Von majortom – Ausgehend von Orange begeben wir uns für eine Woche in die Provence – zwischen Mont Ventoux und den Hochalpen des Mercantour. Sieben Etappen zeigen uns einsame, wildromantische, unbekannte Passstraßen, aber auch absolute Highlights wie die Hochalpenpässe Allos und Cayolle, sowie der sensationelle Grand Canyon du Verdon stehen auf dem Programm.
Streckenänderungen vorbehalten!
quäldich-Reise Provenzalische Alpen
Dies ist die offizielle Strecke der quäldich-Reise Provenzalische Alpen vom 9. bis 16. September 2017.
Von majortom – Hezlich willkommen zur Berichterstattung aus den provenzalischen Alpen. Während zuhause der Herbst wütet, zögern wir den Sommer noch ein wenig heraus und genießen die für viele vermutlich letzten Sommertage dieses Jahres unter südlicher Sonne. Wobei gestern bei der Anreise nach Orange eher den Scheibenwischern zuschauen angesagt war - dafür ist heute morgen pünktlich die Sonne herausgekommen und beschert uns allen Prognosen zufolge einen recht sonnigen Tag, wenn auch nicht mehr ganz bei hochsommerlichen Temperaturen.
Es geht los durch die Ebene des Rhonetals. Leider in nordöstlicher Richtung, während der Mistral erbarmungslos aus Norden bläst. So werden die ersten zwanzig Kilometer bis Vaison-la-Romaine ganz schön hart, und wir nehmen nur am Rande die schöne Weinberglandschaft und die Ausblicke auf die imposanten Dentelles de Montmirail wahr. Fotos gibt es von diesem Abschnitt auch keine - man traut sich nicht, eine Hand vom Lenker zu nehmen. Als ich dann in Vaison mitteile, das wir den anstrengendsten Abschnitt der Etappe schon hinter uns haben, ernte ich nur Gelächter, dabei habe ich es genau so gemeint.
In Vaison bewundern wir kurz die römische Brücke und die mittelalterliche Altstadt auf dem Hügel, dann geht es weiter das Ouvèze-Tal hinauf, glücklicherweise nun deutlich windgeschützter. Ab hier haben wir Heimspiel, da wir in das Territorium unserer Trainingswoche in der Provence, (nächste Ausgabe Mai 2018) vordringen. Es geht auf den Bahntrassenradweg bis Mollans-dur-Ouvèze, dann auf die Landstraße und über den Col St. Michel-Nupsi (KOM: Tom) bis Buis-les-Baronnies, dem Standort unserer Trainingswoche im Mai, dann durch den hübschen Ouvèze-Durchbruch und die Olivenhaine. Der unbeleuchtete Tunnel wird umfahren, und wir erreichen schließlich auch den Mittagspausenspot am Erichcruiser mit gewohnt opulentem Erichbuffet.
Erfreulicherweise hat meine Ansprache gestern, in der ich vehement dazu geraten haben, die nun folgenden Pässe Perty und Saint-Jean nicht abzukürzen, gefruchtet, denn auch meine entspannte Gruppe spricht sich einstimmig für die Regelvariante der Etappe aus. Sehr schön. Also brechen wir auf in den Col de Perty, einer meiner Lieblingspässe der Region, weil er sehr schöne Blicke auf das Ouvèze-Tal zurück bietet und mit 1300 m Höhe zumindest ein wenig alpinen Flair vermittelt. Leider hängt das Mont-Ventoux-Massiv noch in den Wolken, doch in Richtung Osten genießen wir die schönen Blicke von der Passhöhe in Richtung der Hochalpen.
Eine rüttelige Abfahrt später sind wir in Laborel, wo es nahtlos übergeht in den zweiten Anstieg des Tages, den Col Saint-Jean. Er ist kürzer und niedriger als der Perty, dafür aber auch ein wenig steiler. Doch er lässt sich gut fahren, bietet wieder Ausblicke Richtung Hochalpen und mit seinen Kiefernwäldern auch irgendwie ein südliches Flair. Die Südseite mit der Felslandschaft und der schön trassierten Straße ist die Schokoladenseite des Passes, und wir finden auch alle den Abzweig, der eine Abkürzung ins Méouge-Tal darstellt.
Damit geht es von nun an praktisch nur noch bergab, und wir können diese lange Auftaktetappe einigermaßen gemütlich ausrollen lassen. Allerdings wartet mit der imposanten Méouge-Schlucht auch noch ein touristisches Highlight auf uns - einige sagen, es sei sogar der Höhepunkt der Etappe gewesen. Sämtliche Kaffeestop-Avancen werden dann vom Ensemble abschlägig beschieden, und so cruisen wir die restlichen Kilometer nach Sisteron. Mit überlegenem Tempo- und Windschattenmanagement von Schummi und weniger überlegenem Management vom doch recht angeknockten Berichterstatter. Auch die Kirmes in Ribier kann uns nicht aufhalten, und schon bald erscheint die Zitadelle von Sisteron vor uns. Da alle nur noch ins Hotel wollen, entfällt der Fotostopp am Durance-Durchbruch (O-Ton Tilmann: das Foto findest du in jedem Provence-Kalender). Macht aber nichts, da fahren wir morgen schließlich nochmal lang.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung Die erste Etappe ist zwar ungewöhnlich lang, weiß jedoch mit der schönen Anfahrt durchs Ouvèze-Tal, dem herrlichen Col de Perty und dem Col Saint-Jean zu gefallen. Etappenziel ist Sisteron.
Wir beginnen unsere einwöchige Rundtour durch die Provenzalischen Alpen im Römerstädtchen Orange. Vielleicht hatten wir am Vorabend noch die Gelegenheit, das antike Amphitheater zu besichtigen; jetzt geht es allerdings los mit dem Rennrad. Die ersten Kilometer durchs Comtat sind flach – und könnten sehr heiß werden. Östlich baut sich das Massiv des Mont Ventoux vor uns auf; den Giganten sparen wir uns jedoch für die Schlussetappe auf. Wir erreichen beim bekannten Weinort Rasteau das Ouvèze-Tal, das uns die erste Tageshälfte begleiten wird, und überfahren in Vaison-la-Romaine eine antike römische Brücke. Dann wird es so langsam gebirgiger um uns herum, und auf unserer Fahrt nach Osten ändert sich das Landschaftsbild ständig. Erst geht es durch die Olivenhaine um Buis-les-Baronnies, dann verengt sich das Tal schluchtartig, dann kommen Obstplantagen und Lavendelfelder, und schließlich wird es am Col de Perty richtig alpin. Hier genießen wir einen schönen Blick zurück auf den Ventoux und einen ebenso schönen Blick voraus auf die Hochalpen. Nach dem Col de Perty will mit dem Col Saint-Jean noch ein zweiter Pass überwunden werden, der zwar kurz ist, die müden Beine aber nochmal fordern kann. Eine lange Abfahrt durch die herrliche Méouge-Schlucht und entlang des Buëch trennt uns dann noch vom Tagesziel in Sisteron, gelegen am Durance-Durchbruch und gekrönt von einer eindrucksvollen Zitadelle.
Variante: Etwas kürzer und entspannter kann man die Auftaktvariante gestalten, indem man eine südlicher verlaufende Route über den Col de Fontaube, Col de Maguègne und Col de la Pigière wählt. Sie kommt auf 121 km / 1700 Hm.
Von majortom – Saint-André-les-Alpes, Montag Abend. Wiederum sind alle Teilnehmer, Guides und Erichs gut und glücklich am Hotel angekommen, wieder zufriedene Gesichter wohin man blickt, wieder eine großartige Etappe, die hinter uns liegt, diesmal durch die großartige Haute-Provence. Ich muss gestehen, ich hatte ziemlichen Bammel vor der Etappe, war sie schließlich ohne eigene Ortskenntnis und nur mit Hilfe den quäldich-Kollektivs geplant. Zieht man allerdings in Betracht, dass die ehrenamtlichen Etappenberater die Entdecker-Champions und Flatbar-Twins aus dem Allgäu sind (herzliche Grüße und vielen Dank an dieser Stelle an Ulrich und Jürgen), wusste ich ja, dass ich mein vollstes Vertrauen in sie setzen kann. Der virtuelle Daumen hoch wurde also in eine sensationelle Etappe über Col de Font-Belle und Col de Corobin umgesetzt.
In Sisteron müssen wir nochmal durch den Tunnel, dann hinab zur Durance, die Felsen links und rechts des Durance-Durchbruchs bewundern, und dann auch schon in den ersten Pass. Über 20 km bergauf, unterbrochen durch eine kleine Zwischenabfahrt. Das ist ein Wort, auch wenn es letztendlich auch nur auf knapp über 1300 m geht. Die Auffahrt beginnt idyllisch schön, glücklicherweise in der Morgensonne, und die Landschaft wird von unten nach oben immer sensationeller. Die schönen Ausblicke auf Sisteron mit seiner Zitadelle, die Schlucht Défilé de la Pierre Ecrite (was genau der römische Präfekt in den Felsen gemeißelt hat, erfahren wir leider nicht, aber vermutlich handelt es sich eh nur um weltfremdes neunmalkluges lateinisches Geblubber wie Veni, vidi, vico oder Ceterum censeo oder sowas), die imposanten Karstfelsen, die tollen Ausblicke über die Voralpen, die ausgewaschenen Sandsteinfelsen, die teils spektakuläre Straßenführung... dieser Pass hat wirklich alles, was man sich wünscht. Ein absoluter Geheimtipp, und vielleicht sollten wir das nicht so laut sagen, sonst ist es bald kein Geheimtipp mehr...
Auch die Abfahrt ist sehr schön, allerdings war meine Ansage bezüglich des Sammelpunktes missverständlich, so dass ein Teil meiner entspannten Gruppe im Temporausch daran vorbei fliegt. So kommen nur drei Gruppenmitglieder in den Genuss des Zwischenpasses, während ich den Rest einsammle und dann im Tal nach Digne lotse, wo die Mittagspause wartet. Erich lässt sich einmal mehr nicht lumpen, sucht jedoch immer noch nach einem Becherspülpraktikanten.
Die Passage durch Digne entpuppt sich als die anstrengendste, zumindest für den Kopf. Untaugliche Radwege, drängelnde Autofahrer, ein Hauch von Stadtverkehr. Doch sobald wir draußen sind und Richtung Col de Corobin fahren, hat sie uns wieder, die völlig einsame Hochprovence mit ihren schmalen Straßen durch wunderschöne Voralpenlandschaft. Wegen solchen Erlebnissen haben wir diese Reise geplant!
Der Corobin beginnt harmlos, doch mit dem ersten Serpentinenstück zieht auch die Steigung an und erreicht auch mal den zweistelligen Bereich. Provenceuntypisch, aber wir wollen nun mal hier drüber. Die schönen Kiefernwälder, die wir durchfahren, und die umgebenden Karstfelsen entschädigen uns. Bald schon ist ein erster Zwischenpass erreicht, es folgt ein Flachstück, und dann fehlt nur noch das Schlussstück an den schwarzen ausgewaschenen Felsen vorbei, das Stück mit der bislang höchsten Serpentinität der Reise.
Abfahrt ins Asse-Tal, Kaffeepause (von Schummi quasi-demokratisch durchgesetzt), und dann fehlt nur noch der Col des Robines, der trotz Nationalstraße weniger befahren ist als befürchtet und uns so auch nicht mehr aufhalten kann. Wir genießen den Rest-Nachmittag im schönen Hotel (auch dieses übertrifft bislang alle Erwartungen) und freuen uns auf das Abendessen im Dorfkern.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung Auf der zweiten Etappe dringen wir in die unbekannten, einsamen Gegenden der Hochprovence vor. Zwei landschaftlich schöne Pässe stehen im Weg, Col de Font-Belle und Col de Corobin.
Übergangsetappe... So ist man versucht, mit einem Achselzucken die heutige Etappe abzuhandeln. Wer hat schließlich schonmal vom Col de Font-Belle gehört? Vom Col de Corobin? Wir wollen ganz ehrlich sein, wegen diesen Pässen nimmt sicher keiner die lange Reise bis in die Provence auf sich. Doch gerade das macht den Reiz aus, die unbekannte, ja fast schon unberührte Landschaft, die wilde Einsamkeit. Und der eine oder andere mag am Ende des Tages vielleicht beschließen, gerade werden dieser unbekannten Pässe, die es hier in Vielzahl gibt, noch einmal die Provence anzusteuern. Wie dem auch sei, von Sisteron aus geht es sofort in den ersten Pass hinein, den Col de Font-Belle. Die Steigung ist provencetypisch eher mäßig, umso mehr Zeit hat man, sich an der einzigartigen Landschaft zu erfreuen. Wir durchfahren die Défilé de la Pierre Ecrite, wo sich ein römischer Präfekt mit einer Inschrift auf den Felsen verewigt hat, und genießen die spektakulären Felsen an der Passhöhe. Auf der Abfahrt ist dann der Col de Bonnet zwischengeschaltet, der uns nach Digne-les-Bains führt. Nahtlos geht es weiter in den Col de Corobin, dessen Felslandschaften ebenfalls das Prädikat „spektakulär“ verdienen. So erreichen wir das Asse-Tal, dem wir flussaufwärts folgen bis in den Etappenort Saint-André-les-Alpes, schön an einem Stausee gelegen. In dieser abgelegenen Gegend heißt es ein wenig enger zusammenzurücken – alle sind heute in Zweibettzimmern untergebracht.
Option: Vom Zielort Saint-André führt die Route du Chalvet bis auf etwa 1600 m Höhe – eine explorative Option, die mit etwa 700 Höhenmetern zu Buche schlägt.
Von majortom – Saint-André-les-Alpes. Kolossales Abendessen gestern. Gutes Frühstück heute. Starker Wind schon am Morgen. Nordwind. Wo wollen wir nochmal hin? Aufbruch pünktlich. Col des Robines-Nupsi. Brutaler Gegenwind das Tal runter. Trotzdem Flow. Abzweig zum Col de Defend. Brutaler Gegenwind das Tal rauf. Kämpfen. Zuerst flach ins Asse-Tal rein. Kaum Flow. Dann sehr schöner Pass. Auseinandersetzung mit Jeepfahrer, der sein Territorium (die Straße) verteidigt. Sackgesicht.
Schöner Col de Defend. Lohnt die Zusatzschleife. Leider nur kurze Abfahrt, dann mit Gegenwind rauf nach Thorame-Basse. Rollerberg bei Windstille. Krampf bei Gegenwind. Hübsche Landschaft, Felswand im Verdon-Tal. Gegen den Wind das Tal rauf. Erich wartet entspannt in Colmars. Buffeterweiterung um Tomme de Brebis vom Markt. Lecker wie immer. #underichspült
Gruppenneusortierung. Tilmann mit Freiwilligen zum Lac d'Allos. Den See sieht man gar nicht. Major mit dem Rest direkt zum Col d'Allos. Gegenwind (was denn auch sonst). Herzallerliebster Skiort oberhalb von Allos.
Dann auf einmal herrliche einsame Straße. Wind teilweise von hinten. Sensationell. Grandioses Alpenpanorama, wenn man sich die Skilifte wegdenkt. Rauf zum Allos. Refuge hat leider zu. Tolle Abfahrt oberhalb der Schlucht. Einrollen in Barcelonnette. Heldenhafte Gruppe. Schöne Etappe. Morgen geht's wieder nach Süden, da ist der Nordwind willkommen.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung Am dritten Tag befahren wir mit dem Col d'Allos den ersten Zweitausender unserer Provence-Rundfahrt. Zuvor steht noch der Col de Défend auf dem Programm. Die Etappe endet in Barcelonnette.
Die Vorfreude ist groß, heute geht es in die Hochalpen. Zunächst fahren wir von Saint-André jedoch wieder in westlicher Richtung zurück, wo der kleine Col des Robines schnell dafür sorgen wird, dass uns warm wird. Warum dieser Schlenker? Wir wollen auf unserem Weg auch noch den Col de Défend mitnehmen, einen weitern unbekannten und unbeachteten Provence-Pass, der ein wenig unserer Aufmerksamkeit verdient. Dann jedoch geht es in die lange, Auffahrt zum Allos, und erstmals auf unserer Rundfahrt durchstoßen wir wirklich die Baumgrenze, lernen die kargen Landschaften der Hochalpen kennen. Wer sich die Kräfte gut eingeteilt hat, wird also schon bald auf der Passhöhe stehen, und nur noch eine rasante Abfahrt trennt uns dann noch vom Etappenziel Barcelonnette, wo wir heute in einem schönen ***-Hotel untergebracht sind.
Option: Eine schöne Stichstraße führt zum Lac d'Allos. Die Etappe summiert sich so auf 126 km / 2800 Hm.
Von majortom – Was für eine großartige Etappe! Col de la Cayolle, Col de Valberg und dann noch die sensationelle Abfahrt über die Gorges de Cians. Angenehme Etappenlänge und genau die richtige Höhenmeteranzahl. Ich habe ja doch einige quäldich-Reisen begleiten dürfen dieses Jahr, und es waren jede Menge gelungene dabei, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir die heutige Etappe auch noch länger im Gedächtnis bleiben wird. Großartige Streckenplanung (wer auch immer die gemacht hat...)
Es beginnt allerdings sehr fröstelig in Barcelonnette. Eigentlich wurde uns ja Spätsommer versprochen vom Veranstalter, aber bei einstelligen Temperaturen am Morgen fühlt es sich doch eher wie Herbst an. Also werden die bislang kaum benötigten Langarmtrikots, Beinlinge und dergleichen aus dem Koffer gekramt; die Erwartung ist trotzdem hoch, habe ich die Etappe doch schon bei der gestrigen Besprechung in den höchsten Tönen gelobt. (Da haben sich wohl alle gedacht: Lass den Tom doch reden, der isst ja auch Andouillette und hat eh keine Ahnung.)
Es geht in nach wenigen Flachkilometern durch Barcelonnette direkt in den Col de la Cayolle. Bei unserer Südalpenreise wird der ja immer von Süd nach Nord befahren, aber wie für den benachbarten Col d'Allos gilt auch hier, dass die Nordseite die Schokolandenseite ist. Was die herrliche Gorges de Bachelard im unteren Teil des Passes auch schnell bestätigt. Der Pass beginnt hier ganz gemächlich, doch wohl aufgrund der kühlen Temperaturen beginnen einige mit rasantem Tempo. Sehr viel angenehmer wird es, sobald wir mal in der Sonne unterwegs sind.
Der Col de la Cayolle zieht sich über 30 Kilometer dahin, aber es sind nahezu 30 Kilometer Hochgenuß. Ein Traum, erst die enge Schlucht, dann das idyllische Hochtal, die Einsamkeit nach Einfahren in den Mercantour-Nationalpark, die spektakuläre Trassierung, und schließlich die karge Hochgebirgskulisse kurz vor der Passhöhe, begleitet von einem Murmeltierpfeifkonzert. Auf 30 Kilometer Auffahrt folgen 30 Kilometer Abfahrt, und auch die Südseite des Cayolle hat definitiv ihren Reiz. So macht Rennradfahren Spaß. Zumal die Schleierwolkendecke nach Süden hin aufreißt, und es bei der Mittagspause in Guillaumes richtig warm ist.
So geht es dann bei sommerlichen Temperaturen in den Col de Valberg, natürlich auf Empfehlung der Allgäuer Flatbar-Twins auf der Nebenstreche über Péone. Was sich sogleich als Volltreffer herausstellt, denn die Felsformationen links und rechts des Seitentals sind wieder mal eine tolle Kulisse. Inzwischen fließt der Schweiß in der provenzalischen Mittagssonne. Spätsommer deluxe. Da ist der Schatten auf dem Serpentinenstück, das sich an Péone anschließt, fast schon willkommen. Schön rollt es hier hinauf, und in Valberg vereint sich meine Gruppe dann bei Panaché, Crêpes und Orangina.
Die Abfahrt nach Beuil ist noch unspektakulär, ebenso die ersten Kilometer danach, doch in der Gorges de Cians mit ihren feuerroten Felsen stehen die Münder dann offen vor Staunen. So bekommen wir auf den Kilometern nochmal ein absolutes Highlight serviert, das den Schlenker über Valberg mehr als rechtfertigt. Sensationelle Gorges de Cians.
Und dann fehlen nur noch acht Rollerkilometer durchs Var-Tal bei Rückenwind bis nach Puget-Théniers. Sogleich wird der Dosenbierbestand des benachbarten Carrefour geplündert. Ein voll und ganz gelungener Tag; meiner Meinung nach die bislang mit schönste Etappe der Tour, obwohl wir schon einige Provence-Highlights hatten. Morgen geht es schluchtig weiter, wenn es durch den Grand Canyon du Verdon geht.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung Etappe vier gehört einem der vielleicht einsamsten Hochalpenpässen, dem Col de la Cayolle. Zweites Tageshighlight ist die Gorges de Cians mit ihren feuerroten Felsen.
Barcelonnette ist ein Pässemekka der Südalpen, ist es doch Ausgangspunkt des Pässedreigestirns Allos, Cayolle, Bonette, die auf dem Weg von Nord nach Süd endgültig in den warmen Süden Frankreichs führen. Den Allos sind wir gestern schon gefahren, den Bonette heben wir uns für eine andere Tour auf. Heute geht es über den einsamen Col de la Cayolle hinein in den Mercantour-Nationalpark. Der Pass überzeugt im unteren Teil mit einer schmalen Straße durch ein enges Tal, dann mit hochalpinem Flair im Schlussteil. Die Abfahrt führt uns nach Guillaumes. Hier könnten wir auch direkt ins Tagesziel im Var-Tal fahren, und es wäre durch die Gorges de Daluis nicht mal langweilig. Doch unserer Meinung unverzichtbar ist die sensationelle Gorges de Cians mit ihren roten Felsen. Dafür müssen wir zwar noch den Col de Valberg überqueren, doch es lohnt sich! So erreichen wir das Var-Tal auf einem Umweg, und nächtigen in Puget-Thenières wieder in einem authentischen Hotel – wieder alle im Zweibettzimmer.
Option: Wer die Beine testen möchte, nimmt noch den Col des Champs einseitig mit. 142 km / 3300 Hm sind die Ausbeute.
Von majortom – Der Grand Canyon liegt in Arizona? Nun ja, da gibt es auch einen. Aber der einzig wahre Grand Canyon ist (zumindest für uns Provence-Urlauber) natürlich der Grand Canyon du Verdon, die großartige Verdonschlucht, die uns heute abermals eine tolle Etappe beschert hat. Der Grand Canyon liegt in der Provence!
Da im Vorfeld der Etappe einige Unsicherheiten bezüglich des in der Regelplanung als zweitem zu absolvierenden Col de Buis aufkam (vorgeblich wegen dessen bis zu 19 Prozent steilen Rampen), haben wir uns gestern noch zu einer Alternativroute entschlossen: dem Var-Tal entlang bis zum Col des Toutes Aures, dann am Lac de Castellane entlang und schließlich in Castellane zur Mittagspause wieder auf die geplante Strecke. So kommt es am Morgen zu einigem Gruppenshuffling; trotz meiner ausdrücklichen Ermunterung (wir fahren die Etappe schließlich wegen des Grand Canyon und nicht wegen des Gepummels vorher) starte ich jedoch nur mit einer Dame und drei Mann auf die alternative Runde, während Tilmann und Tom mit dem Großteil der Gruppe die Regelplanung angehen. Es freut mich jedoch sehr, auch mal mit ein paar anderen Teilnehmern unterwegs zu sein, die ich sonst den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekomme.
Bis zur Abzweigung fahren wir ungeplant noch gemeinsam mit der neuen Gruppe 2, dann biegen sie ein auf die Passstraße zum Col des Felines, während wir im Var-Tal bleiben. Vermutlich war der Begriff ,,Nationalstraße" der Grund, warum sich doch die meisten für die ursprünglich geplante Etappe entschieden haben, wir stellen jedoch schon bald fest, dass der Verkehr hier durchaus erträglich ist und das Var-Tal zudem auch noch ganz schön. Auch Felssicherungsarbeiten oberhalb unserer Straße können uns mittels Straßensperrung nur temporär aufhalten, und dann sind wir auch schon in der Auffahrt zum Col des Toutes Aures, der sich auch noch als ziemlich schön herausstellt.
Nach einer Gegenwind-Abfahrt (heute kommt der Wind mal aus Westen) fahren wir dann am Stausee entlang, abermals ein Highlight. Also alles richtig gemacht, beschließen wir, zumal wir heute als erstes am Erich-Buffet sind und somit die volle Auswahl genießen. Kurze Zeit später taucht dann Tom mit den Sportiven auf, da sind wir jedoch schon gestärkt und machen uns auf Richtung Verdon-Schlucht. Fotostopps ausdrücklich erlaubt, so die Devise, die ich ausgebe, und das wird tatsächlich schon im unteren Teil gerne umgesetzt, obwohl das ja Pillepalle ist gegen die sensationellen Steilwände, die uns später erwarten.
Der bekannte Point Sublime-Aussichtspunkt stellt sich als nicht Rennradschuhwerktauglich heraus, doch sogleich biegen wir auf die Route des Cretes ab, und die ist einfach der Hammer. Zuerst ist es noch völlig unspektakulär (wenn auch mit schöner Herbststimmung), doch mit Erreichen der ersten Serpentinengruppe genießen wir die spektakulären Tiefblicke hinab in die Schlucht. Senkrechte Steilwände, und irgendwo ganz tief unten plätschert der Verdon dahin, der für dieses Naturschauspiel verantwortlich ist.
Dann jagt ein Belvedère den nächsten, und die Anhalt-Frequenz wird immer geringer. Die Tiefblicke bleiben jedoch großartig, und selbst wenn man nicht fotografiert (es ist eh schwer, die ganze Szenerie auf einem Bild einzufangen), lohnt es sich, einfach die Schlucht auf sich wirken zu lassen. Der doch recht steile Anstieg macht sich dann auch in den Beinen bemerkbar, doch dann ist der höchste Punkt erreicht, und auch die Abfahrt ist hochspektakulär am Rand der Schlucht entlang, nur der starke Wind erfordert höchste Konzentration. Volle Punktzahl also für die Verdon-Schlucht.
Wir haben uns in La Palud für einen Kaffee verabredet, und der größte Teil der Gruppe wartet auch schon dort, als ich ankomme. Ein wenig hektisch wird die Kaffeepause dann allerdings schon, als sich ein Regenschauer ankündigt. Leider geraten wir trotz raschem Aufbruch noch mitten in den Schauer herein, doch er ist auch schon wieder vorbei, noch bevor wir richtig nass geworden sind. Kein Problem also. Es geht noch hoch zum Col d'Ayen und dann hinab in den letzten Teil der Schlucht, wobei hier die Landschaft eher weniger bewundert wird, weil die nasse Straße und der starke Wind die volle Aufmerksamkeit erfordert. An den letzten Aussichtspunkten, wo man auf den Lac de Sainte-Croix blickt, zu dem der Verdon aufgestaut wird, werden aber wieder die Fotoapparate gezückt. Gleich darauf sind wir dann auch schon in Moustiers angekommen. Was für eine Etappe! - schon wieder.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung: Ein weiteres Highlight der Provence prägt die fünfte Etappe. Es geht heute entlang der spektakulären Verdon-Schlucht, einem Must-have Südfrankreichs. Die Etappe führt bis Moustiers-Sainte-Marie am Lac de Sainte-Croix.
Der Grand Canyon befindet sich in Arizona. Aber der Grand Canyon du Verdon, wie die Verdon-Schlucht auch genannt wird, befindet sich in der Provence und wird heute von uns durchquert. Zunächst jedoch braucht es ein wenig Aufgalopp, so dass sich die Höhenmeter heute auf Königsetappenniveau summieren. Königlich ist allerdings auch die Landschaft, und so fügt sich zusammen, was zusammen gehört. Die Etappe beginnt mit einem Pässedreigestirn der Kategorie „klein aber fein“. Auf den Col de Félines folgt der steile Col du Buis, und schließlich der schöne Col de Saint-Barnabé, der uns ins Verdon-Tal nach Castellane bringt. Hier geht es dann in die Verdon-Schlucht, und das Staunen beginnt. Doch auch die Beine werden gefordert, denn zum Col d'Ayen, dem höchsten Punkt der Rive droite, gilt es nochmal ein paar Höhenmeter zu absolvieren. Dasselbe gilt für die Route des Crètes, eine Ringstraße, die uns nochmal sensationelle Panoramen serviert. Und zum Schluss öffnet sich die Schlucht zum herrlichen türkisblauen Stausee Lac de Sainte-Croix, in dessen Nähe wir in Moustiers Quartier beziehen.
Von majortom – Übergangsetappe. Das Wort haben gestern viele benutzt, nachdem die Roadbooks für die heutige Etappe wie üblich während des Abendessens ausgeteilt wurden. Das stimmt natürlich, denn die Etappe über den Lubéron und auf das Plateau de Vaucluse ist unser Brückenschlag zwischen zweien der absoluten Highlights dieser Reise: der Verdonschlucht und dem Mont Ventoux. Und andererseits wird dieses Prädikat der Etappe – so viel ist im Ziel klar – nur bedingt gerecht. Denn wie so oft sind es die so genannten Übergangsetappen, die einen ganz eigenen, ganz besonderen Charme haben. Man legt Strecke zurück, und man sieht dabei, wie sich die Landschaft langsam verändert. Abseits der Touristenmagneten haben wir heute die authentische Provence durchquert, durch bewaldete Hügel, endlose Lavendelfelder, verschlafene Dörfer mit platanengesäumten Plätzen, karge Garrigue und duftende Kiefernwälder. Nur das Wetter hat heute nicht so ganz mitgespielt, bei bewölktem Himmel und recht kühlen Temperaturen.
Zu Beginn in Moustiers sind wir eigentlich noch mitten in den Alpen. Nicht mehr in den Hochalpen zwar, doch die Berge ringsum sind noch recht hoch. Das ändert sich bald, als wir in Richtung Westen aufbrechen, aufgrund der fast schon arktischen Temperaturen für provenzalischen Hochsommer ausgerüstet mit allem, was der Koffer an Beilningen, Jacken und anderen Accessoires so alles hergibt, sind wir schon bald in einer endlos scheinenden Hügellandschaft. Glücklicherweise haben wir die Teilnehmer gestern schon auf Gruppendisziplin eingeschworen, so dass wir die vielen Wellen heute vorbildlich in der ganzen Gruppe nehmen und jede Standzeiten vermeiden. Es rollt nach der ersten Welle schön nach Riez, dann folgen ein paar kleinere Wellen nach Valensole, und schließlich eine lange flowige Abfahrt ins Durance-Tal. Nach Tagen der Einsamkeit im Hinterland der provenzalischen Alpen fühlt sich das Verkehrschaos in Manosque ganz fremd an, doch es währt nur kurz, und schon cruisen wir wieder auf herrlichen kleinen Sträßchen südlich des Lubéron entlang. Nach den ganzen zermürbenden Wellen wird der erste längere Anstieg zum Col de l'Aire dei Masco regelrecht herbei gesehnt – zumal wir auch Erich mit seinem Buffetcruiser dort positioniert haben.
Angesichts des geringen Höhenunterschieds von etwa 200 Metern wird hier alles gegeben, vielleicht will die Gruppe aber auch einfach nur warm werden. Die Kälte ist es dann auch, die uns wieder zurück auf die Straße treibt, in die Abfahrt nach Cereste, wo meine entspannte Gruppe erst nochmal für ein Heißgetränk einkehrt. Das tut gut. Dann geht es das Calavon-Tal herunter, wie angekündigt zunächst auf der Landstraße, doch dann bis Apt auf den Bahntrassenradweg, der zwar abschnittsweise gut rollt, aber mit den ganzen Schikanen doch auch bei einigen für Frust sorgt. Immerhin erlaubt uns der Radweg, ohne größere Beeinträchtigung durch Ampeln und dergleichen an Apt vorbei zu rollen.
Apt ist ein Wendepunkt; von nun an geht es nordwärts auf Sault zu. Allerdings müssen wir noch hinauf auf das Plateau de Vaucluse, das sich als Geländestufe jenseits des Tals schon abzeichnet. Die flachen Kilometer nach Saint-Saturnin sind schnell zurückgelegt, und schon geht es hinein in den Col de Liguière, mit 600 Höhenmetern der längste und schwerste des Tages. Doch der Pass rollt gut, die Lanschaft ist einsam und idyllisch, und die Ausblicke zurück zum Lubéron-Höhenzug können sich auch sehen lassen. Und an der Passhöhe erscheint dann auch endlich der Mont Ventoux in voller Pracht, quasi zum Greifen nahe. Vorfreude auf morgen bricht aus. Heute jedoch müssen wir nur noch nach Sault hinab rollen, dann ist die zweitlängste Etappe dieser Rundfahrt Geschichte. Und morgen scheit wieder die Sonne!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung: Am sechsten Tag geht es durch die südliche Provence und über das Lubéron-Gebirge. Der Col de Liguière führt uns durch Lavendelfelder bis nach Sault östlich des Mont Ventoux.
Der Mont Ventoux ruft. Allerdings noch nicht heute. Noch trennen uns ein paar Kilometer vom Giganten, und wir bemühen uns, auch diese Kilometer so eindrucksvoll wie möglich zu gestalten. Es könnte heiß werden, wenn es zu Beginn der Etappe durch hügeliges Terrain von Moustiers nach Manosque im Durance-Tal geht. Hier verlassen wir jedoch das Tal gleich wieder und fahren auf den Höhezug des Lubéron-Gebirges zu, dem letzten Ausläufer der provenzalischen Alpen sozusagen. Der Col de l'Aire del Masco ist eine einsame schmale Passstraße, die das Gebirge überquert. So gelangen wir auf die Véloroute du Calavon, einem auf einer ehemaligen Bahntrasse verlaufenden Radweg, dem wir bis in das hübsche Städtchen Apt folgen. Hier wenden wir uns nach Norden, auf das Plateau de Vaucluse zu, wo sich mit dem Col de Liguière nochmal ein beachtenswertes Hindernis in den Weg stellt. Spätestens wenn an der Passhöhe die Silhouette des Ventoux auftaucht, wird man jedoch nochmals Motivation tanken, um die Schlusskilometer bis Sault in Angriff zu nehmen.
Von majortom – Ein bisschen Wehmut ist immer dabei, wenn wir es nicht gleich nach der Schlussetappe schaffen, einen Tourenbericht zu schreiben, und stattdessen ein paar Tage später die Bilder von der sonnigen Provence nochmal aus dem Gedächtnis hervorkramen und die Reise nochmals bei herbstlichem grau in grau im Büro Revue passieren lassen. Sind es wirklich erst ein paar Tage, dass wir bei strahlendem Sonnenschein und herrlicher Aussicht bis fast zum Mittelmeer auf dem Gipfel des Mont Ventoux gestanden sind?
Es ist kalt geworden in der Provence, als wir am Samstag Morgen in Sault stehen, den Giganten der Provence direkt vor Augen. Die Sonne steht noch tief, und als ich in die Runde blicke, sehe ich eine Runde Rennradfahrer, die winterlich gekleidet ist. Einstellige Temperaturen am Morgen in Sault, und einstellige Temperaturen werden auch am Mittag auf dem Gipfel erwartet. Während die sportiven und ausdauernden Gruppen sich auf den Umweg über die Gorges de la Nesque machen, schare ich eine kleine entspannte Gruppe um mich, die den Mont Ventoux direkt von Sault aus in Angriff nehmen möchte. Kalte, klare Luft im Schatten gibt in der kurzen Abfahrt vom auf einem Felssporn gelegenen Ort hinab ins Nesque-Tal schonmal einen Vorgeschmack auf die Kälte auf 1900 Metern Höhe.
Doch dann dauert es nicht lange, bis in der Morgensonne die ersten Jacken ausgezogen werden, als der Beginn der Auffahrt den Kreislauf in Schwung bringt. Die Auffahrt von Sault ist nur mäßig steil, doch 26 km bergauf sind natürlich ein Wort. Ich beschließe, es gemütlich angehen zu lassen, schließe mich dem Grupetto an, und wir rollen nun durch den Wald der östlichen Ventoux-Flanke. Nachdem wir die letzten Tage kaum mal andere Rennradfahrer zu Gesicht bekommen haben, scheint die Zahl der Kollegen auf dünnen Reifen mit der Nähe zum Ventoux exponentiell zuzunehmen, wir werden überholt, wir überholen. Der Ventoux ist eben doch eine Kathedrale des Radsports, der die Pilger unserer Zunft zu sich anzieht. Selbst Mitte September bei ungewöhlich herbstlichen Temperaturen.
Irgendwie vergeht der unspektakuläre Teil des Anstiegs bis zum Chalet Reynard wie im Fluge. Zu routiniert sind wir wohl auf dem Rad geworden, als dass uns dieser lange Anstieg noch schrecken könnte. Eines deutet der heutige Tag jedoch schon im unteren Teil an, als wir immer höher kommen und die Blicke in Richtung der Hochalpen wandern: heute haben wir eine sehr klare Sicht und können ein sensationelles Panorama erwarten. Dramaturgischer Wendepunkt dann am Chalet Reynard. Hier gelangen wir in die berühmte Felswüste, sehen den Turm des Observatoriums vor uns; dennoch sind es noch sechs teils steile Kilometer, die vor uns liegen. Ich eskortiere weiter das Grupetto hinauf, doch dann bekomme auch ich die Magie dieses Gipfels zu spüren und lasse mich für die letzten 1,5 Kilometer auf einen Zweikampf mit einem Unbekannten ein (den dieser mit zehn Metern Vorsprung für sich entscheidet). Natürlich rausche ich dabei an Erich vorbei, der kurz unterhalb des Gipfels mit der Verpflegung wartet. Erst auf den Gipfel, dann Schnittchen und Cola. Prioritäten setzen.
Wir bleiben nicht lang, eine Wolke zieht vor die Sonne, und das macht uns wieder die Kälte bewusst. Noch kurz die sensationelle Aussicht genießen, bis zu den Hochalpen, über die Hügel der Provence, bis zu den Cevennen und über den Lubéron und die Alpilles hinweg fast bis nach Marseille ans Mittelmeer. Dann auf in die Abfahrt – zum Glück kommt die Sonne wieder heraus. Und es ist heute fast windstill – womit wir wohl wirklich mehr Glück als Verstand haben. Eine rauschende Abfahrt auf frisch asphaltierter Straße (im Mai lag hier noch der Rollsplitt als Relikt der Ausbesserungsarbeiten), und bald steigen Richtung Malaucène glücklicherweise auch die Temperaturen wieder an. Wie abgesprochen sammelt sich die Gruppe in einer Bar in Malaucène, bei Café au lait in der Sonne auf der Terrasse. Plötzlich fühlt es sich wieder wie Spätsommer an.
Spontan plane ich daher nochmal die Strecke um. Genau genommen war es Tilmanns Vorschlag, noch durch die Dentelles de Montmirail zu fahren, und ich frage mich immer noch, wieso ich nicht selbst auf diese Idee gekommen bin. Jedenfalls stimmt die Gruppe überraschend schnell etwa 200 zusätzlichen Höhenmetern zu, als ich sie mit der im Vergleich ruhigeren Straße nach Baumes-de-Venise ködere. Die Strecke stellt sich als Volltreffer heraus, spätestens als wir die dolomitesken Felszacken der Dentelles vor uns sehen. Ein Umweg war es gar nicht, und in Beaumes treffen wir dann wieder auf die geplante Strecke.
Es fehlen noch 20 Kilometer unserer Reise, und sie führen uns abseits der Hauptstraßen auf schmalen Nebenstrecken durch die Ebene des Comtat. Schon bald wird die Ouvèze überquert, dann stehen wir vor den Toren von Orange. Und rollen wohlbehalten an unserem Hotel ein. Der Kreis schließt sich. Bein- und Armlinge werden bei nun deutlich über 20 Grad vom Körper gerissen, als wir vor dem Hotel in der provenzalsichen Sonne auf die Ankunft von Erich und den weiteren Gruppen warten. Eine schöne, abwechslungsreiche Woche liegt hinter uns, zwischen den Weinbergen des Rhonetals und den Hochalpen des Mercantour. Wir haben die Provence in all ihren Facetten kennengelernt, von der endlosen Hügellandschaft und zypressengesäumten Straßen über die grandiosen Schluchten und die abgelegenen Straßen der Voralpen bis zu den prestigeträchtigen Alpenpässen rund um Barcelonnette. Provenzalische Alpen, 2019 kommen wir wieder!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung Die Schlussetappe führt nun endlich auf den Mont Ventoux, den Giganten der Provence. Zuvor durchfahren wir noch die schöne Nesque-Schlucht.
Tour d'honneur? Dafür ist die Schlussetappe dieser Provence-Rundfahrt zu hart. Aber wer quält sich nicht auch am letzten Tag nochmal gerne so richtig, wenn es auf den Mythos Ventoux geht? Wir könnten direkt von Sault aus hinauf fahren, die Pillepalle-Route sozusagen. Wer es eilig hat, oder schwere Beine, kann das auch tun – es lohnt sich auch so. Doch die reguläre Route wendet sich zunächst noch nach Südwesten und durchfährt die wunderschöne Gorges de la Nesque, die wiederum herrliche Tiefblicke garantiert. Diese Planung erlaubt uns, den Ventoux von der klassischen Tour-de-France-Seite, also von Bédoin aus in Angriff zu nehmen. 21 km und 1600 Höhenmeter sind natürlich ein Wort. Doch wenn man am Chalet Reynard die berühmte Felswüste erreicht, wenn man den Turm am Gipfel sehen kann, dann übernehmen die Endorphine, und das Ziel rückt immer näher. Die rasante Abfahrt vom Ventoux führt nach Malaucène, und am Südrand der Dentelles de Montmirail fahren wir weitgehend flach ins Ziel nach Orange.