Von kingoflechhausen –
Los gehts in Zernez, wo man Richtung Ofenpass und Val Müstair abbiegt. Auf der breiten Straße zum Ofenpass kann man sich gut einrollen. Bei gleichmäßiger und gut fahrbarer Steigung geht es entlang des Ova dal Fuorn immer weiter hinein in den Nationalpark. Latschen, Bäche, Schluchten – alles sieht sanft und doch gleichzeitig spektakulär aus. Wer vor der Mittagshitze am Ofenpass ist, muss nicht mal richtig schwitzen.
Ganz anders am Umbrailpass. Nach der Abfahrt durchs Val Müstair biegt man in Santa Maria auf den mit 2503 Metern höchsten Schweizer Straßenpass ein. Auch wenn der Name des Dorfes schon nach Italien klingt: Hier sieht es sehr nach Schweiz aus. Zuerst geht es auf einer einspurigen Straße und über viele Kehren durch den Wald. Es ist steil und wird bis oben auch nicht wirklich flacher, auf 13 Kilometer macht man auf dem abgeschiedenen Umbrailpass 1150 Höhenmeter, ohne ein einziges Dorf zu durchradeln. Dafür kommt ein berühmtes Stück Naturstraße unter die Räder. Die Schweizer sind so stolz darauf, dass sie es aus Nostalgiegründen nicht teeren. Dafür walzen und bessern sie es regelmäßig nach, so dass sich der braune Belag auch nicht viel schlechter fährt als viele Passstraßen im Hochgebirge. Schon lange bevor man das alte Zollhaus auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien sieht, erblickt man im Hintergrund die letzten Kehren zum Stilfser Joch, auf die der Umbrailpass einbiegt. Langsam muss man sich entscheiden: Ungestörte Pause im alten Zollhaus mit einer Mahlzeit aus der Trikottasche oder eine hervorragende heiße Wurst mit Kraut auf dem 2750 Meter hohen Stilfser Joch – das allerdings dann mit gefühlt 1000 Motorradfahrern.
Oder man verzichtet auf beides und rauscht durch unzählige Tunnel, Kehren und Kurven über die Südseite des Stilfserjochs nach Bormio. Von hier aus nimmt man auch den Gavia in Angriff, den letzten Pass des Tages und mit über 2600 Metern einen weitern Höhepunkt. Was hart klingt, fängt zuerst vergleichsweise entspannt an. Am Torrente Frodolfo entlang geht es mit leichter Steigung durchs Valfurva. Erst im Skiort St. Caterina wird die Straße enger und die Steigung zieht an. Zwischen Dreitausendern radelt man auf ausgesetzter einspuriger Straße durch eine Felslandschaft. Oben im Passhaus leidet man mit den Giro-Helden auf den Fotos aus dem Jahr 1988, als der Gavia unter einer dicken Schneedecke lag. Wirklich laufen lassen kann man es auf der Abfahrt nach Ponte di Legno nicht – und das nicht nur, weil man vom den Bildern der eingeschneiten Radprofis selbst noch klamme Finger hat. Die Straße nach Ponte di Legno ist kurvig und vor allem schmal, gerade einmal ein Auto passt hier durch. Doch das ist auch ein Vorteil: Anders als das Stilfserjoch meiden Auto- und Motorradfahrer den Gavia. Bis auf ein paar Steinböcke ist man hier so gut wie allein mit sich und der grandiosen Almlandschaft.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren