Von
PeterK – Eine im Prinzip namenlose Auffahrt führt aus dem Seeburger Tal bis auf die Albhochfläche bei Trailfingen. Auf dem Weg liegt der Reiterhof Uhenfels, etwas abseits die Schlossruine Uhenfels, so dass wir dies als Namensgeber definieren.
Da diese Auffahrt bis direkt an den
ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen führt, wollen wir diese Beschreibung nutzen und einige Worte zum Platz und besonders zur tragischen Geschichte des umgesiedelten
Dorfes Gruorn verlieren:
Im Dritten Reich spielte sich eine besonders tragische Geschichte auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen in dem kleinen Dorf
Gruorn auf der Albhochfläche ab. 1935 stellten die Nazischergen fest, dass der bereits seit dem 1. Weltkrieg angrenzende Truppenübungsplatz erweitert werden musste. Am 15. Februar 1937 wurde den ca. 600 Bürgern mitgeteilt, dass sie bis zum 28. Februar 1939 das Dorf zu räumen und zu verlassen haben. Die Räumung war endgültig 1943 abgeschlossen, und Gruorn blieb bis zum Ende ein Albdorf alter landwirtschaftlicher Prägung und ist auch als solches untergegangen.
Doch wären die ehemaligen Gruorner keine echten Älbler gewesen, wenn sie ihre alte Heimat vergessen hätten. So nutzten sie schon 1950 die erste Gelegenheit, sich wieder in der Heimat ihrer Väter zu treffen. Die zeitweilig aufgekommene Hoffnung auf eine mögliche Rückkehr mussten sie freilich aufgeben. Das Dorf war bereits zu stark verfallen und der Truppenübungsplatz in seiner vollen Größe von den Alliierten in Besitz genommen.
Daraus entwickelte sich die Tradition, dass sich die ehemaligen Bewohner mit ihren Angehörigen jedes Jahr an Pfingsten auf dem Gebiet des ehemaligen Dorfes trafen. Beim Pfingsttreffen 1968 beschlossen die Versammelten, die
Stephanus-Kirche von Gruorn als Erinnerung und sichtbares Denkmal, sowie als Mahnmal zu erhalten. Es dauerte bis Pfingsten 1973, ehe die Kirche und der daneben liegende Friedhof restauriert waren und wieder genutzt werden konnten.
Die Ironie des Schicksals führte dazu, dass der Truppenübungsplatz inzwischen aufgegeben wurde und seit 2006 für jedermann betretbar ist. Allerdings ist das Verlassen der Wege aufgrund der dort vorhandenen alten Kampfmittel nicht erlaubt und auch nicht zu empfehlen. Die Kirche von Gruorn und das ebenfalls erhalten gebliebene alte Schulhaus haben sich inzwischen zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt. Dem eifrigen Recken bietet sich in Gruorn die seltene Gelegenheit, nach einem schönen Anstieg auf die Albhochfläche kurz innezuhalten und echte Geschichte spüren zu können. Ein nicht alltägliches Gefühl erschleicht den einfühlsamen Radler, denn die menschlichen Tragödien, die sich hier abgespielt haben, lassen sich an diesem Ort gut erahnen.
Den Verfasser dieser Zeilen verbindet mit Gruorn ein Stück der eigenen Familiengeschichte. Die Großmutter seiner Frau Sabine stammt aus dem untergegangen Dorf, sie verließ es damals im Alter von 16 Jahren, um sich in der Nähe von Tübingen als Magd zu verdingen.
Eine Fahrt durch den Truppenübungsplatz auf den ausgewiesenen Radwegen ist übrigens eine sehr schöne Erfahrung, auch der ursprüngliche Charakter der Landschaft, welche durch die ausschließliche Truppennutzung eine Alblandschaft wie vor 150 Jahren darstellt, ist etwas besonderes – nur zahlreichen Schafherden bewirtschaften seit Beginn der militärischen Nutzung die Fläche des Platzes, so dass hier eine parkartige Weidelandschaft wie im 19. Jahrhundert erhalten ist. Leider ist uns die Befahrung der breiten Panzerringstraße aus herrlichem Betonplattenbelag verboten, welche zu Testzwecken als Privatstraße an einen schwäbischen Autokonzern verpachtet ist – welch eine fürchterliche Verschwendung. Nach dem Getöse der Panzer und Manöver gibt es nun eben von Zeit zu Zeit eine andere Lärmbelästigung hier, und die Verantwortlichen haben es wieder mal versäumt, hier Ruhe einkehren zu lassen.