Von Eierschaukel –
Ohne Zwischenfälle am Morgen verlassen wir bei Sonnenschein unsere Unterkunft in Göstling und radeln zunächst flach, dann leicht wellig durchs schöne Tal der Ybbs. Es bleibt also genug Zeit, die Beine warmzukurbeln für die kommenden Anstiege und das Hinterteil mehr oder weniger schmerzfrei an die Formen des Sattels anzupassen... Im Schatten ist es noch leicht kühl, aber die Junisonne heizt kräftig ein. Und die erste Rampe im Anstieg zum Zellerrain lässt auch nicht allzu lange auf sich warten und sorgt für die ersten Schweißtropfen auf der Stirn. Der motorisierte Verkehr hält sich erfreulicherweise sehr in Grenzen und so können wir die Auffahrt zur Passhöhe in Ruhe geniessen. Mit 1125 m ü.M. haben wir hiermit den höchsten Punkt der heutigen Etappe schon erreicht. Denn ganz dem Namen entsprechend werden die Berge in Niederösterreich immer niedriger! Eine schnelle Abfahrt auf bestens ausgebauter Straße bringt uns zum Abzweig in Richtung Erlaufsee, ein kurzer Fotostopp am See und weiter geht es nach Mitterbach. Eigentlich teilen uns unsere Mägen mit, dass für Proviantnachschub gesorgt werden sollte, allerdings können wir in diesem verschlafenen Nest keinen Supermarkt auftreiben... Das ist der Nachteil, wenn man weniger stark frequentierte Nebenstrecken wählt: Einkaufsmöglichkeiten sind selten bis gar nicht vorhanden... Na ja, noch finden sich ein paar essbare Dinge in den Rucksäcken, bis zur Mittagspause sollte es also reichen! Auf breiterer und verkehrsreicherer Strecke gelangen wir zum 2. Anstieg des Tages auf den Josefsberg, welcher schon deutlich wärmer ist und wo wir noch einmal die 1000-Meter-Marke knacken (1012 m ü.M.). Im gleichnamigen Mini-Ort finden wir sogar einen Wasserhahn so dass wir zumindest nicht verdursten müssen wenn es schon keine Einkaufsmöglichkeiten gibt! Nach der Abfahrt folgt schon der nächste Anstieg in Richtung Annaberg, wir zweigen jedoch in Richtung Schmelz ab und befinden uns wieder auf einer äußerst ruhigen Nebenstrecke quer durch die niederösterreichische Pampa. Mittlerweile hat die Sonne dafür gesorgt, dass sich bedrohliche Quellwolken bilden. In waldigen Abschnitten ist es dadurch sogar richtig dunkel - zumindest wenn man die Sonnenbrille noch auf hat! In ständigem Auf und Ab, wobei das Auf überwiegt, meistern wir den 3. Anstieg, welcher uns auf einen namenlosen Übergang auf 996 m ü.M. führt. Hier treffen wir keine Menschenseele, allerdings treffen uns ein paar Regentropfen, was aber in der schwülen Luft eine willkommene Abkühlung ist. Dumpfes Grollen bewegt uns dazu, diesen Ort schnell wieder zu verlassen, wobei nicht ganz sicher ist, ob das Grollen den dunklen Gewitterwolken um uns herum oder unseren knurrenden Mägen zuzuschreiben ist... Nach einer kurzen Abfahrt kommen wir beim Wirtshaus Gscheid zur B21, die von Mariazell herführt. Nach einigen ansteigenden Metern auf dieser Straße erreichen wir den nächsten Übergang, auf der Straßenkarte als "Gscheid" (970 m ü.M.) bezeichnet. Die Abfahrt führt nach St. Aegyd, wo wir hoffentlich endlich auf einen Supermarkt stoßen werden... Das Wettrennen mit dem Gewitterregen geht zum Glück "unentschieden" aus - nur kurz werden wir von einem Schauer gestreift, dann erreichen wir St. Aegyd mitsamt einem rettenden Supermarkt inklusive großem Vordach! Während wir uns mit kulinarischen Notwendigkeiten eindecken, gewittert und regnet es draußen - Glück gehabt! Nach dem Einkauf und der wohlverdienten Mittagspause und -mahlzeit zeigt sich auch wieder die Sonne am Himmel. Zum Einrollen nach der Pause bleibt nur wenig Zeit, wenige Kilometer nach St. Aegyd beginnt die Auffahrt zum Ochsattel. Steile Abschnitte halten sich aber sehr in Grenzen und sind auch nicht sehr lang. Auch wenn sich die Straße nach einiger Zeit schön an einem Bergrücken entlangschlängelt, hat man leider keine Aussicht, denn rundherum gibt es nur Wald... So bekommen wir auch nicht wirklich mit, wann wir überhaupt den höchsten Punkt (820 m ü.M.) überquert haben. Nach einigen Metern auf der kurvigen Abfahrt haben wir es dann realisiert. Bis zum Wirtshaus Kalte Kuchl folgen wir noch der B21, dann biegen wir wieder auf eine sehr ruhige Nebenstrecke in Richtung Norden ab. Obwohl wir dieser Straße bis zur B18 folgen könnten, schwenken wir bei einer Örtlichkeit namens "Hölle" nach Osten und nehmen den Direktweg nach Hainfeld (also anders als im Tourenplaner angezeigt). Außerdem gibt es hier noch einen weiteren kleinen Anstieg (laut Karte bis auf 710 m ü.M.), den wir uns nicht entgehen lassen wollen. Wieder haben wir Glück mit dem Wetter, denn vor uns verziehen sich gerade noch Regenwolken, die Straße und Wiesen sind nass aber die Sonne scheint. Dies hat allerdings zur Folge, dass sich die gesamte Umgebung in ein Dampfbad verwandelt, was für zusätzlichen Schweißverlust in der Auffahrt sorgt... Danach folgt die wohlverdiente Abfahrt nach Hainfeld, wo wir ohne Pause wieder nach Osten auf die ziemlich stark befahrene B18 abbiegen. Der Verkehr, leichter Gegenwind, eine leichte Steigung und Sitzbeschwerden sorgen bei mir auf den nächsten Kilometern für einen ziemlichen Durchhänger. Dank dem Windschatten des Arbeitskollegen erscheint mir am Gerichtsberg (581 m ü.M.) dann doch noch nicht das jüngste Gericht... Wenige Kilometer nach dem Gerichtsberg zweigt bei Untertriesting zum Glück eine wieder sehr ruhige Strecke zu unserem Tagesziel St. Corona am Schöpfl ab. Hier rollt es sich auch gleich wieder besser und unverhoffterweise gibt es nochmal eine kleine Welle zu bezwingen. Wir rollen in den Ort und landen direkt beim einzigen Gasthof. Unsere Vorfreude auf den verdienten Feierabend ist allerdings nur kurz, denn es werden keine Zimmer mehr vermietet... Die Stammtischbelegschaft verweist uns auf den Nachbarort, dieser liegt aber für uns in der falschen Richtung. Also fahren wir auf gut Glück in Richtung Klausen-Leopoldsdorf, was uns dann noch den Anstieg zum Rastbank genannten Übergang (648 m ü.M.) einbringt. Mit der letzten Abfahrt des Tages gelangen wir schließlich nach Klausen-Leopoldsdorf und nach Befragung einiger Ureinwohner können wir es uns in einer spartanischen Unterkunft ohne Frühstück mehr oder weniger gemütlich machen. Dass wir ein Zimmer an einem Bauernhof außerhalb des Hauptorts bezogen haben, merken wir nicht nur an den entsprechenden Gerüchen, sondern auch an der Anzahl lebendiger Insekten im Zimmer sowie toter Insekten an der Fensterscheibe desselben... Auch die Dusche verlangt einige Koordinationsfähigkeiten, damit man überhaupt naß wird! Egal, Hauptsache ein Bett und ein Dach über dem Kopf. Um ein Abendessen serviert zu bekommen, schwingen wir uns sogar noch einmal aufs Rad und werden dafür mit stattlichen Portionen belohnt. Somit werden die letzten 40 km bis Wien am nächsten Tag auch kein Problem mehr darstellen!
162,30 km / 2126 Hm
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren