Tiefkühltruhe Prebersee 18,4 km / 710 Hm
Redaktionell bestätigte Tour von Irrer Läufer
Von Irrer Läufer –
Speziell für Klaus, der den Bericht hier so schmeichelhaft gefordert hat ...
Es ist kurz vor der Abreise der lieben Familie in den wohlverdienten Weihnachtsurlaub, der schlauerweise in die Gegend einer Tagesetappe der Tauernrundfahrt 2011 führt. Eifrige Konsultationen des QD-Tourenplaners im Vorfeld haben dazu geführt, dass abzutrackende Streckenteile rot im Garmin markiert sind. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist es allerdings, das Rad in den Kombi zu schmuggeln, da dieser schon prall gefüllt mit Frauenzeugs (viele Koffer & Taschen, Nicht-Radfahr-Kleidung, Beauty-Case ...) ist. Als ich die Luft für rein halte, hole ich die Radtasche aus der Garage und will sie unauffällig im Wagen verstauen. Just in diesem Moment kehrt die Frau Gestrenge zurück und wittert sofort Verrat, als ich mich mit der Fahrradtasche über die Schulter Richtung Auto drücke. Sie schaut mich, während sie noch eine weitere Tasche mit Kram in die letzte Lücke stopft, befremdet an. "Was willst du mit dem Rad?" Dazu gibt es DEN Blick, der Pistolenkugeln zum umkehren und angreifende Hunnen unmittelbar weinend heim in die zentralasiatische Steppe zwingt. Die folgende Diskussion ist kurz, endet aber mit einem von ihr ausgehandelten Kompromiß: wenn ich das Rad noch reinbringe (völlig aussichtslos), dann darf es noch mit. Als wir abfahren, ist zwar das Dach ausgebeult, aber das Rad und alles andere ist irgendwie reingegangen. Ich fürchte mich schon vor dem Heimfahren, wenn ich wieder einpacken muss.
Es ist kalt im Krakautal. Morgens immer so um die -15°, mittags etwas wärmer (knapp einstellige Minusgrade), abends wieder eisig. Keine guten Voraussetzungen zum Radfahren. Immerhin ist es sonnig. Zudem muss ich dauernd Schilehrer spielen, die Nachwuchs-Prinzessin verweigert nämlich kategorisch den Schikurs, während ihr kleiner Bruder vor lauter Vorfreude auf die Schilehrerin nachts gar nicht schlafen kann. Obwohl - kurz war sie eh dort, gleich aber hat ihr doch das Herz zu sehr geschmerzt vom plötzlichen Abschied. Naja, jedenfalls öffnet sich eines schönen Tages nach dem Mittagessen ein unerwartetes WOP (Window of Oppurtunity): Ich erhalte die Erlaubnis zu einem kleinen Radausflug in die nähere Umgebung. Jubel! So schnell war das Vorderrad noch selten eingebaut und der Sattel in Position gebracht. Was mir bei dieser Freiluftaktivität allerdings unangenehm aufgefallen ist: Es ist kalt. Hab ich das schon erwähnt? Schnell wieder rein ins Warme, langes Thermounterleiberl, lange Thermounterhose, erste Lage Socken, Alufolienpatent, zweite Lage Socken, Radhose Winter, Langarm-Trikot, Jacke Winter. Dünne Laufhandschuhe, drüber Schifäustlinge. Helmhaube, Windstopper-Stirnband, Helm. Radschuhe, Neopren-Überschuhe 1, Neopren-Überschuhe 2 (größer). So tappe ich raus. Die Kinder schauen ihrem seltsamen Vater ratlos nach.
Hui, da weht ein raues Lüfterl. Seit grade fünf Minuten bin ich unterwegs und die dem Fahrtwind schutzlos ausgesetzte Gesichtshaut fühlt sich wie Reinhold Messners Zehen am Everest an - ziemlich abgestorben. Hätte ich doch was von der empfohlenen Kälteschutzcreme nehmen sollen, was ich fatalerweise als mädchenhaft abgetan habe? Immerhin geht es jetzt
bergauf, das senkt das Tempo und wärmt ein bißchen dank der zu verrichtenden Hubarbeit. Selten noch habe ich steile Stücke
so ersehnt wie heute. Aus den wenigen Autos, die mich passieren, starren verwunderte Gesichter auf den einsamen Radfahrer. Ich möchte lieber nicht wissen, was sie da drin reden. Die schmale Straße schlängelt sich bei - wehe, man wills mal steil - moderater Steigung durch ein enges Tal aufwärts, langsam nehmen mit der Höhe auch die eis- und schneebedeckten Straßenteile zu. Da denke ich kurz an die Silvesterrrunde mit dem Herrn Ast, bei der wir beide nebel- und schneeblind ins eisige Verderben gefahren sind: mitten in einer Kurve einer sonst trockenen Straße eine 30 Meter lange Glatteisbahn, auf der das Rad bei der geringsten Lateralbewegung sofort weggerutscht wäre. Da werden auch 30 Meter lang, wenn man auf keinen Fall irgendeine Bewegung machen darf. Glück gehabt, nichts passiert, wäre eh blöd gewesen wenn der im Windschatten fahrende Herr Ast über mich drübergefahren oder auf mich draufgefallen wäre. Aber wie schon die Torbergs Tante Jolesch treffend bemerkte: "Gott bewahr' uns vor allem, was grad noch ein Glück ist."
Als mir einfällt, dass ich auch Fotos machen sollte, überschlage ich schnell die Optionen: mit Handschuhen unter Fäustlingen das Handy rausholen, entsperren und den Auslöser zu drücken - völlig aussichtslos. Option 2: Fäustlinge ausziehen, selbes Procedere: einfach zu kalt. Option 3: keine Fotos jetzt, die werden eh im Sommer bei der TRF gemacht. Oder wird da wieder voll am Anschlag raufgebolzt? Egal, keine Fotos jetzt! Wäre eh nur Straße mit Schnee und Berg. Rutsche also mit beiden Händen am Lenker weiter bergauf.
Schöne Gegend, denke ich bei mir, als ich das Tal hinter mir lasse und sich langsam eine Hochebene mit großen Weideflächen (wahrscheinlich) rechts und links der Straße erschließt. Sollte man mal zu einer milderen Jahreszeit besuchen, wenn der Eispanzer geschmolzen ist und vermutlich Tausende von feinen Grün-Nuancen die Landschaft dominieren. Voraus erkennt man in der kalten Luft die Hohen Tauern, die irgendwo hinter Tamsweg beginnen. Hinweistafeln, die auf gefährliche Viehgitter und Radfahrerabsteigepflicht hinweisen, haben bei der inzwischen geschlossenen Schneedecke keinerlei Bedeutung. Man erahnt sie vielleicht, sehen tut man sie nicht. Rechts wächst der Preber in voller Größe aus der Landschaft, Menschen mit Schneeschuhen und Tourenschiern dringen von seinen Flanken und bevölkern den Straßenrand. Auch ihre Blicke sprechen Bände.
Ich bin zwar nicht erschöpft, aber nach Tamsweg will ich auch nicht abfahren, zumal auch zwei Lagen Neopren die Füsse nicht
angemessen warm halten können. Die furchtbaren Bilder von Messners Zehen kehren zurück. Kehre also in die Ludlalm - das Gipfelgasthaus am Prebersee - ein. Bis auf den seltsamen Namen (ludeln = pieseln) ist es drin ganz ok. Vor allem wieder warm. Ein Gast spricht mich an: "Bist du der narrische mit dem Radl?" "Ja", sage ich, "aber wieso narrisch?" "Ha", lacht er, "bei der Kältn mitm Radl do auffa, do muaßt jo narrisch sei!" Grinsend zeige ich auf den Schriftzug auf meiner Jacke. Quäldich steht da.
Es ist kurz vor der Abreise der lieben Familie in den wohlverdienten Weihnachtsurlaub, der schlauerweise in die Gegend einer Tagesetappe der Tauernrundfahrt 2011 führt. Eifrige Konsultationen des QD-Tourenplaners im Vorfeld haben dazu geführt, dass abzutrackende Streckenteile rot im Garmin markiert sind. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist es allerdings, das Rad in den Kombi zu schmuggeln, da dieser schon prall gefüllt mit Frauenzeugs (viele Koffer & Taschen, Nicht-Radfahr-Kleidung, Beauty-Case ...) ist. Als ich die Luft für rein halte, hole ich die Radtasche aus der Garage und will sie unauffällig im Wagen verstauen. Just in diesem Moment kehrt die Frau Gestrenge zurück und wittert sofort Verrat, als ich mich mit der Fahrradtasche über die Schulter Richtung Auto drücke. Sie schaut mich, während sie noch eine weitere Tasche mit Kram in die letzte Lücke stopft, befremdet an. "Was willst du mit dem Rad?" Dazu gibt es DEN Blick, der Pistolenkugeln zum umkehren und angreifende Hunnen unmittelbar weinend heim in die zentralasiatische Steppe zwingt. Die folgende Diskussion ist kurz, endet aber mit einem von ihr ausgehandelten Kompromiß: wenn ich das Rad noch reinbringe (völlig aussichtslos), dann darf es noch mit. Als wir abfahren, ist zwar das Dach ausgebeult, aber das Rad und alles andere ist irgendwie reingegangen. Ich fürchte mich schon vor dem Heimfahren, wenn ich wieder einpacken muss.
Es ist kalt im Krakautal. Morgens immer so um die -15°, mittags etwas wärmer (knapp einstellige Minusgrade), abends wieder eisig. Keine guten Voraussetzungen zum Radfahren. Immerhin ist es sonnig. Zudem muss ich dauernd Schilehrer spielen, die Nachwuchs-Prinzessin verweigert nämlich kategorisch den Schikurs, während ihr kleiner Bruder vor lauter Vorfreude auf die Schilehrerin nachts gar nicht schlafen kann. Obwohl - kurz war sie eh dort, gleich aber hat ihr doch das Herz zu sehr geschmerzt vom plötzlichen Abschied. Naja, jedenfalls öffnet sich eines schönen Tages nach dem Mittagessen ein unerwartetes WOP (Window of Oppurtunity): Ich erhalte die Erlaubnis zu einem kleinen Radausflug in die nähere Umgebung. Jubel! So schnell war das Vorderrad noch selten eingebaut und der Sattel in Position gebracht. Was mir bei dieser Freiluftaktivität allerdings unangenehm aufgefallen ist: Es ist kalt. Hab ich das schon erwähnt? Schnell wieder rein ins Warme, langes Thermounterleiberl, lange Thermounterhose, erste Lage Socken, Alufolienpatent, zweite Lage Socken, Radhose Winter, Langarm-Trikot, Jacke Winter. Dünne Laufhandschuhe, drüber Schifäustlinge. Helmhaube, Windstopper-Stirnband, Helm. Radschuhe, Neopren-Überschuhe 1, Neopren-Überschuhe 2 (größer). So tappe ich raus. Die Kinder schauen ihrem seltsamen Vater ratlos nach.
Hui, da weht ein raues Lüfterl. Seit grade fünf Minuten bin ich unterwegs und die dem Fahrtwind schutzlos ausgesetzte Gesichtshaut fühlt sich wie Reinhold Messners Zehen am Everest an - ziemlich abgestorben. Hätte ich doch was von der empfohlenen Kälteschutzcreme nehmen sollen, was ich fatalerweise als mädchenhaft abgetan habe? Immerhin geht es jetzt
bergauf, das senkt das Tempo und wärmt ein bißchen dank der zu verrichtenden Hubarbeit. Selten noch habe ich steile Stücke
so ersehnt wie heute. Aus den wenigen Autos, die mich passieren, starren verwunderte Gesichter auf den einsamen Radfahrer. Ich möchte lieber nicht wissen, was sie da drin reden. Die schmale Straße schlängelt sich bei - wehe, man wills mal steil - moderater Steigung durch ein enges Tal aufwärts, langsam nehmen mit der Höhe auch die eis- und schneebedeckten Straßenteile zu. Da denke ich kurz an die Silvesterrrunde mit dem Herrn Ast, bei der wir beide nebel- und schneeblind ins eisige Verderben gefahren sind: mitten in einer Kurve einer sonst trockenen Straße eine 30 Meter lange Glatteisbahn, auf der das Rad bei der geringsten Lateralbewegung sofort weggerutscht wäre. Da werden auch 30 Meter lang, wenn man auf keinen Fall irgendeine Bewegung machen darf. Glück gehabt, nichts passiert, wäre eh blöd gewesen wenn der im Windschatten fahrende Herr Ast über mich drübergefahren oder auf mich draufgefallen wäre. Aber wie schon die Torbergs Tante Jolesch treffend bemerkte: "Gott bewahr' uns vor allem, was grad noch ein Glück ist."
Als mir einfällt, dass ich auch Fotos machen sollte, überschlage ich schnell die Optionen: mit Handschuhen unter Fäustlingen das Handy rausholen, entsperren und den Auslöser zu drücken - völlig aussichtslos. Option 2: Fäustlinge ausziehen, selbes Procedere: einfach zu kalt. Option 3: keine Fotos jetzt, die werden eh im Sommer bei der TRF gemacht. Oder wird da wieder voll am Anschlag raufgebolzt? Egal, keine Fotos jetzt! Wäre eh nur Straße mit Schnee und Berg. Rutsche also mit beiden Händen am Lenker weiter bergauf.
Schöne Gegend, denke ich bei mir, als ich das Tal hinter mir lasse und sich langsam eine Hochebene mit großen Weideflächen (wahrscheinlich) rechts und links der Straße erschließt. Sollte man mal zu einer milderen Jahreszeit besuchen, wenn der Eispanzer geschmolzen ist und vermutlich Tausende von feinen Grün-Nuancen die Landschaft dominieren. Voraus erkennt man in der kalten Luft die Hohen Tauern, die irgendwo hinter Tamsweg beginnen. Hinweistafeln, die auf gefährliche Viehgitter und Radfahrerabsteigepflicht hinweisen, haben bei der inzwischen geschlossenen Schneedecke keinerlei Bedeutung. Man erahnt sie vielleicht, sehen tut man sie nicht. Rechts wächst der Preber in voller Größe aus der Landschaft, Menschen mit Schneeschuhen und Tourenschiern dringen von seinen Flanken und bevölkern den Straßenrand. Auch ihre Blicke sprechen Bände.
Ich bin zwar nicht erschöpft, aber nach Tamsweg will ich auch nicht abfahren, zumal auch zwei Lagen Neopren die Füsse nicht
angemessen warm halten können. Die furchtbaren Bilder von Messners Zehen kehren zurück. Kehre also in die Ludlalm - das Gipfelgasthaus am Prebersee - ein. Bis auf den seltsamen Namen (ludeln = pieseln) ist es drin ganz ok. Vor allem wieder warm. Ein Gast spricht mich an: "Bist du der narrische mit dem Radl?" "Ja", sage ich, "aber wieso narrisch?" "Ha", lacht er, "bei der Kältn mitm Radl do auffa, do muaßt jo narrisch sei!" Grinsend zeige ich auf den Schriftzug auf meiner Jacke. Quäldich steht da.