Von IkeTurner –
Vorbereitungen
Nachdem ich mittlerweile knapp 2 Jahre hobbymäßig die knappe Freizeit, die einem Studenten zur Verfügung steht, zu großen Teilen und zum Leidwesen meiner Freundin auf dem Rennrad verbringe, reifte die Idee, auch mal eine standesgemäße Mehrtagestour zu fahren. Da Flachlandrollen irgendwann doch etwas öde wird, und ich durch das relativ nah gelegene Sauerland schon auf den Geschmack von Bergluft (im Sauerland doch eher Hügelluft) gekommen bin, sollte es dann tatsächlich zum Pässe klettern in die Berge gehen.
Und da man ja nicht kleckern, sondern klotzen soll, und Rennradfahren auch kein Kindergeburtstag ist, ging die nähere Planung, mitunter stark geprägt von den Erlebnisberichten von quäldich.de sowie alpenrennradtouren.de, wie die Namen schon vermuten lassen, schön mittig in die Alpen. Mangels ausreichend trainiertem Trainingspartner (derjenige weiß schon, wer gemeint ist), sollte es im Übrigen ein Ein-Mann-Unternehmen werden.
Der schon Ende 2004 gewählte Termin, die dritte Juliwoche, direkt zum Anfang der Semesterferien, erwies sich im Nachhinein als echter Glücksgriff, da das Wetter in der Woche zuvor und auch teilweise danach mit niedrigen Temperaturen, Regen und Gewitter aufwartete und folglich für einen Schönwetterfahrer alles andere als pässetauglich war.
Als angehender Ingenieur ist Planung natürlich alles, und so ging es schon Monate vorher mit der Planung von Startort, Strecke, Etappen, Packlisten, Materialwahl und Finanzen los, wobei die Packliste, die auf Minimalgepäck im Rucksack ausgerichtet war, die größten Kopfzerbrechen bereitete. Im Nachhinein war ich dann aber doch froh, die Neoprenbooties sowie das warme Langarmtrikot eingepackt zu haben, auch wenn das mal gleich 800g an Mehrgewicht auf dem Rücken bedeutete, obgleich man den Rucksack mit im Endeffekt knappen 4 kg Gesamtgewicht nach dem ersten Tag kaum noch wahrnahm.
Startort und Teile der Strecke wurden natürlich kurz vorher und mittendrin nochmal über den Haufen geworfen. Naja, Planung ist eben alles.
Bei der Übersetzungswahl vertraute ich hinten auf einen Rettungsring mit 32 Zähnen mitsamt Deore MTB-Schaltwerk, welches im Gegensatz zu meinem 105-er Schaltwerk in der Lage war, diesen nicht rennradkonformen Pizzateller auch zu schalten. Trotzdem wäre ein drittes Kettenblatt das ein oder andere Mal nicht verkehrt gewesen. Passo del Mortirolo ist eben doch nicht Hellefelder Höhe Ansonsten wurde der restliche Kram wie Werkzeug, Schloss, erste Hilfe und sonstiges schweres Zeug in einer großen Satteltasche sowie in einer Rahmentasche unter dem Oberrohr verstaut. Die vielgescholtetenen Shimano-„Wäscheleinen“ erwiesen sich tätsächlich als besonders nützlich beim trocknen durchgeschwitzter Trikots, Windjacken und Unterhemden auf den Abfahrten.
Erster Halbtag: über den Furkapass
Dummerweise vergaß ich, dass für den geplanten Anreisetag, Freitag den 15.Juli, Ferienbeginn in Niedersachsen, Thüringen und was weiß ich wo noch war. Deshalb ging es nicht wie geplant erst gegen Mittag in Dortmund los um gegen Abend in Andermatt zu sein und dort zu übernachten, sondern mit Sonnenaufgang um exakt 5:00 Uhr, um der umfangreichen Stauprognose in Richtung Süden einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Dies klappte mit Ausnahme etwas zäh fließendem Verkehrs kurz vor der Schweizer Grenze bei Basel und dem Gotthard-Tunnel, vor dem ich eh abfahren musste, erstaunlich gut.
Das erste eindrucksvolle Panorama stellte sich am Vierwaldstätter See ein, wo die ersten 3000er gen Himmel steigen. Einen Eindruck von dem, was mich in den nächsten Tagen erwarten sollte, bekam ich bei der Auffahrt des Gotthardpasses hinüber nach Andermatt. Diese weißgott vielbefahrene, aufgrund völlig fehlender Randstreifen für Radfahrer denkbar schlechte Straße durch die Schöllenenschlucht vorbei an der sagenumwobenen Teufelsbrücke wurde tatsächlich von einigen unerschrockenen, bemitleidenswerten Radfahrern unter die Räder genommen.
Da es erst 13:00 Uhr war, als ich in Andermatt ankam, entschloss ich mich, das Auto abzustellen, was am Bahnhof dank dem freundlichen Bahnhofsmitarbeiter für läppische 12 Franken für die geplanten 7 Tage möglich war. Eigentlich sind nicht mehr als 3 Tage drin, aber im Sommer wäre das wohl o.k.
Um kurz nach 2 stand ich dann in voller Montur abfahrbereit am Bahnhof und machte mich auf den Weg auf meine erste Passauffahrt zum Furkapass. Dadurch sparte ich einen halben Tag, da ich ja eigenlich erst am nächsten Tag loswollte. Zum Eingewöhnen waren die knapp 50 km mit 1000 Hm aber ganz gut. Für die Höhenlage von 1450m war es überraschend schwülwarm mit gefühlten 30°, was sich auf dem Weg zur Passhöhe aber noch früh genug änderte, als die Temperaturen bis in den einstelligen Bereich sanken. Vorbei an Hospental, wo es das erste mal Bergauf ging, meldete sich die Pulsuhr, um mir klar zu machen, dass ein talentbefreiter Hobbyradler mit 169 bpm keinen Pass hochzufahren hat. Also ging es etwas langsamer vorwärts durch zahlreiche Kurven und Kehren und mit knapp 1000 Hm auf 13 Km für mich doch relativ steil nach oben. Mit Fahrrad und kompletter Ausrüstung hatte ich immerhin 98 kg zu schleppen. Hier auch die erste Begegnung mit einer ständig beim Fressen mit ihren Glocken bimmelnden Kuhherde. Das ewige Geläute sollte nicht das letzte mal zu hören sein. Oberhalb der Baumgrenze bei ca.1500-1800 m scheint es hier oben ein ständiger Begleiter neben dem Gezirpe der Grillen zu sein. Für jemanden der lediglich mal zum Skifahren in den Alpen war, ein völlig neues Erlebnis. Nachdam man den nicht enden wollenden Talkessel bis an sein Ende verfolgt hat, erscheint endlich die Passhöhe auf 2436m. Auf den letzten 400 Hm erweist sich das in meinen Deuter Superbike eingearbeitete Windschild das erste mal von Vorteil, um sich vor dem starken Wind zu schützen. Für die Windjacke war es doch noch etwas zu warm. Erst auf der Abfahrt hinunter nach Gletsch kam diese zum Einsatz. Der ca.10° kalte Wind zieht sonst auf dieser in steilen und recht langen und deshalb schnellen Serpentinen ins Tal führenden Straße durch alle Ritzen. Und eine Erkältung gleich am ersten Tag war nicht eingeplant. Von Gletsch ging es wieder duch schnell fahrbare im Wald gelegene Serpentinen und ein paar
Kilometer Flachstück bis nach Ulrichen, wo ich für 30 CHF ein „ganz nettes“ Zimmer ohne Frühstück in einer Privatpension bekam. Dafür waren die bei nächtlichen Aktivitäten „etwas lauten“ Zimmernachbarn inclusive. Auf durch Gewichtsoptimierung durch Schaumstoffbadelatschen erstetzten Schuhen suchte ich erstmal den Supermarkt fürs Frühstück und anschließend ein Restaurant zwecks Kohlenhydratnachschubs auf. Ab 9 war dann Bettruhe angesagt.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren