Von Jan – Die vorliegende Runde über die drei Pässe Col d'Allos, Col des Champs und Col de la Cayolle wird in quäldich-Kreisen zurecht die Traumrunde der Südalpen genannt. Es ist die hervorstechende Pässerunde der französischen Alpen. Da man im Zuge der Befahrung der Route des Grandes Alpes zumeist die Cime de la Bonette wählen wird, fristet sie aber ein völlig unverdientes Schattendasein. Sowohl der Allos als auch der Cayolle führen auf der Nordseite durch spektakuläre Schluchten, und auch der Col des Champs ist besonders auf der Westseite ein schönes Sträßchen, wenn auch längst nicht so spektakulär wie die anderen Pässe der Runde. Im Zuge unserer Rennradreise Monumente der Südalpen fahren wir diese an einem Freitag, ausgehend von Barcelonnette. Der besondere Vorteil davon ist, dass der Col d'Allos an jedem Freitag Vormittag autofrei ist. Ein weiterer Grund für die Richtung gegen den Uhrzeigersinn ist die oben angesprochene schlechte Asphaltbeschaffenheit der Westauffahrt des Col des Champs aus Richtung Colmars.
Von wo auch immer man diese Runde startet, heißt es früh aufzubrechen, denn die Runde ist lang, und so weit im Süden wird man am frühen Nachmittag zumeist mit hohen Temparaturen zu kämpfen haben. Wir starten unsere Runde beispielhaft in Barcelonnette und nehmen zunächst den Col d'Allos unter die Räder. Bald schon teilen sich die Straßen von Cayolle und Allos, führen aber anfangs noch parallel entlang der Gorges du Bachelard, durch die wir heute Abend über den Cayolle zurück kommen. Unter dem hellen Felsen des Felsen des 2900m hohen Séolane fahren wir weit in das Seitental des Torrent des Agneliers nach Westen hinein, bevor wir den Bach überqueren können und die Straße in entgegengesetzter Richtung wieder zurück führt. Nach Abschluss dieses West-Abstechers bieten sich tolle Ausblicke auf die Cayolle-Straße auf der anderen Seite des Bachelard-Tals. Nun ist es nicht mehr weit bis zur Passhöhe, und wir können uns in die erste der drei rasanten und flüssig zu fahrenden Abfahrten des Tages stürzen. Wir durchfahren Allos und erreichen den unscheinbaren Abzweig zum Col des Champs bei hoher Geschwindigkeit relativ unvermittelt nach einer Rechtskurve noch vor dem Ort Colmars am Fort de Savoie. Vorsicht!
Die Straße ist von Beginn an sehr schmal, und schon bald wird klar, warum wir diese Richtung der Tour gewählt haben: der Belag ist schlecht. Durch dichten Wald und viele, enge Kehren schrauben wir uns nach oben. Eine Aussicht auf die noch einmal fast 700m höheren bizarren Felsen der Frema-Gipfel ergibt sich aber erst an der Passhöhe, die auf 2087 m liegt. Eine rasante Abfahrt führt uns hinunter ins Var-Tal, wo sich zwei Kehren unterhalb des Abzweigs das Restaurant ,,Hôtel de la Vallière" zur Mittagsrast anbietet. Dafür wirds höchste Zeit, denn wir haben schon fast 70 Kilometer und 2000 Höhenmeter in den Beinen.
Es folgt nun die 20 km lange Auffahrt zum Col de la Cayolle. Bis Entraunes folgt die Strecke noch dem Bett der jungen Var, doch dann bäumt sich der Schlussanstieg zum Cayolle vor uns auf. Mit wunderbaren Ausblicken schraubt sich die Straße immer höher. Insbesondere die Kehrengruppe hinter dem Refuge de la Cantonnière bietet eine tolle Aussicht, die es sogar 2014 auf die Titelseite des quäldich-Kalenders geschafft hat. Der weitere Verlauf durch den Wald, einen Tunnel und den serpentinenreichen Schlussanstieg ist immer wieder mit traumhaften Ausblicken gesegnet. Die Passhöhe selber liegt dann eher unscheinbar in einem recht engen Einschnitt.
Und nun liegt nur noch die großartige Abfahrt durch die Gorges du Bachelard zurück nach Barcelonnette vor uns, die auf schmaler, kurvenreicher Straße monumentale Tiefblicke in die Schlucht ermöglicht.
Nun können wir in der quirligen Innenstadt von Barcelonnette den Abend ausklingen lassen. Es gibt viel zu erzählen von einer der schönsten und anspruchsvollsten Pässerunden der Alpen überhaupt.