Hoch hinaus 104,1 km / 2901 Hm
Südtirol, Ortler-Alpen, Alpen, Vinschgau, Rätische Alpen, Lombardei, Trentino - Südtirol, Graubünden
Redaktionell bestätigte Tour von hivibub
Von hivibub –
Schon lange wollte ich einmal mit dem Rad auf über 3000m fahren. Einen genauen Grund warum, kann ich gar nicht sagen, man sucht halt nach Herausforderungen. Die Auswahl an Zielen dafür ist leider sehr begrenzt, der gut fahrbare Pico del Veleta wäre natürlich das Beste, ist mir aber zu weit weg. Auch der Glacier de mont de lans ist für eine Tagestour nicht erreichbar und ist mit dem Rennrad nicht fahrbar. Fürs MTB gibt es im Ötztal noch einen Anstieg, ist für mich ebenfalls uninteressant, da hier das Rad ein paar Mal getragen werden muss. So war das Thema längere Zeit aus dem Kopf doch Uwe sei dank, brachte er mich auf die Idee über das Stilfser Joch zum Ortler Haus. Dank ein paar zusätzlicher Infos von Günter war die Sache klar, wo ich im Sommer auf jeden Fall hin muss...
Meinen Crosser musste ich noch leicht modifizieren, die alte Kurbel fliegt raus und wird durch eine bergtaugliche MTB-Kurbel mit 22-33-44 ersetzt, somit habe ich als kleinste Übersetzung 22/28. Die UCI-konforme Querfeldein-Bereifung muss ebenfalls weg, einen breiteren Reifen als 35mm bekomme ich aber nicht rein. Auf Google Street View kann man sich einen Teil des Weges ansehen, schaut gar nicht so schwer aus, ach ja, das wird eine herrlich entspannte Tour...
Das Material war vorbereitet, ein Tag mit gutem Bergwetter war gekommen, Null-Grad-Grenze auf fast 5000m, perfekt. Ich stelle mein Auto in Graun nahe des Reschenpasses am bekannten Fotomotiv ab, die Trikottaschen werden befüllt, die Reifen pumpe ich auf Maximum auf (dann wird's schon rollen), noch ordentlich Sonnencreme und schon kanns losgehen. Die Abfahrt vom Reschenpass bin ich bereits mehrmals mit Rennrad gefahren und die hat immer Spaß gemacht, breit, schnell und vernünftiger Belag. Heute nicht! Mit den Stollenreifen auf der Straße rollt gefühlt mal gar nichts. Wenn ich ordentlich trete komme ich bergab mit Müh und Not auf 55km/h, dann ist die Übersetzung zu Ende. Zumindest muss ich vor den Kurven nicht bremsen, aufhören zu treten reicht, den Rest machen die Reifen für mich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich endlich in Prad, ich merke schon, das wird heute etwas länger als sonst bis ich auf dem Stilfser Joch bin. Wie ich das erste Mal hier hochgefahren bin, hätte ich mir nie vorstellen können, dass diese Auffahrt ein mal "notwendiges Übel" sein wird, heute fühlt es sich irgendwie so an. Naja in zwei Stunden werde ich es ja hoffentlich schaffen. Aber es zieht sich und aufgrund der Wärme stehe ich bereits gut im Saft. Am weißen Knott halte ich dann kurz an, fülle meine Flasche am Trinkbrunnen. Nun habe ich mich auch damit abgefunden, dass ich heute etwas mehr Geduld brauche als sonst. Ich kann die Landschaft um mich herum endlich geniessen und die Streckenführung sorgt für Kurzweil. Am Pass angekommen verfehle ich mein selbstgesetztes 2-Stunden Ziel um 5 Minuten, egal, jetzt kommt ja der eigentlich interessante Teil der Tour.
Während manch Anderer jubelt auf der Passhöhe angekommen zu sein, fahre ich gleich links weiter an den Hotels vorbei Richtung Seilbahnstation. Dort lasse ich noch kurz etwas Luft aus den Reifen und es geht vom Parkplatz links sofort los...so harmlos, wie in Google Streetview sieht es in echt gar nicht mehr aus. Der Weg ist recht ausgewaschen und ich finde keine wirkliche Linie zum durchfahren. Also nochmal von Vorne. Es wird wieder nichts, es ist zu steil und meine "dünnen" Reifen haben nicht ausreichend Grip. Hier wäre MTB-Bereifung nötig. Also schiebe ich die ersten 50 Meter bis zur ersten Kehre und will weiterfahren. Ich sehe eine noch steilere Rampe und muss nochmal 50 Meter schieben, bis der Weg eine Linkskurve macht und flacher wird. Ein Wanderer kommt mir entgegen und fragt mich auf italienisch, ob ich da jetzt wirklich weiter fahren will. Ich sage nur si si und steige wieder auf, während er mich bemitleidet. Mit si si habe ich aber nicht gemeint, dass er stehenbleiben soll und mir bei meinen Fahrversuchen zuschauen soll. Es hilft nichts, ich fahre los und erreiche nach meiner Mama rufend ein etwas flacheres Stück mit nur noch 12%. Zumindest nicht blamiert. Ein paar hundert Meter später kommt dann die nächste Steilrampe, erwische wieder keine gute Fahrlinie und muss nochmal vom Rad. Auf der linken Seite wäre der Weg besser, so dass ich nochmal ein kurzes Stück zurück schiebe und einen erneuten Versuch starte. Es hat geklappt und ich erreiche den Passo delle Platigliole auf 2900m. Die Landschaft ist nun hochalpin und vor allem ist es wirklich Ruhig. Wirklich ruhig! Kein Auto, kein Töff, niemand. Herrlich!
Nach ein paar Fotos mache ich mich weiter auf zum Tagesziel dem Ortlerhaus. Bis auf eine Steilrampe schaffe ich nun alles fahrend und erreiche schließlich die Hotels und die Mittelstation der Seilbahn auf über 3000m. Mein Garmin meint es wären 3014m. Bis auf die verkommenen Hotels finde ich es traumhaft hier oben. Von der Hitze ist nichts mehr zu spüren, die Aussicht ist grandios. Jetzt noch ein Kaffee auf der Terrasse wäre das i-Tüpfelchen. Ok fällt aus mangels Bestuhlung, schön ist es trotzdem. Ich geniesse die Aussicht bestimmt eine halbe Stunde bevor ich noch etwas die Gegend hier oben erkunde. Eine Möglichkeit zur Weiterfahrt finde ich aber nicht. Der Weg über den Gletscher zur Livrio-Hütte ist definitiv nicht fahrbar. Mit dem Fat-Bike vielleicht, wenn man die wütenden Skifahrer meidet. So beschließe ich mich auf den Rückweg zu machen. Für 8,50EUR kann ich mit Fahrrad die Seilbahn nutzen, was mir aufgrund der Wegbeschaffenheit sinnvoll erscheint.
Auf der Passhöhe kaufe ich dem Richard noch eine seiner überteuerten Salsiccias ab und beobachte das Treiben. Ich schäme mich fast mit meinem Rad, wenn ich sehe, was hier alles an HighEnd-Carbon raufgeschleppt wird. Mit meinem Crosser aus Alu mit Canti-Bremsen gehöre ich heute wohl eher zur untersten Unterklasse. Also nichts wie weg hier und mache mich über den Umbrailpass auf den Rückweg. Die Canti-Bremsen sind etwas überfordert mit der Abfahrt und so hört es sich wenigstens so an als hätte ich ein teures Rad mit Scheibenbremsen. Im Val Müstair angekommen wird die Fahrt mühsammer. Ich kämpfe nicht nur gegen dem Rollwiederstand, zusätzlich habe ich noch ziemlichen Gegenwind, welcher mir die heiße Luft aus dem Vinschgau direkt ins Gesicht bläst.
In Mals beschließe ich, auf Grund des Windes lieber die Hauptstraße als den Radweg zum Reshensee zu nehmen, da ich so zumindest den mir drohenden Gegenwind kreuzen kann. Wieder erwarten habe ich eher Rückenwind, dafür aber keinen Schatten und die Auffahrt zieht sich in der Hitze. Meine Getränkevorräte sind auch verbraucht. Irgendwann zieht es mir so den Stecker, dass ich mir einen Platz im Schatten suchen muss. Gottseidank ist hier ein kleiner Rinnsal der für Abkühlung sorgt. Die letzten 10 Kilometer zum Parkplatz sind eine ziemlich Qual, aber als ich am Auto angekommen bin war das eine riesen Erleichterung. Erschöpft verlade ich mein Rad, ziehe meine Badehose an und springe in den Reschensee, welcher wärmer aussah, als er tatsächlich war. Erfrischt und wieder unter den Lebenden mache ich mich über den Proviant in meinem Auto her und trete die Heimfahrt an.
Insgesamt war es eine schöne Tour, aber ich glaube nicht, dass ich nochmal eine Pässetour mit dem Crosser mache. Von den reinen Zahlen eigentlich nicht so schlimm, mir hats aber an diesem Tag dicke gereicht. Dem der nicht so empfindlich ist, auf Hochgebirgslandschaft steht und eine kleine Herausforderung sucht, sei diese Tour wärmstens empfohlen.
Meinen Crosser musste ich noch leicht modifizieren, die alte Kurbel fliegt raus und wird durch eine bergtaugliche MTB-Kurbel mit 22-33-44 ersetzt, somit habe ich als kleinste Übersetzung 22/28. Die UCI-konforme Querfeldein-Bereifung muss ebenfalls weg, einen breiteren Reifen als 35mm bekomme ich aber nicht rein. Auf Google Street View kann man sich einen Teil des Weges ansehen, schaut gar nicht so schwer aus, ach ja, das wird eine herrlich entspannte Tour...
Das Material war vorbereitet, ein Tag mit gutem Bergwetter war gekommen, Null-Grad-Grenze auf fast 5000m, perfekt. Ich stelle mein Auto in Graun nahe des Reschenpasses am bekannten Fotomotiv ab, die Trikottaschen werden befüllt, die Reifen pumpe ich auf Maximum auf (dann wird's schon rollen), noch ordentlich Sonnencreme und schon kanns losgehen. Die Abfahrt vom Reschenpass bin ich bereits mehrmals mit Rennrad gefahren und die hat immer Spaß gemacht, breit, schnell und vernünftiger Belag. Heute nicht! Mit den Stollenreifen auf der Straße rollt gefühlt mal gar nichts. Wenn ich ordentlich trete komme ich bergab mit Müh und Not auf 55km/h, dann ist die Übersetzung zu Ende. Zumindest muss ich vor den Kurven nicht bremsen, aufhören zu treten reicht, den Rest machen die Reifen für mich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich endlich in Prad, ich merke schon, das wird heute etwas länger als sonst bis ich auf dem Stilfser Joch bin. Wie ich das erste Mal hier hochgefahren bin, hätte ich mir nie vorstellen können, dass diese Auffahrt ein mal "notwendiges Übel" sein wird, heute fühlt es sich irgendwie so an. Naja in zwei Stunden werde ich es ja hoffentlich schaffen. Aber es zieht sich und aufgrund der Wärme stehe ich bereits gut im Saft. Am weißen Knott halte ich dann kurz an, fülle meine Flasche am Trinkbrunnen. Nun habe ich mich auch damit abgefunden, dass ich heute etwas mehr Geduld brauche als sonst. Ich kann die Landschaft um mich herum endlich geniessen und die Streckenführung sorgt für Kurzweil. Am Pass angekommen verfehle ich mein selbstgesetztes 2-Stunden Ziel um 5 Minuten, egal, jetzt kommt ja der eigentlich interessante Teil der Tour.
Während manch Anderer jubelt auf der Passhöhe angekommen zu sein, fahre ich gleich links weiter an den Hotels vorbei Richtung Seilbahnstation. Dort lasse ich noch kurz etwas Luft aus den Reifen und es geht vom Parkplatz links sofort los...so harmlos, wie in Google Streetview sieht es in echt gar nicht mehr aus. Der Weg ist recht ausgewaschen und ich finde keine wirkliche Linie zum durchfahren. Also nochmal von Vorne. Es wird wieder nichts, es ist zu steil und meine "dünnen" Reifen haben nicht ausreichend Grip. Hier wäre MTB-Bereifung nötig. Also schiebe ich die ersten 50 Meter bis zur ersten Kehre und will weiterfahren. Ich sehe eine noch steilere Rampe und muss nochmal 50 Meter schieben, bis der Weg eine Linkskurve macht und flacher wird. Ein Wanderer kommt mir entgegen und fragt mich auf italienisch, ob ich da jetzt wirklich weiter fahren will. Ich sage nur si si und steige wieder auf, während er mich bemitleidet. Mit si si habe ich aber nicht gemeint, dass er stehenbleiben soll und mir bei meinen Fahrversuchen zuschauen soll. Es hilft nichts, ich fahre los und erreiche nach meiner Mama rufend ein etwas flacheres Stück mit nur noch 12%. Zumindest nicht blamiert. Ein paar hundert Meter später kommt dann die nächste Steilrampe, erwische wieder keine gute Fahrlinie und muss nochmal vom Rad. Auf der linken Seite wäre der Weg besser, so dass ich nochmal ein kurzes Stück zurück schiebe und einen erneuten Versuch starte. Es hat geklappt und ich erreiche den Passo delle Platigliole auf 2900m. Die Landschaft ist nun hochalpin und vor allem ist es wirklich Ruhig. Wirklich ruhig! Kein Auto, kein Töff, niemand. Herrlich!
Nach ein paar Fotos mache ich mich weiter auf zum Tagesziel dem Ortlerhaus. Bis auf eine Steilrampe schaffe ich nun alles fahrend und erreiche schließlich die Hotels und die Mittelstation der Seilbahn auf über 3000m. Mein Garmin meint es wären 3014m. Bis auf die verkommenen Hotels finde ich es traumhaft hier oben. Von der Hitze ist nichts mehr zu spüren, die Aussicht ist grandios. Jetzt noch ein Kaffee auf der Terrasse wäre das i-Tüpfelchen. Ok fällt aus mangels Bestuhlung, schön ist es trotzdem. Ich geniesse die Aussicht bestimmt eine halbe Stunde bevor ich noch etwas die Gegend hier oben erkunde. Eine Möglichkeit zur Weiterfahrt finde ich aber nicht. Der Weg über den Gletscher zur Livrio-Hütte ist definitiv nicht fahrbar. Mit dem Fat-Bike vielleicht, wenn man die wütenden Skifahrer meidet. So beschließe ich mich auf den Rückweg zu machen. Für 8,50EUR kann ich mit Fahrrad die Seilbahn nutzen, was mir aufgrund der Wegbeschaffenheit sinnvoll erscheint.
Auf der Passhöhe kaufe ich dem Richard noch eine seiner überteuerten Salsiccias ab und beobachte das Treiben. Ich schäme mich fast mit meinem Rad, wenn ich sehe, was hier alles an HighEnd-Carbon raufgeschleppt wird. Mit meinem Crosser aus Alu mit Canti-Bremsen gehöre ich heute wohl eher zur untersten Unterklasse. Also nichts wie weg hier und mache mich über den Umbrailpass auf den Rückweg. Die Canti-Bremsen sind etwas überfordert mit der Abfahrt und so hört es sich wenigstens so an als hätte ich ein teures Rad mit Scheibenbremsen. Im Val Müstair angekommen wird die Fahrt mühsammer. Ich kämpfe nicht nur gegen dem Rollwiederstand, zusätzlich habe ich noch ziemlichen Gegenwind, welcher mir die heiße Luft aus dem Vinschgau direkt ins Gesicht bläst.
In Mals beschließe ich, auf Grund des Windes lieber die Hauptstraße als den Radweg zum Reshensee zu nehmen, da ich so zumindest den mir drohenden Gegenwind kreuzen kann. Wieder erwarten habe ich eher Rückenwind, dafür aber keinen Schatten und die Auffahrt zieht sich in der Hitze. Meine Getränkevorräte sind auch verbraucht. Irgendwann zieht es mir so den Stecker, dass ich mir einen Platz im Schatten suchen muss. Gottseidank ist hier ein kleiner Rinnsal der für Abkühlung sorgt. Die letzten 10 Kilometer zum Parkplatz sind eine ziemlich Qual, aber als ich am Auto angekommen bin war das eine riesen Erleichterung. Erschöpft verlade ich mein Rad, ziehe meine Badehose an und springe in den Reschensee, welcher wärmer aussah, als er tatsächlich war. Erfrischt und wieder unter den Lebenden mache ich mich über den Proviant in meinem Auto her und trete die Heimfahrt an.
Insgesamt war es eine schöne Tour, aber ich glaube nicht, dass ich nochmal eine Pässetour mit dem Crosser mache. Von den reinen Zahlen eigentlich nicht so schlimm, mir hats aber an diesem Tag dicke gereicht. Dem der nicht so empfindlich ist, auf Hochgebirgslandschaft steht und eine kleine Herausforderung sucht, sei diese Tour wärmstens empfohlen.
3 gefahrene Pässe
Stilfser Joch, Umbrailpass, OrtlerhausStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
am