Sylvestertour 114,6 km / 5210 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von tortenbäcker
Von tortenbäcker –
Schrecksekunden, Anfängerfehler und Odyssee im Parkhaus
Der Titel ist schon mal gelogen, es war der 29.12.2012 und nicht Sylvester. Der Mathematiker behilft sich bei solch kleinen Unschärfen mit Störungstheorie. Wie dem auch sei, seit einigen Tagen hat es im Tessin Plusgrade und der Schnee sollte weg sein. Und ich will doch mal noch diese 5000er Runde abdrücken.Passendes Jahresendprogramm. Damit verletze ich scheinbar ein Copyright, aber eben, nachdem die Welt es verpasst hat unterzugehen, sollte man sich um solche Kleinigkeiten nicht kümmern.
Die kleine Schwierigkeit der Tour beziehungsweise der Jahreszeit ist die Tageskürze. Vor 9:00 losfahren ist wegen potenziell glatten Stellen nicht ratsam, und um 17:00 ist wieder dunkel. Naja, mit einem schlechten 42er Schnitt wäre das alles kein Problem! Sind ja nur etwa 110 km und in unter 3 h wäre man fertig. Hausaufgabe: Man finde den Fehler.
Einzige Massnahme gegen die Zeitknappheit: Zügig fahren und nicht allzu viel Zeit mit Fotopausen verschwenden.
Nach knapp 3 h Zugfahrt komme ich um 9:00 in Locarno an. Die First order logic, die ich im Zug studiert habe, muss zusammen mit anderem Kram in einem Schliessfach verschwinden und schon geht’s los.
Als erstes ist der Einwärmhupfer Barcone dran. Ich fahre noch recht gemütlich, will erst an den richtigen Anstiegen mehr Druck ansetzen. In Brissago am See angekommen, ziehe ich die Jacke aus für den ersten Anstieg – Cortaccio. Das sind etwa 840 hm, die in 45 min Geschichte sind. Fortgeschrittenes Wohlfühltempo. Oben schiesse ich ein paar Fotos und ziehe alles an, was ich dabei habe. Bei dieser Tour sind die Abfahrten (neben den zahlreichen Tenuewechseln) echte Zeitfresser, denn auf diesen schmalen, kurvigen und nicht immer optimal asphaltierten Strassen sind nur tiefe Tempi drin. Nach gut der Hälfte der Abfahrt passiert es: Lauter knall. Etwa 1 Sekunde später springt mir der Vorderreifen von der Felge. Es hat hier suboptimale 15 % Steigung (wie fast überall bei der Auffahrt) und ich versuche, nicht die Kontrolle zu verlieren. Geistegegenwärtig bremse ich hinten nicht zu stark, blockieren verboten! Die Felge kratzt auf der einen Seite auf dem Asphalt. Es rattert anständig und ich schwanke und werde nur langsam langsamer. Gerade noch vor der nächsten Kehre komme ich zum Stillstand. Jegliches Manövrieren hätte zum Sturz geführt, will heissen an den meisten Stellen der Abfahrt wäre ein Sturz unausweichlich gewesen. Uuuuhhhhh. Mit einer gehörigen Dosis Adrenalin im Hirn sehe ich mir den Schaden an. Die eine Kufe der Felge ist total verkratzt und ich frage mich, ob ich überhaupt so weiterfahren kann. Naja, habe wohl gar keine andere Wahl. Jedenfalls ist die Felge heute abend Sperrmüll. Sie hat sowieso schon seit einiger Zeit eine gehörige Acht: Ein Arbeitskollege, der bei Anstiegen wesentlich mehr potentielle Energie aufbaut als ich, hat mich am morgen bei der gemeinsamen Fahrt ins Büro im Tiefschlaf einfach kurzerhand abgeräumt. Optimaler Start in den Tag, um 6:30 im Büro erschienen mit zerfetzen Jeans, diversen Schürfwunden und einem krass verbogenem Vorderrad...
Zurück zu meinem Reifenschaden. Ich studiere den quasi neuen Pneu (3x gebraucht): Sieht immer noch neu aus, weder innen noch aussen sind irgendwelche verdächtigen Spuren zu erkennen. Der Schlauch (war genauso neu) weist einen etwa 2 cm langen Riss auf. Kein Wunder war die Luft sofort draussen. Ich nehme mir sehr viel Zeit bei der Reparatur. Nach über 20 min bin ich wieder startklar. Es sollte jetzt kein weiterer Defekt erfolgen, sonst heisst Autostopp die Losung. Zögerlich fahre ich den Rest der Abfahrt runter. In Brissago unten mache ich mich bereit für die zweite Auffahrt – Mergugno. Die Schlusspassage da ist einfach genial, was für eine Aussicht! Diesmal benötige ich 46 min. Ein wenig essen und schon geht’s wieder runter zum See. Die dritte wunderschöne Brissago Auffahrt darf natürlich nicht fehlen – Bassuno Cortone. Ich bleibe meinem Tempo treu und erreiche den höchsten Punkt nach 41 min. Es ist mittlerweile 13:00, und gut die Hälfte Tour habe ich damit in der Tasche. Nach der Abfahrt folgt nochmals der Barcone Hupfer (Kackwelle ist für diese hübsche Strasse einfach nicht angebracht...). Dann runter nach Porto Ronco bzw dem Lago Ufer, um die volle Dosis der Monti di Ronco Auffahrt mitzunehmen. Immer wieder kommt man da an sagenhaften Villen vorbei – bei der Aussicht kein Wunder! Diese mit einem Flachstück versehene Auffahrt ist nach 61 min erledigt. Beim obersten Teil (erst seit neuestem asphaltiert) hat man den besten Blick auf den Lago überhaupt. Einfach sensationell. Am höchsten Punkt wird mir klar, dass mein Proviant nicht reichen wird. Noch zwei kleine Gels sind übrig und ich bin hungrig. Den einen Gel vernichte ich auf der Stelle. So geht es wieder runter Richtung Locarno. Am letzten Anstieg des Tages, der Cardada werfe ich den letzten Gel ein. Ich bin mir recht sicher, dass ich damit nicht um einen Hungerast gegen Ende herumkomme. Was für ein Anfängerfehler. Scheisse. Und so kommt es dann auch, bis Monte Bre geht es noch recht gut, aber danach stellt es mir den Akku ab. Ich krieche noch irgendwie hoch, schaffe es auch noch, den Abzweiger für Cardada rechts liegen zu lassen und erreiche unterzuckert das Asphaltende. Wieder 61 min. Meine gewählte Strasse endet ein paar Meter tiefer als Cardada, das interessiert mich jetzt aber herzlich wenig. Bin froh, nicht noch weiter nach oben zu müssen.
Jetzt heisst es bloss noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Locarno runterzurollen. Mein ich-versuchs-direkt-zum-Bahnhof Ansatz in Locarno schlägt für’s erste schon mal fehl. Ich gerate in eine Sackgasse, und nur eine kleine Fussgängerbrücke führt weiter. Auf der anderen Seite angelangt, scheine ich auf einem Dach zu stehen. Wie kommt man da runter? Der einzige Ausweg scheint ein Lift zu sein, naja, dann nehme ich den eben! Also mit Rad in den Lift rein. Ziel ist die Strasse unten. Sieben Etagen stehen zur Auswahl, nirgends steht Uscita oder ähnliches angeschrieben. Schon mal verdächtig. Also mal ganz nach unten. Als die Lifttüre wieder aufgeht, begreife ich es erst: Das ist ja ein Parkhaus! Und es weist ein paar unterirdische Etagen auf. Uscita ist hier unten nirgends angeschrieben. Also mal eins rauf. Uscita steht auch hier nicht. Nochmals dasselbe Spiel. Wieder Uscita Fehlanzeige. Langsam wird es mir zu bunt, irgendwo muss man doch rauskommen! Wird wohl nicht so ein architektonisches Wunder wie der Frankfurter Hauptbahnhof sein, bei dem 1979 ein Platz für 360 Autos eingerichtet wurde, der aber initial weder eine Zu- noch eine Abfahrt besass (die wurden schlicht und einfach vergessen und erst nachträglich hinzugebaut!)
Ich steige mal aufs Rad und kurble im Parkhaus rum. Geile Aktion, mit Rennrad im Parkhaus. Da ist auch schon ein Uscita Schild, das kommt ja schon besser. Es führt in einem langem Kreis eine Etage hoch und dann noch eine (Ich sollte den Parkhaus Track für den TP einschicken!). Endlich erkenne ich den Ausgang, gibt’s den also trotz allem doch. Ein paar Minuten später stehe ich am Bahnhof beziehungsweise im Al Porto nebenan, der Unterzuckerung soll mit einer rituellen Plünderung des Patisserieangebots entgegengewirkt werden. Und tatsächlich: Es hilft!
Der Titel ist schon mal gelogen, es war der 29.12.2012 und nicht Sylvester. Der Mathematiker behilft sich bei solch kleinen Unschärfen mit Störungstheorie. Wie dem auch sei, seit einigen Tagen hat es im Tessin Plusgrade und der Schnee sollte weg sein. Und ich will doch mal noch diese 5000er Runde abdrücken.Passendes Jahresendprogramm. Damit verletze ich scheinbar ein Copyright, aber eben, nachdem die Welt es verpasst hat unterzugehen, sollte man sich um solche Kleinigkeiten nicht kümmern.
Die kleine Schwierigkeit der Tour beziehungsweise der Jahreszeit ist die Tageskürze. Vor 9:00 losfahren ist wegen potenziell glatten Stellen nicht ratsam, und um 17:00 ist wieder dunkel. Naja, mit einem schlechten 42er Schnitt wäre das alles kein Problem! Sind ja nur etwa 110 km und in unter 3 h wäre man fertig. Hausaufgabe: Man finde den Fehler.
Einzige Massnahme gegen die Zeitknappheit: Zügig fahren und nicht allzu viel Zeit mit Fotopausen verschwenden.
Nach knapp 3 h Zugfahrt komme ich um 9:00 in Locarno an. Die First order logic, die ich im Zug studiert habe, muss zusammen mit anderem Kram in einem Schliessfach verschwinden und schon geht’s los.
Als erstes ist der Einwärmhupfer Barcone dran. Ich fahre noch recht gemütlich, will erst an den richtigen Anstiegen mehr Druck ansetzen. In Brissago am See angekommen, ziehe ich die Jacke aus für den ersten Anstieg – Cortaccio. Das sind etwa 840 hm, die in 45 min Geschichte sind. Fortgeschrittenes Wohlfühltempo. Oben schiesse ich ein paar Fotos und ziehe alles an, was ich dabei habe. Bei dieser Tour sind die Abfahrten (neben den zahlreichen Tenuewechseln) echte Zeitfresser, denn auf diesen schmalen, kurvigen und nicht immer optimal asphaltierten Strassen sind nur tiefe Tempi drin. Nach gut der Hälfte der Abfahrt passiert es: Lauter knall. Etwa 1 Sekunde später springt mir der Vorderreifen von der Felge. Es hat hier suboptimale 15 % Steigung (wie fast überall bei der Auffahrt) und ich versuche, nicht die Kontrolle zu verlieren. Geistegegenwärtig bremse ich hinten nicht zu stark, blockieren verboten! Die Felge kratzt auf der einen Seite auf dem Asphalt. Es rattert anständig und ich schwanke und werde nur langsam langsamer. Gerade noch vor der nächsten Kehre komme ich zum Stillstand. Jegliches Manövrieren hätte zum Sturz geführt, will heissen an den meisten Stellen der Abfahrt wäre ein Sturz unausweichlich gewesen. Uuuuhhhhh. Mit einer gehörigen Dosis Adrenalin im Hirn sehe ich mir den Schaden an. Die eine Kufe der Felge ist total verkratzt und ich frage mich, ob ich überhaupt so weiterfahren kann. Naja, habe wohl gar keine andere Wahl. Jedenfalls ist die Felge heute abend Sperrmüll. Sie hat sowieso schon seit einiger Zeit eine gehörige Acht: Ein Arbeitskollege, der bei Anstiegen wesentlich mehr potentielle Energie aufbaut als ich, hat mich am morgen bei der gemeinsamen Fahrt ins Büro im Tiefschlaf einfach kurzerhand abgeräumt. Optimaler Start in den Tag, um 6:30 im Büro erschienen mit zerfetzen Jeans, diversen Schürfwunden und einem krass verbogenem Vorderrad...
Zurück zu meinem Reifenschaden. Ich studiere den quasi neuen Pneu (3x gebraucht): Sieht immer noch neu aus, weder innen noch aussen sind irgendwelche verdächtigen Spuren zu erkennen. Der Schlauch (war genauso neu) weist einen etwa 2 cm langen Riss auf. Kein Wunder war die Luft sofort draussen. Ich nehme mir sehr viel Zeit bei der Reparatur. Nach über 20 min bin ich wieder startklar. Es sollte jetzt kein weiterer Defekt erfolgen, sonst heisst Autostopp die Losung. Zögerlich fahre ich den Rest der Abfahrt runter. In Brissago unten mache ich mich bereit für die zweite Auffahrt – Mergugno. Die Schlusspassage da ist einfach genial, was für eine Aussicht! Diesmal benötige ich 46 min. Ein wenig essen und schon geht’s wieder runter zum See. Die dritte wunderschöne Brissago Auffahrt darf natürlich nicht fehlen – Bassuno Cortone. Ich bleibe meinem Tempo treu und erreiche den höchsten Punkt nach 41 min. Es ist mittlerweile 13:00, und gut die Hälfte Tour habe ich damit in der Tasche. Nach der Abfahrt folgt nochmals der Barcone Hupfer (Kackwelle ist für diese hübsche Strasse einfach nicht angebracht...). Dann runter nach Porto Ronco bzw dem Lago Ufer, um die volle Dosis der Monti di Ronco Auffahrt mitzunehmen. Immer wieder kommt man da an sagenhaften Villen vorbei – bei der Aussicht kein Wunder! Diese mit einem Flachstück versehene Auffahrt ist nach 61 min erledigt. Beim obersten Teil (erst seit neuestem asphaltiert) hat man den besten Blick auf den Lago überhaupt. Einfach sensationell. Am höchsten Punkt wird mir klar, dass mein Proviant nicht reichen wird. Noch zwei kleine Gels sind übrig und ich bin hungrig. Den einen Gel vernichte ich auf der Stelle. So geht es wieder runter Richtung Locarno. Am letzten Anstieg des Tages, der Cardada werfe ich den letzten Gel ein. Ich bin mir recht sicher, dass ich damit nicht um einen Hungerast gegen Ende herumkomme. Was für ein Anfängerfehler. Scheisse. Und so kommt es dann auch, bis Monte Bre geht es noch recht gut, aber danach stellt es mir den Akku ab. Ich krieche noch irgendwie hoch, schaffe es auch noch, den Abzweiger für Cardada rechts liegen zu lassen und erreiche unterzuckert das Asphaltende. Wieder 61 min. Meine gewählte Strasse endet ein paar Meter tiefer als Cardada, das interessiert mich jetzt aber herzlich wenig. Bin froh, nicht noch weiter nach oben zu müssen.
Jetzt heisst es bloss noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Locarno runterzurollen. Mein ich-versuchs-direkt-zum-Bahnhof Ansatz in Locarno schlägt für’s erste schon mal fehl. Ich gerate in eine Sackgasse, und nur eine kleine Fussgängerbrücke führt weiter. Auf der anderen Seite angelangt, scheine ich auf einem Dach zu stehen. Wie kommt man da runter? Der einzige Ausweg scheint ein Lift zu sein, naja, dann nehme ich den eben! Also mit Rad in den Lift rein. Ziel ist die Strasse unten. Sieben Etagen stehen zur Auswahl, nirgends steht Uscita oder ähnliches angeschrieben. Schon mal verdächtig. Also mal ganz nach unten. Als die Lifttüre wieder aufgeht, begreife ich es erst: Das ist ja ein Parkhaus! Und es weist ein paar unterirdische Etagen auf. Uscita ist hier unten nirgends angeschrieben. Also mal eins rauf. Uscita steht auch hier nicht. Nochmals dasselbe Spiel. Wieder Uscita Fehlanzeige. Langsam wird es mir zu bunt, irgendwo muss man doch rauskommen! Wird wohl nicht so ein architektonisches Wunder wie der Frankfurter Hauptbahnhof sein, bei dem 1979 ein Platz für 360 Autos eingerichtet wurde, der aber initial weder eine Zu- noch eine Abfahrt besass (die wurden schlicht und einfach vergessen und erst nachträglich hinzugebaut!)
Ich steige mal aufs Rad und kurble im Parkhaus rum. Geile Aktion, mit Rennrad im Parkhaus. Da ist auch schon ein Uscita Schild, das kommt ja schon besser. Es führt in einem langem Kreis eine Etage hoch und dann noch eine (Ich sollte den Parkhaus Track für den TP einschicken!). Endlich erkenne ich den Ausgang, gibt’s den also trotz allem doch. Ein paar Minuten später stehe ich am Bahnhof beziehungsweise im Al Porto nebenan, der Unterzuckerung soll mit einer rituellen Plünderung des Patisserieangebots entgegengewirkt werden. Und tatsächlich: Es hilft!
4 gefahrene Pässe
Monti di Ronco, Mergugno, Monte Brissago, Bassuno-CortoneStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
am