Von majortom –
Am heutigen Morgen musste ich erstmal an den Kommentar von quaeldich-Legende und Schotterstraßenheld Renko zur heutigen Etappenplanung denken (schönen Gruß an dieser Stelle aus Alpe d'Huez in die Schluchten des Kaukasus). Den Anstieg über Télégraphe und Galibier durch eine Übernachtung in Valloire aufzuspalten, hat er wenig diplomatisch als „Galibier émasculé“ bezeichnet und mir nahegelegt, meine Reckenehre dadurch wieder herzustellen, indem ich im Morgengrauen nochmal nach St. Michel de Maurienne abfahre und somit die komplette Auffahrt am Stück mache.
Einen Vorschlag, den ich mir erlaube einfach zu ignorieren.
Durch die herausfordernde Logistik mit Gepäck laden in zwei verschienenen Hotels kommen wir heute etwas später los als in den vergangenen Tagen. Macht nix. Nach dem Regen gestern Abend haben wir wieder herrliches Sommerwetter, und auf 1400 m Höhe in Valloire ist es auch noch angenehm kühl, als wir dem Tal entlang Richtung Galibier aufbrechen. Nina beweist gute Augen und entdeckt eine Herde Murmeltiere am Straßenrand. Als am Ende des Tals die Straße dann ihre Richtung wechselt, sind wir eingerollt und quetschen souverän auch die jetzt vereinzelten Rampen weg. Die Landschaft wird immer hochalpiner und beeindruckender, und ein angenehmer Guide-freundlicher Nebeneffekt ist, dass ich in der offenen Landschaft die Gruppe sehr gut überblicken kann.
Ein toller Pass, es scheint ein toller Tag zu werden. Auch dass man die Passhöhe schon weit vorher sieht, und sie noch ziemlich weit über uns liegt, kann die Gruppe nicht entmutigen, und schließlich stehen wir auf 2645 Metern auf der Passhöhe. Eine fluffige Abfahrt, und wir treffen am Col du Lautaret auf das Carrefour-Mobil und den wie üblich reichhaltig gedeckten Mittagstisch. Die Servicecrew wurde übrigens über Nacht um Jenny verstärkt – vielen Dank an die beiden für ihren unermüdlichen Einsatz. Auch die Gruppen 1 und 2 scheinen heute sehr entspannt zu sein – sie haben es sich größtenteils im Gras neben dem Parkplatz gemütlich gemacht.
Und die Abfahrt geht noch weiter. Auch nie nächsten knapp 30 Kilometer entlang der Romanche bekommen wir quasi geschenkt. Und ich bin überrascht, wie schön die Passage an der Schlucht entlang ist; dieses Teilstück hatte ich bislang nur als Transitstrecke auf dem Schirm gehabt. So kann man sich täuschen. Kurz vor Bourg-d'Oisans ist dann noch eine Kaffeepause angesagt.
Und dann geht es an den Mythos. Alpe d'Huez, der wohl bekannteste Tour-de-France-Anstieg. Am Südhang in der prallen Sonne, der Schweiß fließt sofort in Strömen. Kehre um Kehre zählen wir herunter, es beginnt bei 21 und wird irgendwann viel weiter oben mit Kehre 1 enden. Viel Autoverkehr, erstaunlich wenig andere Radfahrer. Ein alles in allem gut zu fahrender Anstieg, aber tatsächlich ein Mythos? Das muss wohl jeder für sich entscheiden.
Und so absolvieren wir die erste (und einzige) echte Bergankunft der diesjährigen Savoyen-Rennradreise. Der eine etwas schneller, der andere etwas langsamer, aber alle erreichen glücklich und wohlbehalten das Ziel im Hotel Le Dome – quaeldich-gerecht natürlich am oberen Ende des tatsächlich nicht besonders schönen Skiorts. Etwas schöner wird es dann bei der Zusatz-Sackgasse zum Lac de Besson; inklusive einer schönen Aussicht auf die Berge auf der gegenüberliegenden Seite des Tales.
Den letzten Programmpunkt des Tages (Abendessen) absolvieren wir im nahen Restaurant Rendez-vous. Lasagne und Crème brulée, serviert von drei australischen (?) Snowboardertypen. Morgen melden wir uns dann nach dem Croix de Fer aus Modane.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung:
3. Etappe
Dienstag, 23. Juli 2013
78 km, 2.500 Hm
Heute ist der Tag der Monumente. Der 2645 m hohe Galibier, den wir zunächst befahren, ist häufig der höchste Punkt der Tour de France, mit seiner kargen Hochgebirgskulisse aber auch ein landschaftlicher Leckerbessen. Die mythische Etappe komplett macht dann die wohl bekannteste Tour-Bergankunft nach Alpe d’Huez.
Im Startort Valloire wird es auf 1400 m Höhe morgens wohl ganz schön frisch sein. Dafür, dass uns schnell wieder warm wird, sollte jedoch der Col du Galibier sorgen, der uns noch etwa 1200 m höher hinaus führen wird. Die verwitterte Felswüste an der Passhöhe macht den Galibier zu einem ganz besonderen Ort, und die Ausblicke reichen hier weit nach Süden in den Ecrins-Nationalpark hinein. Doch wir sind bald schon am Wendepunkt unserer Tour angekommen.
Mit dem Col du Lautaret bekommen wir einen weitern Pass geschenkt, ohne einen zusätzlichen Höhenmeter absolvieren zu müssen, denn vom Galibier geht es erstmal nur bergab. Irgendwo hier verläuft die Grenze zwischen den französischen Nord- und Südalpen, wir wenden uns jedoch nach Osten und rollen das Romanche-Tal hinab. Vorbei am schönen Stausee Lac de Chambon kommen wir so ins Oisans, wo der nächste Anstieg auf uns lauert.
Ein beträchtlicher Teil der Hobbyrennradler wird wohl schonmal am Fernsehbildschirm mitgefiebert haben, wenn sich in den 21 Kehren nach Alpe d’Huez der Kampf ums Gelbe Trikot entschieden hat. Heute sind es wir selbst, die einen Kampf austragen, allerdings nicht miteinander, sondern jeder gegen sich selbst und gegen die Steigung. Im Ziel in Alpe d’Huez kann man dann den Triumph auskosten, heute zwei Monumente bezwungen zu haben.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren