Von Jan – Auf Einladung der Tour de Boland fliege ich am Freitag, den 3.3. nach Kapstadt, um dort ab dem 5.3. an selbiger teilzunehmen. Nach einem Ruhetag folgt das Cape Argus Bike Race, das größte Radrennen der Welt, und vermutlich das landschaftlich spektakulärste. Diesen Tourentipp werde ich unterwegs mit Bildern füllen und hoffentlich tagesaktuell auf quaeldich.de und live auf Facebook berichten.
Von Jan – Samstag, 4.3. 13 Uhr: mein Flieger landet in Kapstadt. Flugzeugflügel vor dem Tafelberg vor dem Ozean, 25 Grad, leichter Wind. Ich bin in Südafrika – wow! Die Zeit reicht, um zur Waterfront zu fahren, am Meer Mittag zu essen und eine SIM-Karte die mobilen Daten zu kaufen.
Ich genieße das Nachtleben Kapstadts und fahre erst heute morgen mit einem Uber nach Riebeeck West, wo ich Carinus und Nico treffe, die Organisatoren der Tour de Boland, mit denen ich im Vorfeld viel Kontakt hatte.
Die Einrollrunde startet um halb zehn; ich habe sogar noch Zeit zu frühstücken. 80 sanfte Kilometer über den Bothmannskloof Pass und Wellington zurück nach Riebeeck West. Wir haben viel Zeit, und neben einigen Highspeedpassagen mit Daneel, dem schnellen Guide, fahre ich entspannt mit dem Rest der Gruppe. Social Riding. Heute sind die Straßen noch relativ breit, aber die Landschaft ist schon hier begeisternd. Insbesondere lauern richtige Berge verheißungsvoll am Horizont, in die wir morgen fahren. Daneel erklärt mir auf dem Weg hinunter zur Brücke über den “Bergrivier” die Strecke zum wohl sensationellen Bainskloof Pass, der schon morgen ansteht. Vorfreude!
Eugene und Ludwig verpflegen uns an der Brücke. Wir haben genug Zeit, um auch die weiteren 40 Kilometer noch mit einer Kaffeepause zu garnieren. Und das bei 25 Grad Anfang März. Kurz, kurz. Wir lassen den Tag im Garten ausklingen. Genial!
Von Jan – Der Wecker klingelt heute morgen um 6 Uhr, es soll warm werden, und wir starten um 7. Dafür sind wir heute Mittag früh in der Unterkunft und können einen Mittagsschlaf einlegen. Das Frühstück wird liebevoll vom Gastwirt selber bereitet – so früh ist sonst niemand hier.
Und so ist es tatsächlich noch etwas frisch, als wir vom Hotel aufbrechen. Daneel, Nico und ich jagen dem Rest hinterher, weil wir noch auf ein neues Hinterrad warten mussten, nachdem Nico gestern auf den letzten Metern seine Nabe gebrochen war. Die 40 km bis Wellington, die wir gestern schon in der Gegenrichtung gefahren sind, verfliegen so schnell. Die Blicke links in die Berge sind vielversprechend, aber die Straße breit.
Das ändert sich schlagartig in Wellington, wo der Bainskloof pass seinen Ausgang nimmt. Ich hatte mir in der Vorbereitung die Videos auf mountainpassessouthafrica.co.za angeschaut, und bin schon in großer Aufregung. Ich weiß zwar, dass die ganz große Szenerie erst hinter der Passhöhe auf uns wartet, aber ich frage mich, wie viel davon auf dieser Seite schon zu sehen ist. Von Wellington sind nur 11 km und 400 Höhenmeter zu überwinden, die sportliche Herausforderung hält sich also in Grenzen. Dennoch beginnt der Anstieg noch im Ort recht ruppig in einem kleinen Hain. Bald öffnet sich aber die Landschaft, Weinberge liegen rechts und links der Straße, und vor vor uns sehen wir die Straße, wie sie sich gen Berg windet. Im unteren Bereich besteht noch die Vegetation, oben hat ein kürzlicher Brand gewütet, den man immer noch riecht. Dafür sehen wir aber unten im Wald ein paar Baboons, kleine, graue Paviane, wie sie in Südafrika recht häufig vorkommen. Oben öffnet sich ein weiter, sehr schöner Blick in das Wellington Valley und die dahinter liegenden, niedrigeren Felsgrate. Vor uns zur Linken markiert ein vorgelagerter, weithin sichtbarer bewaldeter Kegel den Eingang zur Bains Kloof, der direkt hinter der Passhöhe liegt.
Kurz vor der Passhöhe haben Eugene und Ludwig die Verpflegung aufgebaut. Die Blicke sind fantastisch, das Buffet hat Stil und Ludwigs Kaffee ist fantastisch. Dazu angenehme Temparaturen von 25 Grad. Ganz großes Radfahren heute.
Und ganz viel Vorfreude auf die Abfahrt. Daneel und ich entscheiden uns schon vor der Abfahrt, unten zu wenden und dann wieder hoch zu fahren, und kaum haben wir uns in die sehr flüssige und kurvenreiche Abfahrt gestürzt, bestätigt sich diese Entscheidung. Dieses eng eingeschnittene Tal (die Bains Kloof) ist einfach wunderschön. Ausgesetzte Felsen, monumentale Wände, eine schmale, windungsreiche Straße und tiefe Abgründe, die nur durch eine lose Reihe Natursteine begrenzt sind. Wow!
Kurz hinter der Borcherd's Bridge kehren wir um und genießen die Auffahrt, die Felsen (insbesondere den weit überhängenden Dacres Pulpit), die Straße, die Abgründe und die Wände erneut. Und richtig! Sensationeller Anstieg, quaeldich-Beschreibung folgt. Schaut euch die Bilder an!
Auf der zweiten Abfahrt lassen wir es jetzt richtig laufen – schließlich haben wir alles gesehen. Unten wird es langsam heiß. Glücklicherweise müssen wir nur ein zwei Kilometer auf der stark befahrenen R43 fahren und können sogleich ins wunderschöne Slanghoek Valley abbiegen. Die umgrenzenden Felsgrate haben Dolomiten-Niveau, zu deren Füßen liegt ein reiches, fruchtbares Land, das intensiv bewirtschaftet wird. Nur noch zwei kleine Wellen trennen uns nun von unserem Zielort, das wir um 13 Uhr und damit rechtzeitig vor der großen Hitze erreichen. Wir lassen die unvergessliche Etappe gemeinsam auf der Terrasse eines unserer Bungalows ausklingen. Sogar für die Massage ist gesorgt. Jetzt aber schnell Mittagsschlaf, bis morgen!
Von Jan – Ein unglaublicher Sonnenaufgang empfängt uns heute morgen, das Wellington Wineland unter uns ist in rotes Licht getaucht. Wir starten früh, aber sieben Uhr schaffen wir nicht ganz. Wir rollen gemeinsam als Gruppe in diese dritte, 130 km lange Etappe, die kaum Berge bereithält. Bis zur R60 hinter Worcester genießen wir die Morgenstimmung und die Bergkulisse der Hex River Berge und des Kwadousberg, die sich links von uns aus dem Nebel erheben.
Der R60 müssen wir nun für 40 km folgen. Kein spektakuläres Unterfangen, denn die Blicke nach links sind zwar nett, aber die Straße lang und gerade. Aber hier müssen wir durch, um nach Robertson und dann weiter ins Bonnievale und zum Kogmanskloof Pass zu kommen.
Nach 60 km genießen wir die Pause am Weingut Rooiberg. Daneel und ich setzen uns von der Gruppe ab und veranstalten ein 10km-Paarzeitfahren bis Robertson (What a fun! Streckenweise hinter einem LKW – don't try that at home), wo wir die R60 hinter uns lassen und auf die schmale, wellige Straße ins Bonnievale abbiegen. Herrlich schlängelt sich unsere Route durch die Weinberge, im Hintergrund wie immer die massiven Felswände. Es ist herrlich!
Kurz vor Ashton treffen wir wieder auf die R60, der wir aber nur in einer Highspeed-Passage abwärts bis in den Ort folgen. Von da an folgen wir der Bergstreckre durch die Kogmannskloof, einer herrlichen, engen Schlucht, die beidseits von hoch aufragenden Felswänden begrenzt wird. Großartig! Herrlich auch das Fort über dem Scheiteltunnel. Dann sind es nur noch wenige Kilometer nach Montagu, wo ein Hotel mit wunderschöner Parkanlage und Pool auf uns wartet. Wow, was für ein Ausklang!
Von Jan – Königsetappe in Südafrika bedeutet: früh aufstehen, Abfahrt um 6 Uhr. Wunderbare Morgenstimmung hoch zum Burgers pass. Dann wird es heiß. Die Regelplanung umfasst 160 km mit 2000 Hm bis Ceres. Daneel und ich fahren noch bis Tulbagh weiter, aber zwanzig Kilometer vor Ceres geht uns das Wasser aus. Wir bekommen Nachschub an einem einsamen Gehöft. Temporärer Leistungsabfall, dann gegen den Wind nach Ceres. Hui, kann das hier blasen.
Nach einer ausgedehnten Pause mit Pasta und Gnocchi (Capish?) werden wir die letzten dreißig Kilometer nach Tulbagh geblasen. Wow! Sprung in den Pool!
Von Jan – Daneels innerer Wecker klingelt um viertel vor vier. Dreieinhalb Stunden Schlaf – das muss heute reichen. Das bereitgestellte Frühstück des Tulbagh Hotels kann sich sehen lassen, und Daneel kümmert sich rührend um meinen Kaffee und die Sandwiches, während ich die überarbeitete Strecke des heutigen Tages auf meinen Garmin lade. Statt der ursprünglich geplanten welligen Etappe fahren wir lieber zurück Richtung Ceres nach Worcester und nehmen und nochmals Bainskloof Pass vor, den die meisten von uns am Montag nur in der Abfahrt erleben konnten.
Aber die Windgeräusche sind erschreckend. Ein unglaublicher Sturm erwartet uns draußen, direkt aus Richtung Ceres. Direkt von vorne. Wir starten pünktlich um sechs Uhr. Die Laune ist gut, der Wind unbeeindruckt. Mit Maximalgeschwindigkeiten von 15 km/h bergab. Das ist der "Cape-Doktor": ein aus südöstlicher Richtung wehender massiver Wind am Westkap, der nicht nur die Strände und Straßen vom Dreck befreit, sondern auch den Kopf befreit. Es macht KEINEN Spaß, gegen diesen Wind anzukämpfen, aber dennoch bin ich ganz froh über diese Erfahrung: das sind die berüchtigten Kapwinde.
Was gestern aus Ceres kommend noch wahnsinnigen Spaß gemacht hat ist heute die Hölle auf Erden. Solche Winde habe ich noch nicht erlebt, nicht einmal am Pico del Veleta im Jahr 2014. Aber: der Seitenstreifen ist breit, und die LKWs einigermaßen rücksichtsvoll. Dennoch sind wir froh, als wir nach 10 km endlich in Richtung Wolseley abbiegen können, und einige Bäume links der Straße uns vom Wind abschirmen. Der nächste Abzweig führt uns noch etwas weiter Richtung Süden, so dass der Wind jetzt nur noch von der Seite kommt, und ein Gefühl von Radfahren aufkommen lässt. Hey, mehr als 20 km/h – unglaublich. Kurz vor Worcester leitet uns Ludwich auf den Abzweig zum Bainskloof pass, wo uns die erste Verpflegung versprochen wurde. Hier stehen schon vereinzelte Helfer an den Kreuzungen, weil das Cape-Of-Good-Hope-Radrennen kurz nach uns über den Bainskloof Pass rollen soll. Unsere Verpflegung fällt daher leider aus, da die Fahrzeuge rechtzeitig über den Pass müssen.
Ich hatte gehofft dass der Wind in die Schlucht hineinweht, aber eingangs bläst er mit aller Kraft gegen uns. Was für eine Erleichterung – nach der ersten Kurve bläst der Wind von hinten. Kurz darauf kommt Ludwich mit dem Verpflegungsfahrzeug von hinten, und für einige Kilometer gibt er mir in dem letztlich ergebnislosen Versuch Windschatten, zur ersten Gruppe aufzuschließen. Schließlich schicke ich ihn nach vorne weg, denn plötzlich ist der Himmel aufgerissen, die grün-graue Schlucht bietet einen wunderschönen Kontrast zum blauen Himmel, vor dem sich ein Regenbogen nach dem anderen abzeichnet. Und dazu der unglaubliche Rückenwind!
Am Gipfel mache ich wie immer Fotos, und plötzlich ist das Rad nicht mehr mit einer Hand zu kontrollieren. Etwas später bringen auch zwei Hände am Lenker nichts mehr: diese Abfahrt bringe ich nicht ins Tal. Ich halte an, und mein Rad fliegt weg. Ich kann es gerade noch fassen. Unglaublich. Ludwich macht Fotos, wie ich mein Rad halte – es liegt fast horizontal in der Luft.
Ludwich fährt uns sicher ins Tal, unten warten die Helden, die es trotz des Sturmes geschafft haben. Wir trinken Kaffee, setzen uns nach geraumer Zeit wieder aufs Rad und lassen und mit Rückenwind nach Riebeeck West blasen, wo die Runde endet, die wir am Montag begonnen haben. Es ist gerade mal 12 Uhr, und wir können uns der Massage und dem Bier hingeben.
Dann Kulturprogramm mit Daneel, Faulheit und Bericht. Abendessen! Hoch die Tassen!
Von Jan – Letzte Etappe der Tour de Boland in Südafrika. Einmal frühstücken wir in aller Ruhe und starten erst um neun Uhr zur 83 km langen Tour d'Honneur nach Stellenbosch. Die Quittung dafür sind natürlich hohe Temperaturen schon zur Abfahrt, aber egal: heute gehen wir es locker an. Der Wind von gestern ist Geschichte, der Himmel über den Bergen blau und ruhig. Wir genießen die Fahrt über Bothmaskloof pass und durch die Weinberge bis kurz vor Stellenbosch, wo die Etappe und damit die Tour de Boland in einem Weingut endet – ein würdiger Abschluss einer wirklich sehr schönen Tour.
In meinen Berichten der letzten Tage ist die hervorragende Arbeit des Teams viel zu wenig gewürdigt worden. Ludwich hat uns sensationell verpflegt, immer unterwegs, aber insbesondere am Abend in Montagu, wo wir in einem Farmhaus gegrillt haben, Daneel war mir nicht nur ein hervorragender Partner auf dem Rad, sondern hat uns auch am Vorabend ein sensationelles Braai bereitet – eine südafrikanische Spezialität: Grillen mit Holz. Eugene hat ein weiteres Fahrzeug gefahren und war stets mit technischer Hilfe und unerschütterlich guter Laune zur Stelle, und Ibi im Krankenwagen hatte glücklicherweise keine fachspezifischen Einsätze. Carinus, der Kopf hinter der Tour de Boland, hat eine wirklich sehr schöne Strecke durch das unglaublich abwechslungsreiche Westkap zusammengestellt, und tolle Hotels und Verpflegungspunkt eingeplant. In allem, was er macht, sieht man seine Liebe zur Region, die er gemeinsam mit Nico in die Tour de Boland einfließen lässt. Das Team hat einen wirklich großartigen Job gemacht in den letzten Tagen. Danke für alles! Wir sehen uns wieder!
Mittlerweile ist es Samstag, heute hole ich meine Unterlagen für das Argus ab. Oder die Cape Town Cycle Tour, wie sie heute heißt. Es soll genauso windig werden wie am Donnerstag am Bainskloof Pass. Daneel bringt mir heute noch andere Laufräder. Ich werde berichten!