Col de Parpaillon (2650 m)
Auffahrten
Westrampe von Embrun
27,5 km | 1862 Hm | 6,8 %
Zuerst geht es mit durchschnittlich 5 bis 7 % hinauf, mit immer schöneren Blicken über das Tal zum Lac de Serre-Ponçon, dem größten Stausee Europas. Nach acht Kilometern beim Pont de Lin wird es erstmals mit 9 % spürbar steiler. Zwei Kilometer weiter teilen sich die Wege: rechts zum Col über das Dorf Crévoux, oder geradeaus, ein Kilometer länger, über la Chalp. Via Crévoux, wo es übrigens einen Brunnen gibt sowie (zumindest im August) ein offenes Restaurant, ist eindeutig die schlechtere Variante, da bereits beim Verlassen des Dorfs der Asphalt ausgeht.
Fährt man gerade aus, kommt man nach zwei weiteren Kilometern zum Dörfchen la Chalp, auch mit Restaurant. Danach führt die Strasse bei –2 % leicht abfallend und zunehmend schmaler, macht dann einen 180-Grad-Bogen, und beginnt mit mehreren Sepentinen rasch an Höhe zu gewinnen. Von hier aus bis zum Pass bleibt die Steigung durchschnittlich zwischen 9 und 10 % - nur da und dort kurz steiler.
Acht Kilometer unterhalb des Passes ist Schluss mit geteerter Fahrbahn. Wer die ersten 200 Meter ab hier übersteht, kann zuversichtlich sein, den Pass zu erreichen, denn der Zustand wird nicht noch schlechter als hier. Ungeteert heißt hier etwas ganz anderes als am Umbrailpass in der Ostschweiz. Der Fahrer lernt schnell die Kunst des Fahrens: immer im Voraus den bestmöglichen Weg auf der mit Steinen bedeckten „Fahrbahn“ suchen, und nicht anhalten!
Zwei Kilometer vor dem Tunnel verliere ich langsam den Rythmus, der mich so weit gebracht hat, (dies war die zweite Passfahrt des Tages): ich begehe Fehler, komme immer öfters ins Rutschen, die Höhe wird zunehmend spürbar. Und plötzlich ist der Anstieg zu Ende, ein Tunnel ist da, wie am Col du Galibier, nur enger, und ohne einen Weg über den 2845 m hohen Pass.
An jenem Samstag, 20. August 2005, waren auf dieser acht Kilometer langen Teilstrecke einige Bauern unterwegs, zwei Autos mit 4x4, ein PKW, zwei Motorräder, ein MTB, und...ich, mit dem Rennrad. Im Konvoi zwischen zwei Jeeps fuhr ich dann in den Tunnel...
Nichts ist mit diesem Tunnel zu vergleichen. Wasser fällt überall von der Decke, kurz nach der Einfahrt rutscht das Hinterrad, ich vermute Vereisung auf der „Fahrbahn“. Die mit Wasser gefüllten Schlaglöcher sind kaum zu durchfahren, so dass ich mich möglichst rechts halte. In der Mitte des Tunnels liegt viel herabgefallenes Geröll, danach ist der Tunnel zum Teil versiegelt, aber die Schlaglöcher sind noch größer. Durchnässter Schlamm bringt das Fahrrad zum Stillstand, zeitweise bleibt ein Fuß am Boden, um überhaupt weiterzukommen.
Nach einem Kilometer ist es so weit, man verlässt den einmalig schlechten Tunnel. Aber die Sache ist noch lange nicht zu Ende, denn auf der Westseite ist der nicht geteerte Abschnitt wesentlich länger. Der obere Bereich ist zwar ein kleines Bisschen weniger schlecht als auf der Westseite, aber auch nur durch andauerndes Bremsen zu bewältigen. Ich erreiche eine Höchstgeschwindigkeit von sage und schreibe 13 Stundenkilometern. Mehr ist einfach zu gefährlich, und ein Sturz in der Abgelegenheit hier oben eine ernsthafte Angelegenheit. Kurz vor dem Cabone du Grand Parpaillon verschlechtert sich die Straße nochmals, dann wird es etwas besser, aber deutlich steiler.
Bei Ste. Anne (1751m) ist die Folter vorbei. Eine große Tafel gibt Auskunft über Flora, Fauna, und... den Tunnel. Ein Jubiläum fand im Jahre 1991 statt, seit jenem Jahr „...wird der Tunnel renoviert...“. Gemeint sind offenbar nur die Portale, nicht aber der Teil zwischen ihnen! Danach fährt man auf der D29 runter nach la Condamine, dann weiter auf der D900/D902 nach Jausiers und Barcelonette. Die einzige Überraschung: nach den Stunden auf schlechtester Fahrbahn zerfällt das Fahrrad nicht auf der schnellen Abfahrt ins Tal.
Warum bleibt die Straße in derart schlechtem Zustand? Der Colnago-Händler in Barcelonette sagte dazu, die Behörden hätten nicht vor, die Straße auszubauen, da der Tunnel strukturell schwach sei. Man wolle nicht mehr Leute dort oben haben. So bleibt der Parpaillon eine Reise in die Vergangenheit für all diejenigen, welche etwas Risiko in Kauf nehmen, und kein 5'000 Pfund teures Rennrad besitzen.
Die Bewertung? Die Landschaft ist schlicht großartig: auf der Westseite ist der Nordhang mit Wald bedeckt, während der Südhang fast vegetationsfrei ist, ein Paradies für Geologen. Die Ostseite ist im oberen Bereich recht wild, während weiter unten Wald vorherrscht.
Mit einer Asphaltierung wäre der Parpaillon einfach ein recht anstrengender Pass, aber in diesem Zustand übertrifft er alle: auch der nahe Galibier kann mit dem Parpaillon nicht mithalten.
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Ostrampe ab La Condamine-Châtelard
17,6 km | 1361 Hm | 7,7 %
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