3 Rundfahrten im Spreewald, ausgehend von Königs Wusterhausen, südöstlich von Berlin
Anlässlich einer Seminarwoche zur beruflichen Fortbildung in Königs Wusterhausen ergab sich an 3 Tagen die Gelegenheit, das Rennrad aus dem Dienstfahrzeug zu holen, um eine kleine Runde durch die nähere Umgebung zu drehen.
Dank der langjährigen Vorarbeit einiger fleißiger GPS-Kollegen aus der Umgebung, ist der Tourenplaner gut mit angeblich befahrbaren Strecken gefüttert, und es ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, brauchbare Strecken zu erstellen. So hatte ich schon im Vorfeld, da der Termin für das Seminar schon längere Zeit bekannt war, einige Tourenvorschläge zusammengeklickt und in meinen Garmin geladen. Manche der Touren waren wiederum nur Variationen voneinander, so dass ich unterwegs auch kurzfristig eine Tour verkürzen (fand nicht statt) oder verlängern konnte (so bei Tour 3)
Durch die örtlich günstige Lage des Seminars direkt im Hotel, konnte ich nach Feierabend sofort in die Radklamotten steigen, die Trinkflaschen füllen, das Rad ausladen und starten.
Auch das Wetter war besser als sein Ruf, einmal davon abgesehen, dass es bei der ersten Runde die meiste Zeit leicht regnete.
Wer offenes Land mit starkem Wind fürchtet, ist hier im Spreewald gut aufgehoben, denn die Straßen führen zu großen Teilen durch Kiefernwald oder zumindest durch Alleen oder an Hecken entlang. So hat man kaum echte Windpassagen zu ertragen. Ebenso hat man auch nicht so viel direkte Sonne, da der Kiefernwald Schatten spendet.
Der Zustand der Straßen ist allgemein gut bis sehr gut, aber es gibt auch denkmalgeschützte uralte Pflasterstraßen, die mit dem Renner fast nicht befahrbar sind. So hatte ich am ersten Tag eine längere Passage bei Groß Köris zu überstehen. Ebenso traf ich unterwegs auf Sandwege und sogar auch einmal auf eine öffentliche Straße, die zwei Dörfer verbindet, die auch nur Sandbelag aufwies. Sand ist mit dem Rennrad nun mal sehr speziell, da man eben nicht einfach darüber hinweg brettern kann, sondern immer mal wieder mit dem Vorderrad einsackt und dann Flugversuche machen kann. Dann gibt es auch noch Betonplattenwege, die teilweise sehr übel zu fahren sind und auch Fahrradstraßen mit Fahrspuren aus meist ordentlich verlegtem Betonsteinverbundpflaster und Rasenlochsteinen zwischen den Fahrspuren. Letztere Wege sind in der Regel sehr gut zu befahren und führen teilweise total abseits durch die Landschaft.
Auch in Sachen Verkehrsbelastung kann man hier gut zurecht kommen, denn wenn man einmal Königs Wusterhausen und seine direkten Ortsteile verlassen hat, wird es selbst auf den Hauptstraßen ziemlich ruhig, da die Gegend nur dünn besiedelt ist und außerdem drum herum ein dichtes Autobahnnetz existiert. Bei meinen Fahrten kreuzte ich mehrmals die A13, die von Berlin nach Dresden führt.
Heute war es den ganzen Tag nass und grau, aber ich starte trotzdem nach Feierabend, um eine übersichtliche Runde durch die Gegend südlich von Königs Wusterhausen zu drehen.
So beginnt es auch bald leicht zu regnen, aber es ist mir egal, da es dabei nicht wirklich kalt ist.
Zuerst bin ich entsetzt, wie stark der Feierabendverkehr in der kleinen Stadt ist, denn der Stau zieht sich durch den ganzen Ort und ich habe schon Mühe, überhaupt aus der Hotelzufahrt in die Hauptstraße links einzubiegen. Da ich auch noch nicht das ortsübliche Verhalten des Autoverkehrs gegenüber radelnden Verkehrsteilnehmern kenne, gehe ich die Sache ruhig, aber wach an.
Erfreulicherweise ebbt der Verkehr kurz hinter der Stadt sofort fast völlig ab. Ebenso haben die Radwege auch nicht mehrheitlich die dämlichen blauen Schilder, so dass ich mir mit Recht aussuchen kann, ob ich auf der Straße oder dem Radweg fahre. Viele scheinbar ehemalige Radwege haben nur noch das Fußwegschild und einen „Radfahrer frei“ Zusatz.
Zuerst fahre ich südlich nach Bestensee, dann westlich über Gallun und nach Süden Richtung Teupitz. Dabei kommt man schon an etlichen Seen vorbei, die aber teilweise auch durch Bäume verdeckt liegen, denn der Spreewald macht seinem Namen Ehre durch riesige Kiefernbestände.
Kurz hinter Teupitz nimmt das Verhängnis seinen Lauf und der Straßenbelag ändert sich sehr zu seinem Übel. Denn jetzt kann ich mich nicht mehr auf die Landschaft mit ihren Seen und auf die Dörfer konzentrieren, da ich auf den historisch angeblich wertvollen Kopfsteinpflasterstraßen trotz Schrittgeschwindigkeit nur noch ein total verwackeltes Bild habe. Entgegen aller Erwartung bricht mein Rad nicht zusammen und bis heute habe ich auch noch keinen Verlust irgendwelcher Kleinteile oder Ausrüstungsgegenstände festgestellt. Stellenweise stehen Schilder „Achtung Straßenschäden“, wo dann beschädigte Fahrbahnteile mit Asphalt geflickt wurden. Entgegen meiner bisherigen Erfahrung konnte ich dieses Flickwerk aber nutzen und mir die Fahrt erleichtern. Ja, man lernt auch im Alter noch neue Dinge dazu, wenn man mal ein Seminar besucht.
Bei Neubrück treffe ich wieder auf die B179, die mich wieder zurück nach Königs Wusterhausen bringt.
Nachdem es heute schon in den Seminarräumen sonnig war, konnte ich mich auf eine herrlich Radtour nach Feierabend freuen und so war klar, dass ich meine Tour „KWH-Ost_104km“ aktivieren würde. Diese Tour führt auch schon ab der ersten Ampel einer völlig anderen Richtung. Über 100 km in einer Gegend, wo man die Straßenverhältnisse überhaupt nicht kennt, können schon ein mutiges Ziel für eine Feierabendrunde darstellen, aber ich hätte meine Fahrt auch unterwegs ganz einfach verkürzen können, da mein Rückweg nur wenige Kilometer nördlich meines Hinwegs liegt. Manchmal kam er sogar auf meinem Garmin kurz ins Bild.
Schreck, lass nach! Schon in Königs Wusterhausen beginnt in der Nähe des Bahnhofs übelste Pflasterpiste. Man könnte ja den Radweg benutzen oder sogar den Gehweg oder selbst einen Drecksweg, aber diese Alternativen gibt es nicht in meiner Richtung. Den Gehweg auf der Gegenseite möchte ich nicht benutzen. Also durch…
Zum Glück endet dieses Dilemma aber nach der ersten Kurve und nur noch kurze übersichtliche Hoppelpassagen erwarten mich auf dem Rest der Tour.
Schon sehr bald ist die Streckenführung wieder ruhig und schön. Immer wieder fährt man durch Kiefernwald und an Seen entlang, mal auf ruhigen Nebenstraßen oder auch streckenweise auf wirklich guten Radwegen. Heute fahre ich auch mehrfach über Radrouten, die über gut befahrbares Verbundsteinpflaster führen. Diese Strecken verlaufen teilweise völlig zivilisationsfern und man findet unterwegs einige Hinterlassenschaften aus der Zeit der DDR: verfallene sowjetische Militäranlagen, gesperrte Wälder (Minengefahr), verfallene Kolchosen usw.
Bad Saarow am Scharmützelsee ist mein östlicher Wendepunkt und das ist auch gut so, wenn ich nicht noch gegen Abend mein armes Licht aktivieren möchte.
Ob hier das Geld steckt, oder ob es das alles auf Kredit gab, kann ich nicht sagen, aber Bad Saarow macht einen ordentlichen und gepflegten Eindruck. So führt mein Weg am Kurpark entlang über einen Promenadenweg durch den Ort.
Bei meiner weiteren Umrundung des Scharmützelsees treffe ich in Wendisch Rietz fast auf meinen Hinweg, was ich mir aber erspare, da ich möglichst viel Neuland in dieser Woche sehen möchte. So fahre ich jetzt nördlich parallel zu meinem Hinweg an mehreren Seen entlang zurück nach Westen.
Im kleinen Ort Wolzig am gleichnamigen See folge ich der öffentlichen Beschilderung nach Blossin und bin kurz hinter dem Ortsende überrascht, was ich hier antreffe. Dass man in Graubünden mal über festen Naturbelag fahren muss, kenne ich schon lange, aber dass es in Deutschland Sandpisten gibt, muss ich hier und heute neu dazu lernen. Seminar sei Dank…
Hier kämpfe ich irgendwie hilflos gegen mein immer wieder einsackendes Vorderrad und bin froh, dass der Spuk nach weinigen Kilometern sein Ende findet. Dafür treffe ich aber von Dolgenbrodt bis Bindow auf ein wirklich tolles Stück Weg, welches wunderschön durch den Wald führt und einen sehr feinen Fahrbahnbelag hat.
Kurz vor Königs Wusterhausen treffe ich auf meinen Hinweg und somit auch wieder die anfangs erwähnte Pflasterstrecke, die ich aber in dieser Richtung über den Gehweg umgehen kann, der sogar für Radfahrer frei ist.
Mein armes Licht konnte ich mir erfreulicherweise auch heute ersparen.
Da der Wetterbericht für heute Nachmittag und Abend starken Wind und Regen, eventuell auch Gewitter angekündigt hat, aber zum Feierabend immer noch durchaus schönes Wetter ist, aktiviere ich in meinem Garmin direkt zwei verschiedene Touren, die sich aber teilweise überschneiden. So starte ich zuerst mit einer Runde über geplante 65 km, die aber nach gut 30 km auf eine 90 km Runde trifft und hier kurzfristig umgeplant wird.
Zuerst kämpfe ich mich wieder durch Königs Wusterhausen nach Süden aus der Stadt und verlasse in Bestensee mein bisher bekanntes Gebiet. Auf der Straße Richtung Motzen treffe ich kurz vor der Autobahn A13 eine Abzweigung, wo mir sofort klar wird, dass es jetzt über eine längere Strecke einsam, aber hoppelig wird. Zuerst habe ich Betonplatten übelster Sorte unter den Rädern und fahre an verfallenen sowjetischen Militäranlagen vorbei, wobei aber die Landschaft (Kiefernwald, soweit das Auge reicht) durchaus schön ist. Dann weiter an einer vergammelten Industrieanlage (Kalkgewinnung?) endet auch der Plattenweg und geht in teilweise losen Sand über. Zum Glück treffe ich aber sehr schnell wieder auf eine etwas bessere Piste, die dann die Bahnlinie Königs Wusterhausen – Lübben kreuzt. Jetzt ist es noch ein Stück Plattenweg bis ich nach Groß Köris komme, wo ich wieder ein kurzes Stück der schrecklichen Pflasterstraße von Tour 1 befahre.
Danach führt meine Fahrt aber wieder über sehr gute Straßen und Wege weiter nach Märkisch Buchholz (plötzliche Entscheidung: große Runde!) und dann über die Bundesstraße B179 (kaum Verkehr) weiter Richtung Unterspreewald.
Man kann die geänderte Streckenwahl auch als das „größte gemeinsame Vielfach“ bezeichnen.
Bei Leibsch biege ich links nach Neuendorf am See ab, was mir bei der Vorbereitung der Tour in GoogleEarth sehr fragwürdig schien, da die Straße im Satellitenbild kaum zu erkennen ist, und somit für mich schon zum Kackweg degradiert wurde. Das Gegenteil ist aber der Fall, denn die Straße ist nicht nur fast neu, sondern auch wunderschön im Wald und am See entlang gelegen. Also, wieder etwas gelernt. Gut, dass es Seminare gibt!
Im weiteren Verlauf der Fahrt verpasse ich in Kehrigk fast den Abzweig nach Schwerin (es gibt etliche Orte mit diesem Namen). Dieser Weg ist eine Fahrradstraße (Autos und Motorräder frei…) und führt über Verbundsteinpflasterspuren mit Rasenlochmitte wunderschön und einsam durch den Kiefernwald. Hier begegnet mir sogar ein Auto. Etwas weiter in Selchow verpasse ich einen solchen Weg wirklich, aber der kleine Umweg ist zu verkraften.
Weiter führt mein Weg wieder über Radwege außerhalb der Zivilisation mitten durch ein großes Waldgebiet.
Danach ist das Ziel schon bald erreicht und auch meine Seminarwoche endet morgen, wo ich direkt nach Feierabend die Heimreise antrete.
Fazit: Außer den beruflichen Inhalten des Seminars, auf die ich mich schon lange gefreut habe, da ich die Inhalte dringend für meine tägliche Arbeit benötige, kann man auch sonst noch manches lernen, wenn man einmal reist. So waren grobe Natursteinpflasterstraßen, Plattenwege und weiche Sandpisten vorher nie mein Revier.
Falls mich mein Job noch einmal in der Radsaison nach Königs Wusterhausen führt, nehme ich auf jeden Fall mein Rennrad mit, auch wenn es hier wirklich keine Berge gibt.