Symbadischer Radmarathon 2004 201,0 km / 3700 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von heinrich
Von heinrich –
Einer der letzten Radmarathons des Jahres 2004 gefahren und beschrieben von Heinrich S chulte. Ein sehr schöner Radmarathon, und im Jahr 2005 wieder der letzte Marathon der Supercup-Serie. Schon einmal vormerken!
Wie schon im letzten Jahr startete ich im Outfit des Rennrad-Internetforums www.quaeldich.de, um mit diesem anspruchsvollen Radmarathon einen letzten Höhepunkt für eine abwechslungsreiche Radsaison zu setzen und um die Farben des befreundeten Radclubs zu präsentieren.
Als bis vor einigen Jahren noch eingefleischter RTF- und Radmarathon-Fahrer war es nur kurzzeitig ein Kampf mit dem inneren Schweinehund, mich an diesem windigen und dunklen Sonntagmorgen aufzuraffen, um den Weg nach Altdorf zu nehmen und mich diversen Regenwarnungen zum Trotz in der ersten Startreihe an der Mönchgrundhalle aufzustellen.
Die Anmeldung in netter Atmosphäre hatte zügig und reibungslos geklappt, zumal das Starterfeld deutlich kleiner ausfiel als im Vorjahr, in dem der Radmarathon als Abschlussveranstaltung der Supercup-Serie des BDR stattfand und mehrere Hundert Starter zu früher Stunde anzog, was naturgemäß zu Engpässen an bestimmten neuralgischen Punkten führen kann.
Als kurz nach 6:30 Uhr der offizielle Start vom verantwortlichen Veranstalter, Bernhard Duffner, mit aufmunternden Worten freigegeben wurde, setzte sich ein recht kompaktes Feld von ca. 40 Fahrern in Bewegung, angeführt von einem Sicherungsmotorrad und begleitet von einem sehr umtriebigen Fototeam auf einem Roller (s. Fotos bei www.tgaltdorf.de).
Nahezu zeitgleich setzte leider auch der angekündigte Regen ein, der das Einfahren auf schmalen, unbeleuchteten Straßen durch die umgebenden Weinberge nicht gerade erleichterte. Einige Starter äußerten schon arge Befürchtungen zu den zu erwartenden Schwierigkeiten, aber glücklicherweise waren die Temperaturen mit ca. 16° C recht mild und mit dem Hellerwerden sah die Sache zwar nicht gerade rosig, aber zumindest nicht mehr so düster aus.
Der Regen hielt noch eine ganze Weile mit wechselnder Intensität an und die Straßen blieben noch mehrere Stunden nass, aber wir Fahrer konzentrierten unsere Aufmerksamkeit nach kurzem Einrollen schon an den ersten längeren Anstiegen so sehr auf das Geschehen im Fahrerfeld, dass für trübe Gedanken wenig Zeit blieb.
Es bildete sich bei regelmäßigem Tempo am ersten Berg (Langenhard) zunächst eine ca. 12-köpfige Spitzengruppe, an der einige Fahrer mehr, andere etwas weniger regelmäßige Führungsarbeit verrichteten. Für mich war wieder einmal erstaunlich zu sehen, mit welch unterschiedlicher Ausstattung und Vorbereitung ein solcher Radmarathon angegangen wird: Kleidung, Radmaterial und Körperformen können doch sehr stark variieren, auch wenn das Ziel für die meisten das gleiche gewesen sein dürfte – sich selbst bei seinem liebsten Hobbysport mal wieder herauszufordern und festzustellen, es geht doch oft mehr als man denkt.
Das großzügige Angebot an der ersten Verpflegungskontrolle am Geisberg (Kilometer 40) wurde nur von wenigen Fahrern zu längerer Pause genutzt und die noch frischen Kräfte führten dazu, dass sich am nächsten langen Anstieg die Kopfgruppe auf 6 Fahrer verringerte – für einen dieser Fahrer immerhin der erste Radmarathon überhaupt, und dass gleich einer der wohl eindeutig härteren Art. Sein mehrmaliges angekündigtes 'Explodieren' blieb zu seinem eigenem Erstaunen aus...
Die Abfahrt nach Bad Peterstal mit der zweiten Kontrolle (Kilometer 80) war mit engen Kurven und nasser Fahrbahn recht gefährlich, glücklicherweise gab es zumindest in den vorderen Reihen der Fahrer während der gesamten Fahrt keine Stürze oder Defekte durch die etwas unangenehmen Randbedingungen.
Dank hervorragender Ausschilderung und Richtungspfeilen auf der Straße und immer wieder abgesichert durch das Begleitmotorrad waren wir Fahrer in der Spitzengruppe jederzeit über den Kurs im Bilde. Ob die großen gelben Hinweistafeln am Fuß der einzelnen Anstiegen mit Länge, Durchschnitts- und Maximalsteigung als Ansporn oder eher der Ernüchterung dienten, war wahrscheinlich stark abhängig vom Fitnessgrad der Teilnehmer – einige von uns kannten die hochprozentigen Anstiege schon, anderen waren sie zumindest von der Ausschreibung her bekannt. Dementsprechend hatten auch (fast) alle ihre Räder mit bergtauglicher Übersetzung ausgestattet.
Dennoch forderten die drei nächsten Anstiege (inkl. Brandenkopf) mit Steigungen bis zu 18% zu den Nillhöfen noch weiteren Tribut in unserer Gruppe, so dass wir bei regelmäßigem Führungswechsel die dritte Kontrolle bei Kilometer 110 zu dritt erreichten – immer ganz ungerührt mit vorne dabei der schweigsame Extremradler aus Karlsruhe mit seinem Cannondale-Reiserad (Breitreifen, Gepäckträger, Beleuchtung etc.), das vermutlich doppelt so schwer war wie meines. Erstaunte und bewundernde Nachfragen konnten ihn nicht aus der Reserve locken: "Was machst du, wenn du nicht gerade Radmarathons mit deinem Reiserad fährst?" – "Reiserad fahren!" (Das tat er wirklich, denn er trat noch am selben Tag den 100-km Rückweg nach Karlsruhe an – natürlich auf seinem Rad, nur diesmal mit Gepäck...)
So ging es auch in der zweiten Hälfte der Strecke engagiert weiter, das 'Zackenbarsch-Profil' der Strecke sah gleich nach der Abfahrt von den Nillhöfen den nächsten Zacken vor, der uns zur Kontrolle 4 Heidburg (Kilometer 130) führte, wobei wir uns wie schon zuvor an den Fahrern der 120-km Runde entlang hangelten, darunter ein 90+x kg Hüne im quäldich-Design – tapfer!
Ich staunte nicht schlecht, was die Veranstalter alles für Leckereien aufgetischt hatten – es gab neben der sowieso schon erstklassigen Auswahl an diversem Obst, Müsliriegeln, belegten Brötchen und Getränken aller Art auch eine Warmverpflegung für die Marathonfahrer.
Ich staunte allerdings noch viel mehr, als sich meine beiden Mitstreiter ganz selbstverständlich einen riesigen Schlag Hörnle mit üppiger Beilage auf einen Teller schaufeln ließen und sich ebenso ungerührt darüber hermachten.
Das war mir in all meinen Jahren als Spitzengruppenfahrer noch nie passiert und alle meine ungläubigen Nachfragen, ob sie das wirklich ernst meinten, prallten an ihnen ab. Einziger Kommentar: "Das gibt Kraft für die Anstiege." Meine zarten Einwände, das die nächsten Anstiege wieder mit bis zu 18% aufwarteten, wurden abgewiegelt: "Die Nudeln wirken ja für die Kilometer danach!"
Allen einladenden Worten der eifrigen Helfer zum Trotz blieb ich bei meiner Philosophie "Große Berge – kleine Happen" und begnügte mich mit einer weiteren Banane (der wievielten bisher?) und damit zuzuschauen, wie unsere ersten Verfolger wieder herankamen, manche davon mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht, als sie uns wiedersahen. Mir blieb genug Zeit, wieder einmal meine Radbrille zu putzen und zu spekulieren, wie viel Wasser sich mittlerweile durch den Regen in meinem Fahrradrahmen angesammelt hatte - es schwappte jedenfalls deutlich.
Immerhin waren die beiden Vielfrasse nicht nur beim Rad fahren, sondern auch beim Essen schnell, so dass wir uns nach ca. 10 Minuten gestärkt an die Verfolgung des ersten Verfolgers machten, der uns zwischenzeitlich hinter sich gelassen hatte. Die Gruppe war durch die (für mich) unerwartet lange Pause wieder auf 5 Fahrer angewachsen, die auf den nächsten (abschüssigen) Kilometern gut harmonierten, den 'Ausreißer' einholten und auch im ersten Teil des Anstieges hinter Elzach zusammenhielten, in dem wir weitere Starter der 120-km Runde überholten.
Je länger und steiler allerdings der Berg wurde, desto mehr zeigte sich, dass die Hörnle sich wohl doch erst mal 'setzen' mussten und noch nicht zum Leistungserhalt beitragen konnten. Die folgenden Steilstücke fielen meinen Mitfahrern jedenfalls etwas schwerer, so dass ich die 5. Kontrolle (Gescheid, Kilometer 160) allein erreichte und auch wieder verließ, um mich auf den 'Heimweg' zu machen, der noch zwei weitere, mittellange Anstiege über Kirnhalde und Streitberg bereithielt.
Durch den fleißigen Motorradbegleiter wurde ich informiert, dass der Abstand zu meinen ehemaligen Begleitern sich auch weiterhin ausgeweitet hatte, so dass ich mich gegen weiteres Warten entschloss und mein eigenes Tempo beibehielt. Das war ursprünglich bestimmt nicht meine Absicht gewesen, denn meine Vorliebe für Marathons gegenüber Rennen liegt darin, dass man bei derartigen Veranstaltungen schnell miteinander, anstatt gegeneinander fahren kann.
So kam ich mir zeitweise vor wie ein Spielverderber, der die eigenen Regeln missachtet, zeitweise wie ein Musseuw, der eine 50-km Soloflucht am Ende eines Klassikers hinlegt – allerdings mit dem Unterschied, dass bei mir langsam die Alarmlämpchen der Restkörneranzeige angingen und damit auch die Beine schwerer wurden. Ein bisschen verstecken im Windschatten wäre sicherlich eine angenehme Abwechslung gewesen.
Immerhin war es aber zwischendurch sonnig und wärmer geworden, also konnten auch die Armlinge im Trikot verstaut werden, um vielleicht noch ein wenig Restbräune zu retten.
So nett und hilfsbereit die Helfer an der letzten Verpflegung (Streitberg, Kilometer 185) auch waren, eine zuckrige Cola hätte mich vielleicht etwas stärker aufbauen können als die gutgemeinten Versprechungen, dass es "die letzten 15 km nur noch bergab und flach ins Ziel" geht. Anmerkung: mein einziger Kritikpunkt: Warum gab es an allen, nur nicht an dieser (bestimmt nicht nur für mich) entscheidenden, letzten Kontrolle Cola?
Aus Trotz (oder Dummheit) nahm ich gar nichts und so musste ich mit den letzten Schlucken Apfelsaftschorle in meiner Trinkflasche noch richtig haushalten, um an den überhaupt nicht so flachen restlichen Kilometern noch den letzten Schwung zu halten – die beiden übriggebliebenen Traubenzuckerstückchen vom letzten Jahr kamen endlich zum Einsatz, und ich hoffte, dass ihre Wirkung besser war als ihr Geschmack nach diversen Fahrten im durchgeschwitzten Trikot.
Mit etwas angespannten Gesichtszügen (hatte ich erwähnt, dass mir mein Sattel nach 200 km angespannten Fahrens doch nicht mehr ganz so bequem erschien?) erreichte ich schließlich gegen 14:15 Uhr das Ziel und wurde dort gleich von Veranstalter Bernhard Duffner in Empfang genommen und zum Pressefoto und Interview verdonnert – da konnte ich gut nachempfinden, wie es den Siegern eines echten Rennens ergeht.
Kurze Zeit später trafen auch meine Mitfahrer ein und so ging es gleich weiter mit Foto- und Pressetermin (s. wiederum www.tgaltdorf.de), bevor wir uns an die wohlverdiente Stärkung mit leckerer Paella machten, zu der uns vom ausrichtenden Verein auch noch Sekt kredenzt wurde. Nur gut, dass ich in der Zwischenzeit schon meine schmerzliche vermisste Cola nachgefüllt hatte und somit wieder einen angemessenen Zuckerspiegel hatte, um den Sekt auch verdauen zu können.
Wir Fahrer aus der ersten Gruppe saßen noch eine ganze Weile bei Sonnenschein und guter Verpflegung zusammen und genossen die nette Atmosphäre im Zielbereich, der für alle Geschmäcker und Größen das Richtige bereithielt, von der Spielburg über Kaffee- und Kuchentheken, Bierstände bis zur Sachpreis-Verlosung für alle erfolgreichen Teilnehmer.
Ein großes Kompliment und ehrliches Dankeschön an Herrn Duffner und alle seine zahlreichen Helfer des TG Altdorf zu diesem äußerst gelungenen Rad-Event, das ich jedem nur empfehlen kann, vorausgesetzt er/sie und das dazugehörige Velo ist in angemessener Form und bereit, sich hier und da (oder auch öfters) mal ein wenig zu schinden, ganz im Sinne des klassischen Radfahrer-Mottos "Quäl dich, du Sau!" (Danke, Udo Bölts ;-)
Lörrach, im Sept. 2004 Heinrich Schulte, Lörrach
PS: Dieser Bericht wurde aus der Erinnerung und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und gibt wieder, wie ich den Radmarathon als Teilnehmer persönlich erlebt habe. Keinesfalls erhebe ich den Anspruch auf absolute Exaktheit der Detailangaben (Radcomputer abgesoffen) oder auf originalgetreue Wiedergabe der Topographie oder gar der von meinen Mitfahrern empfundenen Eindrücke. Nur zu gern würde ich deren oder andere Berichte zu dieser anspruchsvollen Tour nachlesen – also, auf geht's! H. S.
Wie schon im letzten Jahr startete ich im Outfit des Rennrad-Internetforums www.quaeldich.de, um mit diesem anspruchsvollen Radmarathon einen letzten Höhepunkt für eine abwechslungsreiche Radsaison zu setzen und um die Farben des befreundeten Radclubs zu präsentieren.
Als bis vor einigen Jahren noch eingefleischter RTF- und Radmarathon-Fahrer war es nur kurzzeitig ein Kampf mit dem inneren Schweinehund, mich an diesem windigen und dunklen Sonntagmorgen aufzuraffen, um den Weg nach Altdorf zu nehmen und mich diversen Regenwarnungen zum Trotz in der ersten Startreihe an der Mönchgrundhalle aufzustellen.
Die Anmeldung in netter Atmosphäre hatte zügig und reibungslos geklappt, zumal das Starterfeld deutlich kleiner ausfiel als im Vorjahr, in dem der Radmarathon als Abschlussveranstaltung der Supercup-Serie des BDR stattfand und mehrere Hundert Starter zu früher Stunde anzog, was naturgemäß zu Engpässen an bestimmten neuralgischen Punkten führen kann.
Als kurz nach 6:30 Uhr der offizielle Start vom verantwortlichen Veranstalter, Bernhard Duffner, mit aufmunternden Worten freigegeben wurde, setzte sich ein recht kompaktes Feld von ca. 40 Fahrern in Bewegung, angeführt von einem Sicherungsmotorrad und begleitet von einem sehr umtriebigen Fototeam auf einem Roller (s. Fotos bei www.tgaltdorf.de).
Nahezu zeitgleich setzte leider auch der angekündigte Regen ein, der das Einfahren auf schmalen, unbeleuchteten Straßen durch die umgebenden Weinberge nicht gerade erleichterte. Einige Starter äußerten schon arge Befürchtungen zu den zu erwartenden Schwierigkeiten, aber glücklicherweise waren die Temperaturen mit ca. 16° C recht mild und mit dem Hellerwerden sah die Sache zwar nicht gerade rosig, aber zumindest nicht mehr so düster aus.
Der Regen hielt noch eine ganze Weile mit wechselnder Intensität an und die Straßen blieben noch mehrere Stunden nass, aber wir Fahrer konzentrierten unsere Aufmerksamkeit nach kurzem Einrollen schon an den ersten längeren Anstiegen so sehr auf das Geschehen im Fahrerfeld, dass für trübe Gedanken wenig Zeit blieb.
Es bildete sich bei regelmäßigem Tempo am ersten Berg (Langenhard) zunächst eine ca. 12-köpfige Spitzengruppe, an der einige Fahrer mehr, andere etwas weniger regelmäßige Führungsarbeit verrichteten. Für mich war wieder einmal erstaunlich zu sehen, mit welch unterschiedlicher Ausstattung und Vorbereitung ein solcher Radmarathon angegangen wird: Kleidung, Radmaterial und Körperformen können doch sehr stark variieren, auch wenn das Ziel für die meisten das gleiche gewesen sein dürfte – sich selbst bei seinem liebsten Hobbysport mal wieder herauszufordern und festzustellen, es geht doch oft mehr als man denkt.
Das großzügige Angebot an der ersten Verpflegungskontrolle am Geisberg (Kilometer 40) wurde nur von wenigen Fahrern zu längerer Pause genutzt und die noch frischen Kräfte führten dazu, dass sich am nächsten langen Anstieg die Kopfgruppe auf 6 Fahrer verringerte – für einen dieser Fahrer immerhin der erste Radmarathon überhaupt, und dass gleich einer der wohl eindeutig härteren Art. Sein mehrmaliges angekündigtes 'Explodieren' blieb zu seinem eigenem Erstaunen aus...
Die Abfahrt nach Bad Peterstal mit der zweiten Kontrolle (Kilometer 80) war mit engen Kurven und nasser Fahrbahn recht gefährlich, glücklicherweise gab es zumindest in den vorderen Reihen der Fahrer während der gesamten Fahrt keine Stürze oder Defekte durch die etwas unangenehmen Randbedingungen.
Dank hervorragender Ausschilderung und Richtungspfeilen auf der Straße und immer wieder abgesichert durch das Begleitmotorrad waren wir Fahrer in der Spitzengruppe jederzeit über den Kurs im Bilde. Ob die großen gelben Hinweistafeln am Fuß der einzelnen Anstiegen mit Länge, Durchschnitts- und Maximalsteigung als Ansporn oder eher der Ernüchterung dienten, war wahrscheinlich stark abhängig vom Fitnessgrad der Teilnehmer – einige von uns kannten die hochprozentigen Anstiege schon, anderen waren sie zumindest von der Ausschreibung her bekannt. Dementsprechend hatten auch (fast) alle ihre Räder mit bergtauglicher Übersetzung ausgestattet.
Dennoch forderten die drei nächsten Anstiege (inkl. Brandenkopf) mit Steigungen bis zu 18% zu den Nillhöfen noch weiteren Tribut in unserer Gruppe, so dass wir bei regelmäßigem Führungswechsel die dritte Kontrolle bei Kilometer 110 zu dritt erreichten – immer ganz ungerührt mit vorne dabei der schweigsame Extremradler aus Karlsruhe mit seinem Cannondale-Reiserad (Breitreifen, Gepäckträger, Beleuchtung etc.), das vermutlich doppelt so schwer war wie meines. Erstaunte und bewundernde Nachfragen konnten ihn nicht aus der Reserve locken: "Was machst du, wenn du nicht gerade Radmarathons mit deinem Reiserad fährst?" – "Reiserad fahren!" (Das tat er wirklich, denn er trat noch am selben Tag den 100-km Rückweg nach Karlsruhe an – natürlich auf seinem Rad, nur diesmal mit Gepäck...)
So ging es auch in der zweiten Hälfte der Strecke engagiert weiter, das 'Zackenbarsch-Profil' der Strecke sah gleich nach der Abfahrt von den Nillhöfen den nächsten Zacken vor, der uns zur Kontrolle 4 Heidburg (Kilometer 130) führte, wobei wir uns wie schon zuvor an den Fahrern der 120-km Runde entlang hangelten, darunter ein 90+x kg Hüne im quäldich-Design – tapfer!
Ich staunte nicht schlecht, was die Veranstalter alles für Leckereien aufgetischt hatten – es gab neben der sowieso schon erstklassigen Auswahl an diversem Obst, Müsliriegeln, belegten Brötchen und Getränken aller Art auch eine Warmverpflegung für die Marathonfahrer.
Ich staunte allerdings noch viel mehr, als sich meine beiden Mitstreiter ganz selbstverständlich einen riesigen Schlag Hörnle mit üppiger Beilage auf einen Teller schaufeln ließen und sich ebenso ungerührt darüber hermachten.
Das war mir in all meinen Jahren als Spitzengruppenfahrer noch nie passiert und alle meine ungläubigen Nachfragen, ob sie das wirklich ernst meinten, prallten an ihnen ab. Einziger Kommentar: "Das gibt Kraft für die Anstiege." Meine zarten Einwände, das die nächsten Anstiege wieder mit bis zu 18% aufwarteten, wurden abgewiegelt: "Die Nudeln wirken ja für die Kilometer danach!"
Allen einladenden Worten der eifrigen Helfer zum Trotz blieb ich bei meiner Philosophie "Große Berge – kleine Happen" und begnügte mich mit einer weiteren Banane (der wievielten bisher?) und damit zuzuschauen, wie unsere ersten Verfolger wieder herankamen, manche davon mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht, als sie uns wiedersahen. Mir blieb genug Zeit, wieder einmal meine Radbrille zu putzen und zu spekulieren, wie viel Wasser sich mittlerweile durch den Regen in meinem Fahrradrahmen angesammelt hatte - es schwappte jedenfalls deutlich.
Immerhin waren die beiden Vielfrasse nicht nur beim Rad fahren, sondern auch beim Essen schnell, so dass wir uns nach ca. 10 Minuten gestärkt an die Verfolgung des ersten Verfolgers machten, der uns zwischenzeitlich hinter sich gelassen hatte. Die Gruppe war durch die (für mich) unerwartet lange Pause wieder auf 5 Fahrer angewachsen, die auf den nächsten (abschüssigen) Kilometern gut harmonierten, den 'Ausreißer' einholten und auch im ersten Teil des Anstieges hinter Elzach zusammenhielten, in dem wir weitere Starter der 120-km Runde überholten.
Je länger und steiler allerdings der Berg wurde, desto mehr zeigte sich, dass die Hörnle sich wohl doch erst mal 'setzen' mussten und noch nicht zum Leistungserhalt beitragen konnten. Die folgenden Steilstücke fielen meinen Mitfahrern jedenfalls etwas schwerer, so dass ich die 5. Kontrolle (Gescheid, Kilometer 160) allein erreichte und auch wieder verließ, um mich auf den 'Heimweg' zu machen, der noch zwei weitere, mittellange Anstiege über Kirnhalde und Streitberg bereithielt.
Durch den fleißigen Motorradbegleiter wurde ich informiert, dass der Abstand zu meinen ehemaligen Begleitern sich auch weiterhin ausgeweitet hatte, so dass ich mich gegen weiteres Warten entschloss und mein eigenes Tempo beibehielt. Das war ursprünglich bestimmt nicht meine Absicht gewesen, denn meine Vorliebe für Marathons gegenüber Rennen liegt darin, dass man bei derartigen Veranstaltungen schnell miteinander, anstatt gegeneinander fahren kann.
So kam ich mir zeitweise vor wie ein Spielverderber, der die eigenen Regeln missachtet, zeitweise wie ein Musseuw, der eine 50-km Soloflucht am Ende eines Klassikers hinlegt – allerdings mit dem Unterschied, dass bei mir langsam die Alarmlämpchen der Restkörneranzeige angingen und damit auch die Beine schwerer wurden. Ein bisschen verstecken im Windschatten wäre sicherlich eine angenehme Abwechslung gewesen.
Immerhin war es aber zwischendurch sonnig und wärmer geworden, also konnten auch die Armlinge im Trikot verstaut werden, um vielleicht noch ein wenig Restbräune zu retten.
So nett und hilfsbereit die Helfer an der letzten Verpflegung (Streitberg, Kilometer 185) auch waren, eine zuckrige Cola hätte mich vielleicht etwas stärker aufbauen können als die gutgemeinten Versprechungen, dass es "die letzten 15 km nur noch bergab und flach ins Ziel" geht. Anmerkung: mein einziger Kritikpunkt: Warum gab es an allen, nur nicht an dieser (bestimmt nicht nur für mich) entscheidenden, letzten Kontrolle Cola?
Aus Trotz (oder Dummheit) nahm ich gar nichts und so musste ich mit den letzten Schlucken Apfelsaftschorle in meiner Trinkflasche noch richtig haushalten, um an den überhaupt nicht so flachen restlichen Kilometern noch den letzten Schwung zu halten – die beiden übriggebliebenen Traubenzuckerstückchen vom letzten Jahr kamen endlich zum Einsatz, und ich hoffte, dass ihre Wirkung besser war als ihr Geschmack nach diversen Fahrten im durchgeschwitzten Trikot.
Mit etwas angespannten Gesichtszügen (hatte ich erwähnt, dass mir mein Sattel nach 200 km angespannten Fahrens doch nicht mehr ganz so bequem erschien?) erreichte ich schließlich gegen 14:15 Uhr das Ziel und wurde dort gleich von Veranstalter Bernhard Duffner in Empfang genommen und zum Pressefoto und Interview verdonnert – da konnte ich gut nachempfinden, wie es den Siegern eines echten Rennens ergeht.
Kurze Zeit später trafen auch meine Mitfahrer ein und so ging es gleich weiter mit Foto- und Pressetermin (s. wiederum www.tgaltdorf.de), bevor wir uns an die wohlverdiente Stärkung mit leckerer Paella machten, zu der uns vom ausrichtenden Verein auch noch Sekt kredenzt wurde. Nur gut, dass ich in der Zwischenzeit schon meine schmerzliche vermisste Cola nachgefüllt hatte und somit wieder einen angemessenen Zuckerspiegel hatte, um den Sekt auch verdauen zu können.
Wir Fahrer aus der ersten Gruppe saßen noch eine ganze Weile bei Sonnenschein und guter Verpflegung zusammen und genossen die nette Atmosphäre im Zielbereich, der für alle Geschmäcker und Größen das Richtige bereithielt, von der Spielburg über Kaffee- und Kuchentheken, Bierstände bis zur Sachpreis-Verlosung für alle erfolgreichen Teilnehmer.
Ein großes Kompliment und ehrliches Dankeschön an Herrn Duffner und alle seine zahlreichen Helfer des TG Altdorf zu diesem äußerst gelungenen Rad-Event, das ich jedem nur empfehlen kann, vorausgesetzt er/sie und das dazugehörige Velo ist in angemessener Form und bereit, sich hier und da (oder auch öfters) mal ein wenig zu schinden, ganz im Sinne des klassischen Radfahrer-Mottos "Quäl dich, du Sau!" (Danke, Udo Bölts ;-)
Lörrach, im Sept. 2004 Heinrich Schulte, Lörrach
PS: Dieser Bericht wurde aus der Erinnerung und nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und gibt wieder, wie ich den Radmarathon als Teilnehmer persönlich erlebt habe. Keinesfalls erhebe ich den Anspruch auf absolute Exaktheit der Detailangaben (Radcomputer abgesoffen) oder auf originalgetreue Wiedergabe der Topographie oder gar der von meinen Mitfahrern empfundenen Eindrücke. Nur zu gern würde ich deren oder andere Berichte zu dieser anspruchsvollen Tour nachlesen – also, auf geht's! H. S.