Sella di Razzo (1760 m) Sella di Rioda

Im nordwestlichen Winkel der Karnischen Alpen erstreckt sich die Hochalm Malga di Razzo rund um den weiten, felsumtürmten Sattel der Sella di Razzo. Dies ist schon insofern bemerkenswert, als die Karnischen Alpen ansonsten eher durch weitläufige Nadelwälder als durch sonnendurchflutete Almen geprägt sind. Sattel und Alm lassen sich über drei Straßen erreichen. Zu allererst sei die wunderschöne Südostauffahrt durch das Val Lumiei genannt, die von Ampezzo im Tal des Tagliamento durch die Lumieischlucht, am Lago di Sauris vorbei und durch Sauris aussichtsreich hinauf führt. Hierbei handelt es sich nach Meinung des Autors um die vielleicht schönste Auffahrt der gesamten Karnischen Alpen. Desweiteren führt die Ostauffahrt von Comeglians im Val Degano durch das vornehmlich bewaldete Val Pesarina zur Passhöhe. Zu guter Letzt folgt eine Straße aus Richtung Westen dem Flusslauf der Piova. Westlicher Talort ist Vigo di Cadore. Diese Straße überwindet nur wenig weiter nordöstlich die etwas höhere Sella Ciampigotto, weswegen wir hier auf quäldich nur zwei Auffahrten zur Sella di Razzo aufführen. Die nordöstliche durch das Val Pesarina teilt sich die Sella di Razzo schwesterlich mit der Sella Ciampigotto.

Da der eigentliche geografische Sattel auf 1760 m Höhe inmitten der Almfläche liegt, steht das Passschild nicht dort (wo es niemand sehen könnte), sondern etwas nördlich unterhalb an der bewirtschafteten Almhütte, der Casera di Razzo etwas über 1730 m Höhe. Ausgeschildert sind auf dem Passschild allerdings die 1760 m des geografischen Sattels. Auch die OSM-Passmarke liegt auf diesem Punkt, was nach Meinung des Autors weniger Sinn macht als die Positionierung des Passschildes, zu dem man auch als Radfahrer fahren sollte, hat man dort doch die bessere Aussicht und die bessere Bewirtschaftung als auf der den Sattel querenden SP 33 in Richtung Sauris. Um die Verwirrung komplett zu machen, verläuft die den Sella di Razzo querende SP 33 in Fahrtrichtung Sauris noch etwas Höhe gewinnend am Hang entlang, wo sie den Sella di Rioda (1800 m) touchiert, bevor die Straße Richtung Sauris abfällt. Hier steht auch ein Passschild an der Straße, eine Querung der Sella di Rioda ist aber Wanderern vorbehalten.

Die kürzestmögliche Rundtour über die Sella die Razzo ist eine ca 90 Kilometer lange Runde durch das Val Lumiei und das Val Pesarina. Hierbei durchfährt man unterhalb des Lago di Sauris von Ampezzo kommend wahlweise die Lumiei-Schlucht durch mehrere Tunnels, oder überquert auf der historisch älteren Straße den Passo di Pura. Am nordöstlichen Fußpunkt, in Comeglians, ist natürlich auch der Startort zum berüchtigten Monte Zoncolan nur einen Steinwurf entfernt.

Taucht man etwas tiefer in die Orografie rund um die Sella di Razzo ein, springt ein vierter, oben noch nicht erwähnter Fluss ins Auge: die Sella di Razzo bildet nämlich die natürliche Wasserscheide zwischen der Lumiei und dem Frison, der nördlich der Passhöhe entspringt und schnurgerade nach Norden Richtung Piave entwässert. Der Ciampigotto bildet die Wasserscheide zwischen Piova und Frison, der oben angesprochene Rioda die Wasserscheide zwischen Lumiei und Pesarina. Der niedrigste Übergang zwischen Frison und Pesarina hingegen ist die Forcella Lavardet, den die Ostrampe ca 200 Höhenmeter unterhalb touchiert. Früher gab es hier auch einmal eine Passstraße, die aber seit den 70er Jahren im Verfall und heute für Rennradfahrer nicht mehr befahrbar ist.

Auf einer Straßenkarte aus dem Jahr 1920 ist ein mehr oder weniger befestigter Fahrweg zu erkennen, der das Sauris über den Sella di Razzo und den Ciampigotto mit dem Cadore verbindet. Die Casera Razzo ist hier schon eingezeichnet. Ebenso bestand schon die Straße über die Forcella Lavardet, nicht aber eine Verbindung von dort zur Casera Razzo, die nur als Pfad eingezeichnet ist.

Erwähnung sollte noch finden, dass sich in Sauris (deutsch Zahre) eine mittelhochdeutsche Mundart, die Zahrer oder sauranische Sprache erhalten hat, die am nächsten mit dem Bayrischen verwandt ist. Sie ist dem Zimbrischen der Sette Communi ähnlich, aber nicht identisch.