4000 Rothaarige 202,2 km / 4038 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von Uwe
Von Uwe –
12.07.2014
Also vorweg: Hier geht es nicht um die weitverbreitete Haarfarbe der einheimischen Bevölkerung, sondern um eine Radrunde durch das Rothaargebirge, welches seinen Namen angeblich auf die alte Bezeichnung „Rod Hard“ = „Gerodete Höhe“ zurückführt.
Es gibt ja immer wieder Radler, die sich nicht so einfach vorstellen können, dass man auf einer Tour mit vielen kleinen Buckeln trotzdem 4000 Höhenmeter Aufstieg zusammen bekommen kann. Aber jeder Halter von Kleintieren weiß, dass viel Kleinvieh auch viel Mist machen kann.
So kam für mich, nachdem schon meine Tourenidee „Zwischen Fichten und Ginster“ mit einem Schnitt von 2000 Hm / 100 km aufwarten konnte, der Gedanke, einmal einen 4000er, ausgehend von meiner geliebten, alten Heimat Wittgenstein aus, zusammen zu stricken.
Dass eine solche Tour im Endeffekt für mich ein dickes Brett würde, war mir schon klar, denn eine wilde Sammlung sämtlicher Misthaufen in der Gegend würde auch bedeuten, dass man keinerlei Erholungsstrecken dabei hat. Im Gegensatz zu einer Alpentour, wo eine Passabfahrt auch gerne mal bis zu einer Stunde völlig ohne körperliche Arbeit dauern kann, sind hier die Abfahrtzeiten nur wenige Minuten lang.
Wenn ich Sportler wäre, könnte ich die Tour auch als ganztägige Intervalltrainingseinheit bezeichnen – aber ich bin kein Sportler.
Bei der Planung musste ich schon von Anfang an bedenken, dass einerseits eine Streckenführung wie ein „Wollknäuel“ gegen Ende der Tour, auch das Risiko einer Verkürzung bergen würde, also kam das „Wollknäuel“ im Norden Wittgensteins an den Anfang. Dann haben Sackgassen, bzw. als solche befahrene Strecken, den Nachteil, dass man sie auch leicht weglassen kann. Also dürfen im letzten Drittel der Tour auch keine Sackgassen auftauchen. Zuletzt blieb noch ein kleines Restrisiko übrig, nämlich die Fahrt zum Schloss Wittgenstein bei Bad Laasphe, denn man kann sich den kleinen Buckel auch ersparen, wenn man einfach weiter über die B 62 direkt nach Bad Laasphe fährt.
Nach einer Woche Seminar in Stuttgart (leider nur zwei Feierabendrunden, einmal Schwarzwald, einmal Schwäbische Alb), konnte ich am Freitagabend gerade noch passend vor dem üblichen Wochenendverkehrschaos nach Hause fahren, meine Klamotten in den Privatwagen umladen, das total versiffte Rennrad auf den Heckträger laden und in meine alte Heimat Wittgenstein anreisen. Da das alles noch zu humanen Tageszeiten stattfand, sollte einem frühen Start nichts im Weg stehen. Laut Wettervorhersage sollte es nur in der Nacht zum Samstag noch regnen und dann aber trocken werden. Ursprünglich 5 Uhr geplant, wurde es aber dann doch noch 5:31 Uhr, bis ich endlich im Nebel und bei dicker Bewölkung starten konnte. Naja, das mit dem schönen Wetter schien sich wohl zu relativieren…
Zunächst arbeite ich mein „Wollknäuel“ mit vielen kleinen, aber auch steilen Anstiegen auf teilweise grottenschlechten Wegen mit Dreck und auch noch fließendem Wasser des nächtlichen Starkregens ab. Inzwischen kommt doch gelegentlich die Sonne ganz verschämt durch den Nebel und taucht die Landschaft in ein märchenhaftes Licht. Immer wieder sehe ich Rehe und Hasen, die ihrer morgendlichen Nahrungsaufnahme nachgehen.
Infolge der extremen Luftfeuchtigkeit und meiner schweißtreibenden Tätigkeit bin ich schon klatschnass und so befürchte ich schon, dass meine Tour nicht in voller Ausdehnung stattfinden kann, aber noch habe ich Hoffnung, dass doch noch die Sonne erscheint und meine äußere Klamottenschicht etwas trocknet, damit ich mich etwas erleichtern kann und dann unter „normalen“ Bedingungen weiter machen kann.
Vielleicht so gegen 8 Uhr kommt dann doch endlich die Sonne endgültig zum Vorschein und später auf dem Kahlen Asten als höchstem mit dem Rennrad anfahrbaren Punkt im Rothaargebirge sieht die Welt schon ganz ordentlich aus. Noch ein Buckel weiter, auf dem Hohen Knochen, kehre ich zum ersten Mal für diese Runde in die Gastronomie ein und lasse ein isotonisches, alkoholfreies Getränk durch meinen Kopf laufen. Mein nächster Anstieg, der Albrechtsplatz, ist aus verkehrstechnischer Sicht der kritischste Punkt der Tour, aber entweder schlafen die „Kollegen“ der anderen Fraktion noch oder sie haben vernommen, dass ihre Rennleitung ein Fotolabor eingerichtet hat. Jedenfalls sind es nur einige, wenige Mopeds, die auch nicht auffallend nervig unterwegs sind. Am Aussichtspunkt, kurz vor der „Passhöhe“ halte ich kurz an und genieße die Aussicht über das Sauerland. Dann kommt die einzige etwas längere Abfahrt auf guter Straße nach Bad Berleburg, wo man es einmal etwas rollen lassen könnte, aber ausgerechnet hier treffe ich einen anderen Rennradler mit dem ich quatschend, aber auch heftig tretend ein Stück gemeinsam fahre.
Von BLB aus genieße ich die Auffahrt nach Kühhude, wo ich inzwischen die Hälfte meiner Strecke, aber weit mehr als die Hälfte der aufzusteigenden Höhenmeter erreicht habe. Das wirkt doch etwas motivierend, da ich weiß, dass der Rest der Strecke auch nicht ohne zu treten läuft. Auch die Abfahrt wieder zurück nach BLB ist ein Hochgenuss, da die kleine Straße vor wenigen Jahren neu aufgearbeitet wurde, aber fast keine Verkehrsbedeutung hat. Ab dem Schloss in BLB fahre ich zunächst bis Aue auf den Spuren der DLRF, die vor wenigen Tagen meine alte Heimat besuchte und deren Teilnehmer dem Bericht nach zu urteilen, mit der Landschaft nicht unzufrieden waren.
Kurz vor Aue im Edertal kehre ich kurz entschlossen im Gasthof Grünewald zu einem opulenten Mahl ein. Selbstverständlich bekomme ich hier auch isotonische Getränke. Währenddessen fahren unzählige Rennradler mit Rückennummern an mir vorbei und ich hoffe nur, dass wir nicht allzu viel gemeinsame Strecke haben, da ich dann leicht irgendwelchen Zwängen folgend, in einer Gruppe versuchen könnte mitzuhalten. Als ich wieder weiter fahre, finde ich aber in Aue, dass ihre Strecke auch nach Jagdhaus weiter führt und so stelle ich auf stur, grüße zwar jeden, der mich überholt, lasse ich aber nicht einhängen. Ein Fahrer spricht mich aber dann doch an, da ich unüblicherweise mit Rucksack fahre, und so erfahre ich von ihm, dass sie eine RTF ab Eslohe im Sauerland fahren. Nach kurzem Geplänkel muss ich ihm aber doch mitteilen, dass ich die Spannung meiner Kette etwas verringern müsse, da mein Weg noch weit ist und meine alte Kette nicht mehr so viel verträgt.
In Jagdhaus kehre ich wie geplant auch wieder um und so folge ich meiner GPS-Linie Richtung Südwesten. Irgendwo halte ich aber noch einmal an und sehe auf meinem Tourenplanerausdruck nach, welche Hügel denn noch so anstehen. So gerne ich eigentlich dorthin fahre, erschrecke ich mich doch, als ich sehe, dass auch noch die Heinsberger Hochheide auf dem Zettel steht. Immerhin gibt es hier aber wirklich keinen Verkehr, denn der Weg ist nicht nur gesperrt, sondern auch noch so sehr verfallen, dass es Mühe macht, auf den Fahrbahnresten vorwärts zu kommen. Schade, dass der Weg immer mehr verfällt, denn landschaftlich ist die Strecke sehr schön.
Wieder zurück in der Zivilisation, muss ich als nächstes von Erndtebrück noch nach Zinse, wobei man dazu auch noch über den Zinser Kopf hin und zurück klettern muss. In Zinse gibt es zur Belohnung für den wiederholten Sieg über den inneren Sackgassenschweinehund ein isotonisches Getränk, natürlich ohne Alkohol ;-)
Inzwischen hat meine alternde Kette immer mehr Mühe, allzu viel Spannung aufzunehmen, und so fahre ich schonend über einen weiteren Buckel, genannt Dill oder auch Dille Richtung Lahntal, wobei es der Kette aber nicht schadet, dass ich bergab nach Rüppershausen so richtig im freien Fall rollen lassen kann. Irgendwann im Lahntal angekommen, schaffe ich sogar noch den Abzweig zum Schloss Wittgenstein zu nehmen und oben angekommen, setzte ich mich zu einer kleinen Rast auf eine Bank. Ein Foto vom Schloss des Wittgensteiner Fürsten vergesse ich aber zu knipsen, obwohl ich beim Verzehr meiner Müesliriegel dieses noch geplant hatte.
Unten in Bad Laasphe angekommen, erwischt mich der Schlag: Bundesstraße voll gesperrt wegen Schützenumzug! Hunderte erwachsene Menschen, die im richtigen Leben ernst genommen werden möchten, feiern ihren König.
Nach einiger Wartezeit ist der Spuk zu Ende und ich kann mich bald in den vorletzten Anstieg begeben. Zum Didoll bin ich schon unzählige Male in meinem Leben mit dem Rad aufgefahren, aber so gerne wie ich die Strecke eigentlich fahre und auch so schön wie sie ist, so bin ich doch auch dieses Mal froh, dass meine wenigen restlichen Körner es schaffen, die quietschende Kette weiter zu bewegen. Der Anstieg ist keineswegs schwer, auch nicht lang, nein, ich bin fertig und platt.
Meine Rekordgeschwindigkeitsabfahrt aus meiner lange vergessenen Jugendzeit fahre ich friedlich ab, da ich inzwischen nicht mehr den Mut habe, die Schlüsselstelle, eine Rechts-Links-Rechts-Kurvenkombination mit 90 km/h anzugehen.
Zu guter Letzt muss ich noch über den Weißen Stein oder auch Weißestein (DLRF 2011, Etappe 7) genannt ins Edertal übersiedeln und dann bin ich nach kurzer Flachstrecke an meinem Ziel in Schwarzenau, der Perle des Edertals.
Nach meinen Aufzeichnungen aller Radtouren der letzten 17 Jahre, gehört diese Tour durchaus unter die Top 10, was die Gesamtleistung angeht, und wenn ich keine Tour übersehen habe, ist es sogar die Nummer 5 meines ganzen bisherigen Lebens.
Über 20 mehr oder weniger kleine Buckel galt es zu überwinden und viele davon genügten nicht der Bezeichnung Berg, aber reichten doch aus, den Rhythmus empfindlich zu stören und kaum eine Abfahrt verdient überhaupt den Namen Abfahrt, so dass keine Regenerationsstrecken dabei waren. Selbst die Nahrungsaufnahme ist problematisch, da es egal ist, wo man etwas zu sich nimmt, und man nachher keine ruhige Strecke hat, wo man sich wieder einrollen kann. In den Alpen ist das alles anders, gegessen wird oben, dann in der langen Abfahrt ausgeruht und im nächsten Anstieg bald ein sinnvoller Rhythmus gefunden und oben kann wieder gegessen werden…
Also vorweg: Hier geht es nicht um die weitverbreitete Haarfarbe der einheimischen Bevölkerung, sondern um eine Radrunde durch das Rothaargebirge, welches seinen Namen angeblich auf die alte Bezeichnung „Rod Hard“ = „Gerodete Höhe“ zurückführt.
Es gibt ja immer wieder Radler, die sich nicht so einfach vorstellen können, dass man auf einer Tour mit vielen kleinen Buckeln trotzdem 4000 Höhenmeter Aufstieg zusammen bekommen kann. Aber jeder Halter von Kleintieren weiß, dass viel Kleinvieh auch viel Mist machen kann.
So kam für mich, nachdem schon meine Tourenidee „Zwischen Fichten und Ginster“ mit einem Schnitt von 2000 Hm / 100 km aufwarten konnte, der Gedanke, einmal einen 4000er, ausgehend von meiner geliebten, alten Heimat Wittgenstein aus, zusammen zu stricken.
Dass eine solche Tour im Endeffekt für mich ein dickes Brett würde, war mir schon klar, denn eine wilde Sammlung sämtlicher Misthaufen in der Gegend würde auch bedeuten, dass man keinerlei Erholungsstrecken dabei hat. Im Gegensatz zu einer Alpentour, wo eine Passabfahrt auch gerne mal bis zu einer Stunde völlig ohne körperliche Arbeit dauern kann, sind hier die Abfahrtzeiten nur wenige Minuten lang.
Wenn ich Sportler wäre, könnte ich die Tour auch als ganztägige Intervalltrainingseinheit bezeichnen – aber ich bin kein Sportler.
Bei der Planung musste ich schon von Anfang an bedenken, dass einerseits eine Streckenführung wie ein „Wollknäuel“ gegen Ende der Tour, auch das Risiko einer Verkürzung bergen würde, also kam das „Wollknäuel“ im Norden Wittgensteins an den Anfang. Dann haben Sackgassen, bzw. als solche befahrene Strecken, den Nachteil, dass man sie auch leicht weglassen kann. Also dürfen im letzten Drittel der Tour auch keine Sackgassen auftauchen. Zuletzt blieb noch ein kleines Restrisiko übrig, nämlich die Fahrt zum Schloss Wittgenstein bei Bad Laasphe, denn man kann sich den kleinen Buckel auch ersparen, wenn man einfach weiter über die B 62 direkt nach Bad Laasphe fährt.
Nach einer Woche Seminar in Stuttgart (leider nur zwei Feierabendrunden, einmal Schwarzwald, einmal Schwäbische Alb), konnte ich am Freitagabend gerade noch passend vor dem üblichen Wochenendverkehrschaos nach Hause fahren, meine Klamotten in den Privatwagen umladen, das total versiffte Rennrad auf den Heckträger laden und in meine alte Heimat Wittgenstein anreisen. Da das alles noch zu humanen Tageszeiten stattfand, sollte einem frühen Start nichts im Weg stehen. Laut Wettervorhersage sollte es nur in der Nacht zum Samstag noch regnen und dann aber trocken werden. Ursprünglich 5 Uhr geplant, wurde es aber dann doch noch 5:31 Uhr, bis ich endlich im Nebel und bei dicker Bewölkung starten konnte. Naja, das mit dem schönen Wetter schien sich wohl zu relativieren…
Zunächst arbeite ich mein „Wollknäuel“ mit vielen kleinen, aber auch steilen Anstiegen auf teilweise grottenschlechten Wegen mit Dreck und auch noch fließendem Wasser des nächtlichen Starkregens ab. Inzwischen kommt doch gelegentlich die Sonne ganz verschämt durch den Nebel und taucht die Landschaft in ein märchenhaftes Licht. Immer wieder sehe ich Rehe und Hasen, die ihrer morgendlichen Nahrungsaufnahme nachgehen.
Infolge der extremen Luftfeuchtigkeit und meiner schweißtreibenden Tätigkeit bin ich schon klatschnass und so befürchte ich schon, dass meine Tour nicht in voller Ausdehnung stattfinden kann, aber noch habe ich Hoffnung, dass doch noch die Sonne erscheint und meine äußere Klamottenschicht etwas trocknet, damit ich mich etwas erleichtern kann und dann unter „normalen“ Bedingungen weiter machen kann.
Vielleicht so gegen 8 Uhr kommt dann doch endlich die Sonne endgültig zum Vorschein und später auf dem Kahlen Asten als höchstem mit dem Rennrad anfahrbaren Punkt im Rothaargebirge sieht die Welt schon ganz ordentlich aus. Noch ein Buckel weiter, auf dem Hohen Knochen, kehre ich zum ersten Mal für diese Runde in die Gastronomie ein und lasse ein isotonisches, alkoholfreies Getränk durch meinen Kopf laufen. Mein nächster Anstieg, der Albrechtsplatz, ist aus verkehrstechnischer Sicht der kritischste Punkt der Tour, aber entweder schlafen die „Kollegen“ der anderen Fraktion noch oder sie haben vernommen, dass ihre Rennleitung ein Fotolabor eingerichtet hat. Jedenfalls sind es nur einige, wenige Mopeds, die auch nicht auffallend nervig unterwegs sind. Am Aussichtspunkt, kurz vor der „Passhöhe“ halte ich kurz an und genieße die Aussicht über das Sauerland. Dann kommt die einzige etwas längere Abfahrt auf guter Straße nach Bad Berleburg, wo man es einmal etwas rollen lassen könnte, aber ausgerechnet hier treffe ich einen anderen Rennradler mit dem ich quatschend, aber auch heftig tretend ein Stück gemeinsam fahre.
Von BLB aus genieße ich die Auffahrt nach Kühhude, wo ich inzwischen die Hälfte meiner Strecke, aber weit mehr als die Hälfte der aufzusteigenden Höhenmeter erreicht habe. Das wirkt doch etwas motivierend, da ich weiß, dass der Rest der Strecke auch nicht ohne zu treten läuft. Auch die Abfahrt wieder zurück nach BLB ist ein Hochgenuss, da die kleine Straße vor wenigen Jahren neu aufgearbeitet wurde, aber fast keine Verkehrsbedeutung hat. Ab dem Schloss in BLB fahre ich zunächst bis Aue auf den Spuren der DLRF, die vor wenigen Tagen meine alte Heimat besuchte und deren Teilnehmer dem Bericht nach zu urteilen, mit der Landschaft nicht unzufrieden waren.
Kurz vor Aue im Edertal kehre ich kurz entschlossen im Gasthof Grünewald zu einem opulenten Mahl ein. Selbstverständlich bekomme ich hier auch isotonische Getränke. Währenddessen fahren unzählige Rennradler mit Rückennummern an mir vorbei und ich hoffe nur, dass wir nicht allzu viel gemeinsame Strecke haben, da ich dann leicht irgendwelchen Zwängen folgend, in einer Gruppe versuchen könnte mitzuhalten. Als ich wieder weiter fahre, finde ich aber in Aue, dass ihre Strecke auch nach Jagdhaus weiter führt und so stelle ich auf stur, grüße zwar jeden, der mich überholt, lasse ich aber nicht einhängen. Ein Fahrer spricht mich aber dann doch an, da ich unüblicherweise mit Rucksack fahre, und so erfahre ich von ihm, dass sie eine RTF ab Eslohe im Sauerland fahren. Nach kurzem Geplänkel muss ich ihm aber doch mitteilen, dass ich die Spannung meiner Kette etwas verringern müsse, da mein Weg noch weit ist und meine alte Kette nicht mehr so viel verträgt.
In Jagdhaus kehre ich wie geplant auch wieder um und so folge ich meiner GPS-Linie Richtung Südwesten. Irgendwo halte ich aber noch einmal an und sehe auf meinem Tourenplanerausdruck nach, welche Hügel denn noch so anstehen. So gerne ich eigentlich dorthin fahre, erschrecke ich mich doch, als ich sehe, dass auch noch die Heinsberger Hochheide auf dem Zettel steht. Immerhin gibt es hier aber wirklich keinen Verkehr, denn der Weg ist nicht nur gesperrt, sondern auch noch so sehr verfallen, dass es Mühe macht, auf den Fahrbahnresten vorwärts zu kommen. Schade, dass der Weg immer mehr verfällt, denn landschaftlich ist die Strecke sehr schön.
Wieder zurück in der Zivilisation, muss ich als nächstes von Erndtebrück noch nach Zinse, wobei man dazu auch noch über den Zinser Kopf hin und zurück klettern muss. In Zinse gibt es zur Belohnung für den wiederholten Sieg über den inneren Sackgassenschweinehund ein isotonisches Getränk, natürlich ohne Alkohol ;-)
Inzwischen hat meine alternde Kette immer mehr Mühe, allzu viel Spannung aufzunehmen, und so fahre ich schonend über einen weiteren Buckel, genannt Dill oder auch Dille Richtung Lahntal, wobei es der Kette aber nicht schadet, dass ich bergab nach Rüppershausen so richtig im freien Fall rollen lassen kann. Irgendwann im Lahntal angekommen, schaffe ich sogar noch den Abzweig zum Schloss Wittgenstein zu nehmen und oben angekommen, setzte ich mich zu einer kleinen Rast auf eine Bank. Ein Foto vom Schloss des Wittgensteiner Fürsten vergesse ich aber zu knipsen, obwohl ich beim Verzehr meiner Müesliriegel dieses noch geplant hatte.
Unten in Bad Laasphe angekommen, erwischt mich der Schlag: Bundesstraße voll gesperrt wegen Schützenumzug! Hunderte erwachsene Menschen, die im richtigen Leben ernst genommen werden möchten, feiern ihren König.
Nach einiger Wartezeit ist der Spuk zu Ende und ich kann mich bald in den vorletzten Anstieg begeben. Zum Didoll bin ich schon unzählige Male in meinem Leben mit dem Rad aufgefahren, aber so gerne wie ich die Strecke eigentlich fahre und auch so schön wie sie ist, so bin ich doch auch dieses Mal froh, dass meine wenigen restlichen Körner es schaffen, die quietschende Kette weiter zu bewegen. Der Anstieg ist keineswegs schwer, auch nicht lang, nein, ich bin fertig und platt.
Meine Rekordgeschwindigkeitsabfahrt aus meiner lange vergessenen Jugendzeit fahre ich friedlich ab, da ich inzwischen nicht mehr den Mut habe, die Schlüsselstelle, eine Rechts-Links-Rechts-Kurvenkombination mit 90 km/h anzugehen.
Zu guter Letzt muss ich noch über den Weißen Stein oder auch Weißestein (DLRF 2011, Etappe 7) genannt ins Edertal übersiedeln und dann bin ich nach kurzer Flachstrecke an meinem Ziel in Schwarzenau, der Perle des Edertals.
Nach meinen Aufzeichnungen aller Radtouren der letzten 17 Jahre, gehört diese Tour durchaus unter die Top 10, was die Gesamtleistung angeht, und wenn ich keine Tour übersehen habe, ist es sogar die Nummer 5 meines ganzen bisherigen Lebens.
Über 20 mehr oder weniger kleine Buckel galt es zu überwinden und viele davon genügten nicht der Bezeichnung Berg, aber reichten doch aus, den Rhythmus empfindlich zu stören und kaum eine Abfahrt verdient überhaupt den Namen Abfahrt, so dass keine Regenerationsstrecken dabei waren. Selbst die Nahrungsaufnahme ist problematisch, da es egal ist, wo man etwas zu sich nimmt, und man nachher keine ruhige Strecke hat, wo man sich wieder einrollen kann. In den Alpen ist das alles anders, gegessen wird oben, dann in der langen Abfahrt ausgeruht und im nächsten Anstieg bald ein sinnvoller Rhythmus gefunden und oben kann wieder gegessen werden…
7 gefahrene Pässe
Kahler Asten, Jagdhaus, Albrechtsplatz, Didoll, Kühhude, Heinsberger Hochheide, KatzensturzStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
am