Von TicinoBergler46 – 18.Oktober 2010
6.00h Fahrtzeit, davon 4.24h bergauf
Die Monti di Brissago triplo und die Alpe Gesero doppio sind die sportlichsten Herausforderungen in der Nähe des Lago Maggiore, an denen man mindestens 1x pro Jahr seine Velo-Kletterform testen sollte. Am 29. Sept. 2010 fiel mir die MdBrissago triplo merklich leichter als am 12. März 2010 so dass ich mir unterwegs übermütig die Erweiterung um die Monti di Ronco ausdachte, damit man die schönste Velotour-Aussicht auf den Lago nicht versäumt.
Nach 5 Tagen Velopause war es dann am 18. Oktober 2010 so weit. Ein föhnblauer Tag nach Schlechtwetter. Noch war Schatten und Kühle beim Start in Brissago. Die Cortaccio Auffahrt wärmt jedoch schnell das Herz und den Körper. Über dem Lago z.T. noch Nebel, aber oben schon strahlend blau. Die Abfahrt kühlt dann doch mächtig ab, so dass ich mich schon auf das Aufwärmen bei der Mergugno Auffahrt freue. Mit überraschend leichten Beinen genieße ich die Schönheit im oberen Teil, blicke auf den großartigen Wander- und Aussichtsbergberg Pizzo Leone und kühle mich wieder ab hinunter nach Brissago. Die Cortone Auffahrt ist zwar die kürzeste, aber die 2 längeren 14% Rampen ziehen doch Kraft aus den Beinen. Es gelingt mir einigermaßen Reserve schonend zu fahren. Abfahrt, kurzer Zwischenaufstieg zum Barcone und Abfahrt nach Porto Ronco. 1000 nicht unsteile Hm hinauf nach Monti di Ronco liegen vor mir. Ich kenne hier fast jeden Meter auswendig und rechne mit dem ersten Schwächeanfall auf der 1km langen steilen Rampe zwischen 730 und 860m Höhe. Aber der Schwächeanfall lässt mich im Stich und ich weiß, jetzt kann nichts mehr passieren. Ich genieße in der inzwischen warmen Sonne insbesondere den obersten Abschnitt zur roten Bank mit der schönsten Aussicht von einer Velotour am Lago (derzeit wird übrigens eine Forststraße in Richtung Corona dei Pinci gebaut). Abfahrt und der kurze Zwischenaufstieg zum Barcone bringen mich wieder nach Brissago.
Zweifellos eine anstrengende, sehr Hm-effiziente Tour. Bei dem schönen Wetter und einer ordentlichen Herbstform aber ein großartiges Erlebnis.
Kann man sie in der weiteren Umgebung des Lago Maggiore noch toppen? Ja, gleiche Tour an heißem Sommertag. Doch dafür bin ich jedenfalls zu alt.
Was war die eigentliche Schwierigkeit? Antwort für den Oktober: die Kastanien! Ich hätte die Tour fast Giro delle castagne genannt. Die (Ess-)Kastanie war im früheren Tessin das Hauptnahrungsmittel der Armen. Sie ist jetzt wieder en vogue: "Besondere Erwähnung verdient auch die Kastanie, aus der man allerlei Schmackhaftes herstellen kann: die Palette reicht von den Hände und Magen wärmenden Röstkastanien über die klassischen Marron glacé bis hin zu den Kastanientorten. Ferner kann man Kastanien in Marmelade verwandeln, aus ihren Blüten herzhaften Honig produzieren und ein Kastanienmehl erzeugen, aus dem man Nudeln, Brot und Kuchen zubereitet". Die Bäume haben außerdem im Frühsommer gelbe Blütenstände, die im Tessin größere Flächen von Berghängen bis 1000m Höhe verschönern.
Den Berg-Velofahrer begegnet der Katastanie nicht nur beim Essen sondern in 2 weiteren Formen im Oktober: bei Feuchtigkeit mit sehr rutschigen Blättern und bei Trockenheit mit den sehr rutschigen zerplatzten stacheligen Hüllen (siehe hier). Aus dem Sattel ab 12% bei solchem Untergrund verlässt man häufig die Pedale. Sowohl Steigungen >12% als auch Kastanienwäldern häufen sich auf dieser Tour. Aber wir wollen ja nah an der Natur sein, oder?
Der mächtige Gridone(2188m) thront als Hausberg oberhalb von Brissago und Ronco. und wacht über seine steilen Auffahrten. Von Cortaccio und Mergugno führen 2 Berg-Wanderungen direkt auf den Gridone. Bassuno-Cortone und Monti di Ronco sind alternative Zwischenstationen, wenn man den (z.T. Kletter-)Weg über den Pizzo Leone(1659m) auf den Gridone wählt.