Von majortom – Acht Etappen nehmen wir uns Zeit, um ausgehend vom hübschen Städtchen Tarbes in den zentralen und östlichen Pyrenäen an Pässen alles abzuklappern, was Rang und Namen hat. Leider ohne den katalanischen Teil, dafür aber mit einer Prise Pyrenäen-Geheimtipps auf der französischen Nordseite.
Streckenänderungen vorbehalten!
quäldich-Reise Pyrenäen-Klassiker
Dies ist die offizielle Strecke der quäldich-Reise Pyrenäen-Klassiker vom 5. bis 14. September 2020.
Von majortom – Irgendwann gab es einmal ein Foto im quäldich-Kalender mit dem Titel "Nebelstimmung am Port de Balès". Wohlwollende Menschen könnten auch der heutigen ersten Etappe der Pyrenäen-Klassiker diesen Namen geben. Aber realistisch betrachtet kam beim Entstehen des Kalenderbilds auf den letzten drei Kilometern des Passes die Sonne raus. Was wir heute leider nicht für uns beanspruchen können.
Von Beginn an: schon gestern sind wir bei unseren neuen Freunden Magali und Christian im zwar einfachen, aber sehr herzliche geführten Hotel in Tarbes angekommen. Der Prolog rund um Tarbes war als nicht geguidet ausgeschrieben, aber natürlich haben Mark und Rupert ihn trotzdem geguidet und wurden auf terra inkognita mit 15-prozentigen Rampen konfrontiert. Während der Reiseleiter sich noch im Zug eines senilen Senioren-Lustmolchs erwehren musste. Die Stimmung war gestern Abend schon sehr gut, und auch am heutigen Morgen war die Vorfreude größer als die Nervosität, zumindest wenn man das ungeduldige Scharren mit den Hufen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer so interpretieren möchte. Wir sind trotz tief hängenden Wolken und nassen Straßen heiß auf die Pyrenäen.
Die ersten 70 Kilometer bis zur Mittagsverpflegung wurden als "flaches Einrollen" angekündigt, ein abermaliger Beweis dafür, dass Erinnerungen mit der Zeit idealisiert werden, denn der 2015 schon hier gewesene Berichterstatter wusste nicht mehr so recht, dass es eher ein Sägezahnprofil ist, ein Auf und Ab, das in unserem Höhenprofil einfach durch den heute alles überragenden Port de Balès untergeht. Eigentlich wollte ich ja heute wieder als der Tony Martin der entspannten Gruppe meine Mitstreiter an der Spitze bis in den Berg führen, doch ich habe die Rechnung ohne Christian und Philipp gemacht, die ihren Anteil an der Führungsarbeit einfordern. Das Tempomanagement ist hervorragend, und wir fahren geschlossen über die Hügel und Wellen.
Die großartige Sylvia hat (es ist noch zu klären, ob mangelhafte ihr zur Verfügung gestellte Koordinaten dafür verantwortlich sind) den Verpflegungscruiser in einem hübschen Wohngebiet geparkt, so dass uns die Hunde der Villenbesitzer durch den Zaun hinweg anjaulen und ihren Teil an unserem Hygiene-konformen Buffet einfordern. Wie üblich hat Sylvia keine Kosten und Mühen gescheut, und wir bekommen mal wieder alles was das Herz begehrt. Kudos für Sylvia.
Womit wir den Löwenanteil der Strecke, nicht jedoch den Löwenanteil der Höhenemter bewältigt hätten, und nur noch der Port de Balès trennt uns vom Ziel. Gestern ist das Tour-Peloton hier drüber, viele Spuren auf der Straße haben sie nicht hinterlassen. Die meisten Anfeuerungs-Schriftzüge entfallen auf Pavel Sivakov, der zwar Russe ist, aber in der Haute-Garonne aufgewachsen ist und lebt. Der Port de Balès ist vor allem wegend es unrhythmischen Profils eine harte Nuss. Flachpassagen wechseln sich mit Passagen im zweistelligen Steigungsbereich ab, und es ist unmöglich, einen Rhythmus zu finden. Weswegen ich mich auf meinen Formrückstand berufe, vorausschauend schon mit zum Hotel freigegeben habe (was aber so oder so Sinn ergibt, denn es wäre völliger Unsinn, die Gruppe an der Passhöhe zu sammeln, wenn die Abfahrt quasi bis zum Café de la Paix geht, das uns gerade Grimbergen Blanche und Panaché (und Sylvia ihren Spritz) serviert.
An der Passhöhe: Sichtweise etwa 50 m, Nieselregen. Die Wolken hängen tief. Mitleidige Blicke von den Kühen, die am Straßenrand widerkäuen. Ich denke an Philipps Kommentar: "Wir warten im Pool auf euch."
Unsere Grüße des Tages gehen an die Crew der Pyrenäen Atlantik-Mittelmeer (die gestern - mea culpa - etwas enger zusammen rücken mussten), sowie an Jan und Kollegen in Chiavari, die vielleicht besseres Wetter, aber defintitiv die schlechteren Tagesberichte haben!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Von Tarbes aus sieht man den Kamm der Pyrenäen am Horizont, und insbesondere der eindrucksvolle Pic du Midi möchte uns so schnell wie möglich ins Gebirge locken. Doch zunächst fahren wir durch das Pyrenäenvorland und arbeiten uns ein wenig nach Osten vor, die Berge stets im Blick. Die Vorfreude steigt also stetig. Auf zwei kleine Hügel folgt eine längere Flachpassage, und erst – ungewöhnlich für eine quäldich-Reise – nach knapp 70 Kilometern erreichen wir Mauléon-Barousse, wo der Anstieg zum Port de Balès beginnt. Es handelt sich um ein verwegenes kleines Sträßchen mit einigen steileren Rampen, doch im oberen Teil offenbaren hier die Pyrenäen ihre ganze einsame Schönheit mit Weitblicken bis zum Pyrenäenhauptkamm. Und nach einer schönen Abfahrt sind wir auch schon im Etappenziel Bagnères-de-Luchon angekommen.
Von majortom – Col de Portel statt Risikogebiet. Der ursprünglichen Planung unserer Reise zufolge wäre die zweite Etappe der Pyrenäen-Klassiker auf die katalanische Südseite der Pyrenäen gegangen. Doch Corona zwang uns - wie so oft - zu etwas Kreativität und Improvisationstalent. Aber natürlich wachsen wir mit unseren Aufgaben und haben einfach mal eine Mystery-Etappe über den Col de Portel nach Foix aus dem Hut gezaubert. Inzwischen wissen wir: die Etappe war mindestens ebenbürtig, der Col de Portel ein Wolf im Schafspelz, und ganz oben hat man sensationelle Aussicht auf den Pyrenäen-Hauptkamm (theoretisch, da in den Wolken verborgen), und auf der anderen Seite weit ins Flachland, gewissermaßen bis zum Eiffelturm. Und auch Foix ist ein schöner Ersatz-Etappenort, unglaublicherweise sogar ohne Menu sportif.
Ente auf dem Salat zur Vorspeise.
Eine schwere Entscheidung am Morgen ist die der richtigen Etappenvariante. Variante A hat weniger Höhenmeter, aber ist ein paar Kilometer länger. Die sportiven uns ausdauernden wollen vor uns im Ziel sein und wählen also die kürzere Etappenvariante. Während meine entspannte Gruppe sich auf die A-Variante begibt. Beide Varianten beginnen mit 23 flachen Kilometern das Garonne-Tal hinunter. Schon nach wenigen Kilometern sehen wir Marks ausdauernde Gruppe vor uns, ersparen ihnen jedoch die Höchststrafe, von den entspannten überholt zu werden. "Wir überholen sie dann im Pass, das ist noch demütigender", gebe ich Philipp, der wieder für uns den Wind bricht, als Arbeitsanweisung.
Etwa 300 Höhenmeter hat der Col des Ares, unser erster Passjagd-Claim für heute, mit dem wir Boden auf Jan gutmachen (der in Ligurien ja nichts neues fährt und deswegen in Passjagd-Hinsicht ebenfalls eine Lektion in Demut erhalten wird). Ein eifelesker Pass in der Haute-Garonne; auch dies ein dezenter Hinweis an Jan, der ja oft und gerne in grenzenloser Überheblichkeit Pyrenäen-Pässe als schwarzwaldesk disqualifiziert. Die ausdauernde Gruppe steht kollektiv an der Passhöhe, und Mark bläst sofort zum Aufbruch; vermulich ist er in Sorge, noch häufiger von uns in Grund und Boden gefahren zu werden. Kurze Zeit später sehen wir sie auf einer Bar-Terrasse in Aspet sitzen. Auch Christian ist unterkoffeiniert, und so halten wir auch an, fahren aber sofort weiter, als klar wird, dass die Bar kein Wasser mehr für die Kaffeemaschine hat.
Also auf in den hügeligen Teil, der uns vom Salat-Tal trennt. Es sind vielleicht ein paar Höhenmeter mehr als veranschlagt, aber was solls. Wir fahren es mit Flow. Was auch für die etwa 20 km im Salat-Tal nach Saint-Girons gilt, die wir nach einer Kaffee- und Cola-Pause mit Druck auf dem Pedal in Angriff nehmen. Sylvia erwartet uns auf der Place Guynemer in Saint-Girons, wo wir unter kritischen Augen der renitenten Grundschullehrerin und der saintgironser Dorfjugend erneut herorragend verpflegt werden.
Wir schalten vom Flow- in den Relaxed-Modus, denn wir haben schließlich noch einiges vor uns. Nämlich den Col de Portel, der nicht nur 1000 Höhenmeter hat, sondern auch noch sechs bis acht Vor- und Nachpässe, so dass wir hier in der Passjagd richtig Fahrt aufnehmen könnten. Es geht ganz zahm los, und anfangs setzen sich noch zwei ältere Rennrad-Herren in unsere Gruppe. Doch sobald es steiler wird, haben sie natürlich keine Chance mehr, und wir lassen sie gnadenlos hinter uns. Auf der anderen Seite fährt natülich schon längst jeder sein eigenes Tempo und kümmert sich nicht mehr groß um das Tempo der anderen.
Auf einsamer Straße klettern wir durch den Pyrenäen-Wald, und ich habe wegen des rauen Asphalts den Tour-de-France-Kommentar von Eurosport im Kopf, wo sich Jens Heppner in penetranter Regelmäßigkeit darüber ausließ, dass "der französiche Asphalt ja garnich rollt". Es ist eine traumhafte verkehrsfreie Auffahrt, doch so richtig grandios wird es erst auf den letzten drei bis vier Kilometern, als die Sicht in Richtung Hochpyrenäen im Süden frei wird. Ein Flachstück, eine letzte Kehrenkombination, und wir stehen an der Passhöhe, wo sich dann auch in nördlicher Richtung ein toller Ausblick ins Flachland ergibt. Schöner kann es auch in Katalonien kaum gewesen sein.
Eine lange Abfahrt und etwa sieben Nachpässe trennen uns noch vom Etappenort Foix. Wo leider in den engen Gassen der Altstadt der GPS-Empfang verloren geht, und wir etwas improvisieren müssen, um zum Hotel zu kommen. Aber das quäldich-Kollektiv bevölkert dort schon - hygienegerecht - die Schmutzbier-Terrasse. Eine erneut sensationelle Etappe liegt hinter uns.
Ursprünliche Etappenbeschreibung
Die alternative Etappe zum Risikogebiet Katalonien. Wir bleiben auf der französischen Nordseite der Pyrenäen, und nach etwas mehr als 20 km Einrollen geht es in den ersten kleinen Pass, den Col des Ares. Dann fahren wir durchs hügelige Pyrenäen-Vorland, bis wir bei Kilometer 65 auf das Salat-Tal treffen und diesem bis Saint-Girons folgen. Es beginnt der einsame, schöne Anstieg auf den recht wenig bekannten Col de Portel, von dem aus wir schöne Ausblicke auf den Pyrenäenhauptkamm genießen. Über den Vorpass Col de Marrous fahren wir ab in den hübschen Etappenort Foix. Eine lange, aber nicht allzu schwere Etappe.
Von majortom – Die Messlatte liegt hoch, schließlich hat unser Oberchef Jan den Port de Pailhères wiederholt als schönsten Pass der Christenheit bezeichnet. Dabei hat Jans Autorität ja deutlich gelitten, weil seinen Berichten zufolge seine Gruppe in Ligurien ja kaum Radfahren ist, sondern nur ein Bar-Hopping von Ort zu Ort macht. Oder wie heute ein (auf eigenen Wunsch hin anonymer) Teilnehmer sagte: "Nach der Hälfte des Berichts konnte ich nicht mehr nachvollziehen, wer wann wo Wasser holen war." Aber reden wir lieber über den Pailhères statt über weichgekochte Nudeln mit Barilla-Pesto aus dem Glas, das Jans arme zersplitterte Meute in divensen ligurischen Pinten serviert bekommen hat. Als ich vor 5 Jahren in den Pyrenäen war, hatten wir am Pailhères ähnliche Bedingungen wie auch vorgestern am Port de Balès: Nieselregen, tief hängende Wolken, man sah kaum die Hand vor Augen. (Wer nachlesen möchte, wie wir damals stattdessen Pansenwurst geschlemmt haben, kann das hier tun.) Umso mehr freuen wir uns, den schönsten Pass der Christenheit heute bei strahlend blauem Himmel und besten äußeren Bedingungen zu fahren.
Die Etappe heute ist wieder Mystery und der Corona-bedingten Deiberisierung der Reise geschuldet. Inzwischen wissen wir: es war nicht nur wegen des Wetters die schönste Etappe bislang. Wir bei quaeldich.de sind ja erklärte Fans der französischen (oder ligurischen) Landstraße an sich, und so freuen wir uns über das dichte Pässenetz im Grenzgebiet zwischen Ariège und Aude, die uns heute sogar drei verschiedene Etappenvarianten erlauben. Rupert, mit großem Tatendrang, schart sofort eine Gruppe C um sich, die die längste Variante mit 3300 Höhenmetern fahren möchte. Erstaunlicherweise vergrößert er damit sogar seine ursprüngliche sportive Gruppe. Sowohl die ausdauernde als auch die entspannte Gruppe entscheiden sich dagegen für die A-Variante.
Für alle Gruppen geht es hinaus aus Foix, leider zunächst auf der etwas stärker befahrenen D117, aber das ist in den Pyrenäen wie übliche in Luxusproblem, denn viel Verkehr gibt es hier nie. Die C-Gruppe schlägt sich dann zur Hauptstraßenvermeidung links in die Berge und sammelt (Passjagd, Jan!) noch zwei zusätzliche Pässe ein. Für alle anderen beginnt der einsame Abschnitt erst in Belesta, wo es in einen Pass mit dem melodischen, aber auch etwas martialisch klingenden Col de la Croix des Morts geht. 500 Höhenmeter auf 7 km, sehr unrhythmisch und deswegen nicht so leicht zu fahren. Gleichzeitig aber auch irgendwie - es liegt vermutlich am Sonnenschein - irgendwie südländisch anmutend, wie in abgelegenen Regionen der Provence oder so. Von wegen schwarzwaldesk.
Danach geht es über ein Hochplateau, und auf einmal offenbaren sich uns die schon vor Tagen angekündigten traumhaften Blicke auf die hohen Pyrenäen. Die ausdauernde Gruppe bleibt immer in Sichtweite, was natürlich dazu beiträgt, das Tempo höher zu halten als unbedingt nötig. Vielleicht nicht so klug, wenn man bedenkt, was noch kommt. Nach einer schönen Serpentinenabfahrt vom Col des Reyes geht es sofort nahtlos weiter in eine steile Rampe zu einem noch namenlosen Pass, und kurze Zeit später stehen wir bei der wie immer schon seit mindestens 50 km ersehnten Verpflegung bei Sylvia. Heute ist sie um halb sechs oder so aufgestanden, um für uns Tomaten-Mozzarella-Salat zu machen. Grandios.
Beinahe wäre ich, dem Formrückstand Tribut zollend, ins Begleitfahrzeug gestiegen, fehlt noch nur noch eine Abfahrt ins Aude-Tal und die 1200 Höhenmeter zum Port de Pailhères. Aber es ist ja der schönste Pass der Christenheit, und da kann ich mich heute nicht aus der Affäre stehlen und muss die Etappe zuende fahren. Schon die Abfahrt in die Aude-Schlucht ist wunderschön. Der Pailhères beginnt ganz zahm, zeigt dann aber mit längeren Passagen zwischen 9 und 11 Prozent auch sein fieses Gesicht. Was aber weitestgehend unerheblich ist, denn der Pailhères ist einfach wunderschön. Ein grandioser Serpentinenhang, mitleidig blickende Schafe, die Umgebung felsig-hochalpin (bzw. hochpyrenös). Und kurz vor der Passhöhe dann ein Ausblick ins Flachland, der hier sogar weit bis über den Eiffelturm hinaus reicht. Wir verneigen uns also virutell vor Jan und erkennen an: der Pailhères ist der schönste Pass der Christenheit.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Durch die Etappenverschiebung fahren wir nun schon auf der dritten Etappe über den Port de Pailhères, der mit seinem sagenhaften Serpentinenhang vielen als der schönste Pass der Pyrenäen gilt. Der Weg dorthin verläuft wieder durch hügeliges Gelände, und mit dem Col de Rives und dem Col des Aychides sammeln wir noch ein paar kleiner Pässe ein, bevor wir den Pailhères in Angriff nehmen. Abfahrt nach Ax-les-Thermes, wo wir zwei Nächte bleiben.
Von majortom – Bei quäldich gibt es keine Ruhetage. Es gibt nur Etappenorte, an denen wir zwei Nächte bleiben. Gefahren wird immer. Oft sind sogar die vorgeblichen Ruhetagsetappen die härtesten Tage, und das Beine hoch legen keine Option, weil unsere Streckenplanerinnen und Streckenplaner auch noch ein besonderes Highlight einbauen, das zu verpassen eine Sünde wäre. So auch die ursprüngliche Planung der Pyrenäen-Klassiker, bei der wir gestern aus Spanien über Andorra nach Ax-les-Thermes gekommen wären und heute eine Rundtour mit dem Col de Pailhères gemacht hätten. Aufmerksame und mittelaufmerksame Leser unseres Blogs werden es jedoch schon mitbekommen haben: die Planung ist dieses Jahr etwas verändert. Gestern sind wir über den Pailhères gekommen - was sensationell schön war bei strahlendem Sonnenschein - und heute wäre es nach Andorra gegangen. Wäre. Denn leider hat der Regen heute etwas unsere Moral zersetzt.
Schon gestern haben wir voraussehend eine mögliche Alternativtour über Col de Chioula und Col de Pradel geplant, bei der wir nicht ganz so hoch rauf müssen. Jede weitere Entscheidung wurde auf 10 Uhr vertagt, da das Regenradar gestern Abend noch ein regenfreies Fenster zwischen 10 und 14 Uhr voraus gesagt hat. Noch während des Frühstücks prasselt der Regel jedoch auf den Wintergarten an der Ariège herab, und wir vertagen uns erstmal auf 11 Uhr. Da regnet es allerdings auch noch, also reservieren wir erstmal einen Tisch in der nahe gelegenen Pizzeria zum Mittagessen und wollen uns um 14 Uhr wieder treffen. Als wir kurz nach eins - nach Andouillette und Burgerpizza - vom Mittagessen kommen, sieht es tatsächlich ganz gut aus. Doch dann geht ein erneuter schauer runter, während wir uns umziehen. Whatsapp von Rupert: "Hast du mal aus dem Fenster geschaut?" Whatsapp zurück: "So ein Kack. Vielleicht hört es ja noch rechtzeitig auf."
Eine Rumpfgruppe findet sich im überdachten Bereich vor dem Hotel ein, und gemeinsam sehen wir hinaus in der ariègischen Schnürlregen. Doch um viertel nach zwei fällt der letzte Regentropfen, und immerhin fünf Unerschrockene machen sich auf den Weg auf eine nochmal verkürzte Alternativrunde, über die Höhenstraße zu Col de Marmare, und über den Chioula zurück. Was sich als ein hervorragender Plan herausstellt, denn es bleibt trocken, auch die Wolkendecke lichtet sich etwas, und wir können hübsche Ausblicke hinunter ins Tal erhaschen. Die aus allen drei Gruppen zusammengesetzte Hybridformation passt sich dankenswerterweise meinem luschigen Tempo an, und ich lausche gebannt dem Gespräch über Leistungsmesser und die kurze Lebensdauer derer Batterien. Irgendwann wird es Rupert wohl zu langweilig, und er zieht das Tempo etwas an, doch Jürgen, Martin und Norbert haben sich wohl schon so sehr an das Bummeltempo gewöhnt, dass sie mich bis zur Passhöhe des Marmare eskortieren. Alles richtig gemacht, beglückwünschen wir uns und fahren noch die zwei flachen Kilometer zum Chioula, um locker nach Ax zurückzurollen.
Leider setzt dann doch noch in der Abfahrt der Regen ein, und zu allem Überfluss haben wir dann auch noch einen Platten in der Gruppe zu beklagen. Der natürlich in Windeseile und kompetent behoben wird, und dann rauschen wir weiter ins Tal, in der Gewissheit, definitiv das beste aus diesem Tag gemacht zu haben. Denn Ruhetage gibt es nicht bei quäldich!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute bleiben wir in Ax-les-Thermes, so dass wir einmal keinen Koffer packen müssen. Diese vierte Etappe würde sich damit als Ruhetag anbieten. Kann man auch machen. Aber wann hat man schonmal die Möglichkeit, auf dem 2407 m hohen Port d'Envalira zu stehen, dem höchsten Straßenpass der Pyrenäen? Und dabei noch einen Abstecher nach Andorra zu machen?
Von majortom – Heute steht ein weiterer Tag auf schmalen Straßen abseits jeder Touristenströme an. Zunächst umgehen wir die N30 auf der Panoramastraße über den Pas de Souloumbrie, um uns ab Tarascon-sur-Ariège den Passprüfungen des Tages zuzuwenden.
Port de Lers und Col d'Agnes sind zwar wenig hoch, aber besonders der Col d'Agnes wunderschön.
Es folgt nach der Abfahrt vom Agnes ab Aulus-les-Bains nur noch Ausrollen bis in den Etappenort Oust.
Von majortom – Klassiker-Stimmung liegt in der Luft. Die sechste Etappe führt uns über den Col de Portet d'Aspet, den Col de Menté und den Col de Peyresourde, den wir auf der ersten Etappe in der Gegenrichtung befahren haben.
Der Portet d'Aspet ist der kürzeste von den dreien und rollt sehr gleichmäßig. In der Abfahrt vom Portet d'Aspet heißt es langsam zu fahren, um am Denkmal für den 1995 tödlich gestürzten Fabio Casartelli an- und innezuhalten.
Die Auffahrt zum Col de Menté erinnert an die deutschen Mittelgebirge und liegt nach anfänglichen Abschnitten mit sehr schönen Tiefblicken zum Finale hin komplett im Wald. Die 20 km lange Talpassage entlang der Pique nach Bagnères de Luchon ist etwas eintönig.
In Bagnères steht nun der sehr gut fahrbare Peyresourde an, mit dem wir den dritten Pyrenäenklassiker des Tages in unser Palmarès einschreiben können.
Von majortom – Was für ein grandioses Finale einer spektakulären Pässe-Woche in den Pyrenäen. In den letzten Tagen gab es leider keine Berichte, da ich vom Rennradsattel an den Mittagspausen-Grill gewechselt war. Am Donnerstag noch, um die Gelegenheit zu haben, trotz der Ausrufung der Region Occitanie in Südfrankeich als Risikogebiet unsere Heimfahrt im Bus und möglicherweise direkt nach der Ankunft den obligatorischen Corona-Test zu organisieren. Doch dann habe ich so viel Gefallen daran gefunden, an Sylvias kompetenter Seite unsere Radfahrer zu versorgen, so dass ich aus meinem Formrückstand und mangelnder Konkurrenzfähigkeit für einige Tage desertieren konnte. Dank unserer unglaublich homogenen Gruppe und der fantastischen Guides Mark und Rupert hat es auch mit zwei Untergruppen bestens geklappt. Wer nachlesen möchte, was in den Tagen passiert ist, kann das auf Ruperts Blog tun, der sowieso eine Pflichtlektüre für alle quäldich-Fans sein sollte, da Rupert sehr unterhaltsam und reich bebildert von seinen Erlebnissen berichtet.
Nun steige ich also für die Schlussetappe von Aucun zurück nach Tarbes wieder aufs Rad und werde dafür mit besten Wetterbedingungen belohnt. Keine Wolke am Himmel, die Pyrenäengipfel strahlen in der Morgensonne. Ich freue mich sehr auf den Cirque de Litor zwischen dem Col de Soulor und dem Col d'Aubisque, den ich zwar schon von 2015 kenne, den ich aber in allerbester Erinnerung behalten habe. Und so habe ich mich gestern bei der Etappenbesprechung auch weit aus dem Fenster geleht, und diesen Abstecher auch noch all denen aufs vehementeste ans Herz gelegt, die schon früher aufbrechen wollen. Insbesondere unsere Schweizer Mitfahrer stehen etwas unter Zeitdruck, da sie noch bis Mitternacht Frankreich verlassen müssen, um eine anschließende Quarantäne zu vermeiden. Umso bemerkenswerter, dass die komplette Gruppe die Reise in bester Stimmung beendet hat - danke für dieses Vertrauen!
Nach kurzer Einrollphase sind es sieben Kilometer bergauf bis zum Col de Soulor. Natürlich finde ich mich sofort im Grupetto wieder, aber es rollt gut an diesem Morgen und macht einfach Spaß. Es geht schnell, und wir stehen alle am Soulor, natürlich wieder zwischen Eseln, Kühen und Wohnmobiltouristen. Hier könnten wir auch einfach rechts abfahren, aus den Pyrenäen raus und dem Ziel entgegen, aber inzwischen haben alle Blut geleckt, denn die an den Hang geklatschte Straße durch den Cirque de Litor liegt vor uns, und nun will es sich auch niemand mehr nehmen lassen, auch das Tour-Monument Aubisque noch zu bezwingen. Die Fotostops sind zahlreich, die Gruppe zersplittert, macht aber nichts. Die Ausblicke sind fantastisch, die wilde Gebirgsszenerie setzt nochmal ein i-Tüpfelchen auf unsere schöne Woche. Und dann sitzen wir auch schon auf der Terrasse am Aubisque, wundern uns etwas über die intransparente Preisgestaltung für Cola, und genießen unser Rennradfahrer-Leben. Schade, dass die Woche nun bald schon vorbei ist.
Nach einem letzten Gruppenbild an den bekannten Fahrrädern geht es dann zurück durch den Cirque de Litor zum Soulor, und nun machen wir uns an die lange Abfahrt ins Pyrenäenvorland. Der Straßenzustand ist zwar nicht optimal, aber deutlich besser als vor fünf Jahren. Am Ende der Abfahrt rollen nochmal alle zusammen, dann teilen wir uns für die 40 Schlusskilometer in unsere drei Gruppen auf. Der Abstand meiner entspannten Gruppe zur ausdauernden Gruppe von Mark bleibt in etwa gleich, bis ich dann in der letzten Bergwertung nach Habarou den Anschluss verliere - die Temperaturen liegen inzwischen bei spätsommerlichen 30 Grad, und die Hitze macht uns allen zu schaffen. So dass wir der Versuchung eines kalten Cola im nächsten Ort nicht widerstehen können und so den ausdauernden den entscheidenden Vorsprung verschaffen. Letzte Welle, letzte Flachkilometer, letztes Aufbäumen gegen den Westwind. Dann stehen wir wieder am Hotel, wo der Zapfhahn von unseren großarigen Gastgebern Magali und Christian schon glüht und der Grill auch schon vorgeheizt wurde.
Und somit gehen die Pyrenäen-Klassiker 2020 zuende. Wie alle unsere Reisen (falls sie überhaupt stattfinden konnten) in diesem Jahr unter sehr schwierigen Vorzeichen; auf die Etappen auf der katalanischen Südseite mussten wir leider verzichten, konnten sie jedoch - so die einhellige Meinung - mit dem Abstecher über den Col de Portel nach Foix hervorragend kompensieren. Trotz der am Mittwoch Abend erfolgten Reisewarnung ist die Stimmung nicht gekippt - eine Stimmung, die sowieso von Tag eins an hervorragend war, und es mir und dem Team immer leicht gemacht hat. Eine wunderschöne Radwoche ist vorbei - vielen herzlichen Dank an alle Beteiligten!
Von majortom – Heute stehen mit dem Col du Soulor und dem Col d'Ausbisqe die beiden letzten verbliebenen Tour-de-France-Klassiker an, und besonders die Hang-Passage vom Soulor zum Aubisque mit wunderschönen Ausblicken in das Cirque du Litor wird uns nochmals begeistern.
Wie in der QD-Passbeschreibung beim Soulor empfohlen, drehen wir oben am Aubisque um, um die herrliche Abfahrt vom Soulor in Richtung Lourdes herabzufahren, in der wir uns Zeit lassen sollten, um die Landschaft zu genießen.
Die Abfahrt endet in Ferrières bei Km 42 der Tour. Nun stehen noch 50 abschließende Kilometer mit zwei kleinen Anstiegen nach Tarbes vor uns. Das sollte machbar sein.