Von Vollhorst –
13.08.2009 Auf Grund der gestern abverlangten Leistung, und in Anbetracht der Tatsache, dass wir heute ja nicht mehr viel vor haben, beschließen wir erst um halb zehn zu starten. Der Chefkoch macht uns ein sensationelles Omlett zum Frühstück. Das Frühstück ist reichhaltig und lässt keine Wünsche offen. Wie gesagt, das Vecchio Mulino ist absolut zu empfehlen.
Wir starten also um halb zehn. Die ersten vier Kilometer nach Clusone geht es nur bergan. Das macht gleich mal richtig Spaß nach dem Frühstück. Ab Clusone geht es dann aber 10 km bergab. In Ponte Nossa halten wir uns rechts und der Anstieg zum Colle di Zambla beginnt. Einer der Beteiligten verteilt beim Versuch seine (beim Austreten) verloren Zeit wieder aufzuholen, sein Frühstück über dem Lenker, was natürlich für Gelächter sorgt. Wir kommen alle alleine, aber recht kurz hintereinander oben an. Die Aussage, dass alles unter 2000 kein Berg ist wurde vom Verusacher direkt zurück genommen.
Auf der Abfahrt geht es wieder richtig zur Sache. Wir entscheiden uns nicht den kürzesten Weg nach San Pelegrino zu nehmen und fahren durch eine enge Schlucht auf der Via Fonte bis nach Ambria. Viele schnelle Kurven und eine teilweise in den Fels getriebene Straße sind die Belohnung für diesen Umweg. Außerdem ist es in der Schlucht recht kühl, was uns bei Temperaturen über 30 Grad sehr entgegen kommt.
In San Pellegrino reinigen wir in einer Autowaschanlage erstmal unsere Räder, was sich kurz darauf als vorteilhaft erweisen sollte. In San Giovanni Bianco biegen wir links ab und fahren durch eine Schlucht Richtung Culmine San Pietro. Es fließt zwar ein kühler Bach in dieser Schlucht, aber der Name Bianco kommt nicht von Ungefähr. Hohe, weiße Felsen, die steil abfallen. In der Schlucht sind weit über dreißig Grad, die Luft steht. Ich hab direkt Blei in den Beinen. Bertram gehts noch dreckiger.
Am Ortseingang von Taleggio warte ich auf ihn, und dann hör ich´s auch schon fluchen hinter mir. Er tritt nur noch ins Leere. Freilauf im A.....! So etwas deutete sich ja schon auf der zweiten Etappe an. Watt nu? Glücklicherweise stehen die anderen zwei an einem Brunnen ein paar Meter weiter oben. Ich geh in die nächste Pinte und versuche erstmal heraus zu finden wo wir sind, und ob wir irgendwo einen Radladen finden können. Wir sollen zurück nach San Giovanni - aber das ist keine Alternative. Wir müssen irgendwie über diesen Hügel! Ich hau die Muddi hinter der Bar an, dass sie uns doch bitte jemanden besorgen soll, der uns mit dem Traktor zumindest auf den Berg karrt. Sie kennt keinen, oder will keinen kennen,..egal.
Sie hat einen Kombi und kann zwei von uns samt Rädern auf die Culmine fahren. Was ein Glück sind die Räder geputzt ;-). Zuerst helfe ich ihre Oma mit nem Hitzschlag ins Innere der Pinte zu verlagern, dann fährt sie uns unter Einsatz ihres Lebens den Berg hoch. Total verschwitzt in ein auf 18 Grad klimatisiertes Auto, und dann mit einem billigen Abklatsch von Colin McRae die Culmine hochgeballert. Ich hab mehr als einmal Angst um mein Leben. Prekär wirds, als Sie im Steilstück nach der kurzen Senke 100 Meter vor ner Haarnadelkurve zwei Autos am Stück überholt. Den zweiten bremst Sie direkt in der Kurve aus. Während dieses Vorgangs deutet sie mit einer Hand den Abhang hinunter um uns zu zeigen wo beim Giro 2009 Pedro Horillo die Hälfte seines Körpers geschrottet hat. Sie lässt sich ihre entegangen Zeit hinter der Theke mit 35 Euro versilbern. Für ne halbe Stunde Arbeit kein schlechter Lohn. Allerdings hätten wir im Renntaxi auf der Nordschleife das acht bis zehnfache gelatzt - und dort ist die Straße doppelt so breit!
Frank und Daniel nehmen die Culmine heldenhaft, und ehrlich gesagt ich beneide sie nicht einem Minute darum. Bertram hat noch ein schlechtes Gewissen, das ändert sich aber noch.
Bertrams Kette verklemmt sich immer wieder, daher hat er sie einfach aufgemacht, und fährt ab der Culimne ohne Kette weiter - geht ja schließlich nur noch bergab ;-). Der Versuch die Werkstatt eines Mountainbikegeschäfts in Barzio zu benutzen scheitert kläglich - "we only have muntaanbike" - da war´s nicht so weit her mit der Hilfsbereitschaft. So bleibt uns nichts anderes übrig als ein Zweier-Punktefahren zu veranstalten. Da mein Hintern aussieht wie das Gesicht eines 14jährigen nach einer Woche Zeltlager kann ich nicht auf Bertrams harten Sattel steigen, und somit bin ich der Esel, und er der Typ der sich den Rücken versaut.
Wir telefonieren kurz mit den anderen zwei, sie sind gerade oben, haben also 10 km Rückstand - da haben die uns bald....denkst´de
Am Anfang ziehen wir uns immer ab wie beim Punktefahren, Das kostet extrem viel Kraft und ist äußerst ineffektiv. Außerdem ist es sehr instabil. Gelegentlich schiebe ich Bertram, was aber auch sehr instabil ist. Die meiste Zeit hängt er an meiner Sattelstütze. Für mich nur anstrenged, für seinen Rücken ein Martyrium, vor allem mit nem Rucksack. Bis auf zwei Gegensteigungen schaffen wir es ohne Absteigen an den Comer See. Das besch..... Stück kommt kurz vor dem Comer See. Von Taceno nach Parlasco gewinnt man in einem schier endlosen Kurvenwirrwarr nochmal 120 Höhenmeter auf 3,5 km. Sagenumwobenene 3,3% Steigung - mit 185 Kilo Masse. Da war der Presolana ein Witz dagegen. Als es endlich nur noch bergab geht haben uns die anderen zwei "Rennfahrer" immer noch nicht eingeholt - wahrscheinlich haben sie keinen Bock zu ziehen. Also in Bellano nach links und die letzten flachen km nach Varenna. Schön ist es, aber wir sind natürlich wieder viel zu spät. Zum Schluß ergeht es uns noch wie ein paar verzweifelt kämpfenden Ausreißern auf der Flucht vor dem herrannahnden Feld. Wir werden kurz vorm Hafen in Varenna von den anderen beiden gestellt.
Ich bin einfach nur fertig. Wir besorgen uns ein leckeres Bier aus Deutschlands Norden und sind einfach nur froh am Comer See angekomen zu sein. Von der Überfahrt nach Menaggio nehme ich nur Umrisse war. Frank und Daniel kümmern sich ums Hotel, Bertram und ich um die "Verpflegung". Wir haben ein super Hotel am Markt, genug Verpflegung haben wir auch, der Abend kann beginnen. Was ein Glück, morgen ist es nicht mehr viel. Das nutzten wir aus! Gesagt - getan!!!
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren