Von Uwe –
Nach einem guten Frühstück konnten wir unsere letzte Etappe in Angriff nehmen.
Da ich als Kind mit meinen Eltern etliche Male im Bregenzerwald im Urlaub war und von 1992 bis 2006 mit der eigenen Familie immer in den Ferien in Vorarlberg war, hatten wir heute eine „Heimatetappe“ vor uns. Zuerst ging es weiter in den hinteren Bregenzerwald nach Bizau, wo uns der erste kleine Anstieg erwartete. Von Bizau kann man nämlich über Schnepfegg und Schnepfau wieder ins Tal der Bregenzer Ach fahren. Schnepfegg ist ein kleiner Leckerbissen, der aber von Bizau kommend, total unrhythmisch zu fahren ist. Nach einer kurzen Abfahrt nutzen wir die uns gut bekannten Schleichwege zur Brücke, die uns über die Bregenzer Ach auf einen asphaltierten Nebenweg nach Au bringt, wo wir Richtung Faschina weiter fahren. Zuerst noch harmlos durchs Dorf steht bald die erste Steilrampe vor uns, denn kurz nach dem Ortsende beginnt eine Rampe von über zwei Kilometer Länge und Steigungswerten permanent über 10 % und Spitzen bis 16 %. In praller Sonne ist dies ein anstrengendes Unterfangen, aber noch leben wir. Weiter verläuft die Steigung erträglich und wir erreichen bald die verstreut liegenden Häuser von Damüls-Schwende. Da wir viele Sommerurlaube in Faschina verbracht haben, kennen wir jede Kurve und jeden Schuppen an der Straße. Die wenigen Veränderungen der letzten drei Jahre bemerken wir sofort. Oh, der Schuppen, wo die Reisebusse aus dem Flachland immer die Dachrinne beschädigen ist abgerissen und die anschließende Kurve soll wohl entschärft werden! Bald erreichen wir die gut einen Kilometer lange Hahnenkopfgalerie, in der man in der Abfahrt fast gefahrlos mindestens 90 km/h mit dem Rad erreichen kann (erlaubt sind für KFZ 50 km/h). Kenner der Galerie wissen um die mit Bleistift angebrachten Nummern der Dehnungsfugen im Beton – und richtig – bei Nummer 97 ist man am oberen Ende des Betons und auf der Passhöhe.
Dort kehren wir erst einmal gastronomisch ein und nach dem Essen besuchen wir noch kurz das kleine Sportgeschäft, wo wir per Handschlag begrüßt werden: Grüß di, bischt a no a mo im Ländle. Im kleinen Laden gibt es für mich sogar einen neuen Radrucksack, da der bis Faschina benutzte, unterwegs erst seinen Bauchgurt abgelegt hat und jetzt akut mit dem Verlust eines Schultergurtes droht. Mit viel Gelächter und dummen Sprüchen wird der Inhalt umgeladen und das alte Billigexemplar der Großwalstertaler Entsorgungswirtschaft zur Verfügung gestellt.
Die anschließende Abfahrt ins Tal begeistert uns wie immer, denn einen Pass abzufahren, den man perfekt kennt, ist total freakig. Der einzige Autofahrer vor uns macht sofort Platz, als wir im Spiegel auftauchen.
Nach der leider viel zu kurzen Abfahrt geht es noch auf und ab nach Feldkirch, wo wir den ortsüblichen Autostau kurzerhand überholen und bald die Grenze zum Fürstentum Liechtenstein erreichen.
In Liechtenstein gibt es für durchreisende Radler nicht viel zu sehen außer Banken, Banken und Banken. Für uns arme Schlucker sind besagte Sehenswürdigkeiten aber von eher geringem Interesse und wir rauschen einfach durch. Außer für eine Gertränkepause mit Eis wollten wir keine Investition tätigen. Bei unserem niedrigen Steuersatz lohnt sich auch keine weitere Beratung…
Wenn man etwas mehr Zeit mitbringt, kann man in Liechtenstein aber auch durchaus Höhenmeter sammeln, denn die Straße von Vaduz am Schloss vorbei nach Malbun ist durchaus lohnenswert und schön.
Bald hinter der Grenze zur Schweiz wuppen wir über den St. Luzisteig mit seiner ungewöhnlichen Passhöhe in einer Festungsanlage. Inzwischen haben wir auch schon den angekündigten Regen, der uns aber nur kurz direkt erwischt. Nur die Straßen sind noch teilweise nass und es wird etwas windig, komischerweise als Rückenwind, der uns nach Landquart und in den Prättigau bläst.
Kurz hinter Schiers verlassen wir die Talsohle und fahren über Lunden und Buchen nach Pany und weiter nach St. Antönien. Die Normalroute für Autos würde weiter durchs Tal bis Küblis führen und dann erst aufsteigen. Unsere Version ist aber wesentlich ruhiger und aussichtsreicher. Die Rampe vor Pany muss man trotzdem überstehen, aber da wir sie kennen, ist sie berechenbar und im weiteren Verlauf der Straße kann man sich wieder erholen. Hinter St. Antönien, kurz vor unserem Ziel, dem Urlaubsquartier unserer Familie, stehen auch schon die restlichen anwesenden Familienmitglieder an der Straße und feuern uns für die letzten Meter mit Hopp-hopp-hopp-Rufen an.
Fazit der Tour: Hat Spaß gemacht, auch wenn lange Überführungsstrecken mit hoher Verkehrsbelastung und großer Hitze angesagt waren. Es waren nicht die ganz großen Highlights der Alpen dabei, aber einige für uns neue Pässe waren fällig und Bennis erster Pass seines Lebens, das Faschinajoch war für uns nach drei Jahren Abwesenheit wieder ein Erlebnis. Der Tacho hat 437 km gezählt und eine reine Fahrtzeit von gut 24 Stunden berechnet, Garmin hat gut 8500 Hm ermittelt.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren