicke auf Genf und den See, in die Hochalpen bis zum Montblanc und schließlich zum Lac d'Annecy genießen. Eine Tour des deux lacs, eine Zwei-Seen-Runde also. Annecy ist das nächste Zwischenziel, das ,,Venedig der Alpen", wo es aufgrund des Stadtverkehrs wohl heißt, einen Gang zurück zu schalten und stattdessen lieber die herrliche Seepromenade zu genießen. Der Col de la Forclaz führt uns dann hoch über den See hinaus bis fast auf den Gipfel der Tournette, grandioses Panorama erneut inklusive. Den Abschluss des heutigen Pässetrios bildet dann der Collet de Tamié, der dank sehr moderater Steigungsprozente auch mit müden Beinen noch erradelt werden kann. Von der Passhöhe führt uns eine rasante Abfahrt auf einsamer Straße direkt in den Etappenort Alberville, wo wir im Hotel abends noch eine entspannte Runde durch den Pool ziehen können.
Variante: Da man am ersten Tag vielleicht noch nicht alle Körner verbraten will, können alle drei Pässe auch problemlos im Tal umfahren werden. Am besten lässt man jedoch den Tamié aus und fährt stattdessen im Tal über Ugine - dank gut ausgebautem Radweg fast verkehrsfrei.
Von majortom – Oh là là, Madeleine! Eine schöne Etappe mit dem ersten Hochgebirgskontakt liegt hinter uns. Aber auch eine verdammt harte Etappe, nicht nur wegen des Wolfs im Schafspelz Col de la Madeleine, aber auch wegen der erwartbaren und erwarteten Gluthitze in der Maurienne. Inzwischen sind wir wohlbehalten und glücklich im Quartier in Valloire angekommen, und die Gedanken kreisen inzwischen schon um die nächste Herausforderung morgen: Den Tag der Monumente mit Col du Galibier und Alpe d'Huez.
Es beginnt ganz unspektakulär in Albertville, am Morgen bei noch erträglichen Temperaturen, und wir rollen so entspannt wie möglich das Isère-Tal hinauf. 18 Kilometer Schonfrist bis zum Beginn der Madeleine-Auffahrt. Zum Glück stellt sich die in Aussicht gestellte Baustelle mit Streckensperrung auf der Anfahrt zum Pass als Falschmeldung heraus, und so beginnen wir den Anstieg mit der ersten Kehrengruppe. Die befürchtete Hitzeschlacht im exponierten unteren Teil des Anstiegs stellt sich als weniger gravierend heraus, ein paar Wolken sind in der Tarentaise aufgezogen und schirmen uns von der Sonne ab. Dafür gehen die Rhythmuswechsel ganz schön in die Beine. Der Madeleine wirkt über weite Strecken, insbesondere auf den Geraden am Hang entlang, nicht so steil wie er tatsächlich ist, und trotz der absoluten Höhe von knapp unter 2000 Metern spielt der Höhenunterschied mit 1600 Höhenmetern in der ersten Liga.
Aber es ist ein schöner Pass! Kaum Verkehr, mehr Rennradfahrer als Autos (was der in Personalunion auch als Waschlappen fungierende Berichterstatter aufgrund der vielen überholenden Radfahrer bestätigen kann), und mit zunehmender Höhe immer bessere Ausblicke zurück auf das Montblanc-Massiv (das heute allerdings in den Wolken verborgen ist. Beeindruckender ist an der Passhöhe der Blick auf die andere Seite, wo das ebenfalls schneebedeckte Ecrins-Massiv am Horizont prangt. Louis hat den Pass heute ohne Probleme gefunden und wartet mit einem opulenten Buffet. Herzlichen Dank für diesen Einsatz!
Mit jedem Höhenmeter, den wir in der Abfahrt verlieren, bekommen wir dann zunehmend die Gluthitze der Maurienne zu spüren. Schon nach der Hälfte der Abfahrt sind Windweste und Armlinge überflüssig. Entsprechend schweißtreibend wird dann die Flachpassage zwischen La Chambre und Saint-Michel-de-Maurienne – die Lacets de Montvernier lassen wir in den entspannten Gruppe lieber aus, denn die Höhenmeteranzahl ist auch so schon hoch genug. Eine Kaltgetränkpause in Saint-Michel wird danken angenommen, und von der Bar-Terrasse winken wir der ausdauernden Gruppe sowie diversen Splittergruppen zu, die an uns vorbei fahren.
Womit nur noch (nur noch??) der Col du Télégraphe aussteht. Wieder tun uns aufziehende Wolken den Gefallen, uns ein wenig von der Sonne abzuschirmen. Die Beine sind müde, der Kopf ist müde. Dennoch kommen wir alle einigermaßen mit Würde oben an, und meistern auch noch die 5 Kilometer Abfahrt nach Valloire. Wo uns derzeit das Hotel aufs Beste bewirtet (Endlich wieder menu sportif!) Und die anstrengende Etappe so langsam in unseren Köpfen verklärt... immerhin sind wir schon am Fuß des Galibier!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Die zweite Etappe führt uns nun mitten in die Hochalpen, über zwei Pässe bis in den Wintersportort Valloire. Mit dem Col de la Madeleine und dem Col du Télégraphe stehen zwei bekannte Tour-de-France-Pässe auf dem Programm, die aus dem heutigen Abschnitt mit fast 3000 Höhenmetern eine heimliche Königsetappe machen. Es beginnt jedoch erstmal ganz harmlos mit Einrollen im oberen Isèretal. Bereits hier sehen wir, dass die umgebenden Berge höher sind als gestern und wir in den Hochalpen angekommen sind. Dann steht mit dem Col de la Madeleine der erste Riese der Tour auf dem Programm. Wir verfehlen zwar die 2000er-Marke denkbar knapp, aber mit 1500 Hm am Stück spielt der Madeleine eindeutig in der ersten Pässeliga. Für die Strapazen entschädigt uns ein tolles Montblanc-Panorama. Wir genießen die lange Abfahrt in die Maurienne und bekommen es dann wieder mit einem leicht ansteigenden Abschnitt durchs Arc-Tal zu tun. Der zweite Anstieg des Tages zum Col du Télégraphe ist nicht ganz so anspruchsvoll, er paar Körner sollte man sich jedoch noch aufgespart haben. Der Zielort Valloire, ein typisches Wintersportzentrum, liegt dann in einem Talkessel auf etwa 1400 m Höhe - am Fuß des am nächsten Tag zu bezwingenden Col du Galibier.
Variante: Auf dem Weg kann man noch die Montvernier-Serpentinenstraße mitnehmen, aufgrund der vielen Kehren ein lohnenswertes Kuriosum, und erhöht die Ausbeute heute auf 110 km / 3300 Hm.
Von majortom – Es wird langsam Abend auf 1860 m Höhe, und die Vorfreude auf die Tartiflette, die wir gleich genießen dürfen, steigt. Und schon wieder liegt eine sensationelle Etappe hinter uns. Eine monumentale Etappe, denn sie hat uns heute zu den weltberühmten Tour-Monumenten Col du Galibier und Alpe d'Huez geführt.
Der Tag beginnt jedoch ernüchternd. Strömender Regen beim Aufstehen, die Wolken hängen tief am Galibier, so dass der Blick aus dem Fenster eine kalte und nasse Passauffahrt erwarten lässt. Die üblichen Wetter-Apps geben jedoch zumindest teilweise Entwarnung. Pünktlich zum Start um 9 Uhr soll Wetterbesserung eintreten, und so verfügen wir, dass alle um 9 Uhr auch am Start stehen sollen – mit der Option, den Start gegebenenfalls noch herauszuzögern. Tatsächlich geht nochmals ein Schauer nieder, als Peter gerade die sportive Gruppe zum Aufbruch sammeln will, aber dieser ist nach wenigen Minuten vorüber, und Fetzen von blauem Himmel werden in der Richtung des Galibier sichtbar. Also los. Und auch Wetterguru Sammy* prophezeit mit unserschütterlichem Optimismus: "Es reißt auf!"
Tatsächlich legen wir die ersten, flacheren Kilometer zum Galibier trocken zurück und können die herrliche Gebirgskulisse genießen. "Es reißt auf!" bekräftigt Sammy* noch einmal, und kurz darauf folgt ein erneuter Regenguss. Der ist jedoch auch vorüber, kaum dass wir Regenjacken herausgekramt haben, und nach den diversen Hitzeschlachten der vergangenen Tage sind die Temperaturen heute mal richtig angenehm. Die Kilometer zum Galibier vergehen so wie im Flug, und schon bald stehen wir in der Sonne an der Passhöhe, wo wir uns für Fotos vom Passschild in die Schlange stellen.
Trotz der kühlen Temperaturen auf dem Col du Lautaret acht Kilometer später wird Louis' Mittagsverpflegung herbei gesehnt, wir halten uns jedoch heute kürzer als sonst beim Europcar-Panzer auf, da im Schatten auf über 2000 Meter Höhe die Zähne schon bald zu klappern beginnen. Also nichts wie in die Fortsetzung der Abfahrt Richtung Bourg d'Oisans, wo wir tatsächlich noch vor dem neuen Chambon-Tunnel alle Regenjacken, Armlinge und Artverwandtes wieder ablegen können. Aufgrund eines Gruppenkonsens wählen wir heute nicht die Standardvariante hinab ins Tal nach Bourg d'Oisans, sondern die Höhenstraße über die Balcons d'Auris.
Es reißt auf und wird sommerlich heiß, als wir uns diese Panorama-Variante mit 3 Kilometern Anstieg mit 300 Höhenmetern erkaufen. Waren wir nicht gerade noch zähneklappernd auf dem Lautaret? Der Schweiß fließt, doch es lohnt sich. Die Höhenstraße über die Balcons d'Auris ist absolut atemberaubend, eine tollkühn an den Fels geklatschte schmale Straße, die auf der linken Seite senkrecht ins Oisans abfällt. Alles richtig gemacht, auch wenn wir so gegenüber der Standardvariante noch ein paar Höhenmeter drauf packen müssen.
Bei "Virage 16" münden wir dann in La Garde auf die Alpe-Auffahrt, haben also die untersten 5 Kehren umfahren. Schlecht für unsere Strava-Kudos, aber dafür will niemand mehr die fünf Kehren runter und wieder rauf fahren, um die komplette Auffahrt am Stück gefahren zu sein. Stattdessen gibt es eine Kaffee- und Kaltgetränke-Pause direkt an der Virage 16.
Noch bevor wir dann in den finalen Aufstieg starten (Bergankunft!), wird klar, dass wir wieder eine Hitzeschlacht vor uns haben. Die Nachmittagssonne brennt, der Kehrenhang ist komplett der Sonne ausgesetzt. Trotzdem kurbeln unsere Helden (mit Ausnahme des Berichterstatters!) stoisch und souverän nach oben. Kehre um Kehre lassen wir hinter uns, trotzen der Hitze und der bis hierhin schon äußerst harten Etappe. So dass schließlich auch alle glücklich im Hotel am oberen Ende von Alpe d'Huez einlaufen. Und feststellen, dass der Ort gar nicht so hässlich ist, wie er immer gemacht wird. Auf dem Balkon mit Blick nach Süden, auf den inzwischen nicht mehr in den Wolken verborgenen Meije-Gletscher, können wir ganz deutlich das Flair dieser Bergankunft spüren. Schnöder Rennrad-Mainstream? Ja, aber geiler Mainstream...
*Name von der Redaktion geändert.
Bei der Gelegenheit grüßen wir auch ganz herzlich die Teilnehmer der "Französischen Alpen relaxed", die sich gar nicht so weit weg von uns aufhalten. Morgen werden wir uns knapp verpassen. Und außerdem grüßen wir auch alle Teilnehmer des Transcontinental Race, deren Wege sich in den vergangenen Tagen mit unseren gekreuzt haben. Ihr seid alle Helden (genauso wie wir), sowohl die Transkontinentalen als auch die Relaxer!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute ist der Tag der Monumente. Der 2645 m hohe Col du Galibier, den wir zunächst befahren, ist häufig der höchste Punkt der Tour de France, mit seiner kargen Hochgebirgskulisse aber auch ein landschaftlicher Leckerbessen. Im Startort Valloire wird es auf 1400 m Höhe morgens wohl ganz schön frisch sein. Dafür, dass uns schnell wieder warm wird, sollte jedoch der Col du Galibier sorgen, der uns noch etwa 1200 m höher hinaus führen wird. Die verwitterte Felswüste an der Passhöhe macht den Galibier zu einem ganz besonderen Ort, und die Ausblicke reichen hier weit nach Süden in den Ecrins-Nationalpark hinein. Doch wir sind bald schon am Wendepunkt unserer Tour angekommen. Die mythische Etappe komplett macht dann die wohl bekannteste Tour-Bergankunft nach Alpe d'Huez. Ein beträchtlicher Teil der Hobbyrennradler wird wohl schonmal am Fernsehbildschirm mitgefiebert haben, wenn sich in den 21 Kehren der Kampf ums Gelbe Trikot entschieden hat. Heute sind es wir selbst, die einen Kampf austragen, allerdings nicht miteinander, sondern jeder gegen sich selbst und gegen die Steigung. Im Ziel in Alpe d'Huez kann man dann den Triumph auskosten, heute zwei Monumente bezwungen zu haben.
Option: Wer im Ziel noch Körner übrig hat, kann sich dann noch davon überzeugen, dass die Alpen vielelicht dort am schönsten sind, wo die Tour de France nie hinkommt. Lac Besson und Col de Sarenne sind zwei schöne kurze Abstecher.
Von majortom – Das vierte Teilstück führt uns aus dem Oisans wieder in die Maurienne zurück und somit nach einem kurzen Dauphiné-Abstecher zurück nach Savoyen. Mit der gestrigen Bergankunft in den Beinen können wir den heutigen Tag recht locker angehen lassen. Von Alpe d’Huez geht es zunächst auf einer wunderschönen Kammstraße über Villard-Reculas oberhalb des Oisans entlang, so dass wir nach einer moderaten Abfahrt auf die Südrampe des Col de la Croix de Fer stoßen. Dann geht es jedoch wieder bergauf, zunächst überwinden wir eine Geländestufe bis zu einem malerischen Stausee, dann folgt der Schlussanstieg zum Croix de Fer. Insgesamt macht das immerhin über 1600 Hm traumhafte Passstraße. Beinahe geschenkt bekommt man hingegen optional den Col du Glandon – die beiden Passhöhen liegen nur wenige Kilometer auseinander. Vom Croix de Fer führt uns eine schöne Abfahrt nach St. Jean-de-Maurienne, wo wir auf der zweiten Etappe schon durch gekommen sind. Es geht nun das Arc-Tal aufwärts – leider muss man hier auch mit einigem Durchgangsverkehr rechnen. Die schöne Kulisse des Vanoise-Massivs sollte dafür jedoch teilweise entschädigen. Der Zielort ist dann der Skiort Aussois, der einen lockeren 400-Hm-Schlussanstieg mit sich bringt.
Variante: Eine schöne Alternative, die erlaubt, die Hauptstraße im Tal teilweise zu umgehen, führt über den Col du Mollard. Die serpentinenreiche Abfahrt erfordert jedoch auch zusätzliche 300 Hm bergauf...
Von majortom – Col de l'Iséran. Mit 2770 m Höhe der höchste Pass der Alpen (da die Mogelpackung Cime de la Bonette selbstverständlich nicht zählt, handelt es sich hierbei schließlich nicht um einen Pass im geografischen Sinne, sondern um eine Panoramaschleife, die halt zufällig über 2800 m Höhe führt). Unstrittigerweise ist der Col de l'Iséran jedoch das Dach unserer Tour, also der höchste Punkt, den wir anfahren. Und während die Tour de France am höchsten Alpengipfel immer zu Ehren ihres Gründers das Souvenir Henri Desgrange vergibt, haben wir natürlich zu Ehren des quäldich-Gründers einen viel wichtigeren Preis zu vergeben: das Souvenir Jan Sahner! (Wer genau sich diesen Sonderpreis gesichert hat, ist bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt...)
Nun gut, aber vielleicht entschuldigen wir uns erstmal dafür, dass es gestern keinen Bericht gab. Es lag daran, dass während der Etappe über den Col de la Croix de Fer das extreme weather protocol zum Einsatz kam, und der potentielle Berichterstatter sich mit einer Rumpfgruppe im Chalet an der Passhöhe verschanzt hatte, als plötzlich waagrechter Starkregen fiel. Einige wahre Helden der Gruppen sportiv bis entspannt erwischte der Regen dagegen an deutlich ungünstigerer Stelle mitten in der Abfahrt. Bis auf einen Sturz mit leichten Blessuren sind glücklicherweise alle wohlbehalten durchgekommen. Gute Besserung an dieser Stelle - die Gestürzte saß jedoch heute schon wieder auf dem Rad und konnte sogar die B-Variante auf den Col du Petit Saint Bernard fahren. Chapeau!
Schon gestern Nachmittag ist jedoch der savoyardische Sommer zurückgekehrt, und auch heute morgen verwöhnt er uns in Aussois mit blauem, nahezu wolkenlosen Himmel. Da wir auf 1400 m Höhe starten, ist es am Morgen noch angenehm kühl, was uns auch auf den zähen Anfahrtskilometern die Maurienne hoch entgegen kommt. Eine erste Rampe bei Termignon sowie der Col de la Madeleine (ein anderer) lassen die entspannte Gruppe, aus deren Sicht heute abermals berichtet wird, schon früh auf der Etappe zersplittern. Inzwischen stecken ja auch schon vier harte Etappen in unseren Beinen, die nicht jeder gleich gut weg gesteckt hat. Insofern ist es sehr bewunderswert, mit welchem Elan doch jeder einzelne die Etappe angeht. Das Souvenir Jan Sahner ist ein Ehrenpreis auch für den Letzten!
Wir erreichen Bonneval-sur-Arc, wo das Maurienne-Hochtal endet, die Gletscher imposant über uns prangen, und die Straße sich nun am Hang empor schlängelt. Flaschen füllen am Brunnen, denn uns stehen 950 Höhenmeter bevor, und wir sind schon so gut wie auf 2000 Meter Höhe. Der Iséran an Tag fünf - auf jeden Fall ein hartes Stück Arbeit. Aber auch ein sehr lohnenswertes. Es geht durch hochalpine savoyardische Murmeltier-Idylle, und wir kommen den Bergen um uns herum immer näher. Traumhafte Ausblicke über die in der Sonne leuchtenden Berge am Grenzkamm nach Italien. Und dann erreichen wir die Passhöhe, wo sich der möglicherweise größte Aha-Effekt der Etappe einstellt. Während bei anderen hohen Pässen die Berge immer noch deutlich höher aufragen, scheinen sie am Iséran auf Augenhöhe zu sein. Und wir haben ganz nebenbei den höchsten Pass der Alpen bezwungen! Und auch wenn die Bergwertung heute Jan gewidmet ist, reicht sein Lieblingsbegriff "episch" nicht aus, um den Moment zu beschreiben. Das ist mehr als episch. Das ist kolossal!
Louis hat den Europcar-Panzer ein paar Kehren tiefer positioniert, wo wir uns gewohnt kolossal verpflegen. Da die meisten Gruppenmitglieder es vorgezogen haben, schon weiter Richtung Val d'Isère abzufahren, sind wir nun ein übersichtliches zwei-Mann-Grupetto. Macht aber nichts. Wir genießen die Abfahrt, meistern souverän in der Sommerhitze den letzten Anstieg nach Les Moulins und rollen zufrieden in Villard-Dessus (nicht zu verwechseln mit Villard-Dessus) ein. Mal schauen, ob das heutige menu sportif dem gestrigen das Wasser reichen kann...
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wiederum nur ein Pass steht heute auf dem Programm, doch der hat es so richtig in sich, denn der Col de l'Iséran ist mit 2764 m der höchste echte Alpenpass. Doch zunächst beginnt die fünfte Etappe, wie die vierte aufgehört hat - weiter befahren wir das Arc-Tal bergauf. Bis Bonneval-sur-Arc steigt das Tal weiter nur gemächlich an, so dass wir heute genügend Zeit zum Einrollen haben. Die Abzweigung zum Col de Mont Cenis in Lanslebourg macht uns dann bewusst, dass über die Bergkette zur Rechten die Grenze nach Italien verläuft. Dann, in Bonneval, wird aus dem Bergaufrollen ein richtiges Klettern, denn die eigentliche Auffahrt zum Col de l'Iséran beginnt. Bis auf 2764 m führt uns die höchste echte Passstraße der Alpen hinauf - denn die Cime de la Bonette in den Seealpen ist schließlich kein richtiger Pass. Nach etwa 50 km An- und Auffahrt folgen 50 km Abfahrt, und schon sind wir in Bourg-Saint-Maurice, dem Zielort der Etappe. Ein echtes Pässemekka übrigens, denn neben dem Iséran starten hier noch zwei andere Passstraßen - der Petit St. Bernard, und der Cormet de Roselend, der morgen auf dem Programm steht. Kurz gesagt also: einmal rauf, einmal runter, fertig.
Variante: Ein lohnenswerter Abstecher führt zum Lac de Tignes. So kommt man heute auf 112 km und 2200 Hm.
Von majortom – Mit 126 km handelt es sich heute um die längste Etappe, und mit 2.800 Höhenmetern kann man sie getrost als zweite Königsetappe bezeichnen. Drei Pässe werden dabei bezwungen, der Cormet de Roselend, der Col des Saisies und der Col des Aravis. Der Cormet de Roselend ist – wenn man nicht die verschäfte Version der morgigen Schlussetappe wählt – der letzte hors catégorie-Riese unserer Savoyen-Rundfahrt. Gleichzeitig setzt er nochmal ein landschaftliches Ausrufezeichen, denn der türkisgrün schimmernde Roselend-Stausee auf der Westseite bietet sicherlich eine der schönsten Kulissen der französischen Alpen. Nach der Abfahrt nach Beaufort folgt die zweite Auffahrt auf dem Fuße, der Col des Saisies führt uns ins junge Arly-Tal. Hier könnten wir über Megève relativ höhenmeterarm in den heutigen Zielort Cluses fahren, doch statt der Hauptverbindungsroute überqueren wir noch das Voralpenmassiv Chaîne des Aravis über den gleichnamigen Pass Col des Aravis, inklusive erneut schöner Ausblicke in Richtung Montblanc. Von dort aus geht es dann lange bergab, und die Gorges de Bornes stellt nochmal ein kleines landschaftliches Highlight dar. Die letzten Kilometer der Etappe führen dann flach durchs Arve-Tal nach Cluses.
Variante: Man kann mit dem Col de la Colombière noch einen vierten Pass dazu nehmen und so eine wahre Königsetappe bestreiten: mit 124 km und 3500 Hm.
Von majortom – Die Schlussetappe ist zum Ausrollen da, eine tour d’honneur, so dass wir uns ohne größere Strapazen von den Savoyer Alpen verabschieden können. Dabei nehmen wir jedoch noch einige kleinere Pässe des Chablais mit und beschließen die Rundfahrt mit einem herrlichen Blick über den Genfersee. Von Cluses aus rollen wir zunächst ein Stück das Giffre-Tal hinauf bis St.-Jeoire. Hätten wir es eilig, könnten wir nun auch flach ins Ziel rollen, doch wir wären nicht quaeldich.de, wenn wir nicht auch in den Voralpen noch ein paar Highlights in petto hätten. Eindrucksvoll ist sicher die Gorges de Risse, die wir als nächstes durchfahren – mit steil neben der Straße abfallendem Abhang. Der moderate Anstieg durch die Schlucht geht nahtlos über in den schon etwas fordernderen Anstieg auf das Plateau de Plaine-Joux, eine versteckte Passstraße mit kaum Verkehr und dem möglicherweise letzten Blick auf das Montblanc-Massiv. Hier streuen wir noch die Stichstraße zum Col d'Ajon ein, die uns ein letztes herrliches Montblanc-Panorama beschert. Der Col de Saxel ist dann kein wirklich erstzunehmendes Hindernis mehr, und man die Auffahrt bei sehr moderater Steigung dazu nutzen, die Höhepunkte der Savoyen-Woche nochmals Revue passieren zu lassen. Spätestens bei der Abfahrt in Richtung Genfersee mit abermals hübschen Ausblicken wird sich dann vielleicht auch etwas Wehmut bemerkbar machen – denn jetzt fehlt nur noch ein Flachstück zwischen Alpen und See, und wir sind wieder am Ausgangspunkt in Annemasse bei Genf angekommen.
Variante: Wer auch am letzten Tag noch eine vollwertige Etappe fahren möchte, kann vor dem Col d'Ajon noch den Col de la Ramaz mitnehmen. Ausbeute: 92 km, 2300 Hm.