Pico del Buitre (1946 m)
Der Pico del Buitre (Geiergipfel oder Geierspitze) ist eine der höchsten Kuppen der Sierra de Javalambre südlich von Teruel. Auf seinen Gipfel erbaute man in 2008/2009 ein Observatorium, weil es in der abgelegenen Gegend kaum störende Lichtquellen gibt. Die Geschichte der Anlage und der Straße hinauf ist interessant und zeigt, was manche Leute mit Durchhaltevermögen zustande bringen. Kurzgefasst sind die Antreiber in der Sache die beiden letzten Bürgermeister von Arcos de las Salinas.
Der eine, also der vorletzte, sorgte durch jahrelange Lobbyarbeit dafür, dass überhaupt der Plan gefasst wurde, auf dem Pico del Buitre ein Observatorium zu errichten. Im Zuge der Arbeiten baute man eine völlig neue Straße vom Tal des río Arcos zum Gipfel, von der erst einmal nur die zweite Hälfte asphaltiert wurde.
Der andere Bürgermeister wiederum, also der Nachfolger und Stand 2021 der aktuelle Bürgermeister, lag jahrelang den Organisatoren der Vuelta a España in den Ohren, mit tatkräftiger Unterstützung einiger Ex-Radprofis, um ihnen die Straße zum Observatorium als Etappenziel schmackhaft zu machen. Die Organisation erhörte ihn in 2019, als der Pico del Buitre Ziel der fünften Etappe war. Im Vorfeld asphaltierte man auch den Rest der Strecke. So entstand eine famose Sackgasse für Rennradfahrer, die gewiss zu den Top-Auffahrten des Iberischen Gebirges gehört.
Abgelegen habe ich die Gegend genannt. Das trifft es nicht genau, in der Ecke ist der Hund begraben, aber so richtig tief. Das ist auch das Problem des gemeinen Rennradlers, der auf den Pico del Buitre will, denn der Pico ist schwer von einer größeren Stadt aus, sei es Teruel oder Valéncia, zu erreichen. Relativ belebt in der Region ist höchstens das Tal des río Palancia, das weiter westlich zu einer Hochebene wird. Durch das Tal führt die den Großraum Valéncia mit Teruel verbindende A-23.
Von der Hochebene aus fährt man ungefähr 35 Kilometer bis nach Arcos de las Salinas, wo die Sackgasse zum Pico del Buitre beginnt. Auf der Strecke überquert man dabei einen Hochpunkt beim Bergdorf Torrijas. Aus der anderen Richtung, sprich von Norden oder Westen her, kommt man aus der totalen Pampa nach Arcos de las Salinas. Ich wüsste nicht zu sagen, was es dort gäbe. Bloß von einem Pass habe ich gehört, dem etwa 1300 Meter hohen Collado Calderón, über den man in die Gegend von Camarena de la Sierra übersetzen kann, von wo aus es nicht mehr allzu weit bis Teruel ist.
Soviel zu den Charakteristika des Umfelds. Der Pico del Buitre liegt gerade noch so in Aragon, nach Süden und Westen hin sind es in der Luftlinie nur ein paar Kilometer bis zur Valencianischen Gemeinschaft. Er hat keinen markanten Gipfel, ein Makel, den er mit praktisch allen Bergen der Sierra de Javalambre teilt. Das Innere dieser Bergkette ähnelt einer ziemlich trockenen, steinwüstenartigen Hochebene, aus der mal mehr, mal weniger hohe Kuppen herausragen, oft mit einem stahlblauen Himmel darüber. Assoziationen an den Gipfelbereich des Mont Ventoux werden quasi mit der Alarmuhr geweckt. Allerdings sind die Hochlagen der Sierra de Javalambre nicht völlig kahl, sondern bewachsen mit kreisrunden Flecken aus Wacholder, die von Botanikern piel de pantera (Pantherfell) genannt werden.
Wo wir schon über Tiere plaudern: Am Pico del Buitre sind mir weder Panther noch die namensgebenden Geier begegnet, dafür aber iberische Steinböcke. Was ich gerade noch so vom Gipfel erspäht habe, sind die Antennen auf dem Vorberg des Pico Javalambre. Beide Picos in einer Rundtour zu fahren ist aber eine ziemliche Herausforderung, da etwa hundert Straßenkilometer zwischen den Bergen liegen. Besser nimmt man zur Verbindung ein Mountainbike und fährt über die Piste durchs Innere der Sierra.
Die Auffahrt zum Pico del Buitre ist abwechslungs- und aussichtsreich, dazu sportlich ziemlich fordernd mit einigen Kilometern, die im Schnitt über 10 % Steigung hinausreichen. Möglicherweise ist dies sogar die härteste Strecke, die man auf dem Rennrad in Aragon machen kann. Die wenigsten Leser von quaeldich.de werden jemals diese Straße unter die Räder nehmen, aber es ist wirklich ein feines Erlebnis, für das man einen Umweg auf sich nehmen sollte, wenn irgendwie möglich.
Auffahrten
Südauffahrt von Arcos de las Salinas
11,9 km | 882 Hm | 7,4 %
Dazu fährt man von der Hauptstraße hoch in den alten Ortsteil. Dort steuert man an einer Bar vorbei genau auf eine rustikale Kapelle mit einem säulenbewehrten Vordach zu. An der Kapelle hält man sich links und hat damit Arcos de las Salinas praktisch schon hinter sich gelassen. Nach ein paar Metern biegt man an einer kleinen Kreuzung links ab (rechts würde man im Bogen wieder ins Dorf zurückfahren).
Im Prinzip lässt sich der Anstieg in zwei fast gleich lange Abschnitte teilen. Auf dem ersten Abschnitt bewegt man sich immer am ríu Arcos entlang. Dessen Tal ist zunächst herrlich grün mit kleinen Feldern und Laubbäumen, fast oasenartig inmitten der kargen Sierra de Javalambre, und wird später zu einer felsigen Schlucht. Bemerkenswert auf diesem Abschnitt sind die Felspfeiler der Los Cuchillos (Messer), die so wegen ihrer glatten Bruchkanten genannt werden. Ein erstes längeres Steilstück gilt es zu überwinden, und zwar ab dem Punkt, an dem man den ríu Arcos zum zweiten Mal überquert.
Der erste Abschnitt endet nach etwas mehr als sechs Kilometern mit einem Flachstück vor einem Gehöft in einer mittlerweile halbwüstenartig anmutenden Landschaft. Links sieht man eine Piste in eine Schlucht hinaufziehen. Dies ist die alte Straße zum Pico del Buitre, die sich zunächst nach Nordwesten in die Hochlagen emporarbeitet und dann in einem weiten Bogen nach Osten in Richtung Berg führt. Kein Wunder, dass sich die Erbauer des Observatoriums dieses Rodeo ersparen wollten und deswegen gleich eine neue Straße dazu konstruierten.
Die neue Straße ist der zweite Abschnitt der Auffahrt und fängt ab dem Gehöft an. Steil zieht sie am Barranco de los Hombres entlang in einen Kiefernwald hinauf. Im Kiefernwald geht es über einige Serpentinen nach oben. Dort drückt man nun die schwersten Kilometer der Auffahrt weg, maximal 11 % im Schnitt auf dem neunten Kilometer. Der Wald dünnt schnell aus, sodass man die kargen Bergflanken im Blick hat.
Je näher man dem Ende des barranco kommt, desto mehr geht die Steigung zurück. Nach genau zehn Kilometern Fahrt lässt man die Schlucht hinter sich und arbeitet sich in die Hochlagen der Sierra vor. Es dominiert nun der oben erwähnte Pantherfellbewuchs, mit ein paar verhärmten Latschenkiefern dazwischen. Ehrlich gesagt würde ich nicht mein komplettes Radlerleben in solch einer Landschaft verbringen wollen, aber wenn man sie zum ersten Mal sieht, kann man sich eines ganz besonderen Eindrucks nicht verwehren.
Oberhalb des barranco sieht rückt auch das Observatorium zum ersten Mal ins Blickfeld. Man erreicht einen Kamm, der auf Karten als Collado del Charco verzeichnet ist. Links zweigt am Collado eine Piste ab, die wohl einmal die ursprüngliche Zufahrt war und über die man durch die Sierra zum Pico Javalambre gelangt. Nach rechts führt die asphaltierte Straße zum Observatorium. Einmal geht die Steigung noch in den zweistelligen Bereich hinauf, dann rollt man bei den Anlagen auf dem Gipfel aus. Zu Ehren der Vuelta steht das blaugepunktete Trikot des besten Bergfahrers ein paar Meter davor. Der Rest ist dann nur Ausblick, Ausblick und Ausblick, in welche Himmelsrichtung man auch schaut.
3 Befahrungen Befahrung eintragen
Pässe in der Nähe
Reifen
Laufräder
Ernährung
