Von majortom – Auf dem Radar des Rennradurlaubers in den französischen Alpen sind natürlich die großen Klassiker, über die Jahr für Jahr auch das Peloton der Tour de France gejagt wird – der mythische Galibier, der wildromantische Izoard, und natürlich allen voran die Bergankunft der Bergankünfte in Alpe dHuez. Dieser Tourentipp möchte zeigen, dass man auch am Rand der französischen Alpen – in diesem Fall in den Voralpen Savoyens – landschaftlich tolle und höhenmeterreiche Strecken finden kann. Dabei kombinieren wir einen Klassiker (den ersten Pass der Route des Grandes Alpes, den Col de la Colombière) mit einem Geheimtipp (der Sackgasse zum Col des Annes am Fuße der Chaîne des Aravis). Mit 2000 Hm auf knapp 80 km ist die Tour sportlich schon ambitioniert, aber sicher auch für weniger klettererfahrene Radler gut zu schaffen.
Unser Startort ist heute Bonneville, ca. 27 km östlich von Genf im Arve-Tal gelegen. Der Name des Ortes ist vielleicht etwas zu optimistisch gewählt, da Bonneville eher unspektakulär und wenig hübsch ist, aber immerhin gibt es einen Bahnanschluss, so dass man auch mit einem Regionalzug anreisen kann. Die Fahrradmitnahme in Regionalzügen ist in der Region Rhône-Alpes im übrigen kostenlos. Die ersten Kilometer bis St.-Pierre-en-Faucigny führen noch flach durch das sich hier weitende Arve-Tal, so dass es Gelegenheit zum Einrollen gibt.
Auch der nun folgende langgezogene Anstieg bis zum Skiort Le-Grand-Bornand stellt uns noch vor keine allzu großen Herausforderungen. Auf 19 km werden etwa 400 Hm gewonnen, daran sieht man schon, dass es auch in diesem Teilstück noch gemütlich zugeht. Zudem bekommt man ein erstes landschaftliches Highlight serviert, die Gorges de la Borne. Der gleichnamige Fluss hat gleich oberhalb von St.-Pierre-en-Faucigny eine tiefe, enge Schlucht gegraben, und unsere Straße führt durch diese Schlucht, so dass einige imposante Ausblicke auf uns warten. Im übrigen ist diese Schlucht auch eine interessante Alternative, sollte man auf einer Alpenquerung unterwegs sein, aber nicht über den Colombière fahren wollen. Kurz vor Grand-Bornand öffnet sich die Schlucht dann in einen Talkessel, wir folgen sozusagen weiter der Borne in den Ort hinein.
Dann steht die erste richtige Kletterprüfung des Tages auf dem Programm. Der Col des Annes ist eine Sackgasse, die nicht nur mitten hinein in das Skigebiet führt, sondern auch zu einem beliebten Ausgangspunkt für Wanderungen. Die Passhöhe liegt unmittelbar am Fuß der beeindruckenden Chaîne des Aravis, der ersten wirklich hohen Bergkette der Savoyer Alpen – jenseits des Höhenzugs schließt sich dann schon das Montblanc-Massiv an. Der Anstieg verläuft auf einer schmalen, kaum befahrenen Straße, er ist allerdings ziemlich unrhythmisch und deshalb an manchen Stellen vielleicht etwas unangenehm. Das grandiose Panorama zur Aravis-Kette mit der 2750 m hohen Pointe Percée als höchstem Punkt dürfte dafür jedoch mehr als entschädigen. Am Col des Annes, direkt unterhalb der Pointe Percée, heißt es dann umdrehen, und denselben Weg wieder abzufahren. Es bietet sich jedoch auch an, in einem der Restaurants auf der Terasse eine kleine Stärkung einzunehmen.
Zurück in Le Grand-Bornand, wird man auf den ersten Metern des Anstiegs zum Col de la Colombière vielleicht erst die Ruhe und Abgeschiedenheit des Col des Annes zu schätzen wissen. Hier wird man zum Teil auch von kleinen LKWs überholt, und der untere Teil des Anstiegs ist geprägt – um nicht zu sagen: verschandelt – durch den Skitourismus. Erst im letzten Drittel, wenn die Szenerie wieder alpiner und felsiger wird, weiß man dann auch die subtile Schönheit des Colombières zu schätzen. Er ist zwar kein Fünf-Sterne-Pass, aber vielleicht dennoch schöner, als man ihn sich vorstellt.
Eine lange Abfahrt bringt uns dann zurück ins Arve-Tal, und auf den finalen flachen Kilometern zurück nach Bonneville kann man dann locker Ausrollen.