Die Akteure:Tobi Till Jan
Tag 4: St. Leonhardt - Vigo di Fassa Tag 5: Vigo di Fassa - Canazei Tag 6: Canazei - Pieve Tesino
Übernachtung: Pension Rosengarten
Klicken für großes Höhenprofil Das Frühstück hier in der Pension Enrosadira ist echt gut. Auch, wenn der Saft wohl aus der Retorte kommt, gibt es Cornflakes (dann war es auch nicht mehr so schlimm, dass ich gestern die aufgetragenen Cornflakes vergessen hatte), Müsli und Chocopops, neben ausreichend Brötchen und Plastikpackmarmelade. Wir machen uns auf den Weg nach Canazei, das sind ja nur 14 Kilometer; dort kaufen wir schnell ein; Sonnencreme, wegen des gestern erlittenen Sonnenbrandes. Leider zog es sich im Laufe des Tages zu, so dass die Ausgabe von 16 DM sich nicht wirklich gelohnt hat. Müsliriegel gab es jedoch auch hier nicht, allerdings immerhin Apfelsaft - die Hauptkalorienquelle für uns hier in den Dolomiten.
Also machten wir uns auf den Weg zum Sellerjoch, dem ersten Pass auf der heutigen Königsetappe. Seller, Grödner, Valparolo (Falzarego), Giau, Pordoi und Fedaia haben wir uns heute vorgenommen, allerdings gingen wir schon davon aus, dass wir den Fedaia heute nicht mehr machen werden - umso besser also, dass wir gestern den einen Pass wieder aufgeholt hatten und fast wieder im Zeitplan waren. Denn nun konnten wir es uns leisten, heute einen Pass weniger zu fahren, was wir dann auch gemacht haben.
Also auf zum Sellerjoch, dessen Anfahrt von Canazei zunächst in sehr flachen Serpentinen verläuft. In einer von ihnen stellten wir uns zu der obligatorischen Pinkelpause auf und werden von einem professionell wirkenden Radler auf einem hellblauem Marek de Rosa überholt. Tobi ist sogleich herausgefordert, wir fahren ihn ohne Mühen auf (sogar ich), der bemerkt uns dann und wird zusehends schneller. Ich lass mich dann zurückfallen und überlass die beiden Bergziegen ihrem Schicksal. Am Ende dieser langgezogenen Geraden sehe ich gerade noch, wie Tobi sich vor ihn setzt, um ihn dann auch nicht wieder vorbeizulassen. Denn nach kurzem Gespräch war klar, dass er nicht wie wir zum Sellerjoch links abzweigen würde, sondern zum Pordoi weiterfahren würde. Also entbrennt ein Kampf bis zu dieser Kreuzung, von dem noch viele Generationen singen werden: Der de Rosa ward nicht mehr im Sattel gesehen, und mit 18 - 22 km/h rasten die tapferen Recken der entscheidenden Wegscheide entgegen, Tobi nicht mehr überholt aber auch nicht entrissen. Was für ein Kampf.
Auf dem Weg zum Grödnerjoch
Vom Sellerjoch, schöne Anfahrt, kurze Abfahrt, geht es an die 500 Höhenmeter zum Grödnerjoch, die allerdings von der einzigen Panne der Tour begleitet ist: An Tobis neuem Rad löst sich eine Speiche, was uns eine halbe Stunde Reparaturzeit abverlangt. Aber dann geht es weiter zum Grödnerjoch und nach kurzem Fotoshooting ins Tal wo wir "Ich kenn nen Italiener, das ist ein alter Speener" treffen:
Tobi macht mit sicherem Auge ein Begleitfahrzeug aus, an dem ein Rennrad lehnt, fährt zu ihm und fragt nach einer Standpumpe, um sein Rad wieder auf 8 bar zu bringen, denn meine kleine Pumpe bringt es nur so auf 5,5. Der dazugegörige Italiener stellt sich als absoluter Egozentriker heraus, sein ebenfalle Marek de Rosa-Rad mit Campa Record Titanium, Titan-Sattelstütze und Campa-Nucleonfelgen wiegt nach eigenem Bekunden 7,5 Kilo, er schwallt uns mit seinen Touren voll (seine Frau immer eifrig nickend), und zwingt uns (man spricht Französisch) auf seinen Tacho zu gucken. Denn er wahr ("sans pedaler") 74,7 km/h gerollt, eine wirklich nicht sonderlich beeindruckende Zahl, die er aber über alles stellt. An von uns erzählten wahren Geschichten (Tourplanung) und Märchenstories (92 km/h vom Penser Joch) zeigt er keinerlei Interesse, auch meine Aussage, dass mein Rad 11,5 kg wiegt, beeindruckt ihn nicht, denn ich sei ja schließlich jeune. Naja, immerhin haben wir alle Reifen wieder auf 8 bar und fahren weiter.
Auf dem Weg dorthin erkennen wir, dass sich die heutige Versorgung zu einem Problem entwickeln könnte, denn es ist aufgrund der Panne schon nach 12 Uhr und kein Geschäft ist mehr geöffnet. Aber ein netter Italiener macht uns auf die Möglichkeit aufmerksam, beim Bäcker in der Mittagspause zu klingeln, der leitet uns dann weiter an die Bar, von wo aus der Kellner in die Backstube gehen und uns trockene Brötchen besorgen kann.
Der Valparolo hat eine unspektakuläre Anfahrt, aber einen bemerkenswerten Landschaftswechsel am Pass. Kurz vor dem Pass war rechter Hand eine Hütte, grüne Bergwiese mit Felsen übersät wie man es von Fotos aus Irland kennt; morastiger Bergsee. Nur ein, zwei Kilometer weiter am Pass kommmt man sich hingegen vor wie auf dem Mars. Reine Geröllwüste, keine Aussicht, weil der Passeinschnitt eng ist und nur zu zwei Seiten offen, kein Pflänzchen und keine Spur von Leben in Sicht. Zwei Kilometer weiter kommt man auf den Passo di Falzarego, auf den man vom Valparolo einfach runterrollt.
Hier kaufen wir für 35.000 L 3 Dosen Cola und zehn+einen gratis Schokoriegel Mars/Kitkat/Twix. Eine Gruppe Allgäuer Touristen zeigen sich überaus interessiert an Rädern und Tourplanung.
Aber auch in Belvedere gibt es noch keinen geöffneten Laden, auch die örtliche Bar hat nichts interessantes im Angebot.
Also weiter ohne Füllung zum Passo di Giau; eine wunderbar schmale Straße zieht sich in engen Serpentinen wechselweise durch Wald und über Kuhwiese, ein Hirtenjunge treibt eine Herde zu Tal, auf der Straße muss ich Kuhslalom fahren. Oben wird es schon kühler, auch die Abfahrt ein wahrer Genuß. Daher ist der Giau Tobis Lieblingsberg der Tour.
Die Abfahrt vom Giau
Auf dem Weg zum Pordoi entscheiden wir, nicht den Hangweg über einen Minihügel und Silva di Cadora zu fahren, sondern hinunter ins Tal nach Caprille, weil wir hoffen dort eher einen Laden finden zu können. Tun wir auch, frisch gestärkt geht´s weiter, auch auf dem Rad wird gegessen.
Die Auffahrt zum Pordoi: lang, erst im Tal, dann am Hang.
Superstraße
zum
Pordoi
Ich am Berg
Schön ist, dass in jeder Kehre ein Kilometerstein mit Höhenangabe steht, so dass man immer weiss, wie hoch es noch zum Gipfel ist. Auf der Anfahrt zum Pordoi entstehen dann noch Bergfahrfotos, oben ist es wintertouristisch trostlos. Also ohne Foto schnell ins Tal, nach Canazei. Es ist mittlerweile nach sieben, also versuchen wir gleich an der ersten Pension Übernachtung und Nudelschmaus zu sichern. Die Wirtin will aber bzgl letzterem keine Ausnahme machen und lotst und zum Hotel Rosengarten, von aussen eine Baustelle, an der nach langem Warten ein etwa 35-jähriger Italiener öffnet, mit dem wir nach langem Sprachpotpourri aus Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch das Angeot 33.000 L p.P. plus 10.000 p.P. für ein Kilo Nudeln aushandeln. Das Zimmer ist alt und wenig komfortabel, aber durchaus ausreichend. Dusche ist warm und wie die Toilette auf dem Flur, was allerdings wirklich kein Problem darstellt. Das Essen ist gut und wird in einer Pfanne serviert, meiner Meinung nach sind es keine 1000 g, die uns hier vorgestzt werden, da ich mit meiner halben Portion keine Probleme hatte. Bei Tobi sieht das heute anders aus, er ist schon der Meinung, dass wir die bestellte Menge auch bekommen haben. Wieder einmal ernten wir erstaunte Blicke, als wir die Nudeln gekillt haben. Um 21.15 Uhr sind wir fertig mit Essen, ich mach noch einen kleinen Spaziergang zum Telefonieren und gehe dann ins Bett, während Tobi noch Karten schreibt.
Heute abend sind wir uns fast sicher, die Tour jetzt zu überstehen, wo nun die Königsetappe absolviert ist. Die Zukunft zeigte jedoch, dass dies so einfach nicht war.
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19.9.2000
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