Von Jan – Da es heute morgen in Ludwigshafen regnet, entscheiden wir uns, lieber mit dem Auto in die Südpfalz zu fahren statt mit dem Rad. Schließlich wollen wir nicht auf den letzten Metern noch eine Erkältung riskieren, wo wir doch von Berlin bis Ludwigshafen trotz widriger Gesamtwetterlage ziemlich gut durchgekommen sind. Das entzerrt die Abläufe gewaltig, und so können wir in Ruhe frühstücken und fahren in aller Ruhe um 9 Uhr los. "So verhangen habe ich den Pfälzer Wald noch nie gesehen", sagt Peter, als wir auf der Autobahn durch den Nieselregen fahren. "Komische Wetterlage."
Aber es ist trocken in Gleiszellen, und nach und nach kommen die Teilnehmer an. In der Pfalz gelten relativ weitgehende Lockerungen der Kontaktbeschränkungen, wir müssen nur auf den Wegen durch das Hotel Masken tragen, und draußen und am Tisch natürlich nicht. Bis zu 10 Personen dürfen sich in der Pfalz treffen, auch aus verschiedenenen Haushalten, was bedeutet, dass wir hier in der Pfalz die Gruppen so bilden können wie auf normalen quäldich-Reisen. Nur der Abstand zum Vordermann soll weiter gehalten werden. Nach der zügigen Begrüßung aller Teilnehmer und der Teamvorstellung teilen sich die Gruppen magisch in vier etwa gleich große Teile. Nur zu mir will natürlich wieder keiner, und ich muss ein paar freiwillige Teilnehmer für die sportive Gruppe bestimmen.
Die ersten 80 km führen aus der Pfalz hinaus in die Rheinebene und dann zurück auf den Pfälzer Wald zu. Am nordöstlichsten Punkt ist die Mittagspause vorgesehen, es gibt Fläschknepp mit Meerrettich. Hauptsache flach also statt Hauptsache bergauf, vielleicht als Anklang an Berlin-St. Petersburg, die heute gestartet wäre. Die Wolken hängen immer noch stark vor dem Pfälzerwald, und vom Rhein kann man noch nicht einmal die Kulisse erkennen. Das ändert sich aber im Verlauf der Mittagspause, die für unsere schnelle Gruppe sehr zügig abläuft- Die anderen Gruppen haben weniger Glück, teils dauert's wohl doch arg lang. Ich mag die Fläschknepp, jemand sagt, das seien halt Königsberger Klopse. Kn Königsberg wären wir in drei Etappen gewesen. Ähnlich sind die Klopse wohl, nur ohne Sardellen, ohne Kapern, dafür mit Meerrettich.
Obwohl die Mittagspause für uns recht zügig abläuft, hat sich der Blick auf den Pfälzer Wald deutlich aufgeklart, und so fahren wir mit guter Sicht auf die Kalmit und das Hambacher Schloss durch die Weinberge auf Maikammer zu, wo wir nach Norden einbiegen um das Hambacher Schloss in Angriff zu nehmen, unserem ersten Berg der Pfalztour. Ich bin zwar nicht spritzig, aber irgendwer muss ja mit Morten spielen, der in den letzten Monaten am Hamburger Deich offensichtlich zu viel Kraft gesammelt hat. Die Straße zum Hambacher Schloss fährt in einem weiten Bogen um den Schlossberg herum. Kaum jemals ist mir ein Bogen so lang vorgekommen, doch endlich zweigt der Gipfelstich vom Rundkurs ab. Eigentlich wollte ich noch eine Attacke lancieren, aber das Tempo ist so hoch, und ich belasse es bei dem Plan. Oben lauert eine ziemliche Menschenmasse, so dass wir die Aussicht in die Rheinebene nur kurz genießen.
Durch das Edenkobener Tal fahren wir hinauf in Richtung Lolosruhe, und sobald wir Edenkoben hinter uns gelassen haben, tauchen wir ein in die Pfälzerwaldidylle. Die Straße ist nicht mehr zweispurig, der Verkehr ist gering, und der verbleibende ist vornehmlich rücksichtsvoll. Morten, Fred und Bernd matchen sich oben, ich bin froh, dass ich mich an Klaus orientieren kann. Und genieße die Auffahrt. Oben wartet Gabi mit ihrer Truppe. Wir grüßen im Vorbeirollen und stürzen uns in die rasante Abfahrt am Heldenstein vorbei. Schöööner Flow! Nach einem allgäuesken Almabschnitt biegen wir rechts zu den Drei Buchen ein, ein weiterer sehr idyllischer Anstieg inmitten im Nirgendwo. Nach einer weiteren schnellen Abfahrt sind wir zurück auf der Weinstraße und müssen nur noch ein, zwei Rampen wegdrücken, bevor wir uns in Gleiszellen auf die Terrasse setzen können und den Blick über die Rheinebene schweifen lassen.
Prost! Auf eine schöne Auftakt-Etappe durch die Pfalz!
Eigentliche Etappenlänge: 132 km und 1430 Hm inkl Hambacher Schloss.
Von Jan – Eine wunderbare Etappe auf schmalsten Straßen, durch tiefen, lichten Wald, über sanfte Berge und felsbewehrte Lichtungen des Pfälzer Waldes liegt hinter uns. Der einzige steile Anstieg des Tages steht gleich zu Beginn an, der Liebfrauenberg, an dessen Kapelle uns ein frisch aufgeschüttetes Kiesbett erwartet. Die Steine scheinen ziemlich scharf, wir mogeln uns irgendwie drüber. Schon kommt Gruppe 2 von hinten, und wir stürzen uns in die sanfte Abfahrt. Ebenso sanft geht es gleich wieder hinauf über Böllenborn, und dann hinunter ins Wieslauter Tal, dem wir bis Niederschlattenbach folgen.
In Niederschlattenbach führt die kurze Variante geradeaus, aber Peter hat angekündigt, dass die 7 km nun anstehenden Umwegs mit zum Schönsten gehört, was die Pfalz zu bieten hat. Also fahren alle Gruppen bis auf Peters rechts weg nach Erlenbach. Bis hier führt die Etappe über Landstraßen, über die unsere kleine sportive Gruppe gut rollt, nur Morten ist wieder schwer zu bremsen, besonders bergab scheint er sein fehlendes Gewicht mit Attacken überkompensieren zu müssen. In Erlenbach verlassen wir die Hauptstraße und fahren fortan auf schmalsten Straßen durch dichten Wald. Über sonnendurchflutete Lichtungen, an roten Felsen vorbei. Es ist wirklich traumhaft schön hier. Dass wir hier nicht so schnell voran kommen wie auf den Landstraßen, stört niemanden von uns. Alle staunen nur über so viel Schönheit.
Schon sind wir wieder in der Zivilisation und fahren auf Fischbach zu, den letzten Außenposten der Zivilisation. Wir sind bei Km 48, und Mittagessen gibt's erst bei Km 104. Dazwischen ist der Pfälzer Wald hauptsächlich eins: Wald. In Fischbach laufen wir gleich den ersten Bäcker an, kaufen 5 Kaffee und zwei Torten und sind gerade fertig, als Gruppe 2 einrollt. Wir füllen noch die Flaschen am Dorfbrunnen und fahren Richtung Eselssteige weiter. Wie fast alle Straßen des Pfälzerwaldes hat sie keinen Mittelstreifen, und Autos sind eine absolute Seltenheit. Ich versuche mich daran zu erinnern, wie es 2011 hier war, als wir die Eselssteige schon einmal mit der Deutschland-Rundfahrt unter die Räder genommen haben. Es gelingt mir nicht. Aber die Abgeschiedenheit des Pfälzer Waldes ist hier greifbar.
Runter geht's auch eher sanft. Kein Grund für Morten, Fred, Bernd und Klaus nicht trotzdem richtig Abfahrtsfeeling aufkommen zu lassen. Mit viel Druck auf dem Pedal. "Das war mit Abstand der härteste Tagesabschnitt", freut sich Klaus, als wir in die kleine Gegenwelle einfahren. Nun haben wir den südwestlichsten Teil der Tour hinter uns gelassen und fahren Richtung Nordost, über Glashütte, Langmühle und Salzvoog. Ich bin etwas beleidigt, hier auf Zeichen von Zivilisation zu treffen, aber gastronomische Infrastruktur sucht man hier tatsächlich vergebens. Dann der wahre Kulturschock: wir treffen auf die B427, und tatsächlich haben wir es mal wieder mit Verkehr zu tun. Auch skurril: wir haben 80 km auf der Uhr, und Bad Bergzabern ist mit 25 km nach rechts ausgeschildert. Ein Lastwagen dröhnt eng hinter uns, überholt aber bis Hinterweidenthal nicht, wo nach 3 km der Spuk auch schon wieder vorbei ist.
Rechts, links, und wir befinden uns auf einem schmalen, brüchigen Asphaltband. "Ruine Gräfenstein 13 km" ist angeschlagen. Wieder ein sanftester Anstieg, komplett durch den Wald, der teils märchenhaften Charakter hat. Pinkelpause. Fred und Klaus fahren schonmal weiter. Bernd lässt auf sich warten. Einige Gruppen von Mountainbikern überholen uns. Denen wir ab nun hinterher setzen können, was mir bei 3 % und guten Beinen richtig Spaß macht. Eine Gruppe Pfadfinder mit Rucksäcken versperrt den Weg, und auf unser Rufen machen sie bereitwillig den Platz frei. Der eine dreht sich weg, und sein Rucksack versperrt die ganze Straße. So wenig Platz ist hier. Der Belag ist längst deutlich besser geworden, Rennradfahren macht hier richtig Spaß!
Am Hochpunkt suchen wir den Blick auf die Ruine vergebens, macht aber auch nichts, dieses Kleinod braucht keine Krönung. Nun sind es nur noch 10 km bis zum Campingplatz am Clausensee, der wunderbar in der Sonne funkelt. Die Abläufe am Campingplatz sind coronabedingt natürlich verzögert, und wir warten geduldig auf Kuchen und Flammkuchen. Unterdessen explodiert Mortens Hinterrad im Stand. Sehr gutes Timing! Wir finden keinen Dorn, aber das Felgenband ist verrutscht. Ich zücke ein neues aus dem Guiderucksack, und noch bevor die Flammkuchen ausgeliefert sind, ist das Rad wieder hergerichtet. Im Anstieg nach Leimen zieht Morten wieder davon wie ein Moped, aber in der Weiterfahrt zum Hermersbergerhof spielt Klaus seine Zeitfahrkünste aus und zeigt den alten Hasen wo der Bartel den Most holt.
Nun heißt es aufgepasst, denn die Aussicht über die Pfälzer Bollen, einige kegelförmige Berge, darf laut Peter nicht verpasst werden. Brav stellen wir uns zum coronakompatiblen Distanzshooting auf, und tatsächlich ist es ein toller Blick! Der uns sogar in die Gemütslage versetzt, am Hermersbergerhof noch einen Café zu trinken. Die Pfälzer Gemütlichkeit schlägt voll zu, und deutlich später als gedacht rollen wir mit Cola, Kaffee und Erdbeerbecher gestärkt in die letzte Abfahrt des Tages. Nun sind es laut Peters Tagesvorschau nur noch ein paar Wellen ins Hotel. Die wir wie üblich gekonnt weg drücken und uns zu Gruppe 2 auf der Hotelterrasse zum Schmutzbier gesellen. Wunderbare Pfalz!
Von Jan – Eine weitere fantastische Etappe liegt hinter uns, tief und tiefer in die Pfalz, über Johanniskreuz und Große Kalmit. Monumental! Legenden, Märchen, Mythen, Epen haben sich abgespielt, zum Berichten alleine fehlt mir die Zeit. Denn wir müssen auf der Hotelterrasse noch auf ein gelungenes erstes Während-Corona-Wochenende anstoßen.
Danke, Peter!
Und danke Forsthaus Breitenstein, beste Verpflegung der Menschheitsgeschichte mit Bärlauchnudeln, Apfelkuchen und Pfälzer Teller!
Von Jan – Nie ist die Zufriedenheit tiefer als nach einer langen Regenetappe. Dabei war die gar nicht abzusehen. Die Wettervorhersage für den Pfälzer Wald für heute wurde von Tag zu Tag besser, und gestern Abend sah es so aus, als solle es heute den ganzen Tag trocken bleiben. Nur das Wetter hielt sich nicht daran. Pünktlich um 9 Uhr fängt es an zu regnen. "Ach, das ist nicht viel, und das regnet sich alles an der Pfälzer Waldkante ab", behaupte ich selbstsicher, so dass nur wenige spontan ihr Rad wieder in den trockenen Radraum zurück schieben.
Und tatsächlich hört es im Pfälzer Wald zu regnen auf, wenn auch nur kurz. Die bei trockener Straße wunderbaren schmalen Wege zeigen sich bei Regen natürlich etwas anspruchsvoller, und im Nachhinein wäre ich zumindest in Reisdorf lieber der Landstraße weiter gefolgt, statt durch den Wald abzukürzen. Märchenhaft schön ist es ja, der Belag ist auch OK, aber es ist einfach zu viel Wald auf der Straße für diese Witterung. Kurz darauf schalte ich aber, als ich den Abzweig zur Nothweiler Höhe verpasse. Der Regen schwimmt auf meinem Display, und es ist nicht der erste Abzweig, an dem ich vorbei fahre. Meine Rumpfortskenntnis reicht, um der Hauptstraße weiter zu folgen, sie führt auch zur Nothweiler Höhe und ist auch bei dieser Witterung gut fahrbar. Morten gibt schon wieder Gas. Das tut gut, es wärmt.
Schnell sind wir in Fischbach, wo Peter eine tolle Verpflegung mit Hausmacherwurst organisiert hat. Ich informiere den Wirt, dass wir leider weiterfahren müssen. Pause geht jetzt gar nicht, das kühlt zu sehr aus. Er ist enttäuscht, kann uns aber auch verstehen. Natürlich zahlen wir ihn trotzdem. Ehrensache!
Zur Roten Hohl rollts richtig gut, auf breiten Straßen. Hier oben ist im übrigen auch die Stelle, an der es heute nicht geregnet hat. Aber was hat sich Peter nur dabei gedacht, die Etappe so rum zu legen? Auf schmalsten Forststraßen geht es runter, kurz sogar ohne Straßenbelag. Das wäre in der anderen Richtung etwas einfacher gewesen. Aber wir jammern nicht, wir fahren lieber. Noch einmal über die schönsten sechs Kilometer der Pfalz, die wir vorgestern schon gesehen haben. In der anderen Richtung und diesem Regen ist sie allerdings nicht ganz so schön.
Die Verpflegung in Lindelbrünn lassen wir aus und fahren einfach geradeaus weiter, einfach auf der Landstraße statt auf dem Radweg, und sind so um halb eins schon wieder am Ausgangsort. Nie ist die Zufriedenheit größer als nach einer langen Regenetappe, vor allem, nachdem Ross und Reiter geduscht sind. Nach vier schönen Tagen in der Pfalz!
Was bleibt also von der ersten quäldich-Reise während der Corona-Pandemie? Einige Erkenntnisse, die wir in zukünftigen Reisen einbauen können. Andererseits kann diese Reise nicht stellvertretend stehen für die folgenden, denn in kaum einer Region Europas sind die Kontaktbeschränkungen schon so stark zurückgenommen worden wie in Rheinland-Pfalz. Wie eingangs gesagt konnten wir auf dem Rad in zehn Personen starken Gruppen fahren. Abends und bei den Pausen herrschte natürlich Maskenpflicht in den Innenräumen bzw. auf dem Weg zum Tisch, wo wir den Corona-Vorschriften der Gastronomie folgen konnten. Auf unseren nun anstehenden Alpenreisen werden wir sicherlich deutlich mehr Abstand halten und in kleineren Gruppen unterwegs sein müssen. Unser Corona-Konzept ist darauf vorbereitet, jeweils angepasst an die Bedingungen und Bestimmungen vor Ort.
Ich auf jeden Fall freue mich schon sehr auf meine erste Alpenreise des Jahres in den rätischen Alpen!