Qualen bei Paris - Roubaix 170,0 km / 0 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von thomasg
Einzelstrecken
Von thomasg –
Kaum ein Radrennen ist von so einem Mythos umgeben wie Paris-Roubaix. Diejenigen, die es lieben nennen es die „Königin der Klassiker“, die es hassen reden von einem anachronistischen Spektakel – alle nennen es die „Hölle des Nordens“.
Die Idee, uns selbst dieser Herausforderung zu stellen, reifte langsam aber stetig heran. Peter wohnte im Vorjahr aus beruflichen Gründen 3 Monate bei uns, und so saßen wir viele lange Sommerabende auf der Terrasse und redeten über dies und das, sehr oft natürlich übers Radfahren. Zufällig erschien in dieser Zeit ein Artikel über die cyclotourisme-Version und wir malten uns aus wie es wohl wäre, und ob wir nicht könnten. Peter war wohl selbst überrascht, als ich ihm auf seine häufig gestellte Frage dann gegen Ostern 2004 unvermittelt zugesagt habe. Ein bisschen mulmig war mir ja schon und die Ungewissheit, ob ich mich nicht voreilig in etwas gestürzt habe, was ich später bereuen würde, blieb bis zum Start bestehen.
Nun ja, die Entscheidung war gefallen, jetzt begann die Planung. Als erstes stand natürlich die Frage nach dem Material im Raum. Ich hatte mir im Winter ein altes Guylaine-Reiserad neu lackieren lassen, das ich von einem Freund geschenkt bekommen habe und fast alle Komponenten ausgetauscht. Es ist sehr robust, läuft aufgrund des langen Vorlaufs extrem spurstabil und es lassen sich problemlos Reifen jenseits der 30 mm aufziehen – ein wichtiger Aspekt für mich, da ich mit knapp 90 Kilo kein Leichtgewicht bin und es dem Pannenteufel nicht noch extra leicht machen wollte. Also fiel die Entscheidung leicht und das Rennrad blieb daheim. Peter hat sich auch für die vorsichtige Variante entschieden und nahm sein MTB. Damit waren auch die Ziele abgesteckt: „safety first“ und „Durchkommen ist alles“.
Als nächstes ging es darum, die Ausrüstung zu tunen und möglichst viele Tipps zu sammeln. Einig waren sich alle, dass man eine zweite Lage Lenkerband benötigt, also drauf damit. Dann wurde alles abgeschraubt, was man nicht benötigt und der Rest (Pumpe, Tacho) mit dickem Gewebeklebeband fixiert. Bei der Auswahl des Werkzeuges wurde jedes Schräubchen des Rades inspiziert, da ja jedes einzelne sich lösen und so alle Hoffnungen zunichte machen kann (der so genannte Wesemann-Effekt). Über die richtige Reifenbreite und den benötigten Reifendruck sind sich die Experten allerdings nicht wirklich einig. Ich entschied mich für 32er Reifen, die ich mit etwa 4,5 bar aufpumpte. Und natürlich erstand ich damals mein erstes Rennrad-Verbandspäckchen, das ich aber seitdem immer auf größere Touren mitnehme.
Da Peter das Glück hat, dass sich der örtliche Radsportladen seines Vertrauens im Besitz des Chefs einer deutschen Mineralwassertruppe befindet, versuchte er natürlich auch, dort aus den Klassiker-erfahrenen Mechanikern ein paar entscheidende Hinweise rauszukitzeln. Die Hoffnung verlor er aber rasch, als er bereits auf die Frage, ob er lieber Slicks oder Profilreifen aufziehen sollte, die wenig aufmunternde Antwort „Isch wurscht, du fliegst eh’“ bekam. Die Stimmung wurde auch nicht besser, als er auf die Frage ob er noch einen zweiten Schlauch mitnehmen sollte, die Auskunft erhielt, vier müssten es schon sein. Zu guter letzt erschien dann auch noch der Chef persönlich. Auf das Vorhaben angesprochen, begann er sofort mit einem leidenschaftlichen Plädoyer gegen diesen „Anachronismus des Radsports“. Unter Aufzählung der Schäden, die sein Auto bei den Rennen der letzten Jahre genommen hatte, verließ er offenbar sehr erregt seinen Laden. Peter blieb etwas entmutigt zurück, wurde aber kurz darauf von Frau H. getröstet, die ihm versicherte, ihr Mann wünsche ihm bei der Unternehmung sicherlich alles Gute.
Nachdem die Materialfrage geklärt war (Peter fuhr übrigens mit Slicks, wir hatten beide mehrere Ersatzschläuche und hunderte von Flicken dabei) mussten wir uns nur noch anmelden. Aufgrund unserer permanenten Unsicherheit darüber, was uns erwartete, entschieden wir uns, nicht das komplette Rennen, sondern nur die etwas kürzere 190km-Strecke von Bohain nach Roubaix zu fahren. Wir sparten so etwa 70km unspektakuläre Anfahrt vor den Pavés. Leider scheiterten alle Versuche ein Fax nach Roubaix zu schicken. Da aber die Möglichkeit, sich vor Ort anzumelden, ausdrücklich erwähnt wurde, beschlossen wir das Fax Fax sein zu lassen und einfach hinzufahren – was sich aber (zunächst) als kleiner, aber entscheidender Fehler herausstellen sollte.
Die Idee, uns selbst dieser Herausforderung zu stellen, reifte langsam aber stetig heran. Peter wohnte im Vorjahr aus beruflichen Gründen 3 Monate bei uns, und so saßen wir viele lange Sommerabende auf der Terrasse und redeten über dies und das, sehr oft natürlich übers Radfahren. Zufällig erschien in dieser Zeit ein Artikel über die cyclotourisme-Version und wir malten uns aus wie es wohl wäre, und ob wir nicht könnten. Peter war wohl selbst überrascht, als ich ihm auf seine häufig gestellte Frage dann gegen Ostern 2004 unvermittelt zugesagt habe. Ein bisschen mulmig war mir ja schon und die Ungewissheit, ob ich mich nicht voreilig in etwas gestürzt habe, was ich später bereuen würde, blieb bis zum Start bestehen.
Nun ja, die Entscheidung war gefallen, jetzt begann die Planung. Als erstes stand natürlich die Frage nach dem Material im Raum. Ich hatte mir im Winter ein altes Guylaine-Reiserad neu lackieren lassen, das ich von einem Freund geschenkt bekommen habe und fast alle Komponenten ausgetauscht. Es ist sehr robust, läuft aufgrund des langen Vorlaufs extrem spurstabil und es lassen sich problemlos Reifen jenseits der 30 mm aufziehen – ein wichtiger Aspekt für mich, da ich mit knapp 90 Kilo kein Leichtgewicht bin und es dem Pannenteufel nicht noch extra leicht machen wollte. Also fiel die Entscheidung leicht und das Rennrad blieb daheim. Peter hat sich auch für die vorsichtige Variante entschieden und nahm sein MTB. Damit waren auch die Ziele abgesteckt: „safety first“ und „Durchkommen ist alles“.
Als nächstes ging es darum, die Ausrüstung zu tunen und möglichst viele Tipps zu sammeln. Einig waren sich alle, dass man eine zweite Lage Lenkerband benötigt, also drauf damit. Dann wurde alles abgeschraubt, was man nicht benötigt und der Rest (Pumpe, Tacho) mit dickem Gewebeklebeband fixiert. Bei der Auswahl des Werkzeuges wurde jedes Schräubchen des Rades inspiziert, da ja jedes einzelne sich lösen und so alle Hoffnungen zunichte machen kann (der so genannte Wesemann-Effekt). Über die richtige Reifenbreite und den benötigten Reifendruck sind sich die Experten allerdings nicht wirklich einig. Ich entschied mich für 32er Reifen, die ich mit etwa 4,5 bar aufpumpte. Und natürlich erstand ich damals mein erstes Rennrad-Verbandspäckchen, das ich aber seitdem immer auf größere Touren mitnehme.
Da Peter das Glück hat, dass sich der örtliche Radsportladen seines Vertrauens im Besitz des Chefs einer deutschen Mineralwassertruppe befindet, versuchte er natürlich auch, dort aus den Klassiker-erfahrenen Mechanikern ein paar entscheidende Hinweise rauszukitzeln. Die Hoffnung verlor er aber rasch, als er bereits auf die Frage, ob er lieber Slicks oder Profilreifen aufziehen sollte, die wenig aufmunternde Antwort „Isch wurscht, du fliegst eh’“ bekam. Die Stimmung wurde auch nicht besser, als er auf die Frage ob er noch einen zweiten Schlauch mitnehmen sollte, die Auskunft erhielt, vier müssten es schon sein. Zu guter letzt erschien dann auch noch der Chef persönlich. Auf das Vorhaben angesprochen, begann er sofort mit einem leidenschaftlichen Plädoyer gegen diesen „Anachronismus des Radsports“. Unter Aufzählung der Schäden, die sein Auto bei den Rennen der letzten Jahre genommen hatte, verließ er offenbar sehr erregt seinen Laden. Peter blieb etwas entmutigt zurück, wurde aber kurz darauf von Frau H. getröstet, die ihm versicherte, ihr Mann wünsche ihm bei der Unternehmung sicherlich alles Gute.
Nachdem die Materialfrage geklärt war (Peter fuhr übrigens mit Slicks, wir hatten beide mehrere Ersatzschläuche und hunderte von Flicken dabei) mussten wir uns nur noch anmelden. Aufgrund unserer permanenten Unsicherheit darüber, was uns erwartete, entschieden wir uns, nicht das komplette Rennen, sondern nur die etwas kürzere 190km-Strecke von Bohain nach Roubaix zu fahren. Wir sparten so etwa 70km unspektakuläre Anfahrt vor den Pavés. Leider scheiterten alle Versuche ein Fax nach Roubaix zu schicken. Da aber die Möglichkeit, sich vor Ort anzumelden, ausdrücklich erwähnt wurde, beschlossen wir das Fax Fax sein zu lassen und einfach hinzufahren – was sich aber (zunächst) als kleiner, aber entscheidender Fehler herausstellen sollte.
Von thomasg –
Am Samstag vor der Veranstaltung war es dann soweit. Wir trafen uns in der Nähe von Heilbronn und rollten mit Peters Carthago-Womo Richtung Roubaix. Nach etwa sieben Stunden erreichten wir unser Ziel, wo wir uns erst einmal mit Baguette und Käse eindeckten. Bohain ist ein nettes kleines Örtchen und die Sporthalle war schnell gefunden, wo wir das Womo auf dem Parkplatz hinter der Halle abstellten. Da wir es kaum aushielten, beschlossen wir noch die knapp 20 km bis zum ersten Pavé zu fahren, um schon mal einen ersten Eindruck von dem zu bekommen, was uns am nächsten Tag erwartet. Zum Glück ist die Strecke mit auf den Asphalt aufgemalten gelben Pfeilen ausgezeichnet gekennzeichnet, so dass wir keinerlei Probleme hatten, die Strecke zu finden.
Am Ortsausgang von Bohain erwischte uns prompt ein monumentaler Regenguss. Wir mussten uns etwa eine halbe Stunde unterstellen und zusehen, wie sich die Straßen in Sturzbäche verwandelten. Natürlich dachten wir sofort an die legendären Schlammschlachten von Paris-Roubaix und befürchteten schon am morgigen Tag mit zentimeterdicken Dreckkrusten in Roubaix anzukommen - wenn überhaupt. Zum Glück verschwand das Wasser genauso schnell wie es gekommen war und als wir das erste Pavé bei Troisville erreichten, begann die Straße schon abzutrocknen.
Da war es nun, das erste Pavé. Voller Ehrfurcht befuhren wir die ersten Meter und wussten sofort, worauf wir uns eingelassen haben. Pavés sind nicht einfach nur Kopfsteinpflaster. Pavés sind krumm und schief, mit Löchern in denen sich Wasser und Schlamm sammelt und ständig wechselnder Beschaffenheit. Der beste Weg ist mal in der Mitte, mal rechts oder links, und oft gibt es einfach keinen besten und noch nicht mal einen annähernd guten Weg, so dass man einfach durch muss.
Schnell hat man raus, dass man möglichst schnell fahren muss, was angesichts der zahlreichen schmierseifenähnlichen Dreckstellen einiges an Überwindung erfordert. Außerdem braucht man gar nicht erst zu versuchen den Lenker fest zu halten, da man das nicht lange durchhält. Also lässt man ihn locker schwingen und versucht die jeweils nächsten Meter der Straße zu überblicken, was angesichts des stark vibrierenden Gesichtsfeldes nicht einfach ist. Nachdem wir den etwa zwei Kilometer langen Pavé hinter uns gelassen hatten, erlebten wir dann auch zum ersten Mal das Wohlgefühl, das ein Stück schöner Asphalt nach so einer Tortur erzeugt.
Tja, jetzt waren wir schlauer, aber nicht wirklich ruhiger. Wir fuhren nach Bohain zurück, wo sich nach und nach weitere Radler einfanden. Wirklich viele waren es aber nicht. Von den insgesamt 1900 Teilnehmern starteten nur etwa 100-200 aus Bohain. Immerhin füllte sich der Parkplatz nach und nach. Auch die Helfer aus Roubaix, die in der Halle übernachteten, trafen ein.
Neben uns campierte ein wunderlicher österreichischer Radler, der uns Geschichten erzählte, wie z. B., dass er immer über einen Pass in das benachbarte Tal fährt, weil dort der Salat besser (oder billiger?) ist, auf der Rückfahrt aber oft vom Hunger überfallen wird, so dass er den Salatkopf aufisst und mit leeren Händen heim kommt. Immerhin hat er eine Liste der 24 Pavés, auf welchen diese mit Schwierigkeitsgraden zwischen eins und fünf bewertet werden. Dass es nur ein oder zwei mit der leichten Kategorie eins gab und die Mehrzahl zwischen drei und vier eingeordnet war, nahmen wir - mittlerweile schicksalsergeben - zur Kenntnis.
Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt (incl. Pizza) und ein paar Bierchen vor dem Womo (incl. Spaghetti) betteten wir uns zu einer kurzen Nacht, in der wir beide nicht richtig schlafen konnten.
Am Ortsausgang von Bohain erwischte uns prompt ein monumentaler Regenguss. Wir mussten uns etwa eine halbe Stunde unterstellen und zusehen, wie sich die Straßen in Sturzbäche verwandelten. Natürlich dachten wir sofort an die legendären Schlammschlachten von Paris-Roubaix und befürchteten schon am morgigen Tag mit zentimeterdicken Dreckkrusten in Roubaix anzukommen - wenn überhaupt. Zum Glück verschwand das Wasser genauso schnell wie es gekommen war und als wir das erste Pavé bei Troisville erreichten, begann die Straße schon abzutrocknen.
Da war es nun, das erste Pavé. Voller Ehrfurcht befuhren wir die ersten Meter und wussten sofort, worauf wir uns eingelassen haben. Pavés sind nicht einfach nur Kopfsteinpflaster. Pavés sind krumm und schief, mit Löchern in denen sich Wasser und Schlamm sammelt und ständig wechselnder Beschaffenheit. Der beste Weg ist mal in der Mitte, mal rechts oder links, und oft gibt es einfach keinen besten und noch nicht mal einen annähernd guten Weg, so dass man einfach durch muss.
Schnell hat man raus, dass man möglichst schnell fahren muss, was angesichts der zahlreichen schmierseifenähnlichen Dreckstellen einiges an Überwindung erfordert. Außerdem braucht man gar nicht erst zu versuchen den Lenker fest zu halten, da man das nicht lange durchhält. Also lässt man ihn locker schwingen und versucht die jeweils nächsten Meter der Straße zu überblicken, was angesichts des stark vibrierenden Gesichtsfeldes nicht einfach ist. Nachdem wir den etwa zwei Kilometer langen Pavé hinter uns gelassen hatten, erlebten wir dann auch zum ersten Mal das Wohlgefühl, das ein Stück schöner Asphalt nach so einer Tortur erzeugt.
Tja, jetzt waren wir schlauer, aber nicht wirklich ruhiger. Wir fuhren nach Bohain zurück, wo sich nach und nach weitere Radler einfanden. Wirklich viele waren es aber nicht. Von den insgesamt 1900 Teilnehmern starteten nur etwa 100-200 aus Bohain. Immerhin füllte sich der Parkplatz nach und nach. Auch die Helfer aus Roubaix, die in der Halle übernachteten, trafen ein.
Neben uns campierte ein wunderlicher österreichischer Radler, der uns Geschichten erzählte, wie z. B., dass er immer über einen Pass in das benachbarte Tal fährt, weil dort der Salat besser (oder billiger?) ist, auf der Rückfahrt aber oft vom Hunger überfallen wird, so dass er den Salatkopf aufisst und mit leeren Händen heim kommt. Immerhin hat er eine Liste der 24 Pavés, auf welchen diese mit Schwierigkeitsgraden zwischen eins und fünf bewertet werden. Dass es nur ein oder zwei mit der leichten Kategorie eins gab und die Mehrzahl zwischen drei und vier eingeordnet war, nahmen wir - mittlerweile schicksalsergeben - zur Kenntnis.
Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt (incl. Pizza) und ein paar Bierchen vor dem Womo (incl. Spaghetti) betteten wir uns zu einer kurzen Nacht, in der wir beide nicht richtig schlafen konnten.
Von thomasg –
In der Früh wurden wir so gegen 4 Uhr von lauter Musik geweckt. Die Helfer der Organisation waren bereits alle auf den Beinen und auf dem Parkplatz und in der Halle entwickelte sich schnell reges Treiben. Wir drehten uns noch ein paar Mal hin und her, standen dann aber auch zügig auf. Nach dem Frühstück gingen wir dann zur Organisation, um uns anzumelden.
Dort mussten wir leider feststellen, dass es zwar möglich ist, sich vor Ort anzumelden, es gibt allerdings keine Möglichkeit mehr, den Rücktransport von Roubaix per Bus zu buchen. Bitten und Betteln bei den ansonsten sehr freundlichen Helfern nützte nichts, es gab offenbar wirklich keine Möglichkeit. So fingen wir an, Karten zu wälzen und unsere Möglichkeiten auszuloten. Es gab offenbar eine Bahn, die über mehrere Zwischenstationen irgendwann spät abends ankam. Aber der Gedanke, in verschwitzten Klamotten stundenlang zu warten und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, war nicht sehr verlockend. Vielleicht hätten wir es auch noch per Rad geschafft – Luftlinie sind es nämlich nur etwa 70 km nach Roubaix. Oder der eine nimmt ein Taxi und holt den anderen dann ab...
Da erschien ein Engel in Gestalt des französischen Organisationshelfers Christian. Ihn hatte unser Problem nicht in Ruhe gelassen und er bot sich an unser Womo nach Roubaix zu fahren. Nachdem wir einige sprachliche Hürden genommen und das ganze versicherungstechnisch abgeklärt hatten, nahmen wir sein Angebot dankend an. Wir sollten es nicht bereuen.
Nachdem alles geklärt war, ging es dann um 6:30 Uhr endlich los. Mittlerweile hatten auch schon etliche Fahrer aus Compiegne Bohain passiert, so dass wir uns in den stetigen Strom an Radlern einreihen konnten. Die 1900 Starter hatten sich schon gut verteilt, so dass wir zwar immer einige Leute um uns hatten, die Straße aber nie zu voll war. Das Teilnehmerfeld war vom Alter und der Kondition her sehr gemischt. Besonders auffallend war der hohe Anteil an Italienern, die zum Teil in großen Gruppen mit Bussen angereist waren. Auch vom Material her fielen wir nicht groß aus dem Rahmen. Von Mountainbikes über schon leicht angegraute Räder bis hin zu Hightech-Geschossen war alles am Start.
Die Straßen und auch die Pavés waren mittlerweile abgetrocknet und es gab nur noch wenige schlammige Stellen. Entgegen unseren Befürchtungen hatte es in der Nacht nicht erneut geregnet und auch am Tag selber blieb es trocken. Allerdings war der Himmel die ersten zwei Drittel der Strecke sehr bedeckt und es war ziemlich frisch. Als es am Ende Richtung Roubaix ging, kam dann aber doch die Sonne durch.
Nachdem wir die uns vom vorherigen Tag bereits bekannte Anfahrt hinter uns gebracht hatten, begann der ernste Teil der Strecke. Kurz hintereinander folgten eine handvoll Pavés, an denen wir unsere Technik, die wir uns in der Nacht zusammengeträumt haben, weiter verfeinern konnten. Die Hoffnung, wie die Profis auf einen Randstreifen neben den Pavés ausweichen zu können, falls es uns zu viel wird, habe ich als erstes begraben. Derartige Abschnitte gibt es nur selten und meist an Teilstücken, die eh’ etwas einfacher zu fahren sind. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und Pavé für Pavé hinter mich zu bringen.
Gerade in der ersten Hälfte weisen einige Pavés deutliche Steigungen und Gefälle auf. Bergauf ist es naturgemäß doppelt schwer, Druck auf die Pedale zu bringen, weswegen man hier die Schläge auch viel stärker spürt. Die Gefälle kann man dagegen fast genießen – was man aber nie tun sollte, da man sonst bei vernachlässigter Konzentration leicht Opfer eines der vielen Schlaglöcher werden kann.
Erstaunlich schnell erreichten wir die erste von drei Verpflegungsstellen bei Solesmes, die im Hof einer backsteinernen Schule eingerichtet war. Das Angebot war nicht sehr berauschend, insbesondere konnte man nur zwischen einem komischem hellgrünen und einem komischem gelben Getränk wählen. Da es sehr frisch war, fuhren wir schnell weiter.
Wie zuvor wechseln sich Pavés und asphaltierte Streckenteile in lockerer Folge ab. Mal folgen die gepflasterten Abschnitte dicht aufeinander – man fährt über ein Pavé in einen Ort hinein, folgt dann wenige Meter der Dorfstraße, um zwischen zwei Bauernhöfen hindurch wieder auf einen gepflasterten Feldweg abzubiegen – mal rollt man kilometerlang auf guten, breiten Verkehrsstraßen. Da man ständig die Richtung wechselt, verliert man sehr schnell die Orientierung. Oft biegt die Route auf freiem Feld ab, weswegen man auch auf den Pavés immer auf die kleinen gelben Richtungspfeile achten muss. Wenn man sich im Nachhinein die Strecke auf der Karte anschaut stellt man mit Erstaunen fest, dass man oft nur wenige Kilometer von einer Stelle entfernt ist, die man schon vor Ewigkeiten passiert hat.
Insgesamt führte der Weg über 24 Pavés, die sich auf insgesamt etwa 43 km summierten. Die längsten waren etwa 3,5 km lang, die kürzesten nur wenige hundert Meter. Obwohl die Pavés eigentlich für Begleitfahrzeuge gesperrt sein sollten und dies auch von Ordnern am Beginn der Pflasterstücke überwacht wurde, schafften es immer wieder einzelne Wagen, zu ihren Schützlingen vorzudringen. Wie sie es aus dem Fernsehen gelernt haben, kommen Sie von hinten angerauscht, um laut hupend knapp an einem vorbei zu ziehen. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn ihr vermeintlicher Siegaspirant einen kleinen Durchhänger hat und sich der „sportliche Leiter“ neben ihn setzt um ihn durch lautes Zurufen anzutreiben. Dabei lässt sich das Gespann natürlich nicht von anderen Fahrern irritieren, die sich an dem Hindernis vorbei zwängen müssen. Der einzige Trost war, dass der Fahrer auf diese Weise die Lebensdauer seines Autos rapide verringert. Ich jedenfalls würde mit meinem Wagen auf alle Fälle freiwillig keinen einzigen der Pflastersteinabschnitte fahren.
Nach und nach gewinnt man Sicherheit auf den Pavés, und die Erstarrung, die man zu Beginn hat, löst sich allmählich. Ähnlich wie bei den Passstraßen die Kehren zählt man die überstandenen Pavés herunter und findet auch Zeit, sich ein wenig die Landschaft anzuschauen. Wobei Landschaft eigentlich zu viel gesagt ist. Die Strecke führt durch ein im Süden leicht welliges, Richtung Roubaix dann zunehmend ebenes Terrain, das stark landwirtschaftlich geprägt ist. Ab und zu glaubt man dann aber Abschnitte zu erkennen, die man aus dem Fernsehen kennt.
Bald wird die zweite Rast bei Raismes erreicht, die nun schon deutlich standesgemäßer im Park eines kleinen Schlosses errichtet ist. Die ursprünglichen Befürchtungen, den Tag über Hunger darben zu müssen, lösten sich angesichts des schon deutlich reichhaltigeren Buffets rasch auf. Und es sollte noch besser kommen... Wieder hielten wir uns nicht zu lange auf und brachen auf zu neuen Taten.
Kurz darauf kam der berüchtigte Wald von Arrenberg. Eigentlich hatte ich die Stimmung eines düsteren ausgedehnten Waldes erwartet, aber als wir uns der Einfahrt näherten, hatte die Umgebung eher das Flair eines Naherholungsgebietes: Gasthof an der Einfahrt, Parkplätze, Familien mit Kinderwagen. Na ja, kann ja nicht so schlimm werden, dachte ich, als wir in den Waldweg einbogen. Es war aber viel schlimmer. Die Straße ist schlichtweg nicht fahrbar! Die Pflastersteine sind dermaßen grob und die Fugen so groß, dass man nur rutscht und springt. Zum Glück konnte ich große Teile auf dem Fußweg nebenan fahren und musste nur auf die Straße, wenn größere Gruppen von Spaziergängern diesen versperrten. Wenn ich daran denke, dass den Profis beim Rennen diese Möglichkeit durch Absperrungen verbaut ist und sie im Pulk fahren, so dass sie die Schläge ohne Vorwarnung wegstecken müssen, kann ich verstehen, dass das auch für Berufsfahrer einfach zu viel Risiko ist.
Wenige Meter hinter einer markanten aufgelassenen Eisenbahnbrücke ereilte mich dann das Schicksal in Form eines Wadenkrampfes, der sich schon seit geraumer Zeit angekündigt hatte. So wird in Zukunft diese Einstellung bei der Übertragung des Rennens für mich immer mit dieser schmerzhaften Erinnerung verbunden sein. Leider kam ich nicht selbst drauf, dass meine Probleme vermutlich mit einer fehlerhaft eingestellten Sattelhöhe zusammen hingen. Auf diese Weise hat es sich schmerzlich gerächt dass ich es versäumt habe, mit dem neu aufgebauten Rad vorher eine größere Runde zu drehen. So musste ich noch etliche Kilometer leiden, ehe mich Peter der Weise darauf, brachte meinen Sattel etwas höher zu stellen.
Die letzte Rast in Beuvry sprengte dann alles bisher in dieser Hinsicht erlebte. Es gab schlichtweg alles zu Essen und Trinken was man sich vorstellen kann. Besonders genial waren die original „Paris-Roubaix-Speedwiches“. So gestärkt war es ein leichtes, sich für den letzten Abschnitt bis Roubaix zu motivieren.
Mittlerweile war die Sonne herausgekommen und die Tour entwickelte sich zum Genussradeln mitten durch geschichtsträchtige Landschaft. An der Moulin de Vertain wurden Fotos geschossen, die einen erscheinen lassen als sei man Museeuw selbst. Am berühmten Carrefour de l’Arbre standen über hundert Zuschauer und feuerten jeden einzelnen Fahrer an. Hinter Cysoing führte dann der Weg über den einzigen benannten Abschnitt, den „Pavé Gilbert Duclos-Lassalle“. Wenig später säumte ein Denkmal für Hennie Kuiper den Weg. Es zog einen richtiggehend nach Roubaix.
Als dann nur noch der „Pavé no. 1“ ausstand und Roubaix schon am Horizont erkennbar war, überraschte die Organisation noch mit einer unangemeldeten Raststation, die versteckt hinter einer Autobahnbrücke lag. Im Nachhinein denke ich, dass die Organisationen über die Verpflegungsstellen und deren Angebot absichtlich und psychologisch geschickt in den Spannungsbogen der Route eingebaut haben.
Von da an ging alles wie im Flug. Bald war der Ortsrand von Roubaix erreicht, die Nackenhaare begannen sich aufzustellen und auf den Gesichtern machte sich ehrfürchtige Vorfreude breit. Spätestens bei der Einfahrt auf den „Pavé no. 1“, dem nur Radfahrern vorbehaltenen letzten alleeartigen Abschnitt unmittelbar vor der Einfahrt ins Stadion hatte ich eine Gänsehaut am ganzen Körper. Und dann fühlt man sich wie im Fernsehen: die letzten 200 m auf dem sorgfältig gepflasterten Pavé, in der die Sieger des Rennens verewigt sind, dann nach rechts abbiegen und der Straße in einer leichten Linkskurve folgen. Hier werden die Begleitfahrzeuge heraus gewunken. Noch ein letztes Mal rechts abbiegen und man fährt ins Radstadion ein. In Gedanken malt man sich aus, wie es sich anfühlen muss, wenn das Stadion voll besetzt ist, man sich während der letzten Runde gegenseitig belauert und dann dem Ziel entgegen sprintet – und gewinnt.
Dort mussten wir leider feststellen, dass es zwar möglich ist, sich vor Ort anzumelden, es gibt allerdings keine Möglichkeit mehr, den Rücktransport von Roubaix per Bus zu buchen. Bitten und Betteln bei den ansonsten sehr freundlichen Helfern nützte nichts, es gab offenbar wirklich keine Möglichkeit. So fingen wir an, Karten zu wälzen und unsere Möglichkeiten auszuloten. Es gab offenbar eine Bahn, die über mehrere Zwischenstationen irgendwann spät abends ankam. Aber der Gedanke, in verschwitzten Klamotten stundenlang zu warten und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, war nicht sehr verlockend. Vielleicht hätten wir es auch noch per Rad geschafft – Luftlinie sind es nämlich nur etwa 70 km nach Roubaix. Oder der eine nimmt ein Taxi und holt den anderen dann ab...
Da erschien ein Engel in Gestalt des französischen Organisationshelfers Christian. Ihn hatte unser Problem nicht in Ruhe gelassen und er bot sich an unser Womo nach Roubaix zu fahren. Nachdem wir einige sprachliche Hürden genommen und das ganze versicherungstechnisch abgeklärt hatten, nahmen wir sein Angebot dankend an. Wir sollten es nicht bereuen.
Nachdem alles geklärt war, ging es dann um 6:30 Uhr endlich los. Mittlerweile hatten auch schon etliche Fahrer aus Compiegne Bohain passiert, so dass wir uns in den stetigen Strom an Radlern einreihen konnten. Die 1900 Starter hatten sich schon gut verteilt, so dass wir zwar immer einige Leute um uns hatten, die Straße aber nie zu voll war. Das Teilnehmerfeld war vom Alter und der Kondition her sehr gemischt. Besonders auffallend war der hohe Anteil an Italienern, die zum Teil in großen Gruppen mit Bussen angereist waren. Auch vom Material her fielen wir nicht groß aus dem Rahmen. Von Mountainbikes über schon leicht angegraute Räder bis hin zu Hightech-Geschossen war alles am Start.
Die Straßen und auch die Pavés waren mittlerweile abgetrocknet und es gab nur noch wenige schlammige Stellen. Entgegen unseren Befürchtungen hatte es in der Nacht nicht erneut geregnet und auch am Tag selber blieb es trocken. Allerdings war der Himmel die ersten zwei Drittel der Strecke sehr bedeckt und es war ziemlich frisch. Als es am Ende Richtung Roubaix ging, kam dann aber doch die Sonne durch.
Nachdem wir die uns vom vorherigen Tag bereits bekannte Anfahrt hinter uns gebracht hatten, begann der ernste Teil der Strecke. Kurz hintereinander folgten eine handvoll Pavés, an denen wir unsere Technik, die wir uns in der Nacht zusammengeträumt haben, weiter verfeinern konnten. Die Hoffnung, wie die Profis auf einen Randstreifen neben den Pavés ausweichen zu können, falls es uns zu viel wird, habe ich als erstes begraben. Derartige Abschnitte gibt es nur selten und meist an Teilstücken, die eh’ etwas einfacher zu fahren sind. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und Pavé für Pavé hinter mich zu bringen.
Gerade in der ersten Hälfte weisen einige Pavés deutliche Steigungen und Gefälle auf. Bergauf ist es naturgemäß doppelt schwer, Druck auf die Pedale zu bringen, weswegen man hier die Schläge auch viel stärker spürt. Die Gefälle kann man dagegen fast genießen – was man aber nie tun sollte, da man sonst bei vernachlässigter Konzentration leicht Opfer eines der vielen Schlaglöcher werden kann.
Erstaunlich schnell erreichten wir die erste von drei Verpflegungsstellen bei Solesmes, die im Hof einer backsteinernen Schule eingerichtet war. Das Angebot war nicht sehr berauschend, insbesondere konnte man nur zwischen einem komischem hellgrünen und einem komischem gelben Getränk wählen. Da es sehr frisch war, fuhren wir schnell weiter.
Wie zuvor wechseln sich Pavés und asphaltierte Streckenteile in lockerer Folge ab. Mal folgen die gepflasterten Abschnitte dicht aufeinander – man fährt über ein Pavé in einen Ort hinein, folgt dann wenige Meter der Dorfstraße, um zwischen zwei Bauernhöfen hindurch wieder auf einen gepflasterten Feldweg abzubiegen – mal rollt man kilometerlang auf guten, breiten Verkehrsstraßen. Da man ständig die Richtung wechselt, verliert man sehr schnell die Orientierung. Oft biegt die Route auf freiem Feld ab, weswegen man auch auf den Pavés immer auf die kleinen gelben Richtungspfeile achten muss. Wenn man sich im Nachhinein die Strecke auf der Karte anschaut stellt man mit Erstaunen fest, dass man oft nur wenige Kilometer von einer Stelle entfernt ist, die man schon vor Ewigkeiten passiert hat.
Insgesamt führte der Weg über 24 Pavés, die sich auf insgesamt etwa 43 km summierten. Die längsten waren etwa 3,5 km lang, die kürzesten nur wenige hundert Meter. Obwohl die Pavés eigentlich für Begleitfahrzeuge gesperrt sein sollten und dies auch von Ordnern am Beginn der Pflasterstücke überwacht wurde, schafften es immer wieder einzelne Wagen, zu ihren Schützlingen vorzudringen. Wie sie es aus dem Fernsehen gelernt haben, kommen Sie von hinten angerauscht, um laut hupend knapp an einem vorbei zu ziehen. Besonders ärgerlich ist es dann, wenn ihr vermeintlicher Siegaspirant einen kleinen Durchhänger hat und sich der „sportliche Leiter“ neben ihn setzt um ihn durch lautes Zurufen anzutreiben. Dabei lässt sich das Gespann natürlich nicht von anderen Fahrern irritieren, die sich an dem Hindernis vorbei zwängen müssen. Der einzige Trost war, dass der Fahrer auf diese Weise die Lebensdauer seines Autos rapide verringert. Ich jedenfalls würde mit meinem Wagen auf alle Fälle freiwillig keinen einzigen der Pflastersteinabschnitte fahren.
Nach und nach gewinnt man Sicherheit auf den Pavés, und die Erstarrung, die man zu Beginn hat, löst sich allmählich. Ähnlich wie bei den Passstraßen die Kehren zählt man die überstandenen Pavés herunter und findet auch Zeit, sich ein wenig die Landschaft anzuschauen. Wobei Landschaft eigentlich zu viel gesagt ist. Die Strecke führt durch ein im Süden leicht welliges, Richtung Roubaix dann zunehmend ebenes Terrain, das stark landwirtschaftlich geprägt ist. Ab und zu glaubt man dann aber Abschnitte zu erkennen, die man aus dem Fernsehen kennt.
Bald wird die zweite Rast bei Raismes erreicht, die nun schon deutlich standesgemäßer im Park eines kleinen Schlosses errichtet ist. Die ursprünglichen Befürchtungen, den Tag über Hunger darben zu müssen, lösten sich angesichts des schon deutlich reichhaltigeren Buffets rasch auf. Und es sollte noch besser kommen... Wieder hielten wir uns nicht zu lange auf und brachen auf zu neuen Taten.
Kurz darauf kam der berüchtigte Wald von Arrenberg. Eigentlich hatte ich die Stimmung eines düsteren ausgedehnten Waldes erwartet, aber als wir uns der Einfahrt näherten, hatte die Umgebung eher das Flair eines Naherholungsgebietes: Gasthof an der Einfahrt, Parkplätze, Familien mit Kinderwagen. Na ja, kann ja nicht so schlimm werden, dachte ich, als wir in den Waldweg einbogen. Es war aber viel schlimmer. Die Straße ist schlichtweg nicht fahrbar! Die Pflastersteine sind dermaßen grob und die Fugen so groß, dass man nur rutscht und springt. Zum Glück konnte ich große Teile auf dem Fußweg nebenan fahren und musste nur auf die Straße, wenn größere Gruppen von Spaziergängern diesen versperrten. Wenn ich daran denke, dass den Profis beim Rennen diese Möglichkeit durch Absperrungen verbaut ist und sie im Pulk fahren, so dass sie die Schläge ohne Vorwarnung wegstecken müssen, kann ich verstehen, dass das auch für Berufsfahrer einfach zu viel Risiko ist.
Wenige Meter hinter einer markanten aufgelassenen Eisenbahnbrücke ereilte mich dann das Schicksal in Form eines Wadenkrampfes, der sich schon seit geraumer Zeit angekündigt hatte. So wird in Zukunft diese Einstellung bei der Übertragung des Rennens für mich immer mit dieser schmerzhaften Erinnerung verbunden sein. Leider kam ich nicht selbst drauf, dass meine Probleme vermutlich mit einer fehlerhaft eingestellten Sattelhöhe zusammen hingen. Auf diese Weise hat es sich schmerzlich gerächt dass ich es versäumt habe, mit dem neu aufgebauten Rad vorher eine größere Runde zu drehen. So musste ich noch etliche Kilometer leiden, ehe mich Peter der Weise darauf, brachte meinen Sattel etwas höher zu stellen.
Die letzte Rast in Beuvry sprengte dann alles bisher in dieser Hinsicht erlebte. Es gab schlichtweg alles zu Essen und Trinken was man sich vorstellen kann. Besonders genial waren die original „Paris-Roubaix-Speedwiches“. So gestärkt war es ein leichtes, sich für den letzten Abschnitt bis Roubaix zu motivieren.
Mittlerweile war die Sonne herausgekommen und die Tour entwickelte sich zum Genussradeln mitten durch geschichtsträchtige Landschaft. An der Moulin de Vertain wurden Fotos geschossen, die einen erscheinen lassen als sei man Museeuw selbst. Am berühmten Carrefour de l’Arbre standen über hundert Zuschauer und feuerten jeden einzelnen Fahrer an. Hinter Cysoing führte dann der Weg über den einzigen benannten Abschnitt, den „Pavé Gilbert Duclos-Lassalle“. Wenig später säumte ein Denkmal für Hennie Kuiper den Weg. Es zog einen richtiggehend nach Roubaix.
Als dann nur noch der „Pavé no. 1“ ausstand und Roubaix schon am Horizont erkennbar war, überraschte die Organisation noch mit einer unangemeldeten Raststation, die versteckt hinter einer Autobahnbrücke lag. Im Nachhinein denke ich, dass die Organisationen über die Verpflegungsstellen und deren Angebot absichtlich und psychologisch geschickt in den Spannungsbogen der Route eingebaut haben.
Von da an ging alles wie im Flug. Bald war der Ortsrand von Roubaix erreicht, die Nackenhaare begannen sich aufzustellen und auf den Gesichtern machte sich ehrfürchtige Vorfreude breit. Spätestens bei der Einfahrt auf den „Pavé no. 1“, dem nur Radfahrern vorbehaltenen letzten alleeartigen Abschnitt unmittelbar vor der Einfahrt ins Stadion hatte ich eine Gänsehaut am ganzen Körper. Und dann fühlt man sich wie im Fernsehen: die letzten 200 m auf dem sorgfältig gepflasterten Pavé, in der die Sieger des Rennens verewigt sind, dann nach rechts abbiegen und der Straße in einer leichten Linkskurve folgen. Hier werden die Begleitfahrzeuge heraus gewunken. Noch ein letztes Mal rechts abbiegen und man fährt ins Radstadion ein. In Gedanken malt man sich aus, wie es sich anfühlen muss, wenn das Stadion voll besetzt ist, man sich während der letzten Runde gegenseitig belauert und dann dem Ziel entgegen sprintet – und gewinnt.
Von thomasg –
Jetzt hatten wir es also geschafft. Die Hölle des Nordens lag hinter uns. Erschöpft und zufrieden sind wir angekommen. Entgegen aller Befürchtungen hatten wir keinen einzigen Defekt. Auch unterwegs habe ich nur zweimal Leute beim Flicken gesehen. Das war vielleicht aber nur ein subjektiver Eindruck. Unser österreichischer Nachbar, den wir im Ziel wieder trafen, hatte nicht so viel Glück und wurde alleine vier Mal Opfer der Pannenhexe.
Unser WoMo war perfekt direkt vor den berühmten Duschen des Radstadions geparkt. Hier ergriff uns noch ein letztes Mal die Ehrfurcht. Nüchtern betrachtet hat der Duschraum das Ambiente eines Schweinestalles. Etwa brusthohe Betonmauern trennen kleine Boxen ab, das Wasser kommt eiskalt aus einem langen Rohr an der Decke. Wären da nicht die kleinen goldenen Tafeln, die jede der Boxen einem der Sieger von Paris-Roubaix widmen. Meine gehörte Henni Kuiper. Ich weiß zwar kaum etwas über ihn, aber auf diese Weise fühle ich mich ihm jetzt für immer verbunden.
Peter und ich holten uns noch unsere Insignien ab – natürlich einen Pflasterstein sowie eine Urkunde. Diese war zwar fälschlicherweise auf 260 km ausgestellt, aber wer ist an so einem Tag schon kleinlich. Natürlich haben wir sie gerne genommen. Nach kurzer Stärkung sind wir dann in unser WoMo geklettert und glücklich und zufrieden Richtung Heimat gefahren.
Im Nachhinein haben wir natürlich noch oft an diesen Tag gedacht. Wann immer etwas darüber im Fernsehen kommt, hocken wir davor und versuchen uns zu erinnern. Und natürlich fahre ich noch heute voller Stolz mein Teilnehmerschild am Rahmen spazieren. Es war wirklich eine einmalige Veranstaltung mit vorzüglicher Organisation und vielen engagierten Helfern an der Strecke. Falls einer von ihnen das hier liest, möchte ich mich nicht noch mal bei ihm / ihr bedanken.
Weitere Infos auf der Homepage des Velo Club de Roubaix:
http://asso.nordnet.fr/vcrcyclotourisme/
Bilder zum Teil mit freundlicher Genehmigung des Velo Club de Roubaix.
Unser WoMo war perfekt direkt vor den berühmten Duschen des Radstadions geparkt. Hier ergriff uns noch ein letztes Mal die Ehrfurcht. Nüchtern betrachtet hat der Duschraum das Ambiente eines Schweinestalles. Etwa brusthohe Betonmauern trennen kleine Boxen ab, das Wasser kommt eiskalt aus einem langen Rohr an der Decke. Wären da nicht die kleinen goldenen Tafeln, die jede der Boxen einem der Sieger von Paris-Roubaix widmen. Meine gehörte Henni Kuiper. Ich weiß zwar kaum etwas über ihn, aber auf diese Weise fühle ich mich ihm jetzt für immer verbunden.
Peter und ich holten uns noch unsere Insignien ab – natürlich einen Pflasterstein sowie eine Urkunde. Diese war zwar fälschlicherweise auf 260 km ausgestellt, aber wer ist an so einem Tag schon kleinlich. Natürlich haben wir sie gerne genommen. Nach kurzer Stärkung sind wir dann in unser WoMo geklettert und glücklich und zufrieden Richtung Heimat gefahren.
Im Nachhinein haben wir natürlich noch oft an diesen Tag gedacht. Wann immer etwas darüber im Fernsehen kommt, hocken wir davor und versuchen uns zu erinnern. Und natürlich fahre ich noch heute voller Stolz mein Teilnehmerschild am Rahmen spazieren. Es war wirklich eine einmalige Veranstaltung mit vorzüglicher Organisation und vielen engagierten Helfern an der Strecke. Falls einer von ihnen das hier liest, möchte ich mich nicht noch mal bei ihm / ihr bedanken.
Weitere Infos auf der Homepage des Velo Club de Roubaix:
http://asso.nordnet.fr/vcrcyclotourisme/
Bilder zum Teil mit freundlicher Genehmigung des Velo Club de Roubaix.