Von majortom – Die Monumente Graubündens, Südtirols, der Lombardei. Eine Woche mit hohen Pässen und alpinen Highlights wartet auf uns. Ausgehend vom schweizerischen Chur entdecken wir auf sieben Etappen gemeinsam die Rätischen Alpen. Gekrönt von einer Bergankuft auf der Königin der Passstraßen, dem Stilfser Joch.
Streckenänderungen vorbehalten!
quäldich-Reise Rätische Alpen – Rund um das Stilfser Joch
Von Jan – Die Alpen! Die Alpen sind einfach die Alpen. Pünktlich auf die Minute starten wir heute morgen von unserem Hotel Chur in Chur. Falls jemand jemals in Chur Quartier aufschlagen möchte: die Familie Schmid im Hotel Chur hat sich wirklich rührend um uns gekümmert. Sehr empfehlenswert.
Ich rufe den Track auf, aber als ich ihn ein wenig später starten möchte, ist er weg. Macht nichts, sagt Harry, das finden wir auch so. Zumal zumindest Dirk und er den Track haben. Links, rechts, und schon sind wir im Anstieg zum Lenzerheidepass. Einrollmeter: 40. Sofort läuft der Schweiß, das Thermometer zeigt schon 22 Grad an.
Nadine und ich haben uns schon zwei Tage akklimatisiert, aber der Kaltstart ist dennoch heftig: 975 Höhenmeter bis zum Lenzerheidepass. Torsten, der Reiseleiter der rätischen Alpen relaxed, die gestern in Chur zu Ende gegangen ist, fand den Anstieg richtig ätzend, aber ich bin ganz zufrieden mit dem gebotenen Alpenpanorama über dem Rheintal. Der Verkehr ist nicht inexistent, aber auch deutlich weniger schlimm als befürchtet.
Im Anstieg steht Roland auf der linken Straßenseite. Speichenbruch. Martin telefoniert schon unseren Begleitfahrer Thomas an, und wir klären schnell, dass Thomas nach Lenzerheide kommt, damit Roland ein Ersatzrad bekommt. Damit fällt die Mittagspause vermutlich flach, denn Thomas hat keine Chance, rechtzeitig alles vorzubereiten, schon gar nicht coronakonform.
Wir fixieren die gebrochene Speiche mit einem Kabelbinder und entscheiden, dass Roland damit noch hoch fahren kann, aber nicht mehr runter. Thomas wartet also in Lenzerheide auf ihn.
Der Hochpunkt ist deutlich vorher erreicht, und vorbildlich wird dort gewartet, obwohl wir ein Passschild vermissen (danke!). Wir rollen nach Lenzerheide runter, sortieren Gruppe 2b zu Thomas und dem bereitstehenden Ersatzrad, fahren weiter zu Nadine, um noch etwas Gruppenshuffling zu betreiben, und rollen hinunter nach Tiefencastel. Schön hier! Und so schönes Wetter. Links geht's Richtung Davos/Albulapass und dann hinein in diesen schönsten Pass der Schweiz. Sagen manche. Kurz vor dem Steilstich vor Bergün überholt uns auch Thomas, und so erhöht sich die Chance, doch noch eine Mittagspause zu bekommen. Gruppe 1 ist da vermutlich schon kurz vor der Passhöhe.
Die Steilstelle kurz vor Bergün ist waghalsig in den Fels geschlagen. Kennt man ja! Bergün liegt traumhaft schön im Hochtal. Kopfsteinpflasterstich im Ort.
Und Thomas steht wie geplant am Skilift. Aus Zeitmangel belegt er die Brote in Echtzeit nach Aufforderung. Das klappt super und ist genauso hygienisch wie die Beutelvorbereitung. Buffett dürften wir zwar auch in der Schweiz, machen wir aber lieber nicht.
Apropos Corona: davon kriegt man in der Schweiz nicht viel mit. Der Alltag ist fast normal, man hält Abstand, gibt sich nicht die Hand, aber niemand trägt Masken, und am Frühstücksbuffet kann man sich selbst bedienen. Mit Abstand und desinfizierten Händen.
Und dann folgt der schönste Teil vom Albula, wie Peter ankündigt. Die Viadukte der Rhätischen Bahn (Rätische Alpen ohne h, Rhätische Bahn als Eigenname mit h), monumentale Felskomplexe, der moosgrüne Palpuagnasee. Traumhaft!
Und oben wartet die Verpflegung des Engadiner Radmarathons auf uns. Fabian Schorta, der Organisator des Engadiner Radmarathons, begrüßt uns persönlich, Arthur Schlatter massiert mich, Anna und Jana. Am Mittwoch sind wir in Scuol, mal sehen ob wir einen Slot bei ihm kriegen. Richtig gut!
Bis hier lief alles richtig gut. Und dann explodiert Ernsts Hinterrad im Stand, so wie schon Mortens in der Pfalz. Natürlich ist es wieder das Felgenband, dass ich ihm schnell austausche. Ich habe aber nur ein 18mm-Felgenband und ein 16er. Also das 18er nach vorne, das ist sicherheitsrelevanter. Das 16er nach hinten. Das Hinterrad müssen wir dreimal montieren, weil der Reifen nicht ins Felgenhorn springt. Dann wagen wir uns in die Abfahrt. Und Ernsts Hinterrad explodiert. Merke: kein 16er Felgenband in ein 18er-Felgenbett, und wenn dann nur zur Not und mit viel Spannung, denn der Druck im Schlauch verschiebt das Felgenband. Glück gehabt, nichts passiert. Wieder springt der Reifen nicht ins Felgenhorn, wieder schicken wir den Rest der Gruppe vor, jetzt sind Ernst und ich alleine.
Und zuckeln schließlich mit Höhenschlag gen Tal. Dort ist der Reifen aber endlich ins Horn gesprungen, und 12 flache Km später sind wir in Pontresina. Schmutzbier mit Blick auf den Morteratsch-Gletscher. High Ellbows!
Und danke an Oli, meinen Inkompetenz-Kompensator, der noch Ernsts Felgenband austauscht.
Ein toller Tag liegt hinter uns. Am Ende hat alles geklappt. Alle glücklich und früh im Ziel, alle entspannt!
Und morgen wartet der Mortirolo!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Von unserem Startort Chur aus wenden wir uns direkt nach Süden, wo sich die Bündner Alpen vor uns aufbauen. Der Lenzerheidepass ist mittelschwer und so der ideale Auftakt. Viele werden ihn jedoch nur als Aufgalopp für den sich anschließenden Albulapass sehen, der - zurecht - als einer der schönsten der Alpen gilt. Vom Ausgangspunkt Tiefencastel geht es zunächst am steil abfallenden Berghang entlang, dann jedoch in die einsame, hochalpine Landschaft der Albula-Alpen, begleitet von der beeindruckenden Rhätischen Bahn. Die Abfahrt ins Engadin ist nur kurz, und es sind nur noch wenige, leicht ansteigende Kilometer zu bewältigen, bis wir unser Etappenziel in Pontresina erreichen.
Für alle, die noch nicht bei uns waren: Die entspannte Gruppe 3 ist eine Wundertüte.
Bei uns sind die notorischen Understatement Fahrer, die auch locker bei den Schnelleren oder den ganz Schnellen mitrollen können. Natürlich findet man auch die "echten Entspannten", die zwar nicht schnell sind, aber in der Gewissheit radlen, früher oder später schon am Hotel anzukommen. Und regelmäßig auch dabei,sind QD-Neulinge, teils unter dem Motto "Denn Sie wissen nicht, was sie tun".
Einfach gesagt, selbstwusste Radsportler mit recht großen Unterschieden bei der Leistungsfähigkeit im Sattel und den persönlichen Gewohnheiten und Vorlieben, wie sie die Zeit auf und neben dem Rad verbringen.
"Bekennde Entspannte" -davon gibt es viele- wissen, dass binnen kurzer Zeit, jeder seine Talente einbringt und wir immer sehr viel Spass miteinander haben. Landschatliche, kulturelle und vor allem gastronomische Highligts werden neben der körperlichen Ertüchtigung gerne gewürdigt, und so manches mal auch eine nette Bademöglichkeit genutzt.
Bei uns sind alle willkommen, jeder findet jeder seinen Platz und wird zum glücklichen Menschen, wenn, ja wenn nicht gerade schon am zweiten Tag das "Monument" Mortirolo mit vielen Höhenmetern und noch mehr Prozenten im Wege steht.
Schon die gestrige Etappe stand wohl unter dem unguten Einfluss des Anstiegs mit dem unheilschwangeren Namen: Sämtliche Mädels und Jungs verschmähten die äußerst spärlich im Albulatal vorhandenen Einkehrmöglichkeiten, fuhren sogar am am wunderbaren Lai de Palpuogna vorbei und machten erst nach 2700 Höhenmeteren auf der Passhöhe halt. Gut, das mit dem See war auch meine Schuld, weil ich dem Tempo nicht folgen und deshalb nicht auf dieses Kleinod rechtzeitig hinweisen konnte.
Heute machte ich es zwar besser: In der Abfahrt von Bernina setzte ich deutlich häufiger mein Gewicht als meine Bremsen ein, gelangte so nach vorne und stoppte die Gruppe vor dem mit Abstand schönsten Cafe des gesamten südlichen Alpenraums, nur, um mir dann bescheiden zu lassen, dass 5 Kilometer weiter Thomas die Mittagsverpflegung für uns gerichtet hätte.
Einen solchen solchen Frevel bestraft der HERR sofort und richtete unsere Blicke am vereinbarten Ort auf die falsche Straßenseite, gerade so, dass unsere eilige Truppe zunächst an dem coronakonformen Buffet vorbeirauschte..... und wieder besser gestimmt, ließ ER -in der Hoffnung dass die Menschheit noch nicht gänzlich verloren sei und am guten Beispiel zum Lernen fähig ist- den tapferen Streiter für das Schöne und Wahre (also mich) gerade im notwendigsten Moment auf gastfreundliche Italiener treffen, die gerade bei Wein und Käse an einer mit frisch gestärktem Leinen gedeckter Tafel und toller Aussicht in Richtung Stelvio saßen. Logisch, dass sich in deren Keller sich auch noch ein kühles Bier für den Mangelleidenen fand.
Und siehe da: Nur wenige Minuten nachdem der Mortirolo überquert und der unheivolle Bann gebrochen war, wurde mein nicht durch ein Selfie belegter Bericht keineswegs als Fatamorgana abgetan. Nein, es machte auch gleich das Gerücht die Runde, das sich in Ponte di Legno ein sehr nettes Cafe´ befände, welches wir doch morgen früh besuchen könnten, bevor wir an den wundervollen Südhängen des Gavia mit durchaus unterschiedlicher Eleganz nach oben kurbeln. Alles wird gut!
Die entspannte Gruppe 3, Vergnügen aus Leidenschaft
Von Jan – Was für ein Tag. Nomineller Ruhetag heute in den rätischen Alpen. Gestern waren die Straßen steil, wir mussten rauf auf den Mortirolo. "Steil DÜRFEN die Straßen sein", sinniert Hagen in seiner Eloge über die Rhön im quäldich-Reiseblog. "Schön MÜSSEN sie sein", setzt er hinzu, und meint uns damit unter Druck setzen zu können. Zumal heute nur ein Pass auf dem Programm steht, und wir somit nur einen Trumpf im Ärmel haben. Aber, lieber Hagen, dieser eine Pass ist der Passo di Gavia, ab Ponte di Legno einer meiner absoluten Favoriten.
Da ich nicht so wirklich Lust auf den unteren Teil des Val Camonicas habe (weder schön noch steil und somit keine Hilfe im quäldich-internen Reiseblog-Battle), versuche ich morgens noch eine Allianz für eine Erweiterungsvariante über Tirano, Passo di Trivigno, Guspessa-Kammstraße, Mortirolo-Abfahrt über Monno zu schmieden, aber leider finden die so zusammen kommenden 3500 Höhenmeter zu wenige Freunde für eine Splittergruppe (obwohl steil UND schön). Macht nichts, denn schließlich hat Tom vom regulären Etappenziel Bormio auch noch den Anstieg zu den Torri di Fraele als Option eingebaut, bei denen ich auch seit 2008 nicht mehr war, damals bei eher mittelmäßigem Wetter.
Also blasen wir den Apricapass Richtung Edolo hinab, mit dem jüngsten Teilnehmer aller Zeiten auf quäldich-Reisen vorneweg: Yves, Olis Sohn, 15. In Edolo kämpfen wir uns durch den Verkehrsinfarkt, und vor uns sehen wir die entspannte Gruppe, die etwas früher als wir gestartet ist. Damit ist das Rennen eröffnet, Harry legt los. Natürlich kann Martin dann nicht hinten an stehen. Da wir ohne die beiden Lokomotiven nicht recht näher kommen, fahre ich auch nach vorne, und siehe da: Nadine hat sich mit ihrer entspannten an der sportiven Gruppe festgebissen, die den heutigen Ruhetag offensichtlich ernst nimmt. Nach einiger Zeit realisieren Harry, Martin und ich, dass wir wohl mal auf den Rest der Gruppe warten sollten, und tun das an einer Bar linker Hand, mit Caffè und einer Cola für Martin (der sonst stets zwei nimmt). Eine Cola trinkt sich schneller als zwei, aber immer noch nicht so schnell wie ein Caffè, so dass nicht nur unsere Gruppe, sondern auch die 2b und Nadines 3 vorbei rauschen, bevor Jörg (schnell zu uns gestoßen), Harry, Martin und ich das Mannschaftszeitfahren aufnehmen.
Gut aufgewärmt, aber dennoch knapp hinter dem Rest unserer Gruppe erreichen wir so den Abzweig nach Ponte di Legno. Die Track-Anweisungen von quäldich-Reise-Mastermind Tom ignorierend, biegen wir hier Richtung Ort ein, weil wir am heutigen Ruhetag auch eine reguläre Kaffeepause machen wollen. Wie auch alle anderen Gruppen außer Olis, die kurz danach Ponte di Legno in verschiedenen Cafés fluten. Nach einigen tiefschürfenden Diskussionen über die Zukunft des Energie- und Automarktes wenden wir uns wieder wesentlichen Themen zu: Rennradfahren, Rennradfahren am Berg und Rennradfahren am Berg in SCHÖNEN Landschaften, hier Rennradfahren am Berg in SCHÖNEN Landschaften auf sehr schmalen, teils STEILEN Straßen. Martins Motor ist jetzt richtig heiß gelaufen, und schon ist er dem Feld enteilt. Ich bleibe gerade so lange bei ihm, bis ich von ihm ein charakteristisches Gaviabild machen kann (Radfahrer in schmaler Kehre vor beeindruckender Alpenkulisse), und ab diesem Zeitpunkt pendle ich zwischen Yves hinten und Stefan und Jörg vorne hin und her (Harry und Martin sind nicht mehr erreichbar). Das Bild zeigt Franz:
Der Gavia: einfach toll, das sehen heute alle so. Der untere Teil im Wald, der Mittelteil mit der langen Geraden und atemberaubender Alpenkulisse zur Linken, und dann der Schlussabschnitt mit dem Lago Nero, der direkt hinter dem Tunnel beginnt.
Der Tunnel... der ist immer noch nicht beleuchtet, immer noch sehr lang, immer noch mit einem Knick im hinteren Teil, der nur ganz wenig Tageslicht einlässt. Wir sind fast blind, und die mitgeführten Lichter sind einfach sinnvoll, hinten wie vorne. Dann sehen wir den moosgrünen Lago Nero unter uns (das Bild zeigt Dirk eine Kehre oberhalb), und schrauben uns auf den letzten vier Kehren nach oben. Dann fehlen nur noch 1000 m Mondlandschaft auf nagelneuem Asphalt bis zur Passhöhe. Traumhaft! Die ganze Gruppe ist sich einig: den Gaviapass muss man gesehen haben. Und eigentlich viel öfter fahren, wie das Ehepaar aus Brescia, das wir auf ihren Mountainbikes überholen. Die fahren jedes Jahr einmal hoch. Wenn der Gavia nur nicht so weit weg wäre!
Thomas verpflegt uns oben aufs Beste, dazu lassen wir uns Caffè und Gulaschsuppe in der Passgastronomie schmecken (gehört das auch in die Kategorie Zockerstei, Hagen?), und stürzen uns nach geraumer Verweildauer in die mehr als ruppige Abfahrt. Schön ist diese Seite ja auch, aber mittlerweile nicht mehr schön in der Abfahrt zu fahren. Der Punkt geht an die Rhön: 90 km/h wie hinunter nach Elters sind hier nicht möglich. Die letzten Kilometer versöhnen dann wieder mit einer letzten Schussabfahrt von Sta Caterina Valfurva nach Bormio, wo uns ein tolles Hotel erwartet.
Mich allerdings erwartet Thomas, diesmal der andere Thomas. Der eine Thomas ist mit dem Gepäck noch auf dem Gaviapass. Des anderen schnelle Gruppe hat die Segel gestrichen, und er hat mir schon per Nachricht mitgeteilt, dass er noch ein Hinterrad für die Torri di Fraele sucht. Gruppe 2 lässt sich nicht lumpen, und so sitzen wir ein Kaltgetränk (alkoholfrei) später wieder mit Charly, Martin und Harry auf dem Rad Richtung Torri di Fraele. 800 Zusatzhöhenmeter auf 25 km, 12,5 km hin, 12,5 km zurück, relativ unmotiviert, und relativ klar, dass relativ wenige dafür zu motivieren sind, da kann man noch so sehr mit landschaftlicher und straßenbaulicher Grandezza werben. Aber genau dieses erwartet uns ab Fior d'Alpe Torripiano auf 8,8 km, 634 Höhenmetern und 21 Kehren bei konstanten 7% zu den Türmen (4 unten, 17 direkt übereinandergestaffelt oben), mit ständig wechselnden Blicken hinauf und hinunter Richtung Bormio, und weiter Richtung Passo di Foscagno. Oben an den Torri dann die Überraschung: die Straße ist weiter asphaltiert, am Lago delle Scale bis zur touristischen Infrastruktur nahe der Staumauer, von der man den ersten Lago di Cancano bereits sehen kann.
Wir rollen zurück und verbummeln weitere Zeit in dem nun auf Asphalt erreichbaren Rifugio einige Hundert Meter hinter den Torri. Hier erreicht uns die Nachricht, dass uns Nadine mit Franz und Dirk aus der Sportiven Gruppe nachsetzen. "Nadine war einfach überzeugender als du", sagt Dirk im Vorbeifahren. Was für eine Krönung eines genialen Radtags. Wir acht sind uns einig: die Torri di Fraele muss man gesehen haben!
Es ist eine kurze Etappe, die uns heute erwartet, aber langweilig wird uns mit Sicherheit nicht werden. Dafür wird schon die Südrampe des Passo di Gavia sorgen, die zu den beeindruckendsten Passauffahrten im gesamten Alpenraum gehört. Zunächst fahren wir jedoch noch von Aprica hinab nach Edolo und das Val Camonica hinauf nach Ponte di Legno. Hier beginnt die schmale, oft spektakulär am Hang gebaute Auffahrt auf den Gavia. Nach der Abfahrt in den Etappenort Bormio könnte man vielleicht noch die eine oder andere Stichstraße anschließen - man sollte jedoch auch genug erlebt haben, um den Tag zu beschließen. Option: Nach dem Gavia kann man noch zum Passo Torri di Fraele fahren - eine herrliche einsame Sackgasse. Das bedeutet eine Etappe von 101 km und 2800 Hm.
Von Jan – Das Stilfser Joch ist halt das Stilfser Joch. 21,5 km und 1540 Höhenmeter mit 40 Kehren, weiß das Pässelexikon ab Bormio. 300 Höhenmeter und 3 km weniger, wenn man nur bis zum Umbrailpass fährt, die Regelvariante von heute. Entsprechend fällt die Gruppenwahl aus: Gruppen 1 und 2 fahren zum Joch, Gruppen 3a und 3 biegen am Umbrailpass ins Val Müstair ein. An der Ampel in Bormio dann ein Riesenpulk von Radfahrern, die alle bergauf wollen. Neben unseren noch einige Radfahrer aus der Rhön und vom Bodensee, die, wie wir schnell herausfinden, hute alle drei Seiten aufs Stilfser Joch fahren wollen.
Es rollt gut, und ich entscheide mich, etwas nach vorne zu fahren, um über der Kehrengruppe Fotos zu machen. Was sogar glückt. Mein Platz oberhalb Km 106 entpuppt sich als der vermutlich beste Fotopunkt, mit einer kleinen Gehpassage erkauft.
Ab hier fahre ich dann erst mit Daniel, dann mit Yves hoch, der eigentlich in Olis Gruppe 3a ist. Aber am Umbrailpass auch mit mir rechts abbiegt Richtung Stilfser Joch. Klar. Hier kann man die Passhöhe schon sehen, und natürlich will er dann noch da rauf. Gipfelstolz!
Oben steht Richard und verkauft Vinschgerbrot mit Sauerkraut und Bratwurst. "Seit 54 Jahren", sagt er breit grinsend. Yves Vinschgerbrötchen spendiert er mir, schließlich habe ich ihm seinen Umsatz des Tages beschert, und da lässt er sich nicht lumpen. "Frau Merkel war auch schon hier", sagt Richard. "Und da sage ich zu ihr: „Frau Sauer, nehmen Sie ruhig ordentlich Sauerkraut, da können Sie gut furzen!” Leider war keine Kamera dabei, sonst hätte die ganze Welt darüber gelacht!" Er erzählt auch, wie ein Radfahrer mal sein Rennrad über die Brüstung geworfen hat vor Wut. Und als er es wiederholen wollte, hatte es schon ein anderer geholt. Hier erlebt man halt was. Am Stilfser Joch.
Von der Tibethütte genießen wir noch den Ausblick auf die komplette Kehrengruppe bis hinunter zur Franzenshöhe. Dann rollen wir zurück zum Umbrailpass. Yves ist nicht der einzige, der dem verlockenden Ruf des Stilfser Jochs gefolgt ist, und so ist meine Gruppe wundersam angewachsen.
Herrlich einsam ist der Umbrailpass, genau wie Tom es in seiner Etappenüberschrift angekündigt hat. Unten in Santa Maria steht Thomas mit der Verpflegung, aber dank des Sauerkrauts begnüge ich mich mit einer Banane. Ich setze mich an die Mauer, auf einmal bin ich so müde. Daniel hat Beweismaterial. Mein Kreislauf sackt sogar etwas ab, was sich in der ersten Steilstufe des Ofenpasses hinauf nach Tschierv rächen soll. Alle ziehen davon, und ich muss mich im Flachstück zusammenreißen, um wieder ran zu fahren. Die Kraftwerke müssen aus dem Revisionsmodus geweckt werden. Das gelingt sogar, und so fahre ich einen nach dem anderen wieder auf. Sogar an Oli komme ich noch ran, aber er hat irgendwas genommen und drückt einen Stiefel hoch, der mich bei ihm bleiben lässt. So können wir ein wenig miteinander fahren. Sehr seltene Gelegenheit!
Am Ofenpass sitzt die entspannte Gruppe entspannt in der Sonne und trinkt Café. Ich möchte die mühsam geweckten Kraftwerke nicht schon wieder runter fahren und trommle meine Gruppe zur Weiterfahrt. Die moosbewachsenen Kiefern im Schweizer Nationalpark sind sehenswert, können aber nicht darüber hinweg täuschen, dass ich den Ofenpass einfach nicht mag. Das können auch die Bären nicht, die es hier geben soll, zumal wir sie natürlich nicht zu Gesicht bekommen. Ich mochte ihn noch nie, dabei ist er eigentlich ganz nett mit den Blicken über das Münstertal hinweg bis zum Ortler nach Süden, und durch den Nationalpark nach Norden. Die Baustellen machen es halt nicht besser. Immerhin haben wir endlich mal einen Platten, so dass ich wenigstens meine Guiderolle rechtfertige. "In der Kurve hätte das aber nicht gerade sein müssen", sagt Charly. Der Platten ist schnell geflickt, und unten in Zernez sitzt die Gruppe beim geplanten Café. Die Zeit souverän genutzt! Ein alkoholfreies Bier und ein Aprikosenkuchen befeuern die Kraftwerke. Das ist auch bitter nötig, denn das Engadin hinauf bläst ein rauher Wind. Glücklicherweise hatte ich meine Gruppe schon auf die beiden Hangumfahrungen der Hauptstraße eingeschworen, und so biegen wir nach der Durchfahrung von Susch (keiner zuckt in Richtung Flüelapass) und Lavin kurzerhand nach links in Richtung Guarda ab. Der Aufstieg ist relativ anspruchsvoll, aber die Blicke über das untere Engadin hinweg auf die für mich namenlosen Spitzen auf der anderen Talseite und der wunderschöne, intakt und genau richtig touristisch wirkende Ort kompensieren für die Anstrengung. Ein glücklicher Peter sitzt schon links in einer Ostaria. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich mich zu ihm gesetzt. Auf einen Bündner Teller. Lebensart.
An einem der vielen Brunnen spielen Kinder, und als ich die Frage nach "Dürfen wir Sie nass spritzen?" bejahe, bin ich ziemlich schnell ziemlich nass. Schön! Leben!
Auf schmaler Straße rollen wir hinunter nach Ardez mit seinem Turm, und auf sanfter Steigung wieder rauf in Richtung Ftan. Das noch in der Beschreibung verzeichnete 2 km lange nicht asphaltierte Stück ist verschwunden, und so ist es eine reine Genussfahrt. Alle sind froh, hier entlang gefahren zu sein. Zumal eine rasante Schussabfahrt uns direkt auf die Hotelterrasse spült. Erst nach einigen Bieren sagt jemand: "Ach, das hier ist unser Hotel? So ein Glück!"
Ja, wirklich. So ein Glück, auf dieser Reise zu sein. Und morgen wartet schon wieder das Stilfser Joch. Diesmal von Prad.
Das Ortlermassiv grüßt im Osten, das Stilfser Joch grüßt umso mehr. Und tatsächlich fahren wir zunächst von Bormio in Richtung Stilfser Joch. Etwa 300 Höhenmeter vor der Passhöhe wenden wir uns jedoch nach Norden und überqueren die Grenze zur Schweiz. Wer möchte, macht die Auffahrt zum Stilfser Joch einfach noch komplett und dreht wieder um, so viel Zeit muss sein. Dann geht es jedoch vom Umbrailpass hinab ins Münstertal - der ehemals nur geschotterte Pass ist inzwischen vollständig asphaltiert. Dann wenden wir uns nach Westen, wo es hinauf zum Ofenpass geht, quer durch den Schweizerischen Nationalpark. In Zernez erreichen wir wieder das Engadin, dem wir flussabwärts bis zum Etappenort Scuol folgen. Option: Wenn man schonmal von Bormio bis zum Umbrail-Abzweig gefahren ist, kann man natürlich auch noch ganz aufs Stilfser Joch hoch. In dieser Variante kommt man auf 100 km / 2700 Hm.
Von Jan – Heute meldet sich die Rennleitung aus dem Rifugio Garibaldi auf 2845 m Höhe mit Blick auf den Ortler, die Stilfserjoch-Straße nach Osten und den Umbrail nach Westen. Über uns kreist ein Bartgeier, wie Thomas kundig befindet.
Bergankunft am Stilfser Joch hat halt was. Unser Wetterglück wird mir auch langsam unangenehm, wieder kaum Wolken am Himmel. Auch jetzt, um 19 Uhr auf 2845 m Höhe noch 20 Grad und Sonnenschein. Was soll man sonst noch erzählen von einer Etappe über Norbertshöhe, am Reschensee entlang, rasant den Reschenpass runter? Vielleicht, dass wir genau rechtzeitig Gruppe 1 auffahren, so dass ich es etwas laufen lassen kann, weil Thomas das Feld nach hinten absichert. Schööön!
Thomas wartet in Glurns (ein schönes Dorf!), 7 km vor Prad, so dass wir das üppige Mittagessen noch etwas verdauen können. Harry hat gestern Freiwillige gesucht für den Abstecher nach Sulden, und meine Gruppe hat mir signalisiert, dass sie den Weg ab Gomagoi auch alleine aufs Stilfser Joch finden. "Und wenn ihr einen Platten habt?" frage ich Dirk. "Hast du ein Taschentuch?" fragt er zurück. Nein, aber er durfte sich an meiner Schulter ausweinen. Und dann durfte ich los.
Franz wartet am Abzweig auf uns. Jeder fährt sein Tempo, meine Beine sind schlecht. Ich leide. Der Anstieg nach Sulden ist sportlich interessant, aber touristisch schwierig. Immerhin sitzen wir oben gut auf der Panoramaterrasse mit Blick auf den Ortler. Und zwei Stunden später sind Harry, Franz und ich wieder in Gomagoi. Das alkoholfreie Bier, ein Apfelstrudel und das Salz im Trinkwasser bewirken Wunder, und Richtung Stilfser Joch läuft es deutlich besser.
Es ist viertel vor drei, und nur einmal habe ich die Stilfserjochstraße leerer gesehen: als ich 2014 vor der Eröffnung hoch gefahren bin. Herrliche Blicke auf die leere Passstraße im im Streiflicht.
Die erste geführte Wanderung in der Geschichte der quäldich-Reisen führte uns dann auf das Rifugio Garibaldi. Was für ein gelungener Abschluss eines gelungenen Tages!
Nach dem etwas desorganisierten Abendessen ein wunderbarer Sonnenuntergang mit dem Ortler im Alpenglühen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Stilfser Joch, Königin der Passstraßen. Wer gute Beine hatte, stand vielleicht gestern schon vom Umbrail aus schon kurz oben. Wohl kaum ein Pass ist prestigeträchtiger, und heute machen wir daraus die Bergankunft der Bergankünfte - und übernachten einfach auf dem Pass. Ein bisschen Vorgeplänkel muss natürlich auch sein. So fahren wir das Engadin von Scuol aus weiter bergab und erreichen Nauders über die einsame Norbertshöhe. Dann geht es hinauf zum Reschenpass, wo wir den bekannten vom Stausee fast verschluckten Kirchturm bewundern können. Nach rasanter Abfahrt ins Vinschgau erreichen wir Prad - und dann geht es los. 48 Kehren warten auf uns - die berühmte Ostauffahrt zum Stilfser Joch. Wieder runter fahren wir erst morgen, denn heute übernachten wir auf 2757 m Höhe direkt am Pass.
Von Jan – Wunderschön liegt die Stilfserjochstraße heute morgen in der Sonne, mit der Wolkendecke, die bis zur Franzenshöhe reicht.
Wir stürzen uns in die Abfahrt nach Bormio, jeder Tunnel ist uns noch wohlvertraut von... wann war das noch? Vorgestern? Die Wochentage geraten etwas in den Hintergrund... Unten ziehen wir uns alles aus, es ist unglaublich warm, die ganzen Schichten hätten eigentlich gar nicht sein müssen. In Torripiano zuckt niemand Richtung Torri di Fraele, vier echte Pässe müssen reichen. Der erste ist der Passo di Foscagno, über den die Hauptstraße nach Livigno führt.
Entsprechend stark ist der Verkehr, die Automobilisten wollen schließlich zollfrei tanken. Uns kommen unglaublich viele Profis entgegen, scheinbar trainieren alle Teams derzeit in Livigno. Statt die Tour de France zu bestreiten, die jetzt eigentlich laufen würde.
Oben raus wird der Foscagno sogar ganz nett, statt mit einer Passgastronomie kann er allerdings nur mit einer Zollstation aufwarten. Also weiter zum Eira, runter und hoch, bei zwischenzeitlich 92,5 km/h läuft es recht flüssig.
Überall zollfreie Einkaufsgelegenheiten, extradoganali. Oben endlich eine Bar. Caffè 1 Euro, Cola 4,50 Euro. Prezzo turistico doppiodoganali? Unten in Livigno wartet zum Glück Thomas mit erschwinglicher Mittagsverpflegung.
Bis hierher hatten wir unglaubliches Wetterglück, zum Foscagno blies sogar der Wind von hinten. Das ändert sich jetzt in Richtung Forcola di Livigno. Der Wind kommt von vorn, es wird anstrengend. Die 3 km lange Schlusskurve will schier nicht enden. Viel einfacher wird's dann am Bernina. Gleiche Windrichtung, andere Fahrtrichtung. Wir fliegen hoch! Und runter. Ich weise Thomas noch darauf hin, dass hier 100 km/h wohl teils möglich sind. Für mich reicht es dann nur für 98,8 km/h. Womit die Eleganz und Leichtigkeit des Rennradfahrern zunächst passé ist, denn das Engadin hinunter bläst ein straffer Wind, den wir bis zum Malojapass im Gesicht haben. Dann eine 32 km lange Triumphabfahrt nach Chiavenna, Caffè, Cola und Panini am Dorfplatz. Und jetzt fallen die Tropfen!
Was bleibt von dieser Etappe? Für mich drei fantastische Abfahrten. Die beiden oben erwähnten Hochgeschwindigkeitsabfahrten, und die Abfahrt vom Malojapass, quasi ohne Halt hinunter nach Chiavenna. Damit sind wir direkt beim
Zweikampf Rätische Alpen gegen die Rhön
98,8 km/h am Berninapass kann die 90 km/h hinunter nach Elters parieren. Insofern, so mein salomonischer Urteilsvorschlag, zieht die Rhön in der Abfahrtswertung mit der heutigen Etappe gleich.
Die in den letzten Tagen zurückgelegten Monumente jedoch sind schon ein dickes Brett für die Rhön, das mag ein jeder mit einem Blick in den Rätische-Alpen-Blog und Hagens Rhön-Monumenten für sich entscheiden. Ein Kniefall vor der Rhön, wie von Hagen darin gefordert, würde der Würde der Rätischen-Alpen-Monumente nicht gerecht.
Auch aus historischen Gründen solten wir da vorsichtig sein, wie wir hier in Chiavenna bei unserem abendlichen Streitzug durch die mediterran anmutende Altstadt lernen. Der Kniefall Kaiser Friedrich I. Barbarossas vor seinem Vetter Heinrich dem Löwen in Chiavenna verfehlte im Jahr 1176 nicht nur das erwünschte Ziel, sondern führte wenig später zum Zerwürfnis der beiden und für Heinrich den Löwen ins Exil. Dieses Schicksal wollen wir CvG Barbarossa Jan und Rhönerjung Hagen dem Löwen doch wahrlich ersparen!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Am Morgen dürfte es kalt werden - hier heißt es warm anziehen, wenn wir früh morgens vom Stilfser Joch nach Bormio abfahren. Damit uns wieder warm wird, starten wir sogleich in die längste Auffahrt des Tages zum Pässeduo Foscagno/Eira, das uns die ersten beiden Passschilder sozusagen im Doppelpack serviert, nur mit einer kurzen Abfahrt dazwischen. Dann geht es ein Stück hinab nach Livigno, das vor allem vom Zollfrei-Tourismus geprägt ist. Wir ignorieren die Zigaretten- und Schnapsläden, halten uns nicht lange auf und absolvieren mit der Forcola di Livigno Pass Nummer drei. Und schließen, weils so schön war, die Schlusskilometer zum Berninapass gleich an. Die erste Tageshälfte ist rum, vier Pässe sind abgehakt, und der Löwenanteil der Höhenmeter auch. Die Nordwestseite des Bernina kennen wir ja schon, heute nehmen wir sie bergab. Durch das Oberengadin fahren wir flach zum Malojapass, den wir sozusagen geschenkt bekommen - ganz ohne Höhenmeter. Und dann trennt uns nur noch eine lange Abfahrt von unserem Tagesziel im italienischen Chiavenna.
Von Jan – Schon gestern Abend, als wir bei mediterranen Temperaturen in der Chiavenneser Altstadt saßen und bei einem letzten Panaché die Erlebnisse der zurückliegenden Etappen besprachen, war klar, dass heute Schluss ist mit dem Wetterglück. Und tatsächlich werden wir von Regen geweckt, die Wolken hängen tief, aber es ist immer noch angenehm warm. Pünktlich zum Start verzieht sich sogar der Regen und wir können auf nassen Straßen, aber trockenem Himmel starten.
Gleich im Ort beginnt der Splügenpass. Ohnehin ist Chiavenna mit den ringsum steil abfallenden Felswänden ein beeindruckender Ort. Kein Wunder, dass Kaiser Barbarossa damals hier Quartier aufgeschlagen hat.
Schweigend fahren wir nach oben. Schon im unteren Bereich wird deutlich, dass die touristische Infrastruktur am Splügenpass in den letzten beiden Jahrzehnten gelitten hat. Das Klosterrestaurant im Santuario Gallivaggio hat geschlossen, und außer in den beiden größeren Orten Dolcecampino und Montespluga sieht man kaum Leben auf und neben der Straße.
Dafür riechen die frischen Brioches in Dolcecampino verlockend. Schade, dass es so frisch ist und so nass, sonst hätte ich der Gruppe einen frühen Caffèstopp verordnet.
Dann beginnen die waghalsig in die Wand geschlagenen Kehren durch mehrere Enge Tunnels. Beeindruckend! Im oberen offeneren Teil sehen wir Weiden, Kühe, verlassene Steinhäuser, aber nicht die beeindruckenden Felsgrate über der Szenerie. Die hängen in den Wolken.
Am Lago di Montespluga pfeift uns der Regen entgegen, für einige Kilometer ist es flach. Hier entscheidet sich das heutige Iserlohner Duell mit einem kleinen Zeitfahren von Dirk und mir.
Am Seeende durchfahren wir den Ort Montespluga. Hier gibt es noch ein Ristorante/Bar, das wir aber rechts liegen lassen müssen. Es ist zu kalt, der Regen hat wieder eingesetzt. Eigentlich bräuchte ich meine Regenjacke, ich will jetzt aber nach oben und alles an Winterkleidung aus dem Koffer holen, was dieser anzubieten hat.
150 Höhenmeter später erreichen wir zeitgleich mit Nadines früher gestarteten entspannten Gruppe die Passhöhe. Die Stimmung ist gedämpft in der höchsten mobilen Umkleide der Alpen, aber alle sind Thomas unsagbar dankbar für seine Anwesenheit hier oben, wo wir ihn so stark brauchen wie vorher nie.
Die Passhöhe sieht schlimm aus. Vor 19 Jahren gab es hier noch einen stolen Grenzposten, heute ist hier alles verrammelt und vernagelt. Immerhin hat man die Tragödie wohl erkannt, Bautätigkeiten sind im Gange. Tauchen die Passhöhe aber in ein umso tristeres Bild. Das aber bei Sonne vermutlich deutlich weniger trist ausgefallen wäre.
Heute geht der Abfahrtszeitpunkt nicht nach Gruppenzugehörigkeit, sondern nach Umzugsgeschwindigkeit. Eine Gruppe nach der anderen fährt ab, wenn genügend Teilnehmer fertig sind, ich bilde mit Uli die Nachhut, Thomas nimmt zwei frierende Teilnehmer im Auto mit.
Durch die akkuraten Kehren der Nordanfahrt geht es hinunter nach Splügen, durch die Viamala-Schlucht hinunter nach Thusis und dann Richtung Chur. Irgendwann kommt noch Nadines Sammelgruppe von hinten, die an der Rofla-Schlucht noch auf eine wärmende Suppe eingekehrt ist. Und dann fahren wir triumphal nach Chur ein. Alle heile hier, das ist heute die Hauptsache!
Und damit ist eine großartige Woche mit vielen beeindruckenden Monumenten der rätischen Alpen zuende gegangen. Wir hatten unglaubliches Wetterglück, darüber kann das bisschen Regen heute nicht hinweg täuschen. Und mit der heutigen Kälte am Splügenpass können wir das Glück der letzten Tage doch erst richtig schätzen!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Schlussetappe, heute heißt es Abschied nehmen. Doch einen haben wir noch, und es ist nochmal ein Highlight. Die Südrampe zum Splügenpass mag vielleicht neben so klangvollen Namen wie Stilfser Joch und Gavia wie ein Geheimtipp anmuten, aber es ist ein Geheimtipp, der sich lohnt. Und die akkuraten Kehren der Norseite sind ein sehenswertes Kuriosum. So gelangen wir nach Splügen im Hinterrheintal, und bis Chur geht es nur noch bergab. Mit der Viamala-Schlucht wird es jedoch landschaftlich nochmal spektakulär, und wir können entspannt in Chur einrollen.