Von Jan – Auf Anfrage der Deutschen Welle fuhren Jan, Torsten und Martin nach Ste-Marie-de-Campan am Fuße des Col du Tourmalet. bikejoe Johannes Schramm war schon unten.
Anlass war ein Dreh am Tourmalet, der am ersten Tag erfolgte. In den Folgetagen standen eine Tour um Ste-Marie-de-Campan, eine Tour um Argeles-Gazost und eine Tour über den Port de Pailheres auf dem Programm.
Von Jan – Torsten Kähler war schon am Sonntag abend zu mir gekommen, und heute morgen mussten wir früh aufstehen - eine lange Fahrt zum Tourmalet im Herzen der Pyrenäen stand auf dem Programm.
Zunächst ging es nach Heidelberg, wo wir Martin um halb neun vom Zug abholten. Und weiter gings über die A5, dann bei Mulhouse über den Rhein, an Lyon und Grenoble vorbei durch die Provence.
Hier grüßte der Mont Ventoux zur Linken, und es kribbelte uns gehörig in den Beinen, aber es wurde noch eine lange Fahrt durch die extreme Gluthitze Südfrankreichs, bis es bei Narbonne endlich etwas kühler wurde.
Das Auto war wenig bequem, auf der Rückbank war alles voll mit Gepäck, der Mann hinten hatte also wenigstens was zum Anlehnen. Der Fahrer hatte noch am meisten Platz - so waren alle sehr zuvor kommend, wenn es um die Steuerübernahme ging.
Um viertel vor zehn verließen wir schließlich die A 64 bei Tournay, um die letzten 27 km nach Ste-Marie-de-Campan zurückzulegen.
Dort angekommen, checkten wir schnell im Hotel Deux Cols ein, einem einfachen, aber ordentlichen Hotel, dessen Maitre sehr gut englisch sprach - ein kleines Problem war also ausgerämt.
Noch auf der Autobahn hatten wir Niels Eixler, den Redakteur der Deutschen Welle, kontaktiert, mit dem wir uns noch auf ein Bier am Tourmalet-zugewandten Ortsaugang von Ste-Marie trafen.
Er erklärte uns sein Vorhaben und wir verabredeten uns um halb zehn vor der Kirche im Ort, um nach einigen Interviews die Fahrt auf den Tourmalet anzugehen.
Gestern abend waren wir alle noch recht aufgeregt, was wohl der heutige Tag
bringen sollte. Ich überlegte mir die ganze Zeit, was ich wohl am Besten
sagen würde, wenn mir Niels vor der Kamera die angekündigten Fragen
stellte.
Als wir am Morgen nach dem Frühstück das Hotel verließen,
hatte die Sonne ihren Weg noch nicht bis in das enge
Tal des Flusses gefunden, der sich hier in Ste-Marie-de-Campan aus den
beiden Armen Adour de Payolle und Adour de Grippe bildet und unter dem
vereinfachten Namen Adour weiter in Richtung Bagnères-de-Bigorre
fließt. Das Wetter war aber hervorragend, die Kirchturmspitze
erstrahlte vor kristallblauem Himmel.
Während Niels an der Kirche seine Interviewpartner stellte, saßen
wir vier - Johannes, Torsten, Martin und ich - gegenüber der Kirche im
Café bei einem Kaffee.
Nachdem auch wir abeschließend interviewt waren, ging es endlich los. Wir
schwangen uns aufs Rad, und auf gings in Richtung
Col du Tourmalet.
Von dieser Seite, von Osten her, war ihn noch keiner vor uns gefahren, nur die
Westseite war mir ein Begriff. Alles, was ich also von der Ostseite kannte, war die rasante Abfahrt,
die sie uns bei unserer Pyrenäentour 2002
ermöglicht hat, und das ließ eine ordentliche Anstrengung erwarten.
Als wir dann aber Ste-Marie-de-Campan entlang der Adour de Grippe verließen,
folgte uns der Wind in Richtung Tourmalet, und blies uns aufwärts.
Was für uns angenehm war, war für Niels, unseren Regisseur, natürlich
enttäschend, denn anstatt angestrengter, Schmerz verzerrter Gesichter konnte
sein Objektiv nur entspanntes Lächeln einfangen, versetzt mit freudiger Erregung, dass
wir in den Pyrenäen sind und bergauf fahren, am Anfang von diesem 1365-Hm-Anstieg.
So fuhren wir locker die ersten 5 km durch offenes Gelände bis Gripp, und erst nach weiteren 2 km, kurz vor der gewaltigen Kehre,
wo die Michelin-Karte 2 Steigungspfeile anzeigt, wurde es anstrengender. Dafür ging es jetzt richtig
los, vorher war es eher lockeres Einrollen. Nunmehr im Fichtenwald wurde die Kehre zügig durchfahren, denn schließlich
waren wir ja noch alle frisch.
Zum Ende der Kehre traten wir wieder aus dem Bewuchs aus - ein wunderschöner Talblick bot sich
zum östlich unter uns gelegenen Gripp, den wir
eine Weile auf uns wirken ließen, bevor wir uns wieder nach Westen wandten, in Richtung la Mongie.
Eine erste Galerie führte uns dann am linksseitigen Hang aufwärts, eine weitere führte uns
nach la Mongie hinein, das wir nur so schnell es ging hinter uns ließen, so hässlich ist
dieser Retortenskiort mit dem scheinbar kilometerlangen Hotelkomplex am linksseitigen Ortsausgang.
Aber ab hier bot die Landschaft einiges mehr. Der zuvor eher schmale Talboden öffnet sich hier zu einem weiten Kessel,
der von einigen Gipfeln um 2500 m Höhe gebildet wird.
Ab la Mongie sind es noch 4 km zum Tourmalet, und die sind nun steiler als vorher, auch wenn uns der Wind weiterhin die Arbeit
erleichterte und richtiger Schweiß nicht aufkommen wollte. Für Niels taten wir dann doch noch einmal angestrengt, als wir
die letzten paar Kehren zum Tourmalet hoch fuhren. Man kann eigentlich kann von einer letzten (Rechts-)Kehre
sprechen, die ca 500 m vor der
Passhöhe liegt. Die ist dann zwar noch nicht in Sicht, aber die Parkplätze rechter Hand deuten schon darauf.
Ein weiterer 90-Grad-Schwenk nach links, und der Tourmalet war erreicht.
Ganz anders als im vernebelten letzten Jahr eröffnete sich hier eine grandiose Aussicht nach Westen in Richtung Luz-St-Sauveur,
zu dem wir aber nicht weiter hinunter fahren wollen. Wir genießen lieber das Wetter und warten ab, bis Niels genug
andere Radler interviewt hat.
Natürlich kreisen die Gedanken auch um die diesjährige Tour, die nur einige Tage später, nämlich am 21. Juli
hier hinauf fährt. Alle hoffen, Ullrich könne angreifen, und auf dem anschließenden Weg nach Luz Ardiden
Lance Armstrong knacken. Die Fahrt nach Luz Ardiden sparen wir uns für heute, denn der Weg zurück würde wieder
über den Tourmalet gehen - das wäre doch zuviel für einen Einrolltag, und ohne Luz Ardiden sind wir auch glücklich
genug.
Wahrscheinlich wäre unsere Euphorie weniger groß ausgefallen, wenn wir heute schon die Ergebnisse dieser 15. Touretappe
gekannt hätten, bei der Lance Armstrong bekanntlich nach seinem Sturz in der Auffahrt nach Luz Ardiden Jan Ullrich die letztlich
entscheidenden 40 Sekunden abgenommen hat.
Wir fuhren noch einige Male auf die Passhöhe, bis Niels mit unserer Ankunft zufrieden war, und ich schnallte mir noch die
Hand-Kamera auf den Kopf, um einige authentische Radbilder zu erzeugen.
Dann ging es aber wieder bergab, und der Gegenwind nahm sich natürlich jetzt das, was er uns vorhin gegeben hatte, und so
wurde die Abfahrt nicht so rasant wie in meiner Erinnerung.
Unten in Ste-Marie-de-Campan angekommen, verabschiedeten wir uns von bikejoe, nicht ohne uns mit ihm
für die morgige Etappe über
Hourquette d'Ancizan,
Col d'Azet und Col d'Aspin
zu verabreden, statt der er eigentlich einen Ruhetag eingeplant hatte.
Aber wer kann da schon nein sagen. Torsten, Martin und ich fuhren noch eine kleine Runde, fuhren zunächst 2 km in Richtung Campan,
um dann in Rimoula links auf die D 154 abzubiegen, einer unglaublich kleinen und unbefahrenen Straße, die uns von den
Steigungsprozenten doch erheblich mehr abforderte als vorher die Autobahn zum Tourmalet. In Lesponne versuchten wir aber vergeblich,
den auf der Karte eingetragenen Fahrweg hinab zur D 29 zu finden, und so mussten wir leider den gleichen Weg zurück fahren,
nachdem wir vorher einen Weg versucht hatten, der immer weiter und immer weiter bergauf führte, und
auch in der Karte eingezeichnet ist. Nur leider endete der irgendwo in einem ungeteerten Weg, und dann entschlossen wir uns,
unsere Abenteuerlust doch lieber für morgen aufzubewahren.
Abends gingen wir noch in das Etablissement des Vorabends und aßen ganz passabel, bevor wir uns im Hotel Deux Cols
noch eine Portion Nudeln auf dem Propanbrenner kochten.
Von Torsten –
Nach dem Drehtag am Tourmalet und der Runde über
Hourquette d'Ancizan,
Col d'Azet und
Col d'Aspin
haben wir Ste-Marie-de-Campan verlassen und uns in Richtung Lourdes auf
den Weg gemacht. Hier hatte Jan den Geheimtipp "Col des Spandelles" auf
Lager und eine entsprechende Strecke drumherum ausgearbeitet. Wir fuhren also
nach der Runde über Hourquette, Azet und Aspin ungeduscht nach Argelès-Gazost,
kauften unterwegs ein und fanden eine schöne Herberge mit ebensolcher Tochter.
Am nächsten Morgen war Johannes erfreulicherweise auch wieder mit von der Partie,
er kam von Ste-Marie-de-Campan angereist und so ging es bei mäßig gutem Wetter,
aber trocken an die bevorstehenden Aufgaben.
Wir folgten den Wegweisern in Richtung
Col du Soulor,
bogen aber bald von dieser stark befahrenen Straße nach links ins Tal ab,
verloren einige Höhenmeter, aber auch fast alles an "Begleitfahrzeugen". In Richtung
Estaing geht es gemächlich hinauf (mit Ausnahme einer ca. 100m langen 16%igen Steigung)
und stellte uns bis zum Lac d'Estaing vor keine größeren Schwierigkeiten. Da uns nach dem
Col des Bordères auch noch der Col du Soulor,
der Col d'Aubisque und der
Col des Spandelles
bevorstanden, entschied ich mich dazu, direkt den ersten Berg für mich entscheiden zu wollen.
Also fuhr ich locker etwas vor, täuschte an, ein Foto machen zu wollen und konnte mich tatsächlich
etwas absetzen.
Dooferweise steigt die Straße, die zum Col des Bordères
hinter dem Lac
rechts abbiegt, deutlich an und ich hatte schwer zu kämpfen, denn ich ahnte, dass die
anderen den Braten rochen. Endlich sah ich das Ende der Steigung, doch nirgends ein Schild
"Col des Bordères - 1156m". Es dauert noch einen langen Kilometer, der fast flach auf der
Höhe dahin geht, bis kurz bevor es wieder abwärts geht endlich das ersehnte Schild steht.
Kaum angekommen sah ich auch schon Jan heran fliegen, aber zu spät, ich hatte diesen,
zugegeben kleinen Pass "gewonnen". Bald waren alle versammelt und fertig angezogen
für die Abfahrt in Richtung Arrens-Marsous, wo wir wieder auf die deutlich stärker
frequentierte Anfahrt zum Soulor trafen. Alle entledigten sich wieder des Windschutzes und
wir kletterten anfangs gemeinsam dem Pass entgegen, später fielen Martin und ich deutlich zurück.
Leider began es nun etwas zu tropfen.
Am Soulor treffen sich drei Straßen und wir wollten zunächst
den Weg in Richtung Col d'Aubisque nehmen,
dort umkehren und die dritte Straße hinab über Ferrières
zum Col des Spandelles nehmen.
Der Weg von Soulor zum Aubisque ist abenteuerlich, ein riesiger
Talkessel wir umrundet, man hat immer den Blick frei auf die jeweils gegenüberliegende Strecke und
tief ins Tal. Auf dem Weg zum Aubisque sahen wir links auf einer kleinen, grünen Erhöhung einen
ziemlich großen Greifvogel, er thronte dort und sah sehr majestätisch aus. Leider sind
wir alle nicht Ornithologen genug, um sagen zu können, was für ein Vogel es gewesen ist. Auf
der Passhöhe des Aubisque gibt es eine Gaststätte, die von allen gerne aufgesucht wurde, es blies
nämlich ein strenger Wind, es war nass und das Thermometer zeigte nur noch 12°. Es gab eine
heiße Suppe und Brot, wobei Jan auch alles an Brot einsammelte, was auf allen Nachbartischen
liegen blieb.
Für mich sollte nun ein noch nicht gekannter Leidensweg beginnen. Nach ca. einer
Stunde fuhren wir weiter, das heißt wieder zurück zum Soulor. Dort ging es gleich weiter in die
kalte und lange Abfahrt bis zum Weiler Etchartes.
Dort zweigt die kleine Straße zum Col des
Spandelles nach rechts ab. Ehrlich gesagt habe ich an dieses Sträßchen keine besonders gute
Erinnerung. Johannes und Jan fuhren vorweg, ich blieb mit Martin zurück, wobei es wohl eher so
war, dass Martin bei mir blieb. Mir war kalt, ich hatte Durst und nicht mehr genug in der Flasche
und war völlig fertig. Irgendwie sind wir nach endlosem Gekurve oben angekommen. Sofort alle Klamotten
übergezogen und schnell in die Abfahrt. Da bin ich jetzt noch froh, dass wir heile unten angekamen
und uns in Café setzten, erstmal was heißes tranken und ausruhten. Noch ein gutes Wort zum Col des
Spandelles: Ein toller Pass, sehr versteckt und ein toller Ausblick in Richtung Westen auf den
kurvenreichen Weg. Wir fuhren dann noch gemeinsam zu Johannes Auto und verabschiedeten uns von ihm.
Unser Weg führte uns noch ein großes Stück mit dem Auto nach Osten, zum Fuße des Col de Pailheres,
der am nächsten Tag auf dem Programm stand.