Von TicinoBergler46 – 9. Juli 2011, 5:18h Fahrtzeit
Im Juli 2011 regnet es ungewöhnlich viel im Tessin. Die wenigen Velotage erhöhen die Bereitschaft auch an suboptimalen Tagen zu fahren. So am 9. Juli um 9.30h an einem zunächst trüben Tag bei schon 26 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit. Nein, keine wirklich neue Tour, nur ein neue Verknüpfung von alten Bekannten mit 3000 Hm. In der steilen Nachbarschaft nach dem Motto „Schweiß edelt den Recken“. Aber schon die kleinen Hm machen mir an meinem Hausberg, dem Monti di Ronco, zu schaffen. Wieso ist der Hund auf einmal so steil?? Trikot schon offen, Helm ab „zum Gebet“ (d.h. am Lenker). Nichts bleibt trocken. Weniger kann man nicht anziehen und mit sich tragen (Handy, 2 Gels, 1 Magnesium). Ich muss mich nicht zum Langsamfahren ermahnen, das passiert automatisch. Nach der langen Steilrampe, die in einer Rechtskurve bei 850m endet, glaube ich, es geschafft zu haben. Nein, es zieht sich auch danach wie Kaugummi hin. Endlich oben, 1:22h, unanständig langsam, 1 Trinkflasche schon leer.
Bergab ist es aber fast wie gekühlter Champagner. In Porto Ronco am Seeufer fühle ich mich besser. Auch die 350 Hm über den Barcone bleibt der Himmel noch bedeckt und der Helm auf dem Kopf.
Unten in Brissago bricht aber die Sonne durch die Wolken. Von Wind keine Spur. Wie sehne ich mir kräftigen Gegenwind herbei. Mein (komisches) Velofahrerkappi bewährt sich jetzt. Das Schild, nach unten geklappt, sammelt meinen Schweiß und lässt ihn vom Schild herabtropfen, auf den Garmin. Patentfähig? Wann kommt endlich der Waldschatten auf dem Weg nach Mergugno?? Sobald er da ist, wird es für längere Zeit 13% steil. Ist das ein gutes Geschäft? Seit wann ist der Berg so hoch? Endlich ist es soweit: oben. Mit offenem Trikot abfahren ist dann ein Genuss. Auch das kalte Brunnenwasser in Rovere.
Nur noch nach Cortone. „nur“?? Die besch…nen 2km mit 14% im oberen Teil sind auch schon bei Bestform nicht ohne. Die flacheren 300 Hm nach Gadero bei Windstille schaffe ich nur mit unanständig leichten Gängen. Für die sehr netten Steilheiten bis Bassuno muss ich tief in die Durchhalte-Trickkiste greifen: 30 Umdrehungen im Sitzen, einen Gang höher 30 aus dem Sattel, später Reduktion auf 20, dann aus dem Sattel nicht mehr höher schalten. Als mir nichts mehr einfällt bin ich Gott sei Dank in Bassuno. Der allerletzte Steilhang fällt mir wie immer nicht mehr ganz so schwer: das Pferd riecht den Stall. Leichte Abkühlung bergab und niedrige Gänge über den Barcone retten mich ins Ziel. Frage: worin liegt der ethische Wert solcher Touren? Antwort: man kann wenigstens als schlechtes Beispiel dienen.
P.S. „schwelig“ ist österreichisch für (schlimmer als) „schwül“.