Von hagen306 – Die Andalusien-Rundfahrt: Gemacht für sportlichen Rennrad-Urlaub. Voller Hingabe an Andalusien - auf und neben dem Asphalt.
Einmal vom Meer in den Schnee und zurück. Selbstverständlich widmen wir uns den drei spektakulär-wundervollen Anstiegen Torcal, Palomas-Pass und zur Virgen de las Nieves in der Sierra Nevada. Ebenso durchkreuzen wir das Herz Andalusiens auf eher unbekannten und fast verkehrsfreien Straßen und Pässen. Die sowohl für entspannte Rennradtypen als auch "Heißdüsen" attraktiven Etappen haben wir so gestaltet, dass zumeist auch Zeit für einen Stadtbummel, große Kultur wie z.B. die Alhambra oder die örtlichen Tapas-Bars bleibt, allen voran in Granada, Ronda und Málaga. Andalusien - Frühsommer in den Sierras des Südens!
quäldich-Reise Vuelta a Andalucía – Frühsommer in den Sierras des Südens
Von hagen306 – Wer heute bis zum frühen Nachmittag schon angereist ist, sollte sich sogleich in den Sattel schwingen: Schnurstracks führt der Prolog in nördliche Richtung und auch sehr bald zünftig bergauf hinaus aus Málaga. Auf dem Weg zum Puerto del León passieren wir den doppelten Krawattenknoten (Sa Calobra auf Mallorca hat ja nur einen). Oben am Mirador de la Reina auf knapp 1000m gibt´s ein kleines Lokal. Mit schönen Blicken zur Küste geht´s über Olias wieder hinab in die City - nicht aber ohne vorher noch ein wenig der Strandpromenade in El Palo, dem alten Fischervorort, zu folgen. Und schon sind wir warmgefahren für eine Woche Vuelta!
Von hagen306 – Es geht los: Auf kürzestem Wege verlassen wir Málaga, immer sanft bergauf in Richtung Nordwesten. Die Straßen werden immer kleiner und schon erwartet uns der Puerto Martínez. Ruhiger geht´s nicht!. Ewin wenig Hügelei im gefühlten Nichts, dann schwelgen wir im hübschen Anstieg zum Puerto del Viento. Von oben ist Ronda schon in Sicht, doch lauert auf den letzten km bergab meist noch etwas Gegenwind. Sodann reiten wir in der Wiege des Stierkampfs mit der Tajo-Schlucht und Puente Nuevo ein - und schlagen unser Lager für die kommenden beiden Nächte direkt im Zentrum auf.
Von hagen306 – Da sind wir wieder! Unsere Grand Tour im Süden - die Vuelta a Andalucía quer durch die Sierras - heizt wieder ein! Mittlerweile schreiben wir Tag 3 und es hört nicht auf, schön zu sein. Lassen wir also einmal schnell den Newsticker der ersten 3 Tage durchrattern:
+++Die große Hitze ist in Spaniens Süden erst einmal durch - wir sind beglückt ob der täglichen 25°C bei leicher Brise und täglich blauer werdendem Himmel. Das Peloton ist diesmal ausschließlich herrenlastig - die Reiseleitung legt daher gleich am Auftaktabend fest, dass Zoten und Unflätigkeiten erst ab 22:00 erlaubt sind. Bislang scheint es zu funktionieren ;-) +++
+++ Wir schlagen uns wacker auf dem Weg zu Tapas-Profis, wenngleich wir feststellen, dass auch spanische Restaurants durchaus mal nach französischem Muster zeitlich ausschweifend agieren. +++
+++ Scheinbar haben wir Alpinisten an Bord: Immer die diretisima geht es hinauf. - Wich doch unser Track am Puerto del Viento gestern von der hübschen, mäandernden Straße ab, um auf Schotter schnurstracks bergab zu führen. Aber es gab wohl irgendetwas Römisches dort im dirt zu sehen - so hieß es. +++
+++ Schrecksekunde oben am Gipfel - Arturo laufenderweise und ohne Rad auf dem Weg zum Passchild - ist der Radklau etwa auch in Andalusien angekommen? Mitnichten - aber für ein Foto der werten Begleiter froomt man schon einmal ein wenig. +++ der quaeldich-Azubi im Gepäckfahrzeug wird diese Woche auf Herz und Nieren getestet: Genug lokaler Käse auf dem Tisch? Gazpacho und Salmorejo? Obst? Mantecadas und weiterer Kekskram? - Ja, als sonst im Sattel die Reise Leitender ist das durchaus Neuland für mich. Aber eben auch mal schön, sich das Treiben der anderen aus dieser Perspektive anzuschauen. +++
+++ Morten in Hybridgruppe 2/3 hat Andalusien inhaliert (na gut, das wussten wir schon) - Konsequent nutzt der Guide genau die passenden Gelegenheiten und steuert die Bars und Cafés an. Denn Versorgung ist wichtig - und obendrein "müssen ja auch mal die Bremsflanken abkühlen" (ah ja ;-). +++
+++ Heute ist übrigens Tag der Schönheit: Sierra de Grazalema und Palomas-Pass - wir sind mal wieder alle begeistert! Die Jungs von der schnellen Eingreiftruppe schauen am Futterplatz ungläubig: Der Palomas ist noch schöner als die ersten beiden Pässe des Tages? Das muss Reiseleiter-Latein sein. Aber sie sehen entspannt aus - Guide Sebastian testet heute nur die Waden der einheimischen Konkurrenz. +++ Der türkise Zahara-Stausee ist noch da! Trotz anhaltender Trockenheit schillert er vor sich hin im schönen Kontrast zu Mohn und Ginster. Wenngleich auch etwas tiefer als sonst: Vielleicht 20% seines Volumens hat er noch. Es wird spannend sein zu sehen, ob in Zukunft ein vernünftigeres Miteinander von Landwirtschaft und Umwelt gerade hier im Süden zur Regel wird - denn wir wollen auch in Zukunft noch den Palomas hinauffliegen. +++
+++ Und was war das nun mit dem Trümmerkaffee? Nun: nach dem prolongierten Abendessen musste es bei einigen dann doch ein carajillo sein. Also ein Kaffee mit Schuss. Meiner war eher ein Schuss mit Kaffee und hatte entsprechende zertrümmernde Wirkung. Wollt Ihr also das quäldich-Personal mal leiden sehen - so geht das mit dem Schuss... +++ Ende für heute.
Und natürlich auch heute wieder eine Folge des rennradspezifischen Spanischkurses:
+++ "No tuve las pies" - Ich hatte nicht die Beine. (übliche Ausrede) +++ "molina grande" - die dicke Mühle (wir fahren in diesem Gelände doch lieber kleine Gänge) +++ "jovenes jinetes" - wörtlich: junge Reiter; anerkennender Begriff für den meist sehr zügigen spanischen Rennradnachwuchs +++ "más, por favor" - "mehr" - anwendbar auf all unsere Gier: nach Bergen, Attacken, Gleiten in der Sonne, Einkehrschwüngen usw... +++ Y ya está. Mehr an dieser Stelle gibt es morgen, wenn wir den unglaublichen Torcal hinaufgeklettert sind und in Antequera gepflegt abmatten!
So die offizielle Beschreibung für heute:
Er gilt als einer der schönsten Pässe Spaniens. Wir haben das Bergmenü heute um diese Ikone herum mit weiteren Leckereien vom Boyar bis hin zur idyllischen Fahrt über den Tavizna ergänzt. Ein Tag zum Schwärmen!
Von hagen306 – Bereits heute wollen wir die Stimmung in ungeahnte Sphären heben: Von Ubrique führt uns eine einsame Straße hinauf nach Villalengua (man sagt, es sei des Reiseleiters liebste), wo einst schon die Römer Großes leisteten. Runter geht´s zum Zahara-Stausee und dann ist er da: der Zauber des sanften und kunstvoll an den Berg drapierten Palomaspasses. Kaffeepause machen wir heute im feinen Bergdorf Grazalema. Und weiter geht es mit fröhlichem Wellenreiten, aber Vorsicht: zum Schluss wartet noch ein kleiner Zieher hinauf in die Wiege des Stierkampfs. Natürlich übernachten wir wieder im Herzen Rondas. Vamos!
Von hagen306 – Der Morgen in Ronda ist kühl. Der eine oder andere taumelt noch ein wenig durch die erwachende weiße Stadt, schwänzt dabei das (bis auf den Kaffee 😉) gute Hotelfrühstück und gleitet so langsam in den Tag hinein. Das Ziel: der Torcal de Antequera – diese unwirkliche Felslandschaft kurz vor unserem Tagesziel mitten im andalusischen Hinterland. Der Wetterbericht verspricht heute angenehme, wenngleich windige 25 Grad. Alex beschließt also gleich, die Bidons heute im Transporter mitfahren zu lassen, besinnt sich aber noch vor Abfahrt eines Besseren.
Auch heute ist wieder so ein Tag, an dem die Garmins zeigen, dass KI am Radcomputer eben doch nicht schlauer ist: 4 von 5 Radcomputern in Mortens Gruppe wollen das Peloton durch ein Flussbett lotsen statt auf der zugegebenermaßen etwas zugige Szenerie von Ardales. Solange alle den Weg zum Chorro finden, ist das in Ordnung. Dort unten in der engen Schlucht mit den kreisenden Bartgeiern über uns und nach den ersten warm-up-Höhenmetern am Puerto del Viento wartet heute der Food Truck. Authentizität steht im Dokus: Herrliche „lenguas“ (Blätterteigzungen mit Mandel-Kakao-Füllung) ebenso wie frische Tortilla stehen auf dem Menü. Es bleibt sogar noch etwas für die Besatzung des Fahrzeugs über. – Derweil schraubt sich das Peloton aus der touristischen Szenerie (hier ist ja der allbekannte Hängeweg „caminito del rey“ zu begehen – besser aber ohne Radschuhe) wieder hinaus – natürlich auf nagelneuem Asphalt – ein kurzer Blick auf google Maps zeigt die Konzentration unserer Telefone im rampigen Gelände.
Arturo bekommt heute übrigens den Mastertitel in Reifenflicken mit Stil: Verlässt doch just an einem Aussichtspunkt zum Caminito die Luft den Reifen. Da quetscht man doch mit Wonne den Reifen wieder über die Felge!
Ab Abdajalís zieht es dann eine Gruppe mit magischer Kraft direkt zum Dachpool des Hotels in Antequera – nicht ohne vorab wieder einmal die beste bar zum Abschlussgetränk zu finden. Man sagt, es wurden Telefonnummern mit dem Personal ausgetauscht.
Davon ist die schnelle Eingreiftruppe noch etwas entfernt: In langem Bogen hügelt sie sich südlich um das Bergmassiv des Torcal herum – zuverlässig werden in der prallen Sonne auch heute die Flaschen leer – 20 Getränke für die 4 Muske(l)tiere in der letzten Bar vor dem Finalgegner sprechen eine eindeutige Sprache. – Die Rampen des Torcal haben sich bereits in Schale geworfen: Schöner Ginster säumt die Kehren der ersten Kilometer, ein Witzbold hat das übliche Warnschild „Precaución: Carretera de la montana“ noch um „…de mierda“ ergänzt (Achtung: „sch… Bergstraße). Was soll also passieren?
Also treten und beten – dass es nach Bezwingen der letzten unmenschlichen 14%-Stiche oben auf dem Felsplateau wirklich so surreal ist, wie wir vorab vollmundig behauptet haben. Und natürlich ist es das. „Pancake rocks“, Felstürme mit Hütchen, Felsschrauben, gelegentlich der Romantik halber mit Steinböcken garniert. Wir lassen die Stille wirken: Der Fels, die Straße, wir! Genau so und nicht anders soll es sein. Unbeschreiblich – aber eben nur, wenn man ganz oben auf 1200m ankommt - must see!
Epilog: Auch das Abendessen geht heute in die Rubrik „unglaublich“ ein – denn es ist wirklich fix (voraussichtlich das schnellste der ganzen Tour), ebenso wie es einen Lerneffekt hat: die porra (eine dieser sämigen meist kalt servieren Gemüsesuppen) ist hier ähnlich wie der salomorejo cordobés nur komplett mit gekochtem Ei, Schinkenwürfeln und Thunfisch. So stellen wir uns das vor – genau die richtige Stärkung für die kommende Etappe über den Puerto del Sol nach Alhama.
Der Plan war dieser:
Diese Etappe ist ganz anders als die gestrige. Mit Westwind fliegen wir den Puerto del Viento am Morgen nur so rauf. Quer durchs Hinterland mit vielen Oliven und wenigen Dörfern erreichen wir El Chorro mit dem berühmten Caminito del Rey. Dem "Hängeweg" in der Schlucht bleiben wir mit Rennradschuhen zwar fern, schrauben uns dafür aber steil hinaus und genießen die Weitblicke bis zum Meer. Zum Torcal gelangen wir in südlichem Bogen und biegen auf die finale Stichstraße auf das Gipfelplateau der karstigen Formation auf 1300m ab. Eine unglaubliche Felslandschaft, die mal Meeresgrund war, erwartet uns. Die finale Abfahrt nach Antequera ist der Lohn dieses Tages mit 2900 Höhenmetern. Darauf eine clara!
Von hagen306 – Die Variante mit sportlichem Mehrwert nimmt vor dem Chorro noch den bei Radrennen beliebten Stich hinauf zum Pumpspeichersee Taja de la Encantada. Gleicher Weg wieder hinunter und auf der Normalstrecke über den Torcal weiter nach Antequera.
Von hagen306 – Sofern der Wettergott es heute wirklich übel mit uns meint, und auch nur dann, lassen wir die Umrundung und Erklimmung des Torcal heute aus und fahren auf direktem Weg nach Antequera. Auf das Gipfelplateua des Torcal können wir hoffentlich morgen, denn dann wir fahren auf dem Weg nach Alhama direkt am Abzweig vorbei. Aber eigentlich wollen wir ja alle heute rauf, oder?
Nach dem Torcal (wahlweise auch Pool) am Vortag ist es nun Zeit, ganz langsam Kurs Richtung Granada zu nehmen. Doch wollen wir auch auf der Etappe nach Alhama (Tagesziel Thermalpool) nicht mit Schönem geizen.
Schön gemein fahren wir gleich am Morgen wieder hinauf zum Torcal-Sattel – das erste Brett des Tages ist somit gebohrt. Und weil die Toleranzschwelle für giftige kleine Rampen morgens am höchsten ist, hängen wir gleich noch den Barco hintendran. Mieses kleines Miststück. 1. Plattfuß in Gruppe 1.
Wir hangeln uns weiter auf einer dieser herrlichen Balkonstraßen mit Megablicken zum Meer, den Montes de Málaga und dahinter auch schon der Sierra Tejeda. Wieder nur wir, das Land, der Wind. Im food truck dudelt das uralte Pop-Kitschchen „Shine bright like a diamond“ einer namentlich nicht genannten Chanteuse auch der Halbzeitpause beim Superbowl – aber sie hat recht – die Augen leuchten! Die Landschaft ist trocken – die Bauern haben längst den ersten Schnitt gemäht – und selbst der ist schon gelb. 2. Plattfuß Gruppe 1. Es soll ja nicht nur schön sein.
Besonders schön heute: Der Running Gag, erst die Abkürzung zu erwägen und dann doch voll durchziehen, wird natürlich gespielt – wir sind alle tiefenentspannt (von Plattfuß Nr. 3 in Gruppe 1 mal abgesehen) und schrauben uns den Puerto del Sol hinauf, diese kleine Perle im Nirgendwo der Arxarquia. Wie so viele Straßen hat auch er nun in Abschnitten neues Schwarzes Gold bekommen - das Infrastrukturinvestitionsprogramm von Regional- und Zentralregierung ist ein Segen für das Rennrad. Gleiten, rauschen, cruisen. Besser geht´s kaum. Logische Konsequenz: Entspannte Gesichter oben auf dem Pass nach 800hm oder so. (Während in Gruppe 1 das letzte Mal für heute geflickt wird ☹.
Ich hab ja immer ein wenig schlechtes Gewissen, die Meute dann im Anschluss durch das absolute Nichts bis Alhama zu lotsen – aber irgendwie ist es dann immer halb so wild – manch einer findet sogar das schön. Und dann sind wir da: In Alhama in unserem Landhaus – der arabisierte Pool mit leicht heißem Wasser wartet. (Da schenken wir uns doch den offiziellen Balneario mit echtem Thermalwasser und morbidem Hotel am anderen Ortsende – zumal wir leckeres und noch einmal 2min zügigeres Essen aus der Küche des Hauses bekommen.)
P.S.: Ist das Hotelpersonal am Anfang etwas griesgrämig, lass einfach schon im Wellness-Outfit mit Handtuch um die Hüften die Zimmertür ins Schloss fallen und frage an der Rezeption nach dem Ersatzschlüssel. Und schon leuchtet ein Augenpaar mehr!
Und auch heute wieder eine Folge Rennradspanisch für Fortgeschrittene:
pinchazo: Plattfuß
„mierda, maldita!“ – wird nicht übersetzt
las calas: Pedalplatten (hoher Verschleiß wegen der zahlreichen Verpflegungs- und Café-Stops – Man sagt: Café con leche halte Mortens Gruppe zusamnmen)
estoy un poco resfriado – bin ein wenig erkältet (Wir wünschen unserem Sebastian gute Besserung!)
Salud! – ok. Bedarf keiner Übersetzung 😊
Offiziell hieß es so:
So viele derbe Anstiege hat unser Tag heute nicht, dennoch geht es heute gefühlt fast immer hinauf. Vorbei am Torcal widmen wir uns hinter Villanueva den kleinen Gängen. Runter, rauf, runter, rauf: Auf kleinsten Sträßchen mit viel Panorama geht es bis nach Alfarnatejo. Eigentlich wären wir jetzt fast oben, doch wir schwenken ostwärts hinab: Nur so kommen wir in den Genuss der Serpentinenorgie am Puerto del Sol auf fast 1100 Metern, natürlich bergauf. In Alfarnate wir können wir unsere Straße von vorhin fast schon sehen, biegen nordwärts und erklimmen einen letzten kleinen Huckel, bevor wir in die gefühlt FLACHE Vega von Zafarraya einbiegen. Das große Blatt darf wieder drauf und alsbald sind wir am Tagesziel "El Ventorro" leicht außerhalb von Alhama. Das Landhaus wartet dafür aber mit eigenen Thermalpools auf. Beine hoch!
Von hagen306 – Gegenüber der Normalvariante lässt diese Variante den Puerto del Sol aus. Wer diese Option fährt, kann oben an der Venta de Alfarnate genüsslich und sehr lange pausieren, bis die anderen an (fast) gleicher Stelle wieder aufkreuzen. Oder fährt ihnen noch über Alfarnate entgegen und wartet oben am Sonnenpass mit Kamera im Anschlag.
Von hagen306 – Man sagt dem rennradfahrenden Teil der Weltbevölkerung ja vielleicht nicht ganz zu Unrecht nach, es mit der Kultur nicht ganz so ernst zu meinen. Klar, Radsportkultur wird groß geschrieben: Von Sockenlänge und -farbe über die spiegelverglasten Augen bis hin zum gepflegten Kaffeestopp (oder auch nicht, je nach leistungssportlicher Sozialisation) – da kennen wir uns bestens aus. Aber so richtig Kultur? Historie? Landeskunde (außerhalb des überbordenden Tellers mit lokalem Käse, Obst, Fleisch…)? – Manch einer wurde in der Vergangenheit regelrecht blass, wenn wir am Morgen der heutigen Etappe verkündeten, dass wir zwar 130km recht fordernd in die Pedale treten, unser eigentliches Ziel aber lautet: Granada! Stromern durch die Stadt, staunen ob der Menge der tapitas gratuitas, und selbstverständlich am späten Abend eine Führung durch die Alhambra. Weltkulturerbe? Aaah, ja…
Nicht so bei uns Golden Boys. Bereits das Rad wird stilvoll unter folkloristischen Infotafeln geparkt, das beste Lokal finden wir sowieso und wir sind regelrecht WISSBEGIERIG beim Ausflug in so rennraduntypisches Terrain. Ein letztes Mal fluchen wir über einen Anstieg (ungewohnt geht es zu Fuß hinauf zur alten Festung mit ihren Palästen – sturzfrei in Zweier-Reihe geht es im Plaudertempo hinauf zum Treffpunkt mit Rosa, unserer Führerin).
Selbstverständlich müssen wir uns nicht an der „Economy-Schlange“ am Einlass zu den weltbekannten Nasriden-Palästen der maurischen Sultane aus dem 13. Jahrhundert anstellen, sondern boarden priority-mäßig und haben eine separate "exüress lane"! – Und los geht´s mit dem faszinierenden Schauspiel aus Architektur, Lichtspielen, Historie und Anekdoten. Zielsicher lotst uns Rosa an den „Golden Hordes“ (Schimpfwort aus der Ethno-Szene für Touristen) vorbei, lässt uns am Sultan-Thron verweilen, aus dem Löwenbrunnen trinken (natürlich nicht!) und entlässt uns mit der Vorführung der Akustik im kreisrunden Karlspalast wieder in unser Rennradleben. Das heißt heute: Schlafen! Schließlich wollen wir morgen in Richtung Sierra Nevada mindestens bis zur Virgen de las Nieves, und vielleicht sogar ganz rauf auf den Veleta - denn es liegt wenig Schnee. Spoiler: Einige sind weiter als zur Virgen hinauf gefahren. Ich schreibe diese Zeilen nämlich gerade aus der Mittagspause des Folgetages im food truck auf 2500m Höhe – die Jungfrau fest im Blick! - dazu im nächsten Artikel mehr.
Epilog: Wir verbuchen es ausdrücklich nicht unter Kultur, wenn man mit einem Porsche nebst Rennrad auf dem Dach, aber der Ehefrau im Fiat 500 dahinter, vorm Hotel vorfährt!
Und auch heute wieder Rennradspanisch für Jedermann:
El cuadro: der Rahmen – wahlweise auch „Gemälde“. Liegt ja auch nah beieinander.
Cinta de llanta: Felgenband – davon kann Gruppe 1 ja ein Lied singen.
La cubierta: der Reifen. Nicht zu verwechseln mit “la cobertura“ – Abdeckung, z.B. aus Zuckerguss beim Kuchen.
El pepino: (Gewürz)Gurke – Sebastian mag die großen von Mercadona ganz besonders
official:
Heute nehmen wir Kurs auf die wohl legendärste Stadt Andalusiens: Granada. Wir starten in eleganter Zweierreihe entlang der Vega. Bei Íllora haben wir den Fuß der Sierra de Parapanda erreicht und natürlich geht es nunmehr hinauf. In Moclín an der alten Handelsstraße nach Córdoba gibt´s meist. Anisplätzchen in der Bar - unbedingt probieren! Anschließend erklimmen wir die Westflanke der Sierra de Huetor. Hier können wir auch bald die Sierra Nevada in ihrer meist noch verschneiten Pracht bestaunen, bevor wir über den Lobo-Pass direkt ins Herz Granadas hinabstürzen.
Von hagen306 – Haben wir doch tatsächlich noch eine Vuelta-Bergankunft für Euch eingebaut: Der kleine Stich hinauf zur Sierra de Alfaguara (1523m) istuns aber nicht genug, weshalb wir noch eine weitere Bodenwelle eingebaut haben (1x mehr runter und wieder rauf zum "Balkon" der Normalvariante. Und dann geht´s aber wirklich nach Granada!
Von hagen306 – Vor der kernigen Variante über Güéjar-Sierra muss sich die "Kurzvariante" nicht verstecken: Der Aufstieg über Monachil und den Purche hat es ebenfalls in sich, wenngleich die Straße ein wenig breiter, aber ab Monachil genauso leer ist. Hinter dem Collado de los Muertos biegt der Verlauf auf die Hauptstrecke zur Sierra ein und am Naturparkzentrum vereint sich der Verlauf wieder mit der anderen Variante. Nunmehr geht es stetig bergauf bis zur Virgen de las Nieves - bis hierher ist die Straße immer fahrbar. Weiter oben in Richtung Veleta versperrt uns meistens doch alsbald der Schnee den Weg.
Egal, wie die Münze fällt, die Entscheidung ist die richtige: Entweder einen Tag in Granada entspannen oder hinauf in die Sierra bis zur Virgen de las Nieves oder sogar noch weiter – denn es liegt aufgrund des schneearmen Winters und der anschließenden Frühjahrshitze kaum noch ein Krümel der weißen Pracht. Das Peloton will jedenfalls mehrheitlich hinauf in die Sierra – und los geht´s!
Es ist wieder einer dieser hier so normalen Tage Anfang Mai: Angenehme 18 Grad am Morgen in Granada verheißen puren Klettergenuss, egal auf welcher Variante man sich aufmacht in dieses kleine, feine Hochgebirge. So normal wie das Wetter ist auch das Kräftemessen mit den Profis, wenngleich deren Training für Normalsterbliche doch etwas surreal anmutet: Fahren die vier Jungs von Astana doch tatsächlich in Teilen mit dem Zeitfahrrad bis zur Virgen – und zwar AUF dem Liegelenker.
Davon sind wir etwas entfernt – aber mit dem Zeitfahrrad würde man auch nicht die beste Figur in den kleinen Rampen hinter Güéjar machen. Auch in dieser Perle des Offs wandeln wir übrigens auf den Spuren der Vuelta: In einer der letzten Ausgaben durften zwar die Pros, nicht aber deren Begleitfahrzeuge hier hinten lang – so schmal ist das bocksteile Sträßlein, das unsere schnelle Eingreiftruppe meistert. Und was gibt´s Neues aus dem Teil des Pelotons, der wirklich immer die besten Bars findet? – Richtig: Auf ihrer etwas sanfteren Strecke von Monachil über den Purcche entdecken sie zielsicher die Pinte am selbigen Zwischenpass.
Derweil habe ich es mir im food truck auf 2500hm kurz unter der Virgen de las Nieves gemütlich gemacht, das Buffet wartet, ich parke mit Blick auf den Veleta – ob der tatsächlich die Verwegensten von uns herauflässt? Ein wahrhafter Pausenthron – hier kann ich unsere Recken schon sehen, wenn sie noch 5km entfernt sind.
Und schon sind sie da – ganz verschieden sind die Motivationen des heutigen Tages: So hoch wie irgend möglich, den eigenen Tagesrekord der Höhenmeter knacken oder eben genau bis zur weiß leuchtenden Statue der Virgen de las Nieves auf 2600m.
Schauen wir einmal nach ganz oben – etwa die Hälfte von uns ist neugierig, wie es da oben am selbst noch auf 2500hm sehr mächtig wirkenden Veleta aussieht: Zunächst noch flüssig schraubt es sich durch die kahlen Hänge, doch bei 3200-irgendwas ist dann wirklich Schluss für die Wackersten der Wackeren – nach Passieren diverser kleinerer Schneefelder geht der Blick nach oben entlang der weißen Piste - ok, Mai ist doch noch zeitig im Jahr für den Pico del Veleta mit 3396m. Die Schuhe sind nass, so langsam wird es kühl – ob die Hände nachher noch das Pausenbrötchen haltern können? Doch allein die Aussicht auf das 2500m tiefer gelegene Granada, die Vega, die vielen umgebenden Sierras ist es wert – Einmal im Leben….im Herbst …wenn kein Schnee liegt… müssen wir wiederkommen zur Sierra Nevada Umrundung (gerüchtehalber übrigens auch eine Tour mit Schönwettergarantie 😊)
Doch kann man an diesem Tag auch über sich hinauswachsen, ohne ganz nach oben zu drücken. Auch wenn die Beine schwer sind – auf den Altar der Virgen (uiuiui…) schafft man es immer – denn sie istb und bleibt der ikonische Dreh- und Angelpunkt hier oben (übrigens auch für die Astana-Jungs) – wir bilden hier aber nur die sittlichen Triumphposen ab!
Und was kann dann noch kommen? Nach diesem Trumm von Berg? Richtig – die wohlverdiente Abfahrt nach Granada, schwupps in eine Bar, abends noch durch den Albayzín geschlendert, sich von der andalusischen Gemütlichkeit im Restaurant hingeben und den Heimweg mit hier nicht mehr weiter genannten Lokalitäten verkürzen…
Heute nur ein Crashkurs im quaeldich-Spanisch: Nos vemos en octubre - wir sehen uns im Oktober (natürlich am Veleta).
Der Plan lautete:
Dieser Tag bietet ,,nur" einen Berg, doch der ist episch: Unser Aufstieg in die Sierra Nevada bis auf 2600m, wo uns die mythische Virgen de las Nieves, Schutzpatronin vieler Dörfer der Sierra Nevada, erwartet, ist lang und bis auf einige Rampen nach Güéjar recht angenehm zu fahren. Bis zur Virgen kommt man defacto ganzjährig, oberhalb liegt Anfang Mai meist noch der letzte Schnee auf dem alten Asphaltband hinauf zum Veleta.
Mit etwas Glück dürft Ihr Euch auch mit den hier trainierenden Profis messen. Nur dass die meist 2 oder 3x rauf fahren auf 2500m, auf uns wartet. Die Abfahrt gleicht lustigem Kurvenräubern - und unten wartet wiederum Granada. Wer heute nicht in die Bars der Stadt geht, verpasst was!
Von hagen306 – Der Vollständigkeit halber hier einmal die ganze Strecke bis auf 3396m - der höchste Punkt Europas für das Rennrad liegt im Frühjahr meist noch im Schnee. Deshalb befahren wir ihn dann auch regulär im Herbst auf unserer Sierra-Nevada-Umrundung. Aber jetzt ist erst einmal Frühjahr – und wo in Europa kommt man Anfang Mai bei 25 °C schon auf 2500m und mehr?
Von hagen306 – Zunächst an dieser Stelle das offizielle Protokoll: Es ist vollbracht, die Golden Boys* sind wohlbehalten zurückgekehrt nach Málaga – die Vuelta a Andalucía 2023 steht auf der Habenseite. 7 sonnige Etappen, 2 Dutzend Pässe (und ja: einer wirklich schöner als der andere), hunderte Kilometer, tausende Höhenmeter. Das kennen wir eigentlich von fast allen unserer Reisen in Spaniens Süden. Erinnert sei hier exemplarisch an das Bergtraining in Andalusien im März – nur mit der Sonne im Tank ließen sich die folgenden Wochen voller Regen und Kälte daheim aushalten.
*tatsächlich gab es trotz 100% Jungs keine machesken Einlagen. Aber wann wird es wohl die erste „Golden Girls“-Tour hier im Süden geben? – Müssten wir die Strecken eventuell etwas schwieriger machen? Nein. Bräuchten wir mehr Kultur? Nein. Vielleicht ein wenig mehr Zeit in den Sternen des Südens von Ronda bis Granada. – Das ist also unser Arbeitsauftrag für die 2024er Ausgabe. Das Leben ist zu kurz, um nur Rennrad zu fahren. Aber eben auch zu kurz, es nicht zu tun.
Manchmal fühlten wir uns auf dieser Tour wie unser oben genannter gallischer Freund. – dafür sorgten unser täglichen Restaurant-Besuche. Und natürlich probierten wir von habas (Bohnensuppe) bis Wildschwein-Risotto möglichst viel (also ganz wie Obelix). Und auch die geliebten Anis-Plätzchen gab´s mal wieder in Moclín – man muss halt nur den kleinen Laden als solchen erkennen und schon gibt´s wieder Leckeres fürs Mittagsbuffet. Unerklärlicherweise gingen aber diesmal die Bananen nicht so gut. Hätte ich sie als authentisch anpreisen sollen? - Insgesamt aber völlig klar, dass unsere Pedaltritte so kraftvoll waren wie die Faustschläge von Obelix. Und selbst Arturos Kurbel bekommen wir Obelix-like wieder abgeschraubt – das Rad kann also im Ultraflach-Koffer der alten Schule den Heimflug antreten.
Wo Obelix ist, da kann auch die „Formation Schildkröte“ nicht weit sein. Nein, nein – wir mussten nicht, so wie die verängstigten Römer - in Abwehrformation gehen. Ebenso wenig handelt es sich um eine neue Form der Windstafette auf dem Rad. Nein, zufällig konnten wir einige Junioren am vorletzten Abend beim Trockentraining für die nächsten (Oster-)Prozessionen bestaunen: 12 Mann und mehr unter das Gestell, auf dem dann die oder der lokale Heilige durch wirklich alle engsten Gassen getragen wird. Für die Träger ist es quasi Blindflug – im Ernstfall sind sie unter einem Vorhang versteckt, mehrere Lotsen und die Dramaturgie der pathosschwangeren Musik der Kapelle dahinter lotsen sie unter anfeuernden Rufen des Publikums zur nächsten Kathedrale. Wer meint, keine Gänsehaut bekommen zu können, dem sei dieses Schauspiel wärmstens empfohlen. Die Musik bei der Probe kam übrigens ganz profan aus dem Handy.
Aber wir waren ja dann doch noch ein wenig Radfahren – fix nach Málaga rauschte das Peloton im Formationsflug (nein, wirklich nicht Schildkröte!) – und siehe da: Auch die Fans hatten die Fahnen gehisst– Obelix-Plakate am Straßenrand, nur für uns 😉! Und beim finalen Abendessen an der Marina von Málaga liegt gefühlt auch wieder das Wildschwein auf der Tafel – und sogar zwei davon in Form von Monsteryachten irgendwelcher Milliardäre direkt an der Kaimauer. Kann man denen nicht einen Stöpsel ziehen? Sie versperren doch ein wenig die Sicht.
Beste Grüße aus dem Süden, hasta ... im Herbst, wenn wir uns in ausufernder Epik der Sierra Nevada widmen.
Finale Spanischbrocken für Alltag und Bar (aber Spanisch müsst Ihr ja nicht lernen, wenn Ihr mit uns unterwegs seid ;-)
soborno y chantaje: Bestechung und Erpressung (war nicht nötig, die Guardia Civil war diesmal nicht aufdringlich)
la clara - das Radler (eigentlich allerweltsbekannt - nur die Bedienung in der Dachbar hat das getränk wohl eher für Ingrid oder Elisa gehalten - aber auch das konnten wir lösen)
Der Plan:
Ein paar Körner haben wir noch übrig für den letzten Tag: Es heißt noch einmal, Strecke zu machen. Immer hübsch allmählich bergauf erreichen wir den Westrand der Vega de Granada. Den Bermejales-Stausee passieren wir auf der mächtigen Staumauer, passieren Alhama und schwenken über den "Schleicher" Navazo hinein in die Hochebene von Zafarraya. Nein, noch geht es nicht runter zum Meer - wir fahren nach kurzer Abfahrt noch einmal in die Küstenkordilleren hinein und passieren zum Abschluss noch den Puerto de León. Aber jetzt: Schussfahrt direkt ins Herz von Málaga. Es ist geschafft!
Von hagen306 – Was haben wir schon für Epen und Dramen erlebt auf den Rampen von km 105 - 115. Wer sich partout noch nicht müde gespielt hat, der kommt heute in den Genuss der Abfahrt von Zafarraya, nur um dann hinter Trapiche auf miese Rampen zurück in die Bergwelt zu treffen. Zum Abschluss geht es wie bei der Normalvariante über den León hinab nach Málaga. Nun sollte es aber wirklich genug sein ;-)!