Von hagen306 –
Wir haben uns der Herausforderung gestellt. Sind über uns hinausgewachsen. 4 rennradtriefende Tage in Deutschlands Edelpanorama-Mittelgebirge. 4 stramme und höhenmetertriefende Ausfahrten rund um Fulda. Berge, Asphalt und Waden, alle haben gemeinschaftlich geglüht. Todesmutig wagten wir uns in die Ausläufer des Vogelsbergs , dorthin, wo alles anders ist. Holperten über den früheren innerdeutschen Todesstreifen an Point Alpha und im Dreiländereck zwischen Hessen, Thüringen und Bayern (also Franken ?). Umschifften gekonnt die neu entstehenden Flöze Schwarzen Goldes - immer mehr der kleinen (und manchmal gemeinen) Rhöner Asphaltbänder sind mittlerweile generalsaniert - hier und da lauerte dennoch so manche unangekündigte Straßenbaustelle.
Wir schlugen triumphal auf Kreuzberg, Wasserkuppe und Geba an und ließen uns vom Schlund des Milseburgtunnels im Sinne der Wadenschmerzlinderung einsaugen. Verfluchten den Guide ob seines kleinen Windschattens im Schleicheranstieg hinter Bad Brückenau. Cruisten über die menschen- und autoleere Lange Rhön und warfen von hier oben gelegentliche Blicke auf den (noch?) waldreichen Thüringer Wald am Horizont. Mussten dafür aber den berüchtigten ,,Sauna-Climb" zum Ellenbogen hinauf: Der kurz zuvor niedergegangene warme Regen verdampfte bei 28 °C vom Asphalt direkt hinauf in die instagramtaugliche Radbekleidung. Die nunmehr dritte Ausgabe hatte sich wettermäßig jedoch zusammengerauft: Regen und Gewitter saßen wir allenfalls mal gekonnt aus in der Gipfelgastronomie der Hohen Geba.
Und selbstverständlich widmeten wir uns voller Hingabe der regionalen Gastronomie. In Rennradreisekreisen wissen wir, dass dabei zumeist gilt: Entweder gesund oder authentisch. Dieses Jahr entschieden wir uns für zweiteres. Man wächst ja schließlich an seinen Herausforderungen. Ob das alles nur vernünftig ist - diese Frage stellen wir hier nicht. Zwar verzichteten wir auf Schwartemagen und Flurgönder, ersetzten diese ,,Schweinereien" allerdings adäquat durch Leberknödel- oder Kartoffelsuppe und (da wir auch in Thüringen weilten) die obligatorische Rostbratwurst. Ein alter Rhöner Spruch vermeldet ,,Ein guter Kuchen geht dem schönen Weibe vor" (selbstverständlich denken wir uns diese Aussage auch in ihren gegenderten Varianten mit), da konnten auch wir nicht nein sagen und süßten unsere Menüs in den mal schrulligen, mal einsamen, mal überbordenden Lokalen entsprechend an, zumindest manchmal. Einig waren wir uns aber im Nachgang, dass die Sauerkraut-Spätzle dann doch zu heftig waren - schließlich warteten gleich 2km später die nächsten Anstiege. Zumindest der kulinarisch eigentlich hartgesottene Autor dieser Zeilen musste zwischenzeitlich ,,Code Dumoulin" vermelden (Nicht nur beim Giro de Italia kann man ab und an einfach mal unbeobachtet in den Wald abbiegen). Aufgrund des Koma-Zustands konnten weder Sauerkraut noch Dumoulin fotografisch eingefangen werden. Wir begnügen uns hier daher mit Szenen unseres sonstigen Tagewerks.
So halten wir denn fest: Wir werden auch 2023 zum Bergglühen in der Rhön wiederkommen: Die Einschreibung ist, wie für alle anderen quäldich-Reisen, seit 1.9.2022 geöffnet. Wie wir hörten, wurde bereits an der Streckenschraube ganz im Sinne des Wahren, Schönen, Guten gedreht - man munkelt, dass nunmehr nur noch die erklärten Lieblingsstrecken des ,,Rhöner Jong" dabei sind. Da man diesem auch eine gewisse, mit dem Alter zunehmende Faulheit nachsagt, sind einige Varianten ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) kürzer geworden. Vor Bergpathos und Panoramakurven triefen sie dennoch. Und da wir mit dem Alter ja durchaus (ein wenig) vernünftiger werden, erleichtern wir die Mittagsmenüs ein wenig und süßen sie weiter ganz im Sinne der oben zitierten Weisheit an. Denn eins steht fest: Die Rhön ist unser Liebling - und den präsentiereren wir Euch nur im besten Licht
Hier das offizielle Programm von Tag 4 hianuf zur Wasserkuppe
Heute geht es endlich zur Wasserkuppe: Bis Poppenhausen warten 20km Warm Up auf uns, klettern dann auf den "oberen Westbalkon" der Wasserkuppe bis nach Abtsroda und drücken die letzten km hinauf zum Gipfel. Ehrensache, dass wir wirklich bis zum höchsten Punkt, dem Radom auf 950m fahren. Segelflieger und Paraglider gibt es natürlich auch zu sehen. Wir queren das Ulstertal und klettern hinauf auf die Lange Rhön - bei guter Sicht sehen wir von hier den gesamten Thüringer Wald. Am Dreiländereck wartet dann eine 300m lange Schotterpassage (wir queren den Todesstreifen der Grenze), bevor wir uns über Birx "abseilen" ins Ulstertal und dann auf ähnlichem Wege wie gestern über die Milseburg auf neuem Asphalt gen Fulda zurückfahren.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren