Reto gewährt dem Tessin seine Gunst vorzugsweise zwischen spätem Herbst und frühem Frühjahr. Einerseits will er mich damit schonen, andererseits ist die besondere Attraktion dieser Monate schlecht zu verleugnen. Seit 6 Jahren verbringe ich viel Zeit im Tessin, aber noch nie war der Spätherbst so schön wie in 2011. Im Schatten bleibt der Reif den ganzen Tag, in der Sonne ist es angenehm warm. Sehr geschickt setzt Reto mich unter Druck mit “Du suchst schon eine schöne Route aus“ und er meint selbstverständlich damit auch für ihn neue Auffahrten. Eine sichere Bank wäre Bedretto+Prepianto+Monti di Santa Maria. Aber die kennt Reto schon. Leventina und Blenio sind zu hoch/zu kalt. Ergebnis von „Sonne&steil&schön&neu für Reto“ = diese Tour.
Bei frostnahen Temperaturen starten wir um 7.30h in Taverne. Bereits ab der 2. Kirche in Toricella geht es mächtig steil nach oben, an der Schranke mit der martialischen Warnung, die leider zu vollmundig ist, ziehen wir die 2. Schicht schon aus. Die Auffahrt ist bei dem jetzt laubfreien Wald viel schöner und vor allem sonniger als bei meiner Erstbefahrung im September 2009. Aber noch immer so verdammt steil. Nach der alten Bauernregel „Steilheit frisst Hm“ sind wir zügig oben in Sopra Monti di Toricella. Die langsame Abfahrt ist weniger kalt als befürchtet. Unten queren wir auf hübscher Straße hinüber nach Gravesano und packen die schönen und steilen 20 Kehren nach Arosio an. Sie sind trotz aller Gerüchte leichter als unser erster Aufstieg. Oben an der Kirche füllen wir unsere Flaschen mit dem sicher gesegneten Kirchen-Brunnenwasser. Hinunter zurück nach Taverne und das schmale, fast einsame Sträßchen nach Ponte Capriasca hinauf und dann links die heftige Steilrampe hinauf nach Sala und weiter durch das Val Capriscia zum Gola di Lago. Auch wieder ohne Laub schöner und sonniger. Und dann der 1. Höhepunkt des Tages: der obere Abschnitt zur Alpe di Zalto. Reto und ich sind begeistert von der 270 Grad Aussicht (sogar das Finsteraarhorn sehen wir), der wunderschönen Straßenführung einschließlich der giftigen Rampen. Zurück nach Tesserete und links hinauf in Roveredo/Val Colla. Weiter oben an der Schranke erwartet uns der 2. Höhepunkt des Tages: der obere Abschnitt zur Capanna Monte Bar Die fantastische Straßenführung über die Grasberge, die prächtige Herbstfärbung und die großartige Ausblicke genügen höchsten Ansprüchen. Mit einer zügigen Abfahrt zurück nach Taverne beenden wir eine sehr schöne Tour.
Kommentar Reto: Der Klaus hat schon recht - ich bin fast nur in der kalten Jahreszeit im Tessin anzutreffen. So habe ich es bedauerlicherweise noch nie bis zum Naret geschafft, obwohl ich mir das jedes Jahr vornehme. Nächstes Jahr dann...
Wie zu erwarten war, hat Klaus seine Hausaufgabe bestens gemeistert und eine wunderbare Route zusammengestellt. Die oberen Abschnitte von Alpe die Zalto bzw. Capanna Monte Bar bilden das Sahnehäubchen einer schönen und abwechslungsreichen Tour. Hoffentlich kann ich noch häufig ins Tessin diesen Winter...