Silberreiher-Trophy 2003 693,0 km / 0 Hm
Rolf Majcen über seine Teilnahme an der Silberreiher-Trophy 2003, einem 24-Stunden-Rennen am Neusiedlersee in Österreich - über Strapazen und Qualen und das Glück, es geschafft zu haben.
Es war Ende April 2003, als ich erstmals auf die „Silberreiher-Trophy“, einen 24-Stunden-Bewerb mit dem Rennrad auf einem Rundkurs von knapp 19 Kilometern nordwestlich des Neusiedlersees aufmerksam wurde. „Ride as ride can!“, sozusagen. Für mich – wenn auch fast noch etwas zu früh – ein gutes Training für ein großes Langstrecken-Radrennen, das ich im Juli fahren wollte, eine passende Gelegenheit, meinen Körper mit lange dauernder Anstrengung und dem Fahren bei Dunkelheit, in der Nacht, zu konfrontieren; aber auch die Möglichkeit, meine Psyche an die mentalen Anforderungen, denen man bei einem Langzeitbewerb ausgesetzt ist, heranzuführen. Und auch ein Test, um zu spüren, wie mein Körper mit der ungewohnten Dauerbelastung umgehen kann, ob und wann das Sitzen am Sattel problematisch wird, ob vielleicht Beinkrämpfe oder ein wunder Hintern oder gar offene Stellen an den Innenseiten der Oberschenkel auftreten werden, oder ob die gebeugte Haltung irgendwann so schmerzhaft wird, dass ich das Renen vorzeitig beenden muss. Vielleicht aber auch harte Stunden Zeit, um zu erfahren, wie ich mit Schlechtwetter, Regen, Sturm und Kälte zurecht komme. Ich war erst vor knapp vier Wochen aufs Rennrad gestiegen, da ich mich im Winter und im Frühling intensiv dem Wettkampf-Skibergsteigen gewidmet und noch am 3. Mai an der berühmten „Trofeo Mezzalama“, einer hochalpinen Durchquerung im Monte Rosa Gebiet teilgenommen hatte.
Der 24. Mai, der Tag der Silberreiher-Trophy, kam fast schneller als erwartet. 1925 Kilometer nach kaum 8 Wochen Rennradtraining standen in meinem Trainingsbuch. Welchen Platz ich nach 24 Stunden Fahrzeit erreichen konnte, war mir nicht wichtig, denn ich fuhr nicht für´s „Klassement“. Nein! Dafür hatte ich zu wenig trainiert und das war mir klar. Das war auch nicht mein Beweggrund für die Teilnahme. Ich betrachtete mein Mitfahren an der Silberreiher-Trophy angesichts der kurzen radspezifischen Vorbereitung als Versuch, „im Mantel des Events“ eine Leistung zu bringen, auf die ich stolz sein konnte, ungeachtet der Platzierung in der Ergebnisliste.
Um 10.30 Uhr wurde das 24-Stunden-Rennen unter Begleitung einer „Gold-Wing-Motorrad-Staffel“ gestartet und damit die erste von vielen noch zurückzulegenden Runden in Angriff genommen. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel, es war warm und ein leichter Wind wehte. Schlechtwetter konnte man garantiert ausschließen. Irgendwie war ich bei meinen Hochrechnungen während der mentalen Vorbereitungsphase zur Prognose gekommen, auf dem flachen Rundkurs die 600-Kilometer-Marke erreichen zu können, eine Vorstellung, die sich als Richtwert in meinen Gedanken festkrallte. Neben der Zeitangabe von 24 Stunden diente sie als zusätzliche Orientierungshilfe, gab es ja wegen des Rundkurses keine Ortschaft als Streckenende, der man sich ständig nähern und dadurch auf den positiven oder negativen Verlauf des Abenteuers schließen hätte können.
Die Kilometer-Angabe am Display des Radcomputers wollte ich lange nicht sehen. 30, 80, 115, 165 ... das waren alles noch zu kleine Abschnitte im Vergleich zu dem - wenn auch willkürlich - hochgerechneten Ziel von 600. Diese Zahlen konnten mich nicht motivieren, zu viele Kilometer waren da noch ausständig, zu unangenehm die Gedanken an die fehlende Distanz. So ließ ich mir nur Uhrzeit und Geschwindigkeit zeigen. Doch das Rad der Zeit drehte sich – unaufhaltbar – und die Orientierung am Sonnenstand ließ mich erkennen, dass ich auf dem langen Weg war, ein Ziel ganz langsam zu erreichen, auch wenn ich es nach 6, 8 oder 10 Stunden Fahrzeit noch nicht so richtig glauben konnte. Dämmerung, Sonnenuntergang, Dunkelheit, Fahren mit Licht, lange solo, dann zu zweit, später in einer kleinen Gruppe. Flackernde rote Rücklichter, schweigende Fahrer, monotones Treten, Konzentration auf den Vordermann. Treten, treten, treten, ... Irgendwann zum wiederholten Mal eine der wenigen 90-Grad-Kurven, herunterbremsen, einlenken, dann wieder treten, treten, treten... Zwischendurch Spaghetti-Pause, Small Talk mit Sepp Resnik. Und selbst nach 18 Stunden Fahrzeit waren immer noch sechs Stunden ausständig, 360 lange Minuten, die ich in all den Jahren, in denen ich Rennrad fuhr, nur sehr selten absolviert hatte. Viel später: Frühstück mit Kaffee und Pizzastücken ... aber alles: Ruck-Zuck! Dann: Sonnenaufgang, 490 km, 550 km, 600 km, 693 km. 24 Stunden waren vorüber. Ende! Glücklich stieg ich im Ziel vom Rad und sah meine Freundin Waltraud mit dem Kinderwagen, aus dem mich mein 5 Monate alter Sohn Fabio anstrahlte.
Letztendlich wurden es zu meiner großen Freude 693 Kilometer und das ergab den überraschend guten 8. Platz, ohne Betreuung, solo, wenn auch, was die Platzierung betraf, diese für mich eine untergeordnete Bedeutung spielte. Mich faszinierte, dieses Event erfolgreich beendet haben zu können, erstmals in meinem Leben mit dem Rad 24 Stunden lang gefahren zu sein, und damit eine Leistung erbracht zu haben, die ich davor zuwenig abschätzen konnte, weil sie außerhalb meiner Erfahrungswerte lag. Ich war beeindruckt, zu erfahren, dass ich fast 700 km mit eigener Muskelkraft, ohne Schlaf, radeln konnte. Zwischen 2 und 3 Uhr nachts wurden meine Augenlieder schwer, fielen immer wieder zu und ich musste mich gegen das Einschlafen aufbäumen. Es war ein mühsamer, steter Kampf gegen den Schlaf, den ich bei Morgengrauen doch noch gewonnen hatte, nachdem ich den Schleier der Müdigkeit, der an mir haftete, endgültig abschütteln konnte.
Meine Grenzen im Radsport haben sich verschoben, keine Frage, dank der Erfahrungen, die ich bei der Silberreiher-Trophy machen konnte. Bewerbe über 200, 300 oder 400 Kilometer sehe ich jetzt mit anderen Augen, mit anderer Einstellung, leichter vorstellbar, psychisch trainierter, reifer. Es war ein gutes Training für meinen Geist, das mir sicher beim Langstreckenrennen im Juli helfen kann, denn dabei handelt es sich um kein geringeres als das berühmte „Race Across The Alps“ (RATA). Zu Erfahren wie ein 24-Stunden-Radrennen ist, offenbart sich eben nur demjenigen der sich der Herausforderung stellt. Nun bin ich um viele Erfahrungen reicher, die mir niemand mehr nehmen kann und danke meinen Sponsoren MONTURA, LÖFFLER und ENERVIT, die mich beim Sport so großartig unterstützen.
Es war Ende April 2003, als ich erstmals auf die „Silberreiher-Trophy“, einen 24-Stunden-Bewerb mit dem Rennrad auf einem Rundkurs von knapp 19 Kilometern nordwestlich des Neusiedlersees aufmerksam wurde. „Ride as ride can!“, sozusagen. Für mich – wenn auch fast noch etwas zu früh – ein gutes Training für ein großes Langstrecken-Radrennen, das ich im Juli fahren wollte, eine passende Gelegenheit, meinen Körper mit lange dauernder Anstrengung und dem Fahren bei Dunkelheit, in der Nacht, zu konfrontieren; aber auch die Möglichkeit, meine Psyche an die mentalen Anforderungen, denen man bei einem Langzeitbewerb ausgesetzt ist, heranzuführen. Und auch ein Test, um zu spüren, wie mein Körper mit der ungewohnten Dauerbelastung umgehen kann, ob und wann das Sitzen am Sattel problematisch wird, ob vielleicht Beinkrämpfe oder ein wunder Hintern oder gar offene Stellen an den Innenseiten der Oberschenkel auftreten werden, oder ob die gebeugte Haltung irgendwann so schmerzhaft wird, dass ich das Renen vorzeitig beenden muss. Vielleicht aber auch harte Stunden Zeit, um zu erfahren, wie ich mit Schlechtwetter, Regen, Sturm und Kälte zurecht komme. Ich war erst vor knapp vier Wochen aufs Rennrad gestiegen, da ich mich im Winter und im Frühling intensiv dem Wettkampf-Skibergsteigen gewidmet und noch am 3. Mai an der berühmten „Trofeo Mezzalama“, einer hochalpinen Durchquerung im Monte Rosa Gebiet teilgenommen hatte.
Der 24. Mai, der Tag der Silberreiher-Trophy, kam fast schneller als erwartet. 1925 Kilometer nach kaum 8 Wochen Rennradtraining standen in meinem Trainingsbuch. Welchen Platz ich nach 24 Stunden Fahrzeit erreichen konnte, war mir nicht wichtig, denn ich fuhr nicht für´s „Klassement“. Nein! Dafür hatte ich zu wenig trainiert und das war mir klar. Das war auch nicht mein Beweggrund für die Teilnahme. Ich betrachtete mein Mitfahren an der Silberreiher-Trophy angesichts der kurzen radspezifischen Vorbereitung als Versuch, „im Mantel des Events“ eine Leistung zu bringen, auf die ich stolz sein konnte, ungeachtet der Platzierung in der Ergebnisliste.
Um 10.30 Uhr wurde das 24-Stunden-Rennen unter Begleitung einer „Gold-Wing-Motorrad-Staffel“ gestartet und damit die erste von vielen noch zurückzulegenden Runden in Angriff genommen. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel, es war warm und ein leichter Wind wehte. Schlechtwetter konnte man garantiert ausschließen. Irgendwie war ich bei meinen Hochrechnungen während der mentalen Vorbereitungsphase zur Prognose gekommen, auf dem flachen Rundkurs die 600-Kilometer-Marke erreichen zu können, eine Vorstellung, die sich als Richtwert in meinen Gedanken festkrallte. Neben der Zeitangabe von 24 Stunden diente sie als zusätzliche Orientierungshilfe, gab es ja wegen des Rundkurses keine Ortschaft als Streckenende, der man sich ständig nähern und dadurch auf den positiven oder negativen Verlauf des Abenteuers schließen hätte können.
Die Kilometer-Angabe am Display des Radcomputers wollte ich lange nicht sehen. 30, 80, 115, 165 ... das waren alles noch zu kleine Abschnitte im Vergleich zu dem - wenn auch willkürlich - hochgerechneten Ziel von 600. Diese Zahlen konnten mich nicht motivieren, zu viele Kilometer waren da noch ausständig, zu unangenehm die Gedanken an die fehlende Distanz. So ließ ich mir nur Uhrzeit und Geschwindigkeit zeigen. Doch das Rad der Zeit drehte sich – unaufhaltbar – und die Orientierung am Sonnenstand ließ mich erkennen, dass ich auf dem langen Weg war, ein Ziel ganz langsam zu erreichen, auch wenn ich es nach 6, 8 oder 10 Stunden Fahrzeit noch nicht so richtig glauben konnte. Dämmerung, Sonnenuntergang, Dunkelheit, Fahren mit Licht, lange solo, dann zu zweit, später in einer kleinen Gruppe. Flackernde rote Rücklichter, schweigende Fahrer, monotones Treten, Konzentration auf den Vordermann. Treten, treten, treten, ... Irgendwann zum wiederholten Mal eine der wenigen 90-Grad-Kurven, herunterbremsen, einlenken, dann wieder treten, treten, treten... Zwischendurch Spaghetti-Pause, Small Talk mit Sepp Resnik. Und selbst nach 18 Stunden Fahrzeit waren immer noch sechs Stunden ausständig, 360 lange Minuten, die ich in all den Jahren, in denen ich Rennrad fuhr, nur sehr selten absolviert hatte. Viel später: Frühstück mit Kaffee und Pizzastücken ... aber alles: Ruck-Zuck! Dann: Sonnenaufgang, 490 km, 550 km, 600 km, 693 km. 24 Stunden waren vorüber. Ende! Glücklich stieg ich im Ziel vom Rad und sah meine Freundin Waltraud mit dem Kinderwagen, aus dem mich mein 5 Monate alter Sohn Fabio anstrahlte.
Letztendlich wurden es zu meiner großen Freude 693 Kilometer und das ergab den überraschend guten 8. Platz, ohne Betreuung, solo, wenn auch, was die Platzierung betraf, diese für mich eine untergeordnete Bedeutung spielte. Mich faszinierte, dieses Event erfolgreich beendet haben zu können, erstmals in meinem Leben mit dem Rad 24 Stunden lang gefahren zu sein, und damit eine Leistung erbracht zu haben, die ich davor zuwenig abschätzen konnte, weil sie außerhalb meiner Erfahrungswerte lag. Ich war beeindruckt, zu erfahren, dass ich fast 700 km mit eigener Muskelkraft, ohne Schlaf, radeln konnte. Zwischen 2 und 3 Uhr nachts wurden meine Augenlieder schwer, fielen immer wieder zu und ich musste mich gegen das Einschlafen aufbäumen. Es war ein mühsamer, steter Kampf gegen den Schlaf, den ich bei Morgengrauen doch noch gewonnen hatte, nachdem ich den Schleier der Müdigkeit, der an mir haftete, endgültig abschütteln konnte.
Meine Grenzen im Radsport haben sich verschoben, keine Frage, dank der Erfahrungen, die ich bei der Silberreiher-Trophy machen konnte. Bewerbe über 200, 300 oder 400 Kilometer sehe ich jetzt mit anderen Augen, mit anderer Einstellung, leichter vorstellbar, psychisch trainierter, reifer. Es war ein gutes Training für meinen Geist, das mir sicher beim Langstreckenrennen im Juli helfen kann, denn dabei handelt es sich um kein geringeres als das berühmte „Race Across The Alps“ (RATA). Zu Erfahren wie ein 24-Stunden-Radrennen ist, offenbart sich eben nur demjenigen der sich der Herausforderung stellt. Nun bin ich um viele Erfahrungen reicher, die mir niemand mehr nehmen kann und danke meinen Sponsoren MONTURA, LÖFFLER und ENERVIT, die mich beim Sport so großartig unterstützen.