Schneemärchen Üetliberg-Albis 61,7 km / 1298 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von Renko
Von Renko –
Vor ein paar Tagen war im QD-Forum ein Posting darüber, wie man die Hände warm hält bei kalten Wetterbedingungen nach drei Stunden. Mich interessierte die Frage, wie lange man draussen verbringen kann bei kalter Witterung - oder ob alles schliesslich eine Frage der Kräfte und Bekleidung sei?
Das Radjahr 2011 dauerte dank des "Martini-Sommers" bis in den Dezember hinein: genauer gesagt bis am 11. Dezember. Da war tags zuvor doch endlich die ersten Winterschneefälle gekommen, während der vorigen Nacht hatten starke Regenfälle bis in höheren Lagen viel Schaden an der jungen Schneedecke angerichtet.
Dann folgte Weihnachten, dann Neujahr, dann Hexenschuss-Symptome...
Aber die Frage im Forum interessierte mich. Dass Leute noch im Tiefwinter fahren. Die Wetterbedingungen sind zur Zeit fast einmalig. Auf dem Weissfluhjoch oberhalb von Davos wurde -26 Grad gemessen. Am 1. Februar 1999 versuchte ich auf dem Joch zu snowboarden bei 23 Grad unter null und hörte nach einer einzigen Abfahrt auf. Das Gesicht litt gewaltig und der Board konnte mit den kalten Schneetemperaturen nicht anfangen. Später oben am Joch und in dem warmen Café hatte ich plötzlich kalt im Kern des Körpers. Die Kälte ist scheinbar ein gefährlicher Feind, der lauert und lässt sich nicht merken.
Die jetzigen Bedingungen sind aber noch strenger, noch nie seit ich in Zürich wohne war es so kalt. Am Flughafen wurde bereits 20 Grad Frost gemessen. Kann man noch fahren?
Am Samstag ist es so weit. Ich hole meine Radklammoten aus dem Schrank und schaue was es hat. Zehn Minuten später bin ich bereit. Ein Paar Socken, das zweite Paar bleibt aus Versehen auf dem Boden. Eine Unterhose, eine langbeinige Thermal-Hose, eine langbeinige Radhose, ein Odlo-Unterhemd, ein Trikott, ein langarmiges, gepolstertes Trikott mit Kaputze, Gore-Unterhandschuhe und einfache Skihandschuhe. Und meine zu kleine, zu dünne Jacke.
Los in die Kälte - und sie hat es in sich. Eine Tour durch die Stadt, bitterkalt und teilweise windig. Dann auf den besonnten Hönggerberg, dann auf herrlichem hartem Schnee zum Zoo, weiter nach Zürich Witikon. Dort sind drei Stunden vergangen.
Die Problembereiche sind die Fusssohlen im Bereich der Schuhplatten, auch im Bereich des Hals hat die kalte Luft einen Schwachpunkt entdeckt. Höchste Zeit, nach Hause zu fahren. Die Fahrt geht auf dem Pfadiweg in Zürich Hirslanden zu Ende neben einem Bach. Der ist vereist wie ich ihn noch nie gesehen habe...
Dann heute Sonntag. Am Vormittag übersetze ich Zeugnisse für eine Hotelschule in meine Muttersprache. Um die Mittagszeit ist die Aufgabe beendet.
Die Nacht war mit minus 14 Grad nicht mehr ganz so kalt wie jene zuvor. Die Sonne scheint uneingeschränkt, der Rest des Tages steht zumindest bis zum Abend frei...
Zehn Minuten später sind die Klamotten wieder angezogen. Die gleichen, plus das zweite Paar Socken, eine kurzbeinige Rad-Unterhose für die zarte Region. Auch das Loch im Halsbereich ist geschlossen.
Los geht's, wie am Samstag ins Stadtzentrum. Nur halb so schlimm wie der vorige Tag: ist alles nicht schliesslich eine Frage der Erfahrung, das zweite Mal nur halb so schlimm? In der Zeitung Tages-Anzeiger stand ein Artikel, wie man die Kälte zum Freund macht. Da stand das Schlüsselwort "abhärten". Der Körper braucht nur Zeit, sich an neue Bedingungen anzupassen. Ferner wurde über die persönliche Einstellung, und interessanterweise über ausreichenden Schlaf. Das empfinde ich als ausserordentlich wichtig...
Durch die menschenleere Stadt fahre ich, halte an einer Tankstelle am Fuss des Üetliberg an. Die Gangschaltung ist inzwischen durch Vereisung blockiert. Das MTB steht in der Sonne während ich Schokolade kaufe...die Füsse aufwärmen lasse.
Das Gerät ist ein seltsames Tier. Es ist übergross und vor allem überlang. Die Distanz zwischen Sattel und Lenker ist grösser als bei meinem 62cm Colnago. Die Felgen sind leicht, das vordere Rad auffallend weit vom Rahmen entfernt. Dies führt zu seltsamen Fahreigenschaften: Auf Erdstrassen fährt er prima, er ist aber auf Trails und in engen Spitzkehren so gut wie unbrauchbar, und recht heikel in steilen Abfahrten. Mit einem kleineren schwereren MTB konnte ich die berüchtigte Rafensteiner Bergstrasse problemlos hinabfahren, aber die Alte Jenesier Strasse, knapp weniger steil, war mit dem "Big Bike" einfach furchterregend. Als Tourenbike dagegen ist er prima: recht bequem, es bietet durch die Grösse gute Tragmöglichkeiten bezüglich Gepäck...
Nun geht es die Birmensdorferstrasse hinauf. Dies ist eine Hauptstrasse in den Süden und auch der einzige asphaltierte Weg auf den Üetliberg.
Oben dann in den Wald und auf hartem Schnee. Genial: kaum Leute, kein Verkehr, nur Stille. Das Fahrrad fährt gut, obwohl es keine spezielle Bereifung hat. Die vordere Reife kaufte ich in Mostar, die hintere in Dubrovnik. Die vordere hat Profil eigentlich nur an den Seiten, die hintere eigentlich keine, sie ist eher für Asphalt oder Erdpisten gedacht. Aber mit 87Kg Mann hält die hintere fest, dreht nicht durch.
Weiter oben biege ich in eine Piste, die auch von Schlittelfahrern benützt wird. Dann wieder Stille, dann bei zunehmender Steigung bis zum Bahnhof Üetliberg, am Ende der steilsten Normalspurbahn der Schweiz, wenn nicht Europas oder des Universums...
Das letzte Stück ist schnell erledigt, dann stehe ich auf dem Berg. Bedingt durch die äusserst kalte Luft und die mitgetragenen Eiskristalle sind die Ausblicke ein bisschen dunstig. Die Bäume tragen viel Schnee und Eis - wunderschön! <br><br>
Dann ein Stück zurück und der Beginn der Kammstrasse in RIchtung Buchenegg und Albis. Der Weg ist genial: harter Schnee fährt so gut wie kompakte Erde. Leute sind unterwegs - kein Wunder. Die Strasse senkt sich leicht ab, steigt leicht an, dann ab, dann an. Höchstgeschwindigkeit: 41 km/h. Kurze Abfahrt, dann ist die Buchenegg erreicht. Hier muss ich in die Wärme, denn die Füsse haben die gleichen Probleme wie am Vortag. Sonst: alles in Ordnung...
Danach steiler hoch und für ein paar Meter nicht ganz fahrbar. Hier hat sich Triebschnee ansammeln können. Dann ähnlich schön. Das Gebiet mit seinen alten, malerischen Bauernhäusern wirkt heute einfach wie eine Märchenlandschaft. Ich frage mich, ob ich je wieder in ein Skigebiet fahren wird. Wofür? Das Radfahren im Winter ausserhalb von Touristengebieten ist eine wahre Entdeckung. Wofür der Stress, die Preise, die Ärger, das frühe Aufstehen?
Dann stehe ich am Albis-Pass, wieder eine Kaffeepause wäre angesagt, aber das Café ist übervoll. Ein paar Minuten stehend in der Sonne, ein wenig Entlastung für die kalten Füsse.
Rechts geht es hinab in den Schatten nach Adliswil und Zürich, bei den tiefen Temperaturen sicher eine absolut miserable Qual. Links dagegen zumindest vorerst in der Sonne nach Stallikon und Zürich. Am meisten Sonne dagegen gibt es sicher auf dem gerade befahrenen Grat, da entscheide ich den gleichen Weg zurückzufahren.
Nun taucht der Wind auf, langsam beginnt die Kälte auch die Zähen einzunehmen. Das Fahrrad hat Probleme mit der Schaltung wieder, die hintere Bremse quietscht weniger weil sie an Kraft verliert.
Die Buchenegg, nun sonnenarm ist erreicht, dann weiter. Drei Stunden sind längst vergangen, Energie und langsam auch Motivation beginnen zu schwinden. Die letzte Rampe unterhalb des Üetlibergs ist recht anspruchsvoll, zudem kommt die hintere Reife an seine Grenzen. Sie dreht immer wieder ein bisschen durch. Ich fahre einen runden Tritt, das ist wichtig, dann nimmt die Steigung ab, dann kurze Abfahrt, dann Bahnhof Üetliberg wieder.
Nichts als ab ins Café! Füsse gefroren, Nasenröhre und Augenwimpel vereist, Hunger, Durst. Der Smartphone-Fotoapparat war ausgestiegen, ich schalte ihn in der Wärme ein. Der Akku ist fast tot, ich schiesse zwei Fotos, dann ist schluss.
Dann draussen. Ich finde, eine tolle Tour hat einen Höhepunkt und einen Tiefpunkt. Nun folgt letzterer: die Sonne sieht glühend aus aber spendet keine Wärme mehr. Nach dem Restaurant wirkt die Kälte draussen um so schlimmer. Nun auch Abfahrt: bei Tempo 30 haben die Zähen bald kalt, dann Daumen, dann Fingerspitzen. Ich beobachte das ganze wie aus der Entfernung, bald folgt das Gesicht um die Augen, dann Nase, dann Schultern, Oberarme, Brustbereich. Ein Körperteil nach dem anderen. Mehr als 30 ist zu unangenehm zu fahren. Die Abfahrt auf dem Schnee ist aber trotz der Kälte traumhaft. Ich danke dem Velo für den tollen sturzfreien Dienst unter Bedingungen für die es nicht eigentlich gedacht ist. Dann ist der Rand von Zürich erreicht, die kalte Weiterfahrt ins Stadtzentrum, dann die Auffahrt zurück nach Zürich Hirslanden. Als ich zu Hause ankomme, hat die Auffahrt die Kälte schon vertrieben.
Eine Stunde später esse ich in der warmen Wohnung. Welch ein traumhafter Nachmittag! Russland ist zu Gast mit seinem Winter, oder die Hochalpen: die Hügel werden zu Bergen. Und dies hier in Zürich!
Ich frage mich was schlimmer ist: eine Hochsommer-Hitzeschlacht wie Galibier 2003, oder Morti 2005, oder Travnik-Banja Luka bei 40 Grad im 2011? Oder ein Schneemärchen bei 12 oder 14 unter null? Vielleicht stellt man lieber den Raddienst im Sommer ein?
Fotos: 5. Februar 2012
Das Radjahr 2011 dauerte dank des "Martini-Sommers" bis in den Dezember hinein: genauer gesagt bis am 11. Dezember. Da war tags zuvor doch endlich die ersten Winterschneefälle gekommen, während der vorigen Nacht hatten starke Regenfälle bis in höheren Lagen viel Schaden an der jungen Schneedecke angerichtet.
Dann folgte Weihnachten, dann Neujahr, dann Hexenschuss-Symptome...
Aber die Frage im Forum interessierte mich. Dass Leute noch im Tiefwinter fahren. Die Wetterbedingungen sind zur Zeit fast einmalig. Auf dem Weissfluhjoch oberhalb von Davos wurde -26 Grad gemessen. Am 1. Februar 1999 versuchte ich auf dem Joch zu snowboarden bei 23 Grad unter null und hörte nach einer einzigen Abfahrt auf. Das Gesicht litt gewaltig und der Board konnte mit den kalten Schneetemperaturen nicht anfangen. Später oben am Joch und in dem warmen Café hatte ich plötzlich kalt im Kern des Körpers. Die Kälte ist scheinbar ein gefährlicher Feind, der lauert und lässt sich nicht merken.
Die jetzigen Bedingungen sind aber noch strenger, noch nie seit ich in Zürich wohne war es so kalt. Am Flughafen wurde bereits 20 Grad Frost gemessen. Kann man noch fahren?
Am Samstag ist es so weit. Ich hole meine Radklammoten aus dem Schrank und schaue was es hat. Zehn Minuten später bin ich bereit. Ein Paar Socken, das zweite Paar bleibt aus Versehen auf dem Boden. Eine Unterhose, eine langbeinige Thermal-Hose, eine langbeinige Radhose, ein Odlo-Unterhemd, ein Trikott, ein langarmiges, gepolstertes Trikott mit Kaputze, Gore-Unterhandschuhe und einfache Skihandschuhe. Und meine zu kleine, zu dünne Jacke.
Los in die Kälte - und sie hat es in sich. Eine Tour durch die Stadt, bitterkalt und teilweise windig. Dann auf den besonnten Hönggerberg, dann auf herrlichem hartem Schnee zum Zoo, weiter nach Zürich Witikon. Dort sind drei Stunden vergangen.
Die Problembereiche sind die Fusssohlen im Bereich der Schuhplatten, auch im Bereich des Hals hat die kalte Luft einen Schwachpunkt entdeckt. Höchste Zeit, nach Hause zu fahren. Die Fahrt geht auf dem Pfadiweg in Zürich Hirslanden zu Ende neben einem Bach. Der ist vereist wie ich ihn noch nie gesehen habe...
Dann heute Sonntag. Am Vormittag übersetze ich Zeugnisse für eine Hotelschule in meine Muttersprache. Um die Mittagszeit ist die Aufgabe beendet.
Die Nacht war mit minus 14 Grad nicht mehr ganz so kalt wie jene zuvor. Die Sonne scheint uneingeschränkt, der Rest des Tages steht zumindest bis zum Abend frei...
Zehn Minuten später sind die Klamotten wieder angezogen. Die gleichen, plus das zweite Paar Socken, eine kurzbeinige Rad-Unterhose für die zarte Region. Auch das Loch im Halsbereich ist geschlossen.
Los geht's, wie am Samstag ins Stadtzentrum. Nur halb so schlimm wie der vorige Tag: ist alles nicht schliesslich eine Frage der Erfahrung, das zweite Mal nur halb so schlimm? In der Zeitung Tages-Anzeiger stand ein Artikel, wie man die Kälte zum Freund macht. Da stand das Schlüsselwort "abhärten". Der Körper braucht nur Zeit, sich an neue Bedingungen anzupassen. Ferner wurde über die persönliche Einstellung, und interessanterweise über ausreichenden Schlaf. Das empfinde ich als ausserordentlich wichtig...
Durch die menschenleere Stadt fahre ich, halte an einer Tankstelle am Fuss des Üetliberg an. Die Gangschaltung ist inzwischen durch Vereisung blockiert. Das MTB steht in der Sonne während ich Schokolade kaufe...die Füsse aufwärmen lasse.
Das Gerät ist ein seltsames Tier. Es ist übergross und vor allem überlang. Die Distanz zwischen Sattel und Lenker ist grösser als bei meinem 62cm Colnago. Die Felgen sind leicht, das vordere Rad auffallend weit vom Rahmen entfernt. Dies führt zu seltsamen Fahreigenschaften: Auf Erdstrassen fährt er prima, er ist aber auf Trails und in engen Spitzkehren so gut wie unbrauchbar, und recht heikel in steilen Abfahrten. Mit einem kleineren schwereren MTB konnte ich die berüchtigte Rafensteiner Bergstrasse problemlos hinabfahren, aber die Alte Jenesier Strasse, knapp weniger steil, war mit dem "Big Bike" einfach furchterregend. Als Tourenbike dagegen ist er prima: recht bequem, es bietet durch die Grösse gute Tragmöglichkeiten bezüglich Gepäck...
Nun geht es die Birmensdorferstrasse hinauf. Dies ist eine Hauptstrasse in den Süden und auch der einzige asphaltierte Weg auf den Üetliberg.
Oben dann in den Wald und auf hartem Schnee. Genial: kaum Leute, kein Verkehr, nur Stille. Das Fahrrad fährt gut, obwohl es keine spezielle Bereifung hat. Die vordere Reife kaufte ich in Mostar, die hintere in Dubrovnik. Die vordere hat Profil eigentlich nur an den Seiten, die hintere eigentlich keine, sie ist eher für Asphalt oder Erdpisten gedacht. Aber mit 87Kg Mann hält die hintere fest, dreht nicht durch.
Weiter oben biege ich in eine Piste, die auch von Schlittelfahrern benützt wird. Dann wieder Stille, dann bei zunehmender Steigung bis zum Bahnhof Üetliberg, am Ende der steilsten Normalspurbahn der Schweiz, wenn nicht Europas oder des Universums...
Das letzte Stück ist schnell erledigt, dann stehe ich auf dem Berg. Bedingt durch die äusserst kalte Luft und die mitgetragenen Eiskristalle sind die Ausblicke ein bisschen dunstig. Die Bäume tragen viel Schnee und Eis - wunderschön! <br><br>
Dann ein Stück zurück und der Beginn der Kammstrasse in RIchtung Buchenegg und Albis. Der Weg ist genial: harter Schnee fährt so gut wie kompakte Erde. Leute sind unterwegs - kein Wunder. Die Strasse senkt sich leicht ab, steigt leicht an, dann ab, dann an. Höchstgeschwindigkeit: 41 km/h. Kurze Abfahrt, dann ist die Buchenegg erreicht. Hier muss ich in die Wärme, denn die Füsse haben die gleichen Probleme wie am Vortag. Sonst: alles in Ordnung...
Danach steiler hoch und für ein paar Meter nicht ganz fahrbar. Hier hat sich Triebschnee ansammeln können. Dann ähnlich schön. Das Gebiet mit seinen alten, malerischen Bauernhäusern wirkt heute einfach wie eine Märchenlandschaft. Ich frage mich, ob ich je wieder in ein Skigebiet fahren wird. Wofür? Das Radfahren im Winter ausserhalb von Touristengebieten ist eine wahre Entdeckung. Wofür der Stress, die Preise, die Ärger, das frühe Aufstehen?
Dann stehe ich am Albis-Pass, wieder eine Kaffeepause wäre angesagt, aber das Café ist übervoll. Ein paar Minuten stehend in der Sonne, ein wenig Entlastung für die kalten Füsse.
Rechts geht es hinab in den Schatten nach Adliswil und Zürich, bei den tiefen Temperaturen sicher eine absolut miserable Qual. Links dagegen zumindest vorerst in der Sonne nach Stallikon und Zürich. Am meisten Sonne dagegen gibt es sicher auf dem gerade befahrenen Grat, da entscheide ich den gleichen Weg zurückzufahren.
Nun taucht der Wind auf, langsam beginnt die Kälte auch die Zähen einzunehmen. Das Fahrrad hat Probleme mit der Schaltung wieder, die hintere Bremse quietscht weniger weil sie an Kraft verliert.
Die Buchenegg, nun sonnenarm ist erreicht, dann weiter. Drei Stunden sind längst vergangen, Energie und langsam auch Motivation beginnen zu schwinden. Die letzte Rampe unterhalb des Üetlibergs ist recht anspruchsvoll, zudem kommt die hintere Reife an seine Grenzen. Sie dreht immer wieder ein bisschen durch. Ich fahre einen runden Tritt, das ist wichtig, dann nimmt die Steigung ab, dann kurze Abfahrt, dann Bahnhof Üetliberg wieder.
Nichts als ab ins Café! Füsse gefroren, Nasenröhre und Augenwimpel vereist, Hunger, Durst. Der Smartphone-Fotoapparat war ausgestiegen, ich schalte ihn in der Wärme ein. Der Akku ist fast tot, ich schiesse zwei Fotos, dann ist schluss.
Dann draussen. Ich finde, eine tolle Tour hat einen Höhepunkt und einen Tiefpunkt. Nun folgt letzterer: die Sonne sieht glühend aus aber spendet keine Wärme mehr. Nach dem Restaurant wirkt die Kälte draussen um so schlimmer. Nun auch Abfahrt: bei Tempo 30 haben die Zähen bald kalt, dann Daumen, dann Fingerspitzen. Ich beobachte das ganze wie aus der Entfernung, bald folgt das Gesicht um die Augen, dann Nase, dann Schultern, Oberarme, Brustbereich. Ein Körperteil nach dem anderen. Mehr als 30 ist zu unangenehm zu fahren. Die Abfahrt auf dem Schnee ist aber trotz der Kälte traumhaft. Ich danke dem Velo für den tollen sturzfreien Dienst unter Bedingungen für die es nicht eigentlich gedacht ist. Dann ist der Rand von Zürich erreicht, die kalte Weiterfahrt ins Stadtzentrum, dann die Auffahrt zurück nach Zürich Hirslanden. Als ich zu Hause ankomme, hat die Auffahrt die Kälte schon vertrieben.
Eine Stunde später esse ich in der warmen Wohnung. Welch ein traumhafter Nachmittag! Russland ist zu Gast mit seinem Winter, oder die Hochalpen: die Hügel werden zu Bergen. Und dies hier in Zürich!
Ich frage mich was schlimmer ist: eine Hochsommer-Hitzeschlacht wie Galibier 2003, oder Morti 2005, oder Travnik-Banja Luka bei 40 Grad im 2011? Oder ein Schneemärchen bei 12 oder 14 unter null? Vielleicht stellt man lieber den Raddienst im Sommer ein?
Fotos: 5. Februar 2012
3 gefahrene Pässe
Albispass, Buchenegg, ÜetlibergStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
am