Pässesammeln in den Südalpen rund um Lienz
582,4 km / 15737 Hm
Hohe Tauern, Alpen, Osttirol, Berchtesgadener Alpen, Gailtaler Alpen, Südtirol, Dolomiten, Karnische Alpen, Salzburg, Kärnten, Trentino - Südtirol, Venetien, Friaul - Julisch Venetien, Tirol
Redaktionell bestätigte Tour von BigB1ker

Von BigB1ker –
Nach der tollen Tour letztes Jahr mit Freund und Kollege Eierschaukel (im Folgenden ES), war klar, dass auch in diesem Sommer eine saftige mehrtägige Rennradtour nicht fehlen durfte. Die Messlatte vom letzten Jahr war hoch; was Höhenmeter- und Pässe-mäßig letztes Jahr möglich war, sollte schließlich auch heuer wieder machbar sein, vielleicht auch ein bisschen mehr! In eine Gegend, die wir beide fahrradtechnisch noch nicht erkundet haben, am besten mit ein paar klingenden Pässenamen sollte es gehen, außerdem gut per Zug von Innsbruck (für mich) bzw. Wien (ES) erreichbar. Mit den Stichstraßen rund um Lienz und insbesondere dem Monte Zoncolan hatten wir ja beide schon länger geliebäugelt - das wär' doch was? Mit dem Quäldich-Tourenplaner waren diese Eckpunkte im Frühsommer schnell in ein paar Rundtourvarianten verpackt. Eine Urlaubswoche Ende August stand uns dafür zur Verfügung. Blieb nur zu hoffen, dass Wetter und Beine mitspielten.
Herausgekommen ist schließlich Folgendes: Treffpunkt in Zell am See. Am Tag 1 ging es gleich mal weit hinauf, nämlich die Großglockner-Hochalpenstraße und weiter bis Lienz. Am Tag 2 nahmen wir zwei der berüchtigten Stichstraßen rund um Lienz aufs Korn und stießen über die Pustertaler Höhenstraße bis nach Toblach vor. Tag 3 stand im Zeichen eines Abstechers in die Dolomiten und brachte uns bis ins Cadoretal. Am Tag 4 ging es weiter durch die Friauler Dolomiten nach Comeglians und zur Krönung des Tages noch auf den Monte Crostis, wo wir uns von der Offroad-Tauglichkeit unserer Untersätze überzeugen konnten. Am Tag 5 ging es trotz widriger Wetterverhältnisse (gelinde ausgedrückt!) über den Monte Zoncolan und wieder zurück nach Österreich nach Kötschach. Der letzte Tag diente "nur mehr" der Rückreise nach Hause.
Summa summarum eine geniale Woche, die alles zu bieten hatte, was das Radlerherz begehrt. Vom Pannenteufel sind wir diesmal zum Glück verschont geblieben, und, was das Wichtigeste ist, wir sind wieder wohlbehalten zu Hause angekommen, was, wenn man an diverse Medienmeldungen denkt, nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist. Trotz der super Rahmenbedingungen wäre so eine Tour aber nur halb so viel Wert ohne jemanden, der die Begeisterung für Natur, Sport und Abenteuer mit einem teilt, mit dem man sich bestens versteht und wo auch trotz der ganzen Schinderei der Spaß nicht zu kurz. Dafür möchte ich mich bei ES nochmals ganz herzlich bedanken.
Herausgekommen ist schließlich Folgendes: Treffpunkt in Zell am See. Am Tag 1 ging es gleich mal weit hinauf, nämlich die Großglockner-Hochalpenstraße und weiter bis Lienz. Am Tag 2 nahmen wir zwei der berüchtigten Stichstraßen rund um Lienz aufs Korn und stießen über die Pustertaler Höhenstraße bis nach Toblach vor. Tag 3 stand im Zeichen eines Abstechers in die Dolomiten und brachte uns bis ins Cadoretal. Am Tag 4 ging es weiter durch die Friauler Dolomiten nach Comeglians und zur Krönung des Tages noch auf den Monte Crostis, wo wir uns von der Offroad-Tauglichkeit unserer Untersätze überzeugen konnten. Am Tag 5 ging es trotz widriger Wetterverhältnisse (gelinde ausgedrückt!) über den Monte Zoncolan und wieder zurück nach Österreich nach Kötschach. Der letzte Tag diente "nur mehr" der Rückreise nach Hause.
Summa summarum eine geniale Woche, die alles zu bieten hatte, was das Radlerherz begehrt. Vom Pannenteufel sind wir diesmal zum Glück verschont geblieben, und, was das Wichtigeste ist, wir sind wieder wohlbehalten zu Hause angekommen, was, wenn man an diverse Medienmeldungen denkt, nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist. Trotz der super Rahmenbedingungen wäre so eine Tour aber nur halb so viel Wert ohne jemanden, der die Begeisterung für Natur, Sport und Abenteuer mit einem teilt, mit dem man sich bestens versteht und wo auch trotz der ganzen Schinderei der Spaß nicht zu kurz. Dafür möchte ich mich bei ES nochmals ganz herzlich bedanken.
18 gefahrene Pässe
Großglockner-Hochalpenstraße, Passo di Giau, Passo Tre Croci, Edelweißspitze, Iselsbergpass, Col Sant'Angelo, Tre Cime di Lavaredo, Forcella Staulanza, Monte Zoncolan, Gailbergsattel, ...Gesamtstrecke
Einzelstrecken


Von BigB1ker –
Da der 26. August (Sonntag) buchstäblich ins Wasser fiel, beschlossen wir, unser Vorhaben am 27. August anzugehen. Ich als Tiroler hatte es mit der Vorbereitung ja leicht, wir haben Anstiege zum Höhenmetersammeln wie Sand am Meer, aber wie sich ES im fernen, flachen Wien auf Vordermann bringen wollte, war mir ein Rätsel - ich musste einfach auf sein Naturtalent und seine Quälerqualitäten vertrauen. Ich, mit ca. 70000 Rennradhöhenmetern in dieser Saison gespickt und ES, diese Saison stattliche 5000hm schwer, starteten wir in unser Unterfangen. Ich war aber vom letzten Jahr gewarnt - nicht ganz so umfangreiche Vorbereitung halten ES nicht davon ab, die Pässe leichtfüßig hochzufliegen! Treffpunkt war Zell am See (757m) kurz vor Mittag. Da mein Zug ca. 40 Minuten früher ankam als der von ES, beschloss ich, bereits in Saalfelden auszusteigen und die 14 Kilometer nach Zell am See zum Warmfahren zu nutzen. Auch ESs Zug war pünktlich und so stand der ersten Etappe nichts mehr im Weg. Das Wetter war ideal, jetzt noch leicht wolkig, aber die Wolken sollten sich bald auflösen, warm, aber nicht extrem heiß. Ein gegenseitiger Check bestätigte: Wir hatten aus dem letzten Jahr gelernt, trotz der heuer längeren Tour waren unsere Rucksäcke kleiner und leichter geworden. Hoch motiviert und frohen Mutes rollten wir also erst einmal bis zur Mautstation in Ferleiten (1145m), in Fusch hatten wir vorsorglich nochmals unsere Trinkflaschen aufgefüllt. Ab der Mautstation fuhr dann jeder für sich. Es war warm, aber nicht heiß, die Sonne strahlte mittlerweile von einem wolkenlosen Himmel und der Neuschnee von gestern glitzerte in der einzigartigen Bergwelt, von der diese Passstraße umrahmt ist. Einzig und allein der Lärm der vielen vorbeibrausenden Autos und motorisierten Zweiräder störte die Idylle ein wenig. Wir waren aber nicht die einzigen, die sich den Pass "by fair means" erarbeiteten - auch viele andere Radler waren unterwegs. Die Höhenmeter purzelten schnell dahin, jedoch meldete sich mein Rücken zu Wort, der die Last des Rucksacks noch nicht ganz gewohnt war. So wurde bei der Kehre 9, der Hexenküche, eine kurze Entlastungs- und Fotopause eingelegt - wichtig für mich war, dass diese Pause erst oberhalb von 2000 Metern stattfand! Interessant zu erwähnen ist, dass ES, ein paar Minuten hinter mir, ganz unabhängig dieselbe Strategie verfolgte und damit auch seinen ersten Halt erst jenseits der 2000 Meter Marke bei genau derselben Kehre machte! Kurz vor dem Fuschertörl packte mich nochmals kurz der Ehrgeiz, als ich einen nicht ganz langsamen Rennradler vor mir sah - aber am ersten Tag sind kleinere Antritte ja noch leicht möglich. Am Fuschertörl (2394m) warteten wir zusammen und nahmen zusammen noch das Finale über das Kopfsteinplaster auf die Edelweisspitze (2571m) - damit auch bereits das Dach der heurigen Tour - in Angriff. Das Panorama bei bester Fernsicht war einfach gigantisch: Großes Wiesbachhorn, Loferer und Leoganger Steinberge und Hochkönigmassiv hinter dem Zeller See, im Westen die Ankogelgruppe und schließlich natürlich der Blick Richtung Süden mit dem Hochtor und den Gletscherriesen der Glocknergruppe zum Greifen nahe. Einzig das hektische Treiben auf der Edelweißspitze war etwas störend. Die Kohlenhydratreserven wurden nochmals mit dem Proviant aus dem Rucksck aufgefüllt, dann ging es schnell weiter, schließlich stand uns heute noch ein weiter Weg bevor. Runter zur Fuscher Lacke, die letzten Höhenmeter zum Hochtor (2504m) stellten auch kein Problem mehr dar. Am Straßenrand noch feuchter Neuschnee, ein Schneeball ging sich aus. Bei der Abfahrt gings rasant zur Sache, der kleine Gegenanstieg vor Kasereck wurde mit Ach und Krach auf dem Großen Kettenblatt durchgedrückt. In Heiligenblut nochmals die Trinkflaschen auffüllen und den Postkartenblick auf den Großglockner genießen. Das Mölltal, mittlerweile im Schatten liegend, gehts mit Rückenwind leicht abfallend flott hinaus. Vorbei in Großkirchheim, nochmals denke ich kurz an den 1500 Meter höher liegenden Großsee, den wir bei unserer kühnen Tourenplanung im Falle von Unterforderung auch noch für den ersten Tag vorgesehen hätten - aber den hatten wir bereits am Fuschertörl abgeschrieben. Dafür wollen wir noch nach Lienz. Der Anstieg von Winklern (950m) auf den Iselsberg (1204m) war recht unspektakulär, der Blick auf der anderen Seite runter ins Drautal und auf die Lienzer Dolomiten in der Abendsonne lud aber nochmals kurz zum Anhalten ein. Jetzt mussten wir uns langsam sputen, um noch eine Unterkunft für die Nacht aufzutreiben. Dazu ging es erst einmal direkt ins Zentrum von Lienz (675m), aber jetzt um 19 Uhr noch eine Unterkunft zu finden, war schwieriger als gedacht. Der Sommertourismus schien gerade Hochsaison zu haben und so wurden wir in mehreren Unterkünften abgewiesen. Auf Anraten eines netten Kellners in der Lienzer Altstadt versuchten wir daher unser Glück in einem der umliegenden kleinen Dörfer, nämlich in Amlach, und siehe da, bei einem netten älteren Bauernehepaar, das privat Zimmer vermietete, wurden wir fündig. Eine warme Dusche, ein kuscheliges Bett und dazu ein fairer Preis, was brauchen müde Radlerbeine mehr? Ja genau, auch der Magen will noch versorgt werden, und so gings bei einem gemütlichen Spaziergang in der Dunkelheit, bei dem wir nochmals gut den ersten Tag Revue passieren lassen und Pläne für die nächsten Tag schmieden konnten, zum Gasthof Ws.. Wir waren ziemlich die einzigen Gäste, aber die große Portion Spaghetti schmeckte trotzdem. Wieder zurück in der Unterkunft werden noch ein paar Süßigkeiten genascht (ja beim Kalorienverbrauch eines heutigen Tages darf man sich das erlauben!) und die Eckdaten des heutigen Tages niedergeschrieben, danach gehts zur wohlverdienten Nachtruhe.
Ich bin diese Etappe gefahren
am
E2: Tag 2: Oberschenkel-Stählen auf den Stichstraßen rund um LienzTag 2: Oberschenkel-Stählen auf den Stichstraßen rund um Lienz
99,5 km
3603 Hm


Von BigB1ker –
Tagwache um kurz vor 7 Uhr, abgesehen von etwas verhärteten Oberschenkeln fühlen wir uns wieder recht fit. Schnell gefrühstückt, dann gehts los. Die Sonne strahlt vom tiefblauen Himmel, noch ist die Temperatur fein zum Radeln. Als erstes gehts mal gemütlich zum Bahnhof in Lienz, wo die Rucksäcke im Schließfach deponiert werden - der folgende Anstieg mit Ziel Zettersfeld sollte auch ohne Rucksäcke hart genug sein. In moderater Steigung gehts erstmals nach Grafendorf und weiter nach Thurn, aber danach gehts so richtig zur Sache. Erbarmungslos zieht sich das kleine Sträßchen schnurstracks durch Felder den Hang hoch - zum Glück ist man dank des gewissenhaften Studiums der Quäldich-Beschreibungen darauf vorbereitet, sonst würde man wohl an der richtigen Wegwahl zweifeln. Trotz 2 Kilometer durchgehenden Wiegetritts und ohne Rucksack ist das mit meiner 34-27er Übersetzung schon an der Grenze und ich bin froh, als im Wald die Steigungsprozente langsam nachlassen und ein Niveau erreichen, wo man auch mit der 34-27er Übersetzung die Auffahrt und die tollen Blicke auf die Lienzer Dolomiten im Süden noch genießen kann. Die Mautstation wird in gutem Rhythmus passiert, man hat sich an die Steilheit gewöhnt, die Idylle wird nur ganz vereinzelt von motorisiertem Verkehr gestört. Ohne Zwischenstopp kommen wir am höchsten Punkt auf 1860m kurz vor der eigentlichen Zettersfeld-Bergstation an und genießen erstmals die Aussicht. Kurz ein paar Fotos, die obligatorische Banane und ein Riegel, dann gehts runter zur Bergstation. Die Seilbahn befördert auch jetzt im Sommer fleißig Menschen auf den Berg, da müssen wir nicht unbedingt zu lange verweilen. Nach kurzem Hin und Her und da ein anderer Abfahrtsweg doch schöner ist als denselben Weg zurück, lassen wir uns auf ein kleines Abenteuer ein und versuchen den Schotterweg zur Faschingalm. Ist eigentlich ganz gut gegangen, zumindest in dieser Richtung. Der umgekehrte Weg von der Faschingalm zum Zettersfeld ist mit dem Rennrad nicht so empfehlenswert, da ein steiler, mit grobem und ausgewaschenem Schotter versehener Anstieg bewältigt werden müsste. Trotzdem waren auch wir froh, als wir wieder glatten Asphalt unter den Slicks hatten. Aber auch die folgende Abfahrt von der Faschingalm eignet sich nicht unbedingt für Hochgeschwindigkeiten - zu steil und kurvenreich ist die Wegführung. Im Tal ist es mittlerweile glühend heiß. Die Rucksäcke werden wieder abgeholt und das Ziel Pustertaler Höhenstraße in Angriff genommen. Zuerst werden aber in Leisach nochmals die Kohlenhyratspeicher aufgefüllt. Es kostet schon einige Überwindung, uns von unserem schattigen Rastplatz aufzuraffen und in der glühenden Luft unsere trägen Körper die steilen Rampen rauf nach Bannberg (1262m) zu wuchten - der überdimensional breiten Straße sieht man die Steilheit nicht an, man merkt es nur, wenn man auf den langen Geraden scheinbar nicht mehr vom Fleck kommt. Der Schweiß fließt in Strömen. Den Hinweis beim Abzweig in Leisach über eine Straßensperre hinter Bannberg haben wir missachtet („Irgendwie wird’s da schon weitergehen…“) – jetzt können wir diesem Verkehrsschild sogar etwas Gutes abgewinnen, bleiben wir dadurch doch weitgehend vom motorisierten Verkehr verschont. In Bannberg kurzer Stopp zum Wasser Nachfüllen, aber zum länger Verweilen bleibt keine Zeit, das Hochsteinhaus will auch noch erobert werden. Hinter den letzten Bauernhöfen werden die Rucksäcke an einem Baum am Straßenrand deponiert. Ah, da freut sich der Rücken und auch die Höhenmeter purzeln gleich leichter, obwohl die Steigung im Vergleich zur Auffahrt nach Bannberg nochmals zulegt. Steil, aber gleichmäßig gehts dahin - so wie es meinen Vorlieben entspricht. Die Temperaturen nehmen wieder erträglicheres Niveau an, nach der Mautstation komme ich sogar in einen ziemlich guten Rhythmus und bin fast enttäuscht, als das Asphaltband mitten im Wald ohne irgendeine Aussicht abrupt endet (1990m). Was nun - das kann es doch nicht gewesen sein? Kurzentschlossen werden die Rennradschuhe ausgezogen und barfuß marschieren wir an ein paar belustigt schauenden Wanderern vorbei bis ganz hinauf zum Hochsteinhaus (2025m). Den Fußmarsch bereuen wir nicht und wir genießen die wunderbare Aussicht auf die Lienzer Dolomiten und die Schobergruppe. Sogar den Großvenediger können wir entdecken. Die 750 Höhenmeter hinunter nach Bannberg sind schnell wieder vernichtet. Die Pustertaler Höhenstraße gehts weiter Richtung Westen. Von der Straßensperre von kurz hinter Bannberg bis zur Abzweigung nach Aue wegen Bauarbeiten lassen wir uns nicht beirren - an den paar LKWs und Baggern, die auf der Bankette werkeln, kommen wir tatsächlich leicht vorbei. Schon sind wir in Assling (1128m), so kanns weitergehen! Aber zu früh gefreut, hinter Assling steilt die Straße auf. Und es ist nicht nur ein kleiner Schnapper, der schnell weggedrückt werden kann, die 300 Höhenmeter rauf nach Bichl (1426m) ziehen sich wirklich. Auch danach wirds nicht wirklich erholsam. Bundesstraßenmäßig ausgebaute Abschnitte wechseln mit schmalen Abschnitten mit schlechtem Straßenbelag - was das bringen soll, ist uns ein Rätsel. Flache erholsame Abschnitte sind Mangelware, immer wieder fährt man hoch, nur um die gerade gewonnenen Höhenmeter gleich wieder hinunterzurollen. Das Burger Tal unvermittelt 200 Höhenmeter bergab, nur um dann erst wieder über 100 Höhenmeter rauf nach Anras zu treten - life is hard! Als sich die Straße endlich bequemt endgültig ins Tal nach Abfaltersbach (983m) abzufallen, wird nochmal ein Halt eingelegt und die letzten Krümel, die sich im Rucksack finden lassen, vertilgt. Gut 250 Höhenmeter auf 25 Kilometer sind es noch bis Toblach (1256m), da wollen wir hin, klingt nicht so wild. Aber wir haben die Rechnung ohne den Wind gemacht, der uns nun unbarmherzig von vorne ins Gesicht bläst. Auch das Sitzfleisch meldet sich bei mir nach zwei Tagen im Sattel langsam zu Wort. Der viele Verkehr hebt die Stimmung auch nicht unbedingt. In Sillian wird bei einem Supermarkt Zwischenstopp eingelegt und wir erfahren (wieder einmal), wie gefährlich es ist, mit einem Loch im Bauch ein Lebensmittelgeschäft zu betreten. Obwohl ein Teil unseres Einkaufs sogleich in unseren Mägen landet, übersteigt der restliche Teil fast die Kapazitäten unserer Rucksäcke. Die große Salatgurke, die weit aus der Außentasche meines Rucksacks herausragt, sowie die unter die Verschlusslasche von ESs Rucksack geklemmte Chipspackung grüßen nun die vorbeifahrenden Autofahrer. Ich beiße nochmals die Zähne zusammen und versuche trotz Wind, bis Toblach noch ein ordentliches Tempo durchzufahren. ES hält wacker mit und gut 10 Stunden, nachdem wir in Amlach aufgebrochen sind, stehen wir tatsächlich am Dorfplatz von Toblach. Vor dem Touristenbüro gibt es eine Infotafel mit Unterkunftsmöglichkeiten in und um Toblach und auf einem Touchscreen kann man sich über noch freie Plätze informieren. Das Spielchen von gestern wiederholt sich fast wieder, frei sind überwiegend nur mehr recht teure Unterkünfte oder Bergbauernhöfe hoch über Toblach - das muss jetzt auch nicht mehr sein! Schließlich finden wir ein Plätzchen in der ziemlich noblen Pension "G. I.". Erst jetzt, wie ich ES gehen und sich aufs Bett setzen sehe, bekomme ich mit, wie sehr sein Sitzfleisch weh tun muss. Den ganzen Tag hat er aber nicht gejammert und sich nichts anmerken lassen - er ist halt wirklich ein Kämpfer. Nach einer warmen Dusche spazieren wir mit schweren Beinen durch das Zentrum Toblachs zur Pizzeria H., wo wir den Tag bei einer wohlverdienten Pizza ausklingen lassen.
Anmerkung zur Strecke: Da der Verbindungsweg Zettersfeld - Faschingalm nicht getrackt ist, konnte ich diese Verbindung im Routenplaner nicht eingeben.
Anmerkung zur Strecke: Da der Verbindungsweg Zettersfeld - Faschingalm nicht getrackt ist, konnte ich diese Verbindung im Routenplaner nicht eingeben.
Ich bin diese Etappe gefahren
am


Von BigB1ker –
Ein besseres Frühstück als heute hätte es kaum geben können - von Kuchen, frisch gebackenen Croissants über diverse Müslisorten bis hin zu Obstsalat und frischen Früchten wird am Buffet alles durchprobiert. Da rentieren sich die paar Euro mehr für die Unterkunft allemal. Mit einem ordentlichen Völlegefühl schwingen wir uns aufs Rad. Der Start verläuft doch nicht mehr ganz so rund wie an den beiden letzten Tagen, es dauert auch eine Weile, bis eine für den beleidigten Hintern halbwegs erträgliche Sitzposition gefunden wird - dabei darf ich ja überhaupt nicht jammern, wenn ich den Vergleich zu ES ziehe. Das enge, leicht ansteigende Höhlensteintal hinein macht ES, bekannt für seine zackigen Starts und Antritte, mit leichter Windunterstützung gut Tempo - im Wissen, dass der erste Scharfrichter des Tages bald kommen würde, begnüge ich mich damit, im Windschatten langsam auf Betriebstemperatur zu kommen. Erst der Toblacher See, dann auf der linken Seite ein erster Blick auf die Drei Zinnen, leider recht viel Verkehr. Aber der Misurinasee (1756m) ist schnell erreicht und es geht weg von der Hauptstraße. Die Rucksäcke lässt uns der nette Besitzer einer Imbissstube im Eingangsbereich deponieren, noch eine schnelle Banane, dann gehts los. Ein erster steiler Kilometer führt uns hoch zum Lago d'Antorno, wo nochmals kurz angehalten wird um das Postkartenmotiv der drei Zinnen auf der Kamera festzuhalten. Hoch oben knapp unterhalb der steilen Felswände sehen wir bereits unser Ziel, das Rifugio Auronzo (2320m). Ab jetzt wird es bis oben keine Pause mehr geben. Ab der Mautstation gibt es keine Verschnaufmöglichkeit mehr, dafür sind uns anerkennende Blicke der gemütlich dahinschlendernden Wanderer gewiss, wenn wir uns im Wiegetritt keuchend die steilen Kehren hocharbeiten. Leider halten auch die saftigen Mautgebühren viele Leute nicht davon ab, sich das Erreichen des Rifugio mit Hilfe eines motorisierten Untersatzes zu erleichtern - und so werden kräftig, anstatt wie bei uns die Pedale an unseren Fahrradkurbeln, die Pedale im Fußraum von PKWs und Reisebussen getreten und die Gasgriffe am Motorrad strapaziert, sodass man statt in frischer Bergluft immer wieder in Wolken aus Dieselstaub und Benzindämpfen dahinhüsteln muss. Schon recht weit oben sehe ich einen flotten Mountainbiker eine Kehre unter mir, der bereits an ES dran ist. Das spornt mich nochmals an, die letzten 200 Höhenmeter noch einen kleinen Zahn zuzulegen. Natürlich ist nicht bei der Hütte Schluss, sondern es wird der letzte Höhenmeter bis zum obersten Parkplatz herausgequetscht. Die riesigen Parkplätze und der ganze Rummel erzeugen hier irgendwie eine surreale Atmosphäre. Da stehen wir also direkt unterhalb der imposanten sich über uns auftürmenden Drei Zinnen und genießen den Ausblick in die hochalpine Bergwelt der Dolomiten: Hohe Gaisl, Cristallogruppe, Cadinigruppe, um nur ein paar wenige Namen zu nennen, sowie der Tiefblick bis nach Auronzo. Die höchsten Berggipfel sind bereits in Quellwolken gehüllt. Hier könnte man lange verweilen, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns und daher geht es in rasantem Tempo wieder hinunter. Die Auffahrt zum Passo Tre Croci gestaltet sich unspektakulär und auch der höchste Punkt liegt unscheinbar im Wald. Auf der Abfahrt nach Cortina wird am Straßenrand in der Wiese noch eine kleine Pause eingelegt und die vom gestrigen Einkauf noch prallen Rucksäcke etwas geleert. Ein paar Wespen sind offenbar von meiner Streichwurst und dem Apfel angetan und daher rollen wir schnell wieder weiter nach Cortina. In ganz Cortina finden wir keinen Brunnen, um unsere Wasserflaschen aufzufüllen, sowas würde es in einem österreichen Dorf nicht geben (außer vielleicht in Lassing...)! In der Mittagshitze nehmen wir den Anstieg Richtung Passo Falzarego/Passo Giau in Angriff. Bei einem Überholmanöver dann ein uriges "Griaß enk" - Tiroler Nachbarn aus Schwaz - die Welt ist klein! Nach Pocol dann ein Gasthaus und außen ein Wasserhahn - ein Segen für die trockenen Kehlen! Gleich darauf der Abzweig zum Passo Giau (2233m). Erst ein Flachstück, danach in vielen Kehren in schöner Landschaft kurzweilig hoch Richtung Passhöhe. Trotz des schweren Rucksacks wird eine Dreiergruppe italienischer Rennradler überholt und schon stehe ich zum dritten Mal in meinem Leben auf diesem Pass. Oben viel los, kleine Verkaufsstände am Straßenrand. Im Westen haben wir jetzt die Marmolada und das Sellamasiv im Blick. Schnell ein paar Fotos, dann gehts die 29 Kehren steil hinunter nach Selva di Cadore. Als nächstes steht die Forcella Staulanza (1773m) am Programm. Obwohl nur 400 recht flache Höhenmeter, bleibt die Geschwindigkeit bescheiden - der lange Tag fordert schön langsam seinen Tribut, den Blick auf die Felswände des Monte Pelmo und im Südwesten die Civetta am ansonsten unspektakulären Pass haben wir uns verdient. Während die Energiespeicher wieder aufgefüllt werden, rechne ich ES vor, dass sich zeitlich wohl noch auch der Passo Cibiana ausgehen sollte. Es bedarf schon einiger Überredungskunst um ihn auch noch zu diesem Anstieg, zumal laut Quäldich-Beschreibung recht unrhythmisch und für müde Beine nicht allzu fein, zu motivieren, aber die Aussicht auf einen Pass weniger morgen lässt uns doch noch einmal die Zähne zusammenbeißen. Außerdem haben sich die Quellwolken wieder etwas zurückgebildet und wer weiß, wie das Wetter morgen am Nachmittag ausschauen wird? Also schnell rein in die Abfahrt. Bei einem Brunnen mit Meerjungfrauskulptur wird nochmals Wasser nachgetankt, der Flüssigkeitsverlust ist an so heißen Tagen wie heute nicht zu unterschätzen. Überraschend schnell sind wir unten in Forno di Zoldo (858m) und rein gehts in die einsame Passstraße rauf zum Passo Cibiana (1530m). Natürlich ist so ein Anstieg - ich gebe es ja zu - am Ende eines langen Tages noch ein harter Kampf mit dem inneren Schweinehund, aber wir haben uns fast schon auf Schlimmeres eingestellt, die Passstraße ist nämlich gut ausgebaut und wider Erwarten recht angenehm zu fahren. Nach der engen Dorfdurchfahrt durch Fornesighe fährt jeder sein eigenes Tempo hoch zum Pass. Wir bereuen unsere Entscheidung nicht, diesen Pass auch noch angehängt zu haben, denn im schönsten Abendlicht schlängelt sich die Straße absolut verkehrsarm durch den Wald. Die Sonne steht mittlerweile tief, wir müssen uns sputen. Die Abfahrt vorbei an Cibiana ist eng und teilweise unübersichtlich, also aufpassen. Vor der Einmündung in die Hauptstraße nach Pieve di Cadore ist gar noch mal eine kleine Gegensteigung zu überwinden. In Venas di Cadore (858m), einem kleinen Dorf mit den typischen etwas heruntergekommen wirkenden italienischen Häusern, finden wir eine nette Unterkunft. Deutsch wird hier nur mehr wenig gesprochen, aber für ein Zimmer reichts. Die Dusch-, Klokombination ist etwas eigenartig, aber naja. Dafür haben wir einen kleinen Fernseher im Zimmer. Nach dem Duschen wird erstmals die Gurke, die heute all die Zeit den tollen Ausblick auf die Dolomitenlandschaft aus meiner Rucksackaußentasche - und das umsonst! - genießen durfte, feierlich geköpft. Danach gibts in der Pizzeria D. B. wieder leckere Pizza. Am WC der Pizzeria traue ich dann kaum meinen Augen - die Hocktoilette ist nochmals eine richtige Herausforderung für meine matten Oberschenkel! In der Unterkunft wird noch die komplette Chipspackung, die auch den ganzen heutigen Tag überlebt hat, vertilgt. Daneben wird der Marschplan für morgen festgelgt. Im italienischen TV versuchen wir die Wettervorhersage für morgen herauszubekommen - gar kein so leichtes Unterfangen, das Wetter wird mehrmals in 5 Minuten angekündigt, aber bis auf Werbung ist dann nie was zu sehen. Auch der Teletext ist nicht gerade informativ. Irgendwie typisch italienisch, denken wir und hoffen einfach das Beste für morgen, als wir das Licht ausschalten.
Ich bin diese Etappe gefahren
am
E4: Tag 4: Auf stillen Wegen durch die Friauler DolomitenTag 4: Auf stillen Wegen durch die Friauler Dolomiten
66,7 km
1304 Hm


Von BigB1ker –
Nach dem Aufstehen - es fällt von Tag zu Tag schwerer - als erstes ein prüfender Blick aus dem Fenster rauf zum Himmel - blau, kaum Wolken, passt. Das Frühstück dann eher nach italienischer Art und im Kaffeehausstil- zum Kakao ein kleines Weißbrot und ein warmes Croissant mit ein bisschen Marmelade - kein üppiges Buffet mehr wie gestern. So muss ich im Zimmer vor dem Start gar nochmals "nachladen" - zum Glück findet sich im Rucksack noch genug Brot und Streichwurst. So gestärkt kanns losgehen. Erst einmal gehts auf breiter Straße - mit traumhaften Ausblicken auf den Lago di Pieve di Cadore sowie den Monte Brentoni im Hintergrund - gemütlich hinab ins Piavetal. Dabei suchen wir verzweifelt nach einer halbwegs erträglichen Sitzposition - nach drei Tagen immer im Sattel ist das nicht mehr so leicht, wobei ich, wie gesagt, verglichen mit ES wirklich nicht jammern darf. Es geht durch Calalzo und Domegge nach Lozzo. Von hier bieten sich mehrere Möglichkeiten nach Comeglians an, entweder der nördliche Weg über den Cima Sappada oder der südliche Weg über den Passo di Mauria. Den geneigten Leser, der die Etappen der letzten drei Tage studiert hat, wird es wohl nicht überraschen, dass unsere Wahl auf den Weg durch die Mitte, über den Sella Ciampigotto, gefallen ist - schließlich sammelt man hier die meisten Höhenmeter. Und die Entscheidung für diese Route haben wir keinesfalls bereut. Nachdem wir die Ortschaft Vigo di Cadore passiert und nochmal die Wasserflaschen aufgefüllt haben, taucht die Straße in einen dichten Wald ein. Andere Verkehrsteilnehmer sind Mangelware, das Dahinpedalieren hat fast schon medidativen Charakter. Nach einem etwas länglichen, unspektakulären Flachstück mit nur wenig Höhengewinn am Torrente Piova entlang ändert sich der Charakter der Auffahrt schlagartig. Ich sehe vor mir eine steile Wand und hoch oben eine in den Fels gehauene Straßengalerie. Da gehts also hinauf! Ab jetzt gehts wieder zur Sache und die Prozente werden wieder größtenteils zweistellig. Die Straße ist in altehrwürdigem Stil erbaut, breit, mächtige Befestigungen im Fels, aber alles bereits in die Jahre gekommen. Bei teils spektakulären Tiefblicken gewinnt man schnell an Höhe. Immer im Wald kommt das Passschild vom Sella Ciampigotto (1790m) ziemlich unvermittelt. Hinter einer kleinen Gaststätte (wie man bei dieser Abgeschiedenheit hier von Gastronomie leben kann, ist uns ein Rätsel) findet sich eine Holzbank, die sich ideal zum Auffüllen der Kohlenhydratspeicher und Genießen der Landschaft (Monte Brentoni im Norden, Monte Tudaio im Süden) eignet. Bald gehts wieder weiter und erst einmal recht flach rüber zum Sella di Razzo (1760m). Kurzes Passfoto und weiter hinunter Richtung Val Pesarina. Die Abzweigung am Forcella Lavardet (1549m) wirkt irgendwie gespenstisch, wenn man gesehen hat, wie die asphaltierte Straße eine Kurve hinter der pompösen Abzweigung abrupt endet. Durch Wald geht es das ab hier ganz frisch (man hat fast das Gefühl extra für uns) aufgezogene Asphaltband das Val Pesarina und zum Schluss durch ein paar kleine idyllische Örtchen hinaus und schon stehen wir in Comeglians (553m). In der einzigen Herberge des Ortes wird Quartier bezogen, eine schnelle Jause, das Nötigste in die Trikottaschen gestopft und weiter gehts - der Monte Crostis (Panoramica delle Vetta) will nämlich noch bezwungen werden! Zeitlich liegen wir gut, erst früher Nachmittag. Es ist mittlerweile brütend heiß, der Schweiß fließt in Strömen, als wir uns das Sträßchen Richtung Tualis hocharbeiten. Immerhin fährt es sich ohne Rucksack viel entspannter als mit, da kann einen auch die steile Straße nicht drausbringen. Von unten weg säumen große Schilder den Straßenrand, mit Kilometer-, Höhen- und Steigungsangaben. Die Straße nur ein schmales Band, aber super ausgebaut, dem Giro d'Italia sei Dank. Was den Großen des Radsports nicht zugemutet wurde, das geben wir uns jetzt. Es geht uns ähnlich wie am zweiten Tag um Lienz: Die Auffahrt zwar steil, aber wir kommen in einen guten Rhythmus und das Fahren bleibt immer ein Genuss. Die Hitze hält sich - dem Wald sei Dank - in Grenzen. Andere Radfahrer begegnen uns gar keine und auch motorisierte Verkehrsteilnehmer bleiben - fein für uns - Mangelware. Haarnadelkurve folgt auf Haarnadelkurve. Erst auf den letzten 200 Höhenmetern verlässt man den Wald, aber um den Ausblick zu genießen, ist es noch zu früh, denn jetzt heißt es bei ein paar Rampen jenseits der 20% nochmals richtig die Zähne zusammenbeißen, aber bald ist der Kulminationspunkt auf 1934m erreicht. Die Sicht ist leider etwas diesig, die Berge im Hintergrund verschwinden im Dunst, und im Westen wirken die Wolken schon bedrohlich schwarz. Direkt uns gegenüber der Monte Zoncolan, mit einem leichten Schaudern denke ich unwillkürlich an morgen. Als wir die grob geschotterte, fast komplett flache Kammstraße im Schritttempo gen Westen rollen, einmal von einer gemütlich die Straße überquerende Schafherde zum Anhalten gezwungen, verstehen wir, warum man den Girotross nicht hierher geschickt hat - ein Rennradrennen hier muss wirklich nicht sein. Ehre, wem Ehre gebührt, aber die besten Straßenrennfahrer sollen sich dort messen, wo sie hingehören. Ohne Rennstress und wenn man sich Zeit lässt, ist aber die Kammstraße natürlich kein Problem und wir kommen auch durch, ohne unsere Ersatzschläuche zu benötigen. Am anderen Ende der Kammstraße ähnelt das Bild der Seite, von der wir hochgekommen sind: ein schmales Asphaltband schlängelt sich eng und unübersichtlich steil durch den Wald talwärts. ES beweist wieder einmal beste Abfahrerqualitäten. Wäre der Spitzname Il Falco - Der Falke nicht schon vergeben (nämlich an Paolo Savoldelli), so würde er ganz klar ES gebühren. Bei Gegenverkehr, theoretisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich, wäre es manchmal (vornehm ausgedrückt) echt eng geworden. Unten in Ravascletto beim Ausschütteln der vom Navigieren richtig brennenden Hände erklärt mir ES mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass es doch die herannahenden Gewitterwolken waren, die für diese flotte Abfahrtsweise verantwortlich waren. Und tatsächlich beginnt es leicht zu tröpfeln und so bringen wir auf der breiten Straße runter nach Comeglians den Asphalt nochmals richtig zum Glühen, 90km/h dürften stellenweise durchaus drinnen gewesen sein. Und tatsächlich kommen wir trocken in der Unterkunft an. Die Wolken sind zwar bedrohlich dunkel, aber interessanterweise bleibt es bis zum Abend fast komplett trocken. Nochmals 3 Stunden 15 Minuten haben wir für die Panoramica delle Vetta gebraucht, jetzt ist es noch nicht mal 17 Uhr und daher haben wir heute ausnahmsweise einmal einen etwas gemütlicheren Abend vor uns. Erst gehts einmal in dein einzigen Minisupermarkt im Ort Proviant auffüllen. Ein bisschen Obst bekommen wir, aber Brot ist in diesem Laden (und übrigens im ganzen Ort) nicht zu erstehen. Für Brot könnten wir es in einer Tankstelle außerhalb des Dorfes probieren, aber das Bauchgefühl sagt uns, dass auch dort nichts zu holen sein wird, und so lassen wir es bleiben. Wenigstens Infos zum morgigen Wetter kann uns der Greisler geben - "Piove", zwar unspezifisch und nicht gerade, was wir hören wollten, aber immerhin. Zum Abendessen gibt es Lachsnudeln - lecker! Unsere Gedanken konzentrieren sich eigentlich nur mehr auf morgen, der Monte Zoncolan ist das dominierende Thema dieses Abends. Die Quäldich Beschreibung der Westauffahrt wird bis ins Letzte Detail studiert. Sie klingt wie ein Schauermärchen. Werden wir das mit unseren schweren Rucksäcken schaffen? Mit etwas ungutem Gefühl schlafe ich ein. Unspezifische Träume über Anstiege mit nicht für möglich gehaltenen Rampen jenseits von Gut und Böse und unmenschliche Torturen, dazwischen kurze Bilder eines entthronten, gedemütigten Pedalritters, der seinen Drahtesel neben sich herschieben muss, begleiten mich durch die Nacht.
Anmerkung zur Strecke: Die Auffahrt auf den Monte Crostis ist nicht getrackt und daher konnte ich sie im Routenplaner auch nicht eingeben. Die heutige Etappe war also gut und gerne nochmals 30km länger und um 1400 Höhenmeter reicher als oben in den Streckendaten angegeben.
Anmerkung zur Strecke: Die Auffahrt auf den Monte Crostis ist nicht getrackt und daher konnte ich sie im Routenplaner auch nicht eingeben. Die heutige Etappe war also gut und gerne nochmals 30km länger und um 1400 Höhenmeter reicher als oben in den Streckendaten angegeben.
Ich bin diese Etappe gefahren
am


Von BigB1ker –
Kurz vor 7 Uhr - der Wecker reißt mich unbarmherzig aus unruhigem Schlaf. Der Blick aus dem Fenster bewahrheitet die Befürchtungen, nasse Straßen, tief hängende Wolken, momentan aber zumindest kein Regen von oben. Das Frühstück kein Buffet, aber immerhin etwas mehr als gestern. Just als wir losradeln wollen, fängt es wieder an zu regnen. Was tun? Irgendwie wollen weder ES noch ich den ersten Schritt tun, und so stehen wir unschlüssig sicher so eine halbe Stunde auf der Türschwelle, argwöhnisch den Himmel beobachtend. Als es dann wirklich kurz den Anschein hat, als ob der Niederschlag nachlässt, raffen wir uns auf. Erst noch ganz vorsichtig, um durch das Spritzwasser vom nassen Straßenbelag nicht allzu nass zu werden, rollen wir Richtung Ovaro (525m). Es ist aber hoffnungslos - bis Ovaro sind wir schon klatschenass - auch meine Plastiktüten über den Socken haben da nicht mehr wirklich geholfen. Noch eine letzte Verschnaufpause, Regenjacke aus, ein Schluck aus der Trinkflasche, tief durchatmen, dann gehts los - die Radlerehre steht am Spiel! Bis Liariis ist der Anstieg zum Monte Zoncolan noch nicht außergewöhnlich, aber danach gehts echt zur Sache. Die Straße wird enger. Rampen, wo man meint, sie müssten sich jeden Moment zurücklehen, werden gemeinerweise ohne Ende steiler und steiler. Die Steilheit zwingt mich aus dem Sattel, die Straßenbreite wird für Schlangenlinien voll ausgenützt, Kurven - und das kommt bei mir wirklich selten vor - ganz außen gefahren. Dennoch habe ich ein gutes Gefühl. Der Puls hält sich mit Maxima knapp über 150 eigentlich auch in Grenzen. Der Regen wird stetig stärker. Schriftzüge großer Radrennfahrer überziehen den guten Asphalt (die meisten Fans hatte wohl Roman Kreuziger, alle paar Meter riesige Kreuzspinnensymbole, aber auch diverse Italiener und Contador kommen oft vor),und jede Kurve ist nach einer Radsportlegende benannt samt großem Bild der sich Berge hochkämpfenden Meister (Fausto Coppi, Francesco Moser, Miguel Indurain etc.). Auch wenn man ganz alleine ist, kommt da Gänsehautfeeling auf. Der Himmel öffnet währenddessen so richtig seine Pforten, richtig kleine Bäche rinnen die Straße runter. Ein Schwammerlsucher in Regenponcho marschiert kopfschüttelnd an uns vorbei, ansonsten nur ein paar Kühe. Meine Beine fühlen sich gut an, spätestens hier weiß man das konsequente ganzjährige Training zu schätzen. Hitze ist kein Thema, es wird immer kühler. Die Steigung lässt nach, teilweise gönne ich mir sogar den Spaß und schalte ein, zwei Gänge hoch. Wir tauchen in Nebel ein, kondensierender Atem, das nasse Trikot dampft, frischer Wind kommt auf. Die flacheren Tunnelpassagen werden erreicht, dann ein letzter Stich, am Bild des jubelnden Gilberto Simoni vorbei und der höchste Punkt am Monte Zoncolan (1740m) ist erreicht. Von Tualiis weg ohne absteigen, immer noch mit etwas Reserve. Mensch, was willst du mehr (naja, wenn man schon so blöd fragt, vielleicht nächstes Mal nicht mit Kompaktübersetzung (34-27), sondern klassisch mit 39er Kettenblatt vorne;-))? Glück und Erleichterung. Aber die Realität mit dem unwirtlichen Wetter holt mich gleich wieder ein. Schnell die klatschnassen Socken gewechselt und rein in wärmende Kleidung. Bald darauf ist auch schon ES da, auch er hat das vermeintliche Monster ohne Absteigen bezwungen, Kompliment! Schnell ein paar Fotos, dann nichts wie hinab. Die Zähne klappern, die Sicht ist schlecht, die Bremswirkung auf der teilweise bis zu 25% steilen, schmalen Abfahrt, manchmal direkt neben der Schitrasse, lässt zu wünschen übrig. Das ist nichts für schwache Nerven. Ich bin froh, als wir bei einer hässlich in der Landschaft plazierten Liftstation auf ca. 1400m auf die breite und gut ausgebaute Straße nach Sutrio kommen. Ab hier ist es, wenn man das bei dem strömenden Regen sagen kann, nur mehr Routine. Jedoch beginnt bei der Abfahrt mein Steuersatz, schon seit längerem nicht mehr der beste, zu ruckeln. Ich ziehe ihn zwar mit meinem Werkzeug wieder an, aber so ein richtig gutes Gefühl habe ich die gesamte restliche Tour damit nicht mehr - aber gut, das Rad hat mich bis zum Schluss der Tour nicht im Stich gelassen. Klatschnass und fröstelnd wird in Sutrio (570m) kurz Rat gehalten, aber es ist klar, dass der Passo del Cason di Lanza und Fahrt bis zum Nassfeld so wie ursprünglich geplant heute kein Thema mehr ist (obwohl man natürlich dem Namen NASSfeld wohl selten so gerecht werden würde wie heute). Wir wollen nur noch irgendwie über die Grenze und ohne lange Pause (um nicht die wenige noch in unseren Körpern verbliebene Restwärme komplett zu verlieren) nehmen wir die restlichen 800 Höhenmeter auf den Plöckenpass in Angriff. Der viele uns anspritzende Verkehr ist uns mittlerweile egal - nass ist nass. Für den am Monte Zoncolan gestählten Radler ist der Plöckenpass ein Klacks - nie besonders steil zieht die Straße schön nach oben. Zweimal lese ich sogar Forza und meinen Namen am Asphalt - da lasse ich es mir nicht nehmen, aus dem Sattel zu gehen, vorne auf die große Scheibe zu schalten und einen kleinen Zwischenspurt anzuziehen! Die Passhöhe (1357m) ist bald erreicht, rein in die Regenjacke, die aber auch nicht mehr richtig hilft und dann einfach möglichst schnell wieder runter. Der Straßenbelag auf nördlicher Seite ist in erbärmlichem Zustand und von Schlaglöchern übersäht, ich fahre aus Sorge um meinen Steuersatz ziemlich vorsichtig. Warm wird uns bis Kötschach-Mauthen nicht mehr. Die ersten beiden privaten Vermieter, wo wir um Unterkunft ansuchen, müssen uns zwar abweisen, aber wir in unseren triefenden Klamotten und am ganzen Leib zitternd müssen einen ziemlich erbärmlichen Eindruck gemacht haben, so hilfsbereit, wie sie uns bei der weiteren Unterkunftssuche halfen. Die zweite Frau hat sogar gleich in der Pension L. angerufen und zwei geschwächte Radler vorangemeldet! Naja, die warme Dusche dort war dann wirklich ein Genuss. Wieder aufgewärmt, meldeten sich sodann unsere Mägen zu Wort, die wir heute noch sträflich vernachlässigt haben und die endlich versorgt werden wollen. Es geht also zum nahe gelegenen Lidl. Dass wir den Supermarkt mit berstenden Einkaufssäcken verließen, war eigentlich eh zu erwarten. Auf der Unterkunft wird dann schon mal richtig gemampft (Dosenfisch, Kirschstrudel als Nachspeise). Das hindert uns aber nicht, trotzdem noch richtig Abendessen zu gehen, und zwar ins Restaurant Reiter - das Hirschragout dort habe ich auch noch mit gutem Gewissen verdrückt. Der restliche Abend steht im Zeichen der Planung der Heimfahrt. Zum Glück steht in der Lobby der Pension ein Computer mit Internetanschluss, wo hier die diversen ÖBB-Fahrplan nachschlagen können. Man möchte meinen, im Vergleich zu unseren bisherigen Erlebnissen wäre der Heimweg nach Wien bzw. Innsbruck nun ein Kinderspiel, doch da haben wir die Rechnung wohl ohne den Wirt (ÖBB) gemacht...
Ich bin diese Etappe gefahren
am
E6: Tag 6: Der vermeintlich leichte Weg zurück nach HauseTag 6: Der vermeintlich leichte Weg zurück nach Hause
123,9 km
1898 Hm

Pässe: Gailbergsattel, Felbertauern, Pass Thurn
Alpen, Osttirol, Hohe Tauern, Gailtaler Alpen, Tirol, Salzburg, Kärnten


Von BigB1ker –
Kötschach-Mauthen hat zwar theoretisch einen Bahnhof, aber von dort samt Fahrrad per Bahn nach Hause zu gelangen, erweist sich als praktisch unmöglich und würde geschätzte 3 Tage mit 20 Mal umsteigen bedeuten. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als unsere müden Körper nochmals auf die Drahtesel zu schwingen. Ein kleiner Lichtblick am Morgen ist, dass es über Nacht zu regnen aufgehört hat, laut der gestrigen Wetterprognose war das ja nicht so klar. Der zweite Lichtblick dann das üppige Frühstücksbuffet. Das genüßliche Spachteln wirkt sich auch positiv aufs Gemüt aus, und als wir dann bei zwar bei recht frischen Temperaturen und noch etwas feuchter Straße, aber ansonsten trocken, starten, erscheint uns alles nur mehr halb so wild. Die 300 Höhenmeter auf den Gailbergsattel (982m) sind unspektakulär und schnell überbrückt. ES hat bis hierher jegliche Berührung des wunden Sitzfleisches mit dem Sattel vermieden, und das wird sich für den Rest der heutigen Etappe auch nicht mehr wesentlich ändern. Runter gehts Richtung Drautal und ehe wir uns versehen sind wir schon in Oberdrauburg. Die verbleibenden rund 20 Kilometer nach Lienz mache ich bei leichter Windunterstützung nochmals gut Tempo. ES gibt sich auch jetzt keine Blöße und hält, immer aus dem Sattel, nie sitzend, ohne mit der Wimper zu zucken locker mit. Ich bin nun doch noch recht gut in die Gänge gekommen, das hätte ich mir in der Früh nach dem Aufstehen nicht gedacht. In Lienz muss nun erstmals die weitere Vorgehensweise abgeklärt werden. Wir kommen bald drauf: ÖBB und Fahrradtransport heute -vergiss es. Nach einigem Herumgetüftel und Hin und Her am Schalter findet ES doch noch eine Möglichkeit, wieder heim nach Wien zu gelangen: Mit dem Regionalzug wird er nach Villach fahren, dort in einem Radgeschäft eine Radtasche erstehen, mit deren Hilfe er schließlich sein Rennrad als Handgepäck nach Wien wird schmuggeln können. Ich begleite ES noch auf den Bahnsteig. Er kann nun wohlverdient im Zugabteil alle Viere von sich strecken. Mir steht noch eine Kleinigkeit bevor. Normalerweise ist ja der Weg von Lienz nach Innsbruck, der Pustertalbahn und dem Brenner sei Dank, kein Problem. Nur, diesen Sommer ist die Brennerstrecke wegen Sanierungsarbeiten gesperrt. Es gibt zwar einen Schienenersatzverkehr, wenn man jedoch ein Rad zu transportieren hat, hilft der halt auch herzlich wenig. Natürlich könnte ich mich mit dem Zug bis zum Brenner durchschlagen, aber da wäre ich mit dem Bummelzug, der in jedem Dorf hält, ewig unterwegs und die Abfahrt vom Brenner nach Innsbruck bei den frischen Temperaturen sieht mich schon überhaupt nicht an. Zugegebenermaßen etwas verärgert über die Bahn und deren Service für den Radfahrer, mache ich also kurzen Prozess und gehe, da das Wetter sich auch recht gut entwickelt hat - die Straßen sind jetzt auch wieder mehr oder weniger trocken - eine Möglichkeit an, die ich mir gestern als Notlösung überlegt habe und die seitdem beständig in meinem Hinterkopf gekreist ist. Ein Mann der Tat, setzte ich mein Rennrad ein weiteres Mal in Bewegung und mache mich nach Norden ins Iseltal auf. Es zieht sich schon, bis ich endlich in Matrei i.O. angelangt bin und die Motivation ist teilweise auch nicht mehr die höchste. Nach Matrei ist es aber endlich so weit, die breite Straße beginnt stetig anzusteigen und das merkliche Gewinnen an Höhe setzt ein - nun bin ich wieder in meinem Element und meine Stimmung bessert sich blitzartig um Welten. Natürlich ist viel los auf dieser Hauptverkehrsstraße, aber das bringt mich jetzt auch nicht mehr aus der Ruhe. Bald habe ich das Portal des Felbertauerntunnels (1632m) erreicht, die Sicht ist aufgrund der tief hängenden Wolken leider ziemlich eingeschränkt, wäre aber, glaube ich, auch bei gutem Wetter nicht besonders spektakulär. Das Shuttleservice für Radler durch den Tunnel ist vorbildhaft, auch wenn es seinen Preis hat (18€). Ohne Wartezeit bringt mich ein Bediensteter der Tunnelwarte auf die Salzburger Seite. Die Wolken haben sich hier bereits etwas weiter nach oben verkrochen und gar nicht weit über mir sind die Wiesen und Wälder bereits weiß angezuckert. Fröstelnd jage ich die Straße hinunter nach Mittersill. Hier dann die nächste Entscheidung: Die Fahrt das Salzachtal entlang nach Zell am See (hier gäbe es dann sicher einen Zug mit Fahrradtransportmöglichkeit) sieht mich nicht so richtig an), irgendwie lacht mich der Pass Thurn an, noch dazu fehlt mir dieser Pass noch in meinem Rennrad-Pässe-Palmarès. Gesagt, getan. Auf der angenehm zu fahrenden Auffahrt wird mir wieder wohlig warm. Bald bin ich oben am Pass Thurn (1274m), ein schnelles Foto, rein in warme Klamotten und runter Richtung Kitzbühel. Dort ist aber nun endgültig Schluss. Der Bahnhof ist schnell gefunden die letzten 80 Kilometer lasse ich mich nun doch gerne von der ÖBB heimchauffieren. Auf der rund einstündigen Zugfahrt nutze ich die Gelegenheit um die einmalige Tour nochmals Revue passieren zu lassen. Ich muss zugeben, daheim steige ich schon mit leicht wehmütigem Gefühl aus dem Zug, übermorgen wird mich der Alltag und die Arbeit wieder fest im Griff haben. Aber gleichzeitig denke ich, dass das sicher nicht unsere letzte Tour gewesen sein wird. Der nächste Sommer kommt bestimmt...
Ich bin diese Etappe gefahren
am