Von Roli –
Freitag, 5. September 2008, 6.15, der Wecker klingelt. Eigentlich bin ich noch viel zu müde, um Rad zu fahren. Nach einem ordentlichen Frühstück sieht das schon anders aus und um etwa 7.20 klingelt es an der Tür: Karl hat schon acht Kilometer hinter sich und sogar etwas Regen aus der einzigen Wolke weit und breit abbekommen. Für heute war doch traumhafter Sonnenschein und lebhafter Südwind angesagt?
Vom Südwind ist zum Glück noch nichts zu spüren und so geht es um 7.28 Uhr los. Flott fahren wir durchs Gusental hinunter bis St. Georgen, dort über das Donaukraftwerk Asten-Abwinden und vorbei an St. Florian weiter nach Niederneukirchen. Nach einem ersten kleinen Anstieg biegen wir ab Richtung Sierning, schnell noch die Windweste ausgezogen und weiter geht die wilde Jagd. Schließlich gelangen wir nach etwa eineinhalb Stunden ins Steyrtal. Von nun an wird die Strecke weit aus selektiver, denn auf den nächsten vierzig Kilometern wechseln sich ständig steile Rampen und kurze Abfahrten ab. Wir kommen aber dennoch ganz gut voran. Vorbei an Molln und durch Klaus an der Pyhrnbahn gelangen wir schließlich zur Abzweigung ins Stodertal, die wir jedoch rechts liegen lassen. Kurz vor Windischgarsten erwartet uns der erste schwierigere Anstieg des Tages, aber der ist schnell bewältigt und bei Windischgarsten sind schon 100 km gefahren – mehr als ein Drittel der Strecke ist also schon bewältigt, was sich alleine daran bemerkbar macht, dass ich Karls Tempo über die Autobahnbrücke nur gerade noch halten kann.
Bevor der Anstieg zum Pyhrnpass beginnt, rasten wir noch einmal kurz und entspannen vor allem die Rückenmuskulatur. Ohne Schwierigkeiten erreichen wir den ersten Pass und wir freuen und schon auf die verdiente Mittagsrast in Liezen. Nach etwa 124 km wird erstmal beim Spar Versorgung aufgenommen und danach eine Riesenpizza verspachtelt. Wenig später sollte sich zeigen, dass eine Pizza auch mal schlecht sein kann.
Auf der viel befahrenen Ennstal-Bundesstraße (B320) erreichen wir in flotter Fahrt zuerst Stainach und kurz darauf Trautenfels. Wenig später biegen wir Richtung Öblarn und Stein an der Enns ab. Auf diesem Stück begann dann mein Magen so richtig zu arbeiten und den Germteig der Pizza zu verdauen. Die letzten Kilometer bis Stein an der Enns sind ein Kampf – nicht nur gegen den nun heftigen Wind. Hier ist wohl mein Waterloo. In Stein wird erstmal pausiert und ich denke darüber nach, ob ich nicht alles hinschmeißen soll und mit dem Zug nach Hause fahren. Doch nach einigen Minuten Rast hat sich mein Magen beruhigt und ich wage mich vorsichtig an die ersten steilen Kilometer des Sölkpasses. Nach kurzer Zeit wird es zwar flacher, aber der nun heftige Wind, der uns direkt ins Gesicht bläst, lässt uns keine Geschwindigkeit aufnehmen.
Irgendwann, auf einer kleinen Brücke wenig vor Sankt Nikolai, beschließe ich eine weitere Rast einzulegen. Die Moral ist am Boden, der Wind stürmisch und fast 120 km liegen noch vor uns. Der Rest des Sölkpasses war ein ziemlicher Kampf – Wind, 170 gefahrene Kilometer und Steigungen von über zehn Prozent tun ihr bestes, damit ich nicht oben ankomme. Noch vor der ersten Kehre folgt eine weitere Rast, beim Anfahren schmerzt das im April verletzte Knie, der Wunsch aufzugeben wird größer. Langsam kämpfe ich mich weiter nach oben. In der drittletzten Kehre, das Schild zeigt 1710 m Höhe, raste ich erneut und genieße die Aussicht. Fünf Minuten später raffe ich mich wieder auf und bezwinge schließlich den Pass und meinen inneren Schweinehund.
Karl hat schon etwas gewartet und daher geht es ohne mich lange aufzuhalten hinunter nach Schöder und von dort mit Gegenwind weiter. In Sankt Peter am Kammersberg folgt eine Verpflegungspause, aber wir sind uns unserer Sache schon ziemlich sicher. Es geht immer noch leicht bergab, bis in Teufenbach der letzte Pass wartet. Wir fragen uns: Was ist dran an den 21 % Steigung, die die Karte verspricht?
Nicht viel, wie sich herausstellt, der Steigungsmesser klettert maximal auf 12 % und so nehmen wir auch dieses Hindernis. Hinter dem Pass geht es noch etwas bergauf zur Härterhöhe und danach kurz hinunter nach Neumarkt. Um ins Görschitztal zu gelangen, müssen wir noch einmal etwa 180 Hm überwinden, doch danach folgt ein 50 km langer, leicht abfallender Abschnitt bis fast zu unserem Tagesziel. In perfekter Teamarbeit kurbeln wir dem Ziel entgegen und bringen immer mehr Kilometer zwischen uns und unseren Startort. Das Görschitztal ist eine sehr verlassene Gegend, manchmal sehen wir minutenlang kein Haus.
Nach fast 270 km erreichen wir schließlich Brückl, ein kleines Dorf, aber nur wenig weiter soll unser Quatier liegen. Noch einmal müssen wir abbiegen und sogar noch die eine oder andere Welle überwinden. Schließlich sind wir um 19.20, kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Mittertixen, noch kleiner als Brückl, aber hier liegt unser Ziel – 279 km, drei Pässe und 10:11 Stunden Fahrzeit liegen hinter uns.
Nach dem Duschen geht’s zum Abendessen und danach relativ zügig ins Bett, denn morgen stehen ja auch ein paar Anstiege am Programm.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren