Alpe di Neggia doppio plus
89,6 km / 3119 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von TicinoBergler46

Von TicinoBergler46 –
Tour Alpe di Neggia „doppio plus“
Tessin/Lombardei, Italien
3100 Hm, 81 km
13. Juni 2008, Fahrtzeit 5:32 h
Vorgeschichte:
Die Alpe di Neggia („AdN“) ist einer meiner Lieblingspässe. Etwas seltsam oder nicht? Mit einer unspektakulären Höhe (1396m), die Berge links und rechts sind nicht mal 2000m hoch und kaum Renommee außerhalb des Tessin.
Was ist also der (subjektive) Charme?
Das sind die beiden unterschiedlichen Seiten:
1. die „Schweizer“ Seite von Vira hinauf, 1187 Hm, Durchschnittssteigung 9,5%, (angeblich) 33 Kehren, der obere Teil ganz im Wald (siehe quaeldich).
2. die „italienische“ Seite von Maccagno (ab Indemini in Wirklichkeit auch Schweizerisch), 1177 Hm, 5,4%. Sehr schöne, abwechslungsreiche Landschaft, hübsche Dörfer, wunderbare Ausblicke (siehe quaeldich)
Die Schweizer ist die „kühle“ Seite. Man fährt sie von April bis Oktober. Auch im Hochsommer bei frühem Start nicht zu heiß, da die Sonne noch hinter dem Monte Tamaro bleibt und oben der Wald Schatten spendet. Außerdem gibt es eine nette Osteria oben (Bilder 01, 02 aus Juli und August) Am 2. März. 08 bei 2 Grad und ohne Sonne war allerdings mein Kalorienverbrauch durch Frieren höher als durch Bergauffahren (Bild 03).
Die italienische ist dagegen die „warme“ Seite (wie könnte es anders sein). Man fährt sie zwischen März und Juni, sowie vom September bis zum November (Bilder aus verschiedenen Jahreszeiten 04 bis 09). Im Sommer ist sie zu heiß und hat zu viel Autoverkehr.
Die Schweizer ist die „sportliche“ Seite. Die ersten 700 Hm steigen durchschnittlich 8,7% an, für die folgenden 500 Hm sind es 10,7%. Im ersten Teil nur kurze 13% nach etwa 2 km, im zweiten Teil jeweils mehrere, aber kurze Spitzen von 14%. Das ist ungewöhnlich gleichmäßig und das Ganze in schönsten Kehren. Ich kann dort die schnellsten Höhenmeter fahren. Und es gibt großartige Aussichtspunkte (Bilder 15 bis 19)
Die italienische ist die „Genuss“-Seite. Man lässt sich 22 km Zeit, um die 1177 Hm zu überwinden. Nur die letzten 4,5 km steigen zwischen 8 und 10%. Steiler und mehr Hm werden es, wenn man den schönen Umweg über den Pso Forcora (siehe quaeldich) macht. Es geht durch romantische Dörfer (Bilder von Indemini 10, 11) und man kommt bei den vielfältigen Ausblicken kaum zum Velofahren. (Bilder 12 bis 14)
Welche Seite ist also besser??
Wie schon Karl Kraus sagte: „im Zweifel entscheide man sich für das Richtige“.
Meine Antwort war „AdN doppio“, d.h. Vira – AdN – Maccagno – AdN – Vira ohne Forcora am 5.4.08 (2500 Hm). Nach der Rück-Auffahrt wieder oben auf der AdN (Bild 20) entschließe ich mich spontan zur AdN „doppio plus“, d.h. incl. beide Forcora-Seiten. Es soll mein erster Velo 3000er werden.
Am 13. Juni 2008 ist es so weit. Die seit Jahresanfang gefahrenen 68 Hkm haben mir zum richtigen Gewicht verholfen.
Die Tour:
Morgens 6:15h in Vira. Es ist tiefblauer Himmel ohne ein Wölkchen. Die Sonne ist noch nicht über den Kamm des Monte Tamaro gestiegen. Ich fröstle im Sommerdress. Das ist gut so, warm genug wird es heute noch.
Es geht los und relativ schnell wird es steil Richtung Hotel Bellavista. Wie fast immer, wenn ich „kalt“ Prozente anpacke, habe ich das Gefühl, ich werde nie mehr auf einen Berg hinaufkommen. Aber wie üblich genügen 5 bis 10 Minuten aus dem Sattel, um wieder Frieden mit meinen Beinen zu schließen.
Ich freue mich plötzlich riesig auf die Tour. Gott sei Dank habe ich ein paar Zweifel. Schließlich warten 3000 Hm auf mich. Ich weiß, ich werde es grundsätzlich schaffen nach meinem „doppio“ vor 2 Monaten. Aber da sind die zusätzlichen, steilen Hm und der mehrfache Rhythmus-Wechsel. Werde ich die letzten 300 Hm oberhalb von Indemini noch mit 39/26 fahren oder auf meine (einfältige) Codex-Untergrenze von 39/30 fallen? Werde ich echt rasten müssen oder nur zum Umziehen?
Während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, bin ich schon durch Fasano gefahren (wann gehe ich endlich mal mit meiner Frau in das Ristorante mit dem schönen Ausblick essen?). Wie immer geht es in schönen Kehren mit angenehmen 8 bis 9% nach oben. Die Häuser links und rechts der Straße vereinzeln sich schon. Ab und zu kommt das Auto eines Berufstätigen von oben. Aber ich sehe noch keinen Velofahrer. Ist es für die Ticinesi und die Italiener zu früh? Sie wissen nicht, was sie versäumen. Der Blick reicht wieder über den Lago Maggiore, das Maggia-Delta und den Gridone (Bilder 17 bis 19). Blaue Hortensien – Büsche zeigen prallen Sommer. Gutgelaunte Menschen setzen sich zum Frühstück auf die Aussichtsterrassen ihrer Ferienhäuser (Bild 18).
Warum hat die AdN von Vira in quaeldich nur 3 grüne Sterne?? (sorry Thomas, siehe oben „Ausblicke“, wahrscheinlich hängt es vom Wetter ab)
Mehr als die Hälfte der (angeblich) 33 Kehren habe ich schon hinter mir. In einer scharfen Linkskehre zweigt rechts der Weg zum Hotel Sass da Prüm ab, wo es gesundheitsfördernde und erbauliche Magnetstrahlung hoher Dosis geben soll (besser als mit dem Velo bergauf??). Die ersten 600 Hm sind geschafft. Ab jetzt fährt man fast immer im Wald, wenn man von einigen schönen Aussichts-Lücken absieht (Bild 19). Die Steigung fällt vorübergehend auf 6% bevor es die letzten 500 Hm größer 10% wird. Die Freude am schönen Leben wird mir bewusst und treibt mich nach oben. Bereits nach 1:28 h bin ich auf der AdN (Bild 21). Besser die Kraft einteilen, ermahne ich mich. Die Aussicht auf den Pizzo Vogorno (2442m) oberhalb des Verzascatals ist prächtig.
Ende 2008 werde ich hier 8 x rauf gefahren sein. Es ist immer schön. Die gleichmäßigen Steigungen mit den vielen Kehren sind ein radfahrtechnischer Leckerbissen.
Die Abfahrt Richtung Italien ist auch im Juni morgens noch frisch. Bei der 1. Kehre bleibe ich stehen. Der Blick ist einfach zu schön (Bild 09). Links der Monte Tamaro (1982m), rechts der Monte Gamborogno (1734m) und nach Süden entlang des Veddascatals bis zum Lago Maggiore. Vorbei an den hübschen Häusern geht es hinunter nach Indemini (978m). Bleibt diesmal links liegen (sollte aber unbedingt angeschaut werden, siehe Bilder 10, 11). Man passiert die verlassenen Schweizer Zollstation und kommt nach einem flachen Zwischenanstieg zum italienischen Zoll: Beim ersten Mal wollte ich unbedingt meinen Pass herzeigen, vergeblich. Heute nehme ich gar keinen mehr mit. Die Zöllner winken die Velofahrer mit einem freundlichen „Salve“ durch. Man passiert die hübschen Dörfer Biegno, Lozzo und Armio bei wunderbaren Aussichten auf die andere Talseite und den Monte Lema.
Kurz nach Armio zeigt ein Hinweisschild rechts etwas gnadenlos nach oben. Steif vom Rad herunter, ausziehen, trinken. Auf abwärts eingestellt, sind die Beine übertrieben müde. Doch die kräftige Steigung in den folgenden, schönen Serpentinen (Bild 22) zwingt mich aus dem Sattel und damit die Müdigkeit aus den Beinen.
Noch fühle ich mich gut. Aber nur so lange, bis mich 2 Italiener überholen. Nach einem kurzen und vergeblichen Versuch dran zu bleiben, tröste ich mich, dass ich „doppio“ so alt bin.
Bald habe ich den Pso Forcora erreicht, den ich schon von früher kenne. Erst der große, hässliche Parkplatz, dann ein kurzer Anstieg und ich bin bei der Kirche mit dem Ausblick auf den Gridone und auf Canobbio. Bis hierin 2:13h (Bild 23).
Zügig fahre ich die wunderschöne Strecke zum Lago Delio hinunter, lasse diesen aber rechts liegen. Kehren im Wald bringen mich nach Musignano und weiter zu der „Aussichts-Kirche“ oberhalb von Campagnano (Bild 24). Auch hier zügig weiter hinunter nach Maccagno. 2:43 h bis hierher (Bild 25).
Auf einer Bank auf dem Dorfplatz stopfe ich wieder Weste und Ärmlinge in die Trikottaschen, verschlinge Riegel und fülle Flaschen nach.
Die jetzt wieder folgenden Kehren bis Campagnano haben nur friedliche 6 bis 7%, sodass die Illusion meinen Beinen „Entspannung“ signalisiert. Doch mit dem Aufsteilen im Wald verliert sich das Gefühl der Unverwundbarkeit. Auch mache ich jetzt den zusätzlichen Abstecher zum Lago Delio, nicht nur wegen dessen Schönheit, sondern, um sicher zu sein, dass die Tour wirklich über 3000 Hm geht (Bild 27).
Der schönste Teil der Tour, nämlich vom Lago Delio zum Pso Forcora, lässt meine Oberschenkel doch zeitweise schmerzen
Nach 4:10h bin ich endlich auf dem Forcora (Bild 28), 1:37 h habe ich also gebraucht statt 1:16 h im Einfachaufstieg.
Jetzt muss ich immer noch knapp 600 Hm von Armio zur AdN hinauf, davon die letzten 300 Hm mit 10%. Defätistische Überlegungen lähmen nur kurz mein Gehirn. Erstmal hinab nach Armio, dann sehen wir weiter. Gott sei Dank geht es dann aber vorübergehend flach, so dass die Beine nur halbherzig protestieren.
Und siehe da: am Beginn der letzten und steilen 300 Hm „rieche“ ich schon den „Gipfel“. In den nur 3 Kehren bleibe ich im 39/26 er Gang, wohl auch als Müdigkeit. Die Lebensfreude vom Anfang der Tour kommt wieder zurück, auch wenn ich mich oben auf der AdN nach 5:07 h ausgezehrt fühle (Bild 29).
Ein Wanderer, der mich fotografiert, erzählt mir von seiner früheren Berg-Velo-Zeit. Er darf jetzt gar nicht mehr, weil er krankheitshalber hohe Cortison-Dosen nehmen muss. Ich werde ganz still und dankbar. Auf der letzten Abfahrt nach Vira (5:32h) mache ich aber schon wieder neue Pläne.
3100 Hm auf nur 81 km Gesamtstrecke in so großartiger Landschaft. Wo gibt es Besseres??
Ja, es gibt Schöneres, nämlich von Bignasco zum Lago del Naret (2311m, 1865 Hm)
Und noch Härteres, nämlich Alpe del Gesero doppio (Anregung von Renko): 3044 Hm auf 63 Km bei 9,7% durchschnittlich. Einzeln kenne ich die beiden Seiten schon. Gewinnt aber keinen Schönheitspreis. Mal sehen in 2009.
Am frühen Abend sitze ich mit meiner Frau an einem Granittisch in Ponte Brolla und schaue hinauf zu den Kletterern im Granit-Klettergarten. Ich denke an früher und freue mich, jetzt zu den Velo-Kletterern zu gehören. Beim 4-Gang-Menü esse ich als „primi“ 2 große statt einem kleinen Teller Pasta und nach dem 2. Nachtisch habe ich immer noch ein Loch im Bauch. Was für ein prächtiger Tag !
Tessin/Lombardei, Italien
3100 Hm, 81 km
13. Juni 2008, Fahrtzeit 5:32 h
Vorgeschichte:
Die Alpe di Neggia („AdN“) ist einer meiner Lieblingspässe. Etwas seltsam oder nicht? Mit einer unspektakulären Höhe (1396m), die Berge links und rechts sind nicht mal 2000m hoch und kaum Renommee außerhalb des Tessin.
Was ist also der (subjektive) Charme?
Das sind die beiden unterschiedlichen Seiten:
1. die „Schweizer“ Seite von Vira hinauf, 1187 Hm, Durchschnittssteigung 9,5%, (angeblich) 33 Kehren, der obere Teil ganz im Wald (siehe quaeldich).
2. die „italienische“ Seite von Maccagno (ab Indemini in Wirklichkeit auch Schweizerisch), 1177 Hm, 5,4%. Sehr schöne, abwechslungsreiche Landschaft, hübsche Dörfer, wunderbare Ausblicke (siehe quaeldich)
Die Schweizer ist die „kühle“ Seite. Man fährt sie von April bis Oktober. Auch im Hochsommer bei frühem Start nicht zu heiß, da die Sonne noch hinter dem Monte Tamaro bleibt und oben der Wald Schatten spendet. Außerdem gibt es eine nette Osteria oben (Bilder 01, 02 aus Juli und August) Am 2. März. 08 bei 2 Grad und ohne Sonne war allerdings mein Kalorienverbrauch durch Frieren höher als durch Bergauffahren (Bild 03).
Die italienische ist dagegen die „warme“ Seite (wie könnte es anders sein). Man fährt sie zwischen März und Juni, sowie vom September bis zum November (Bilder aus verschiedenen Jahreszeiten 04 bis 09). Im Sommer ist sie zu heiß und hat zu viel Autoverkehr.
Die Schweizer ist die „sportliche“ Seite. Die ersten 700 Hm steigen durchschnittlich 8,7% an, für die folgenden 500 Hm sind es 10,7%. Im ersten Teil nur kurze 13% nach etwa 2 km, im zweiten Teil jeweils mehrere, aber kurze Spitzen von 14%. Das ist ungewöhnlich gleichmäßig und das Ganze in schönsten Kehren. Ich kann dort die schnellsten Höhenmeter fahren. Und es gibt großartige Aussichtspunkte (Bilder 15 bis 19)
Die italienische ist die „Genuss“-Seite. Man lässt sich 22 km Zeit, um die 1177 Hm zu überwinden. Nur die letzten 4,5 km steigen zwischen 8 und 10%. Steiler und mehr Hm werden es, wenn man den schönen Umweg über den Pso Forcora (siehe quaeldich) macht. Es geht durch romantische Dörfer (Bilder von Indemini 10, 11) und man kommt bei den vielfältigen Ausblicken kaum zum Velofahren. (Bilder 12 bis 14)
Welche Seite ist also besser??
Wie schon Karl Kraus sagte: „im Zweifel entscheide man sich für das Richtige“.
Meine Antwort war „AdN doppio“, d.h. Vira – AdN – Maccagno – AdN – Vira ohne Forcora am 5.4.08 (2500 Hm). Nach der Rück-Auffahrt wieder oben auf der AdN (Bild 20) entschließe ich mich spontan zur AdN „doppio plus“, d.h. incl. beide Forcora-Seiten. Es soll mein erster Velo 3000er werden.
Am 13. Juni 2008 ist es so weit. Die seit Jahresanfang gefahrenen 68 Hkm haben mir zum richtigen Gewicht verholfen.
Die Tour:
Morgens 6:15h in Vira. Es ist tiefblauer Himmel ohne ein Wölkchen. Die Sonne ist noch nicht über den Kamm des Monte Tamaro gestiegen. Ich fröstle im Sommerdress. Das ist gut so, warm genug wird es heute noch.
Es geht los und relativ schnell wird es steil Richtung Hotel Bellavista. Wie fast immer, wenn ich „kalt“ Prozente anpacke, habe ich das Gefühl, ich werde nie mehr auf einen Berg hinaufkommen. Aber wie üblich genügen 5 bis 10 Minuten aus dem Sattel, um wieder Frieden mit meinen Beinen zu schließen.
Ich freue mich plötzlich riesig auf die Tour. Gott sei Dank habe ich ein paar Zweifel. Schließlich warten 3000 Hm auf mich. Ich weiß, ich werde es grundsätzlich schaffen nach meinem „doppio“ vor 2 Monaten. Aber da sind die zusätzlichen, steilen Hm und der mehrfache Rhythmus-Wechsel. Werde ich die letzten 300 Hm oberhalb von Indemini noch mit 39/26 fahren oder auf meine (einfältige) Codex-Untergrenze von 39/30 fallen? Werde ich echt rasten müssen oder nur zum Umziehen?
Während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, bin ich schon durch Fasano gefahren (wann gehe ich endlich mal mit meiner Frau in das Ristorante mit dem schönen Ausblick essen?). Wie immer geht es in schönen Kehren mit angenehmen 8 bis 9% nach oben. Die Häuser links und rechts der Straße vereinzeln sich schon. Ab und zu kommt das Auto eines Berufstätigen von oben. Aber ich sehe noch keinen Velofahrer. Ist es für die Ticinesi und die Italiener zu früh? Sie wissen nicht, was sie versäumen. Der Blick reicht wieder über den Lago Maggiore, das Maggia-Delta und den Gridone (Bilder 17 bis 19). Blaue Hortensien – Büsche zeigen prallen Sommer. Gutgelaunte Menschen setzen sich zum Frühstück auf die Aussichtsterrassen ihrer Ferienhäuser (Bild 18).
Warum hat die AdN von Vira in quaeldich nur 3 grüne Sterne?? (sorry Thomas, siehe oben „Ausblicke“, wahrscheinlich hängt es vom Wetter ab)
Mehr als die Hälfte der (angeblich) 33 Kehren habe ich schon hinter mir. In einer scharfen Linkskehre zweigt rechts der Weg zum Hotel Sass da Prüm ab, wo es gesundheitsfördernde und erbauliche Magnetstrahlung hoher Dosis geben soll (besser als mit dem Velo bergauf??). Die ersten 600 Hm sind geschafft. Ab jetzt fährt man fast immer im Wald, wenn man von einigen schönen Aussichts-Lücken absieht (Bild 19). Die Steigung fällt vorübergehend auf 6% bevor es die letzten 500 Hm größer 10% wird. Die Freude am schönen Leben wird mir bewusst und treibt mich nach oben. Bereits nach 1:28 h bin ich auf der AdN (Bild 21). Besser die Kraft einteilen, ermahne ich mich. Die Aussicht auf den Pizzo Vogorno (2442m) oberhalb des Verzascatals ist prächtig.
Ende 2008 werde ich hier 8 x rauf gefahren sein. Es ist immer schön. Die gleichmäßigen Steigungen mit den vielen Kehren sind ein radfahrtechnischer Leckerbissen.
Die Abfahrt Richtung Italien ist auch im Juni morgens noch frisch. Bei der 1. Kehre bleibe ich stehen. Der Blick ist einfach zu schön (Bild 09). Links der Monte Tamaro (1982m), rechts der Monte Gamborogno (1734m) und nach Süden entlang des Veddascatals bis zum Lago Maggiore. Vorbei an den hübschen Häusern geht es hinunter nach Indemini (978m). Bleibt diesmal links liegen (sollte aber unbedingt angeschaut werden, siehe Bilder 10, 11). Man passiert die verlassenen Schweizer Zollstation und kommt nach einem flachen Zwischenanstieg zum italienischen Zoll: Beim ersten Mal wollte ich unbedingt meinen Pass herzeigen, vergeblich. Heute nehme ich gar keinen mehr mit. Die Zöllner winken die Velofahrer mit einem freundlichen „Salve“ durch. Man passiert die hübschen Dörfer Biegno, Lozzo und Armio bei wunderbaren Aussichten auf die andere Talseite und den Monte Lema.
Kurz nach Armio zeigt ein Hinweisschild rechts etwas gnadenlos nach oben. Steif vom Rad herunter, ausziehen, trinken. Auf abwärts eingestellt, sind die Beine übertrieben müde. Doch die kräftige Steigung in den folgenden, schönen Serpentinen (Bild 22) zwingt mich aus dem Sattel und damit die Müdigkeit aus den Beinen.
Noch fühle ich mich gut. Aber nur so lange, bis mich 2 Italiener überholen. Nach einem kurzen und vergeblichen Versuch dran zu bleiben, tröste ich mich, dass ich „doppio“ so alt bin.
Bald habe ich den Pso Forcora erreicht, den ich schon von früher kenne. Erst der große, hässliche Parkplatz, dann ein kurzer Anstieg und ich bin bei der Kirche mit dem Ausblick auf den Gridone und auf Canobbio. Bis hierin 2:13h (Bild 23).
Zügig fahre ich die wunderschöne Strecke zum Lago Delio hinunter, lasse diesen aber rechts liegen. Kehren im Wald bringen mich nach Musignano und weiter zu der „Aussichts-Kirche“ oberhalb von Campagnano (Bild 24). Auch hier zügig weiter hinunter nach Maccagno. 2:43 h bis hierher (Bild 25).
Auf einer Bank auf dem Dorfplatz stopfe ich wieder Weste und Ärmlinge in die Trikottaschen, verschlinge Riegel und fülle Flaschen nach.
Die jetzt wieder folgenden Kehren bis Campagnano haben nur friedliche 6 bis 7%, sodass die Illusion meinen Beinen „Entspannung“ signalisiert. Doch mit dem Aufsteilen im Wald verliert sich das Gefühl der Unverwundbarkeit. Auch mache ich jetzt den zusätzlichen Abstecher zum Lago Delio, nicht nur wegen dessen Schönheit, sondern, um sicher zu sein, dass die Tour wirklich über 3000 Hm geht (Bild 27).
Der schönste Teil der Tour, nämlich vom Lago Delio zum Pso Forcora, lässt meine Oberschenkel doch zeitweise schmerzen
Nach 4:10h bin ich endlich auf dem Forcora (Bild 28), 1:37 h habe ich also gebraucht statt 1:16 h im Einfachaufstieg.
Jetzt muss ich immer noch knapp 600 Hm von Armio zur AdN hinauf, davon die letzten 300 Hm mit 10%. Defätistische Überlegungen lähmen nur kurz mein Gehirn. Erstmal hinab nach Armio, dann sehen wir weiter. Gott sei Dank geht es dann aber vorübergehend flach, so dass die Beine nur halbherzig protestieren.
Und siehe da: am Beginn der letzten und steilen 300 Hm „rieche“ ich schon den „Gipfel“. In den nur 3 Kehren bleibe ich im 39/26 er Gang, wohl auch als Müdigkeit. Die Lebensfreude vom Anfang der Tour kommt wieder zurück, auch wenn ich mich oben auf der AdN nach 5:07 h ausgezehrt fühle (Bild 29).
Ein Wanderer, der mich fotografiert, erzählt mir von seiner früheren Berg-Velo-Zeit. Er darf jetzt gar nicht mehr, weil er krankheitshalber hohe Cortison-Dosen nehmen muss. Ich werde ganz still und dankbar. Auf der letzten Abfahrt nach Vira (5:32h) mache ich aber schon wieder neue Pläne.
3100 Hm auf nur 81 km Gesamtstrecke in so großartiger Landschaft. Wo gibt es Besseres??
Ja, es gibt Schöneres, nämlich von Bignasco zum Lago del Naret (2311m, 1865 Hm)
Und noch Härteres, nämlich Alpe del Gesero doppio (Anregung von Renko): 3044 Hm auf 63 Km bei 9,7% durchschnittlich. Einzeln kenne ich die beiden Seiten schon. Gewinnt aber keinen Schönheitspreis. Mal sehen in 2009.
Am frühen Abend sitze ich mit meiner Frau an einem Granittisch in Ponte Brolla und schaue hinauf zu den Kletterern im Granit-Klettergarten. Ich denke an früher und freue mich, jetzt zu den Velo-Kletterern zu gehören. Beim 4-Gang-Menü esse ich als „primi“ 2 große statt einem kleinen Teller Pasta und nach dem 2. Nachtisch habe ich immer noch ein Loch im Bauch. Was für ein prächtiger Tag !
2 gefahrene Pässe
Alpe di Neggia, Passo ForcoraStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
am